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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 30.09.2002
Aktenzeichen: 1Z BR 33/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 2087
BGB § 2099
BGB § 2255
Zur Frage, wie ein Testament auszulegen sei, wenn der Erblasser mehreren Personen Geldbeträge zuwendet und bestimmt, dass weiteres Vermögen "der aufgeführten Erbaufteilung zuzurechnen" sei.
Gründe:

I.

Die 1999 im Alter von 87 Jahren verstorbene Erblasserin war seit 15.2.1961 verwitwet und hatte keine Abkömmlinge. Die drei Geschwister der Erblasserin sind vorverstorben; zwei der Geschwister haben Abkömmlinge hinterlassen: Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind die drei Kinder des vorverstorbenen Bruders, die Beteiligten zu 4 und 5 sind die beiden Kinder der vorverstorbenen Schwester.

Am 10.3.1985 errichtete die Erblasserin ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament. Nach dem einleitenden Satz "Für den Fall meines Ablebens bestimme ich folgende Nachlassregelung" enthält das Testament zunächst unter Nummer 1 die Verfügung: "Legate (Vermächtnisse) sind zu zahlen an:" Daran anschließend hat die Erblasserin die Empfänger bestimmter Geldbeträge aufgelistet. An dieser Liste hat die Erblasserin Streichungen und Änderungen vorgenommen.

Nr. 2 des Testaments ist mit dem Satz überschrieben: "Für den verbleibenden Bargeld (Wertpapiere) Nachlass setze ich als Erben ein:" Anschließend sind die Beteiligten zu 1 bis 5 mit Namen und Geburtsdatum aufgelistet.

Auch an der Liste unter Nr. 2 des Testaments hat die Erblasserin Streichungen und Änderungen vorgenommen. Der den Beteiligten zu 4 betreffende Textteil wurde vollständig durchgestrichen. Hierzu hat die Erblasserin vermerkt. "Fällt aus dem Erbe! geändert: 20. Okt. 85 (Unterschrift)" und "Nachtrag dazu folgt!" In einem entsprechenden von ihr unterschriebenen Nachtrag vom 6.4.1986 hat die Erblasserin die Streichung des Beteiligten zu 4 im wesentlichen damit begründet, dass dieser sich nicht um seine Mutter gekümmert und "alle Sorgen und Betreuungen" auf die Erblasserin "abgeschoben" habe.

In der ursprünglichen Fassung des Testaments hatte die Erblasserin den Satz ".... setze ich als Erben ein" bei jedem der fünf Beteiligten mit dem Zusatz "zu 15 %" vollendet. Diese Prozentangaben wurden von der Erblasserin im Jahre 1991 bei den Beteiligten zu 1, 2, 3 und 5 (die vollständige Streichung des dem Beteiligten zu 4 betreffenden Textteils war bereits im Jahre 1985 erfolgt) gestrichen. Bei den Beteiligten zu 1, 2, 3 und 5 hat die Erblasserin statt der Prozentangabe jeweils "mit 100000,-" geschrieben, aber auch den Betrag "100000,-" in allen vier Fällen wieder gestrichen und statt dessen bei den Beteiligten zu 1, 2 und 3 jeweils durch den Betrag "250000,-" und bei dem Beteiligten zu 5 durch den Betrag "50000,-" ersetzt.

Eine weitere Streichung betrifft nur den Beteiligten zu 5. Der auf diesen bezogene Teil der unter Nr. 2 des Testaments auf den Satz ".... setze ich als Erben ein" folgenden Liste mit dem Wortlaut "meinen Neffen:... " und der Betrag "50000,-" sind im Testament gestrichen.

Nr. 3 des Testaments enthält zunächst eine Vermögensaufstellung der Erblasserin für den Zeitpunkt der Testamentserrichtung, in der auch das Hausgrundstück der Erblasserin aufgeführt ist. Die daran anschließende Verfügung der Erblasserin hat folgenden Wortlaut:

"Die Legate sind zunächst aus dem Bar-(Wertpapiere) Vermögen" zu zahlen. Ebenso die % Erbanteile an Nichte u. Neffen. Das nicht flüssige Vermögen (s. oben angeführt) ist bestmöglich zu verkaufen u. der aufgeführten Erbaufteilung prozentual zuzurechnen. Sollte ein Verkauf der Nachlasswerte (Haus etc.) nach meinem Ableben im Moment nicht ratsam sein, können sich die Haupterben (1 Nichte - 4 Neffen) auch über eine andere Regelung einigen."

An diesem Textteil sind im Testament folgende Änderungen vorgenommen:

- Der Satz "ebenso die %- Erbanteile an Nichte u. Neffen" ist gestrichen.

- Das Wort "prozentual" im Textteil "der aufgeführten Erbaufteilung prozentual zuzurechnen" ist gestrichen.

- Der ursprünglich "(1 Nichte - 4 Neffen)" lautende Klammereinschub nach dem Wort "Haupterben" wurde in der Weise verändert, dass die Zahl "4" mit rotem Kugelschreiber durchgestrichen und durch die Zahl "3" ersetzt wurde. Die Zahl "3" ist mit blauem Kugelschreiber überschrieben und durch die Zahl "2" ersetzt.

An den oben wiedergegebenen Testamentstext wurden nach dem Wort "einigen" außerdem folgende zwei Anfügungen vorgenommen:

- "(... [= Beteiligter zu 4] fällt weg!)" - mit rotem Kugelschreiber gefertigt und mit diesem von der Erblasserin auch unterschrieben.

- "...(= Beteiligter zu 5)" - mit blauem Kugelschreiber gefertigt, räumlich unter "...(Beteiligter zu 4)" im Text "... (= Beteiligter zu 4) fällt weg" gesetzt und von der Erblasserin nicht gesondert unterschrieben.

Als Testamentsvollstrecker hat die Erblasserin den Beteiligten zu 1 eingesetzt. Diesem wurde am 28.6.1999 vom Amtsgericht ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt.

Der Beteiligte zu 1 beantragte als Miterbe und als Testamentsvollstrecker, gestützt auf die testamentarischen Verfügungen der Erblasserin, die Erteilung eines Erbscheins, wonach die Erblasserin von den Beteiligten zu 1, 2 und 3 zu je 1/3 beerbt worden und Testamentsvollstreckung angeordnet ist.

Der Beteiligte zu 5 ist dem Erbscheinsantrag entgegengetreten. Er ist der Auffassung, das Testament der Erblasserin enthalte keine Erbeinsetzung, so dass von gesetzlicher Erbfolge auszugehen sei, die für ihn unter Berücksichtigung der Enterbung seines Bruders eine Erbquote von 1/2 ergebe. Läge eine Erbeinsetzung vor, so wäre diese in bezug auf den Beteiligten zu 5 von der Erblasserin nicht wirksam widerrufen worden. Insbesondere sei davon auszugehen, dass die Streichung des Beteiligten zu 5 und die Einfügung des Namens des Beteiligten zu 5 unter dem Text "(... fällt weg!)" im Testament der Erblasserin nicht von dieser stammten. Das Amtsgericht hat nach Beweiserhebung, insbesondere nach Erholung eines Gutachtens einer Sachverständigen für Handschriftenvergleichung, mit Vorbescheid vom 23.10.2000 die Erteilung eines dem Antrag des Beteiligten zu 1 entsprechenden Erbscheins angekündigt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 5 hat das Landgericht mit Beschluss vom 11.2.2002 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 5 mit seiner weiteren Beschwerde.

II.

Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat seiner Entscheidung zugrundegelegt, das Testament vom 10.3.1985 enthalte, nachdem die Beteiligten zu 4 und 5 aufgrund von der Erblasserin am Testament vorgenommener Veränderungen ihre Erbenstellung verloren hätten, eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 bis 3 zu gleichen Teilen.

Das Landgericht hat - teilweise unter Bezugnahme auf die Gründe des Vorbescheids vom 23.10.2000 - im wesentlichen ausgeführt, die Erblasserin habe ursprünglich ihre sämtlichen Neffen und Nichten (die Beteiligten zu 1 bis 5) als Erben für den gesamten nicht durch Vermächtnisse verbrauchten Nachlass bestimmt. Die Erblasserin habe die Beteiligten zwar zunächst nur "als Erben für den verbleibenden Bargeld (Wertpapiere) Nachlass" eingesetzt. Sie habe jedoch an späterer Stelle im Testament verfügt, dass das nicht flüssige Vermögen bestmöglich zu verkaufen und der aufgeführten Erbaufteilung zuzurechnen sei. Trotz der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB sei von einer Erbeinsetzung auszugehen, wenn ein Erblasser den Bedachten diejenigen Gegenstände zugewiesen habe, die nach seiner Vorstellung bei Testamentserrichtung praktisch sein gesamtes Vermögen oder einen Bruchteil davon ausmachten, da der Erblasser durch die in dieser Weise Bedachten seine wirtschaftliche Stellung fortgesetzt wissen wolle. Die Erblasserin habe den von ihr als "Haupterben" bezeichneten fünf Beteiligten gestattet, sich in bezug auf die Nachlasswerte auf eine andere gemeinsame Regelung zu einigen. Auch diese Gestattung stelle ein Indiz für die Einsetzung sämtlicher Beteiligter als Miterben dar. Die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 4 und 5 sei von der Erblasserin wirksam widerrufen worden. Hinsichtlich des Beteiligten zu 4 ergebe sich dies aus der klaren Streichung mit Änderungsvermerk vom 20.5.1985 und Nachtrag vom 6.4.1986.

Auch hinsichtlich des Beteiligten zu 5 stehe aufgrund der Beweisaufnahme fest, dass die Veränderungen am ursprünglichen Text des Testaments von der Erblasserin stammten und die Erblasserin mit diesen Veränderungen die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 5 widerrufen habe.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Die Testamentsauslegung ist Sache des Tatsachengerichts. Die Überprüfung durch das Gericht der weiteren Beschwerde ist auf Rechtsfehler beschränkt. Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob die Auslegung der Tatsacheninstanz gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt, ob in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen wurden, ob ein wesentlicher Umstand - z.B. ein Teil des Testamentswortlauts - übersehen wurde oder ob dem Testament ein Inhalt gegeben wurde, der dem Wortlaut nicht zu entnehmen und auch nicht auf verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen anderer Anhaltspunkte für den im Testament zum Ausdruck gekommenen Erblasserwillen gestützt werden kann (BGHZ 121, 357/363; BayObLG FamRZ 2002, 269/270; MünchKommBGB/Leipold 3. Aufl. § 2084 Rn. 84).

b) Nach diesen Kriterien weist die von den Vorinstanzen vorgenommene Auslegung des Testaments im Sinne einer Erbeinsetzung keinen Rechtsfehler auf. Die testamentarische Zuwendung bestimmter Gegenstände ist gemäß § 2087 Abs. 2 BGB auch dann, wenn der Bedachte als Erbe bezeichnet ist, im Zweifel nicht als Erbeinsetzung anzusehen. § 2087 Abs. 2 BGB enthält allerdings nur eine Auslegungsregel, keine gesetzliche Vermutung (BayObLG FamRZ 1999, 1392/1393; OLG Köln FamRZ 1993, 735; Palandt/Edenhofer BGB 61. Aufl. § 2087 Rn. 2). Die Vorschrift greift daher nicht ein, wenn ein anderer Wille des Erblassers festgestellt werden kann (vgl. BayObLGZ 1998, 76/79).

Im Lichte der Vorschrift des § 2087 BGB ist das Landgericht daher zu Recht der Frage nachgegangen, was den durch das eigenhändige Testament Bedachten zugewendet werden sollte. Es hat berücksichtigt, dass die Zuwendung von Geldansprüchen nach der Erfahrung eher gegen einen Willen der Testierenden spricht, die in dieser Weise Bedachten als Erben einzusetzen (BayObLGZ 1998, 76/81). Es hat jedoch zutreffend erkannt, dass sich die Einsetzung der Nichten und Neffen "als Erben" für nach der Erfüllung der Vermächtnisse "verbleibendes Bargeld (Wertpapiere)" nicht auf diese Vermögensbestandteile beschränkte. Die Erblasserin hat nämlich bezüglich ihres weiteren "nicht flüssigen" Vermögens verfügt, dass dieses "der aufgeführten Erbaufteilung zuzurechnen" ist. Dies hat das Landgericht rechtsfehlerfrei so verstanden, dass auch das sogenannte "nicht flüssige" Vermögen den "als Erben" des Bargeldes und der Wertpapiere bezeichneten Beteiligten anteilig zustehen sollte. Die von der Erblasserin getroffenen Verfügungen über die Aufteilung von Bargeld und Wertpapieren und die Zurechnung des "nicht flüssigen" Vermögens zu dieser Erbaufteilung umfassten gemäß der Vermögensaufstellung der Erblasserin nahezu das gesamte Vermögen der Erblasserin. Das Landgericht konnte seine Annahme einer Erbenstellung der Bedachten daher darauf stützen, dass in Fällen, in denen der Erblasser testamentarisch im Wege der Zuwendung einzelner Gegenstände praktisch über sein gesamtes Vermögen verfügt hat, grundsätzlich eine Erbeinsetzung der bedachten Personen in Betracht kommt, weil in diesen Fällen nicht unterstellt werden kann, dass der Erblasser überhaupt keine Erben berufen wollte (vgl. BayObLG FamRZ 1997, 1177/1178; 1999, 1392/1393 jeweils mit weiteren Nachweisen).

Hier kommt noch hinzu, dass die Erblasserin die von ihr getroffenen Verfügungen ausdrücklich als "Erbaufteilung" und die bedachten Personen als "Haupterben" bezeichnet sowie diesen ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt hat, statt des zunächst verfügten Verkaufs des nicht flüssigen Vermögens eine einvernehmliche andere Regelung zu treffen. Wenn der Erblasser seine Zuwendung als Verteilung einzelner Gegenstände formuliert hat, hängt die Beantwortung der Frage, ob eine Erbeinsetzung vorliegt, maßgeblich auch davon ab, ob der Erblasser durch die in dieser Weise bedachten Personen seine wirtschaftliche Stellung fortgesetzt wissen wollte (BayObLGZ 1965, 457/460; BayObLG FamRZ 1997, 1177/1178; OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 1299). Entscheidend ist demnach, ob der Erblasser den so Bedachten eine möglichst starke Stellung, also unmittelbare Rechte am Nachlass verschaffen wollte und die Bedachten nach dem Willen des Erblassers den Nachlass regeln sollten.

Diese Gegebenheiten hat das Landgericht beachtet. Da die Bedachten gemäß den Verfügungen der Erblasserin nach ihrer Wahl die "nicht flüssigen" Nachlassgegenstände, namentlich das Haus, bestmöglich verkaufen oder in bezug auf diese Gegenstände eine andere Regelung treffen sollten, konnte das Landgericht davon ausgehen, dass die Erblasserin in den in dieser Weise Bedachten ihre wirtschaftliche Stellung fortgesetzt wissen wollte.

c) Auch soweit die Vorinstanzen zu dem Ergebnis gekommen sind, die zunächst im Testament vom 10.3.1985 erfolgte Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1 bis 5 sei in bezug auf die Beteiligten zu 4 und 5 von der Erblasserin wirksam widerrufen worden, besteht zu Beanstandungen kein Anlass.

aa) Der Wegfall des Beteiligten zu 4 als Erbe infolge entsprechender Streichungen, Änderungsvermerke und Nachträge ist eindeutig und wurde im Erbscheinsverfahren nicht in Zweifel gezogen.

bb) Das Landgericht hat angenommen, dass sich aus dem Testament vom 10.3.1985, infolge Teilwiderrufs nach § 2255 BGB auch keine Erbenstellung des Beteiligten zu 5 ergibt. Die hierzu vom Gericht der Tatsacheninstanz getroffenen tatsächlichen Feststellungen und dessen Beweiswürdigung können im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüft werden, ob das Landgericht den maßgeblichen Sachverhalt genügend erforscht und alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat, nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, gegen Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat, ob es die Beweisanforderungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt hat und ob die getroffenen Schlussfolgerungen rechtlich möglich sind (ständige Rspr., z.B. BayObLGZ 1999, 1/4). Derartige Rechtsfehler liegen nicht vor.

Die Überzeugung des Landgerichts, dass die den Beteiligten zu 5 betreffenden Streichungen und sonstigen Veränderungen von der Erblasserin stammen, gründet sich im wesentlichen auf das durch eine öffentlich bestellte und beeidigte Sachverständige für Handschriftenvergleichung im gerichtlichen Auftrag erstellte Gutachten und die Aussage der Zeugin W. Der von der Sachverständigen vorgenommene Handschriftenvergleich hat keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Fälschung ergeben. Für den eingefügten Namenszug "... (= Beteiligter zu 5)" unter dem Textteil "(... [= Beteiligter zu 4] fällt weg!)" ist die Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Einfügung eher von der Erblasserin als von einem Dritten stammt. Das Landgericht hat die in sich schlüssige Argumentation der Sachverständigen selbständig und eigenverantwortlich überprüft. Es durfte sich auf den Befund der Sachverständigen verlassen, zumal dieser in Übereinstimmung steht mit der Aussage der Zeugin W. Diese hat bekundet, dass die Erblasserin mit ihr befreundet gewesen sei und wiederholt und eingehend über ihre Nachlassregelung gesprochen habe. Die Erblasserin habe zunächst ihre vier Neffen und die Nichte als Begünstigte benannt. Nach dem Tod ihrer Schwester habe die Erblasserin aber ihren Ärger über deren Kinder, die Beteiligten zu 4 und 5, zum Ausdruck gebracht, weil diese sich zu wenig um ihre schwerkranke Mutter gekümmert hätten. Außerdem habe die Erblasserin geäußert, die Beteiligten zu 4 und 5 hätten nach dem Tod von deren Mutter bereits genug geerbt. Die Erblasserin habe erklärt, aus diesen Gründen die Beteiligten zu 4 und 5 von ihrer Erbschaft gestrichen zu haben. Auch sonst habe die Erblasserin wiederholt gesagt, dass die drei Kinder ihres Bruders (die Beteiligten zu 1 bis 3) ihre Erben sein sollten und dass sie die Beteiligten zu 4 und 5 im Testament gestrichen habe.

Die auf dieser Beweislage beruhende Überzeugung des Landgerichts, dass die den Beteiligten zu 5 betreffenden Streichungen und Veränderungen des Testaments von der Erblasserin stammen, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Ohne Erfolg rügt der Beteiligte zu 5, das Landgericht habe den Umstand, dass das Testament von den Beteiligten zu 1 bis 3 aufgefunden worden und der offene Umschlag, in dem sich das Testament befunden habe, von dem Beteiligten zu 1 vor Ablieferung des Testaments an das Nachlassgericht verklebt worden sei, nicht als Indiz für eine Fälschung herangezogen und die Glaubwürdigkeit der Zeugin W. fehlerhaft beurteilt. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz dahingehend, dass das Verschließen eines offen aufgefundenen Testaments dem Verschleiern einer vorher erfolgten Fälschung des Testaments dient. Die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit der Zeugen sowie der Glaubhaftigkeit ihrer Sachdarstellung obliegt dem Gericht der Tatsacheninstanz und ist im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich nicht nachprüfbar (BayObLG NJW-RR 1996, 583/584).

Im übrigen hätte das Landgericht als Beleg für die Tendenz der Erblasserin, sich von einer testamentarischen Begünstigung des Beteiligten zu 5 abzuwenden, ergänzend auch noch darauf hinweisen können, dass die Erblasserin in der letzten Fassung des Testaments vor Streichung des Beteiligten zu 5 von der ursprünglichen Gleichbehandlung der Begünstigten abgegangen ist, indem sie für die Beteiligten zu 1 bis 3 jeweils Beträge von "250000,-", für den Beteiligten zu 5 jedoch nur noch einen Betrag von "50000,-" vorsah.

Nachdem das Landgericht ohne Rechtsfehler die Überzeugung gewonnen hat, dass die Erblasserin selbst das Testament zu Lasten des Beteiligten zu 5 verändert hat, und somit die Frage der Urheberschaft gerade nicht offen geblieben ist, stellt sich die in der weiteren Beschwerde angesprochene Frage der Feststellungslast bei unklarer Urheberschaft von Testamentsveränderungen nicht.

Gemäß § 2255 BGB haben die im Testament vorgenommenen Veränderungen den Wegfall der Erbenstellung des Beteiligten zu 5 zur Folge. Die Veränderung des Testaments nach § 2255 BGB kann sich auf einzelne Teile des Testaments beschränken, etwa indem einzelne Verfügungen gestrichen werden, und bedarf nicht der Form des § 2247 BGB (vgl. BayObLG FamRZ 1995, 246/ 247; MünchKommBGB/Burkart § 2255 Rn. 7; Staudinger/Baumann BGB 13. Aufl. § 2255 Rn. 11; Voit in Dittmann/Reimann/Bengel Testament und Erbvertrag 3. Aufl. § 2255 Rn. 13). Das gilt auch dann, wenn die Streichung dazu führt, dass sich der Inhalt der anderen Verfügungen verändert, etwa indem von mehreren als Miterben Bedachten einer gestrichen wird. Die Testamentsveränderung selbst führt nämlich nur den Widerruf der Erbeinsetzung des betroffenen Erben herbei, während die etwaige Veränderung der Erbquoten der anderen Erben eine gesetzliche Konsequenz ist, die sich erst aus §§ 2088, 2089 BGB ergibt (Voit aaO; MünchKommBGB/Burkart aaO; Staudinger/Baumann § 2255 Rn. 12; Soergel/Harder BGB 12. Aufl. § 2255 Rn. 10).

Auf der Grundlage dessen, dass die eingesetzten Erben nach dem Willen der Erblasserin mit gleichen Erbteilen die alleinigen Erben sein sollten, hat das Landgericht unter Heranziehung des § 2089 BGB zutreffend den Vorbescheid des Amtsgerichts, demzufolge die Erblasserin von den Beteiligten zu 1, 2 und 3 zu je 1/3 beerbt worden ist, bestätigt.

3. Im Hinblick auf die sich aus dem Gesetz ergebende Kostenfolge bedarf es keiner Entscheidung über die Gerichtskosten im Verfahren der weiteren Beschwerde. Die Erstattungsanordnung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.

4. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Verfahren der weiteren Beschwerde hat ihre Rechtsgrundlage in § 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 Satz 1 KostO. Der Senat geht entsprechend der Angaben des Testamentsvollstreckers von einem Nachlasswert in Höhe von rund 4 Millionen DM aus. Das Interesse des Beteiligten zu 5 am Erfolg seines Rechtsmittels, mit dem er eine Erbquote von 1/2 erstrebt, schätzt der Senat auf 1020000 EUR.

Ende der Entscheidung

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