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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 31.03.2003
Aktenzeichen: 1Z BR 25/03
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 1748
EGBGB Art. 22 Abs. 1
EGBGB Art. 23
FGG § 12
Bei Anhaltspunkten für Auslandsberührung im Adoptionsverfahren sind die Staatsangehörigkeiten der Annehmenden und des Kindes von Amts wegen zu ermitteln.
Gründe:

I.

Der 1997 geborene A. (Beteiligter zu 1) ist das Kind der am 4.10.1997 tödlich verunglückten A. und des Beteiligten zu 2. Die Eltern des Kindes waren nicht miteinander verheiratet. Vormund des Beteiligten zu 1 ist das Landratsamt - Kreisjugendamt -.

Seit dem 27.2.1998 lebt der Beteiligte zu 1 auf Veranlassung des Kreisjugendamts ununterbrochen im Haushalt von Pflegeeltern (den Beteiligten zu 3); die Pflegeeltern wollen den Beteiligten zu 1 adoptieren.

Zur Staatsangehörigkeit sämtlicher Beteiligter und der verstorbenen Kindsmutter wurden bisher von den Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen.

Der Beteiligte zu 2 wohnte zur Zeit seiner Kontakte mit der Kindsmutter in Asylbewerberunterkünften in Deutschland und wurde kurz nach dem Tod der Kindsmutter nach Pakistan abgeschoben. Im Jahre 1998 heiratete er in Österreich und hat seitdem dort in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Ehefrau und deren Tochter seinen ständigen Aufenthalt.

In die von den Beteiligten zu 3 beantragte Adoption des Beteiligten zu 1 hat der Beteiligte zu 2 seine Einwilligung verweigert. Daraufhin hat das Kreisjugendamt als Vormund für den Beteiligten zu 1 am 29.7.1999 bei dem Vormundschaftsgericht beantragt, die Einwilligung des Beteiligten zu 2 zu ersetzen.

Das Vormundschaftsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 20.11.2000 zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 27.1.2003 hat das Landgericht auf das Rechtsmittel des Beteiligten zu 1 nach Anhörung des Kindes und Beweiserhebung insbesondere im Wege der Erholung familienpsychologischer Gutachten den Beschluss des Vormundschaftsgerichts vom 20.11.2000 aufgehoben und die Einwilligung des Beteiligten zu 2 in die Annahme des Beteiligten zu 1 durch die Beteiligten zu 3 ersetzt. Hiergegen hat der Beteiligte zu 2 weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Das Rechtsmittel ist als sofortige weitere Beschwerde statthaft (§ 27 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 2, § 53 Abs. 1 Satz 2, § 60 Abs. 1 Nr. 6 FGG; vgl. Keidel/Meyer-Holz FGG 15. Aufl. § 29 Rn. 37 m.w.N). Es ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG) und auch im Übrigen zulässig.

Das Rechtsmittel hat in der Sache insofern Erfolg, als es zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung führt.

1. Die Vorinstanzen sind - ohne dies ausdrücklich zu prüfen - zu Recht von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte und der örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts ausgegangen (§ 43 b Abs. 1 und 2 FGG).

2. Das Landgericht hat für die Ersetzung der Einwilligung des Beteiligten zu 2 in die Annahme des Beteiligten zu 1 als Kind durch die Beteiligten zu 3 - ohne zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Sache deutschem Recht unterliegt - die Vorschrift des § 1748 Abs. 4 BGB herangezogen und auf der Grundlage dieser Vorschrift dargelegt, dass das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde. Das Landgericht hat dabei nicht beachtet, dass der von ihm zu beurteilende Sachverhalt wahrscheinlich Auslandsberührung aufweist und die hierdurch aufgeworfenen Fragen des internationalen Privatrechts zu einer anderen rechtlichen Behandlung der Sache führen könnten.

a) Gemäß Art. 22 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Annahme als Kind dem Recht des Staates, dem die Beteiligten zu 3 als Annehmende bei der Annahme angehören. Tatsächliche Feststellungen zum Adoptionsstatut hat das Landgericht nicht getroffen.

b) Die Erforderlichkeit und die Erteilung der Zustimmung einer Person, zu der das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, zu einer Annahme als Kind unterliegen gemäß Art. 23 Satz 1 EGBGB zusätzlich dem Recht des Staates, dem das Kind angehört. Auf Grund der Abstammung des Beteiligten zu 1 liegen Anhaltspunkte vor, dass dieser nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Beide Elternteile des Beteiligten zu 1 haben deutlich ausländisch geprägte Vor- und Nachnamen. Zumindest der Vater wohnte zeitweise in einer Asylbewerberunterkunft und war von einer Abschiebung betroffen. Bei solchen Anhaltspunkten für eine Auslandsberührung der Sache hätte die Staatsangehörigkeit des Beteiligten zu 1 im Hinblick auf Art. 23 EGBGB von Amts wegen (§ 12 FGG) ermittelt werden müssen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren können insoweit fehlende tatsächliche Feststellungen nicht nachgeholt werden.

3. Nachdem sowohl die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zum Adoptionsstatut (Art. 22 Abs. 1 EGBGB) als auch zu den Zustimmungserfordernissen nach dem Heimatrecht des Kindes (Art. 23 Satz 1 EGBGB) fehlen, kann derzeit auch nicht beurteilt werden, ob die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach Art. 23 Satz 2 EGBGB statt des Heimatrechts des Kindes das deutsche Recht anzuwenden ist. Mit dieser Frage wird sich das Landgericht zu befassen haben, falls das Ergebnis der zu den Staatsangehörigkeiten und zu dem anzuwendenden Recht anstehenden weiteren Ermittlungen hierzu Anlass geben sollte.

4. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei -(§ 131 Abs. 3 KostO). Über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten wird das Beschwerdegericht zu entscheiden haben (Keidel/ Zimmermann § 13 a Rn. 38 ff.).

Ende der Entscheidung

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