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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 07.09.2004
Aktenzeichen: 1Z BR 73/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 2069
BGB § 2096
BGB § 2229 Abs. 4
1. Zur Frage der Testierunfähigkeit bei Vorliegen einer vaskulären Demenz.

2. Zur ergänzenden Auslegung eines Testaments, in dem die Erblasserin unter Übergehung ihrer Geschwister einen Neffen des vorverstorbenen Ehemanns einsetzt, dieser vor ihr stirbt und zwei Töchter hinterlässt.


Gründe:

I.

Die 2001 im Alter von 87 Jahren verstorbene Erblasserin war in einziger Ehe verheiratet. Aus der Ehe ging ein Sohn hervor, der 1991 kinderlos verstorben ist. Ihr 1970 verstorbener Ehemann hatte einen 1985 verstorbenen Bruder; dieser hatte zwei Söhne, die 1930 geborenen Zwillingsbrüder A (verstorben im Jahr 1994) sowie aus dessen Ehe die 1954 geborene Beteiligte zu 1 und die 1956 geborene Beteiligte zu 2 hervorgingen, (verstorben im Jahr 2000).

Die Erblasserin hatte fünf Geschwister, die Beteiligten zu 3 und 4 sowie einen bereits 1955 verstorbenen weiteren Bruder sowie zwei Schwestern, verstorben 1991 bzw. 1988. Die Beteiligten zu 5 und 8 sind die Abkömmlinge der einen Schwester, die Beteiligten zu 6 und 7 sind die 1942 bzw. 1945 geborenen Töchter der anderen Schwester.

Ausweislich des von der Beteiligten zu 1 am 30.7.2001 errichteten Nachlassverzeichnisses beträgt der Reinnachlass 197.887,85 EUR.

Am 25.1.1996 unterzeichnete die Erblasserin eine Verfügung für den Fall, dass die gerichtliche Bestellung eines Betreuers notwendig werden sollte, nach der B, ersatzweise die Beteiligten zu 1 und 2, mit dieser Aufgabe betraut werden sollten. Unter dem Datum 12.8.1996 errichtete die Erblasserin ein eigenhändiges Testament mit folgendem Wortlaut:

Ich setzte meinen Neffen B als Alleinerben ein.

Die Erblasserin befand sich vom 16. bis 23.9.1996 und vom 27.9. bis 7.10.1996 in stationärer Behandlung im Krankenhaus; dabei wurde bei ihr unter anderem eine mäßige psycho-organische Störung, eine depressive Verstimmung bei Verdacht auf cerebralem Gefäßprozess, diagnostiziert. Die Erblasserin befand sich vom 16.7. bis 23.7.1998 wiederum in stationärer Behandlung im Krankenhaus; dabei wurde ein demenzielles Syndrom mit akuten Verwirrtheitszuständen sowie Aggressivität und Weglauftendenz diagnostiziert. Deswegen wurde die Erblasserin am 23.7.1998 in das Bezirkskrankenhaus überwiesen, wo sie bis zum 23.9.1998 stationär untergebracht war. Anschließend befand sie sich in verschiedenen Pflegeheimen.

Am 11.9.1998 wurde B durch das Vormundschaftsgericht zum Betreuer bestellt, nach dessen Tod einer Rechtsanwältin mit Beschluss vom 18.8.2000. Dieser Beschluss wurde vom Landgericht am 24.11.2000 dahingehend abgeändert, dass anstelle der bisherigen Betreuerin nunmehr die Beteiligten zu 1 und 2 als Betreuerinnen bestellt wurden.

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben einen Erbschein als Erben zu je 1/2 auf der Grundlage des Testaments vom 12.8.1996 beantragt. Sie sind der Auffassung, Ersatzerbinnen entsprechend § 2069 BGB nach B geworden zu sein; nach dem Willen der Erblasserin sollte der Stamm des B begünstigt werden.

Die Beteiligten zu 6 und 7 sind dieser Testamentsauslegung entgegengetreten und haben einen Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge beantragt. Es bestünde nach dem Testament vom 12.8.1996 kein Anhaltspunkt, dass die Erblasserin Ersatzerbfolge angeordnet hätte. Darüber hinaus sei die Erblasserin am 12.8.1996 nicht mehr testierfähig gewesen.

Das Nachlassgericht hat mit Vorbescheid vom 19.11.2001 angekündigt, den von den Beteiligten zu 1 und 2 beantragten Erbschein zu erteilen. Dagegen haben die Beteiligten zu 6 und 7 Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeuginnen, durch Beiziehung der die Erblasserin betreffenden Betreuungsakten sowie Einholung ärztlicher Stellungnahmen der Hausärztin, des Bezirkskrankenhauses und des Krankenhauses; weiter hat es ein psychiatrisches Sachverständigengutachten zur Testierfähigkeit der Erblasserin am 12.8.1996 eingeholt. Mit Beschluss vom 21.6.2004 hat das Landgericht die Beschwerden der Beteiligten zu 6 und 7 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 6 mit der weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Erblasserin sei bei Errichtung des Testaments vom 12.8.1996 als testierfähig anzusehen. Nach dem auf die eingeholten ärztlichen Stellungnahmen gestützten Sachverständigengutachten habe die Erblasserin an einer mittelgradigen - vaskulären - Demenz gelitten. Im Hinblick auf den stark schwankenden Verlauf und auf fehlende Belege für eine durchgängige Demenz im Jahr 1996 könne zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht mit hoher oder gar an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von Testierunfähigkeit ausgegangen werden.

Das Testament vom 12.8.1996, das keine ausdrückliche Regelung für den Fall des Vorversterbens des als Alleinerben eingesetzten B enthalte, sei ergänzend dahin auszulegen, dass die Beteiligten zu 1 und 2 Ersatzerben zu je 1/2 geworden sind. Die Erblasserin habe nicht bedacht, dass B vor ihr versterben werde und für diesen Fall keine Regelung getroffen. Vielmehr sei sie davon ausgegangen, dass B sie beerben und danach dessen Nachlass an seine Töchter, die Beteiligten zu 1 und 2, fallen würde. Im Wege der ergänzenden Auslegung sei aber anzunehmen, dass die Erblasserin, hätte sie die tatsächliche Entwicklung vorausgesehen, die Beteiligten zu 1 und 2 als Ersatzerbinnen eingesetzt hätte. Dies ergebe sich aus der engen Familienbeziehung zu der Verwandtschaft ihres verstorbenen Mannes, die nach dem Tod ihres Sohnes Unterstützung durch A, dessen Ehefrau und anschließend durch B und später durch die Beteiligten zu 1 und 2 gefunden habe. Die Betreuungsverfügung vom 25.1.1996 ergebe zudem ein Indiz, dass die Erblasserin den dort als Ersatzbetreuerinnen genannten Beteiligten zu 1 und 2 ein besonderes Vertrauen entgegengebracht habe. Die erforderliche Andeutung im Testament liege in der Einsetzung des Vaters der Beteiligten zu 1 und 2 als einer der Erblasserin nahe stehenden Person.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Die Feststellung des Landgerichts, zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 12.8.1996 sei von der Testierfähigkeit der Erblasserin auszugehen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Frage, ob die Voraussetzungen der Testierunfähigkeit nach § 2229 Abs. 4 BGB gegeben sind, ist im Wesentlichen tatsächlicher Natur. Der Senat kann als Rechtsbeschwerdegericht die Feststellung des Landgerichts, es sei von der Testierfähigkeit der Erblasserin bei Errichtung des Testaments am 12.8.1996 auszugehen, nur daraufhin überprüfen, ob das Landgericht den maßgebenden Sachverhalt ausreichend erforscht hat (§ 12 FGG, § 2358 Abs. 1 BGB), ob die Vorschriften über die Beweisaufnahme (§ 15 FGG) verletzt wurden und ob die Beweiswürdigung im Verfahren der weiteren Beschwerde zu berücksichtigende Fehler aufweist (st. Rspr., vgl. BayObLGZ 2001, 289/290 = FamRZ 2002, 497).

aa) Das Landgericht hat im gebotenen Rahmen die Ermittlungen durchgeführt, die erforderlich und möglich waren, um Klarheit über die Anknüpfungstatsachen für die Beurteilung der Frage der Testierfähigkeit der Erblasserin am 12.8.1996 zu gewinnen. Es hat hierzu Zeuginnen einvernommen, ärztliche Stellungnahmen der die Erblasserin im maßgeblichen Zeitraum behandelnden Ärzte bzw. Krankenhausärzte eingeholt und auf der Grundlage dieser Befunderhebungen, wie dies bei konkret begründeten Zweifeln an der Testierfähigkeit geboten ist, ein psychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt, hier durch einen Medizinaldirektor, einen Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und forensische Psychiatrie.

Es musste den weiteren Beweisangeboten der Beteiligten zu 6 nicht nachgehen. Die Aufklärungspflicht besteht nur insoweit, als das Vorbringen der Beteiligten und der festgestellte Sachverhalt bei sorgfältiger Überlegung hierzu Anlass geben. Von weiteren Ermittlungen, die ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht erwarten lassen, kann das Landgericht absehen (BayObLGZ 1995, 383/388 f. = FamRZ 1996, 566). Der Sachverständige hat auf der Grundlage der Erkenntnisse aus dem Betreuungsverfahren, der Zeugenaussagen und der eingeholten Arztberichte eine umfassende Beurteilungsgrundlage gehabt, mit der er sich in seinem Gutachten vom 24.9.2003 umfassend auseinander gesetzt hat. Auf die Einwendungen und Fragen der Beteiligten zu 6 ist der Sachverständige in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 13.4.2004 eingegangen. Er hat darauf hingewiesen, dass die sich auf die Jahre von 1995 bis 1998 beziehenden ärztlichen Berichte das durchgängige Vorliegen einer demenziellen Symptomatik bei der Erblasserin im Jahr 1996 und in Zeitnähe zur Erstellung des Testaments am 12.8.1996 nicht belegen können; vielmehr sei im maßgebenden Zeitraum - wie es bei einer vaskulären Demenz häufig vorkomme - von einer erheblichen schwankenden Symptomatik auszugehen. Danach kann nicht ausgeschlossen werden, dass im maßgeblichen Zeitraum sich Zustände abgewechselt haben, in denen Einsichtsfähigkeit und Willensentschließungsfreiheit der Erblasserin noch gegeben waren und in denen das nicht mehr der Fall war. Im Hinblick darauf hat das Landgericht zu Recht davon abgesehen, weitere Umstände zu ermitteln bzw. ärztliche Befunde zu erheben, die von vorneherein nicht geeignet waren, die Zweifel an einer durchgängigen, zur Testierunfähigkeit führenden Demenzerkrankung im Zeitraum der Testamentserrichtung zu beseitigen.

bb) Das Landgericht ist von zutreffenden rechtlichen Anforderungen an den Nachweis der Testierunfähigkeit ausgegangen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist ein Erblasser entsprechend dem Grundsatz, dass die Störung der Geistestätigkeit die Ausnahme bildet, solange als testierfähig anzusehen, als nicht die Testierunfähigkeit zur Gewissheit des Gerichts nachgewiesen ist. Deshalb trifft die Feststellungslast für die Testierunfähigkeit der Erblasserin grundsätzlich denjenigen, der sich auf die darauf beruhende Unwirksamkeit des Testaments beruft (vgl. BayObLG FamRZ 1996, 1438, 1439 m.w.N.).

cc) Die Beweiswürdigung des Landgerichts kann nur daraufhin überprüft werden, ob es bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln oder die Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze verstoßen hat, ferner ob es die Beweisanforderungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt hat (vgl. BayObLG Report 1999, 36). Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält diesen Kriterien stand.

(1) Der Sachverständige und ihm folgend das Landgericht sind von einem zutreffenden Verständnis des Begriffs der Testierunfähigkeit ausgegangen. Nach § 2229 Abs. 4 BGB ist testierunfähig, wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörungen nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Das Gesetz verbindet danach nicht mit jeder Geisteskrankheit oder -schwäche die Testierunfähigkeit, sondern sieht die Fähigkeit des Erblassers, die Bedeutung der letztwilligen Verfügung zu erkennen und sich bei seiner Entscheidung von normalen Erwägungen leiten zu lassen, als maßgebend an. Eine geistige Erkrankung des Erblassers steht der Gültigkeit seiner letztwilligen Verfügung nicht entgegen, wenn diese von der Erkrankung nicht beeinflusst ist (vgl. BayObLG FamRZ 2002, 1066/1067).

(2) Der Sachverständige hat bei der Erblasserin eine im Jahr 1995 beginnende fortschreitende vaskuläre Demenz festgestellt, die bereits im Jahr 1996 zu erheblichen Störungssymptomen geführt hatte, jedoch starken Schwankungen unterworfen war, so dass zu dieser Zeit ein überdauernder Zustand nicht angenommen werden kann, in welchem sie außerstande gewesen wäre, die Tragweite der von ihr abgegebenen Willenserklärung zu erfassen. Wenn nach diesem Gutachtensergebnis das Landgericht nicht die Überzeugung gewonnen hat, dass die Erblasserin bei Testamentserrichtung am 12.8.1996 testierunfähig war, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken.

b) Die Auslegung, die das Landgericht dem Testament vom 12.8.1996 gegeben hat, weist, auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der weiteren Beschwerde, keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.

aa) Hat der Erblasser in einer letztwilligen Verfügung eine Person zum Erben eingesetzt und fällt diese Person später weg, z.B. weil sie vor dem Erblasser verstirbt, so ist die Verfügung gegenstandslos, wenn kein Ersatzerbe (§ 2096 BGB) bestimmt ist. Handelt es sich allerdings bei dem eingesetzten und weggefallenen Erben um einen Abkömmling des Erblassers, so ist gemäß § 2069 BGB auch ohne ausdrückliche Ersatzerbeneinsetzung im Zweifel anzunehmen, dass dessen Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei gesetzlicher Erbfolge an dessen Stelle treten würden. Diese Auslegungsregel kann nicht, auch nicht entsprechend, angewandt werden, wenn der Erblasser eine Person eingesetzt hat, die nicht zu seinen Abkömmlingen gehört (BGH NJW 1973, 240/242; BayObLG FamRZ 1997, 641/642).

In einem solchen Fall ist jedoch durch Auslegung zu ermitteln, ob in der Einsetzung des Erben zugleich die Kundgabe des Willens gesehen werden kann, die Abkömmlinge des Bedachten zu Ersatzerben zu berufen (BayObLGZ 1982, 159/163). Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung an die Möglichkeit eines vorzeitigen Wegfalls des von ihm eingesetzten Erben tatsächlich gedacht hat und was er für diesen Fall wirklich und mutmaßlich gewollt hat (OLG Hamm FamRZ 1991, 1483 f.; OLG Frankfurt FamRZ 1996, 829/830).

Kann der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Erblassers nicht festgestellt werden, ist eine ergänzende Auslegung in Betracht zu ziehen (BayObLGZ 1988, 165/167; FamRZ 2000, 58/60; 2001, 516). Ist der Bedachte eine dem Erblasser nahe stehende Person, so legt die Lebenserfahrung die Prüfung nahe, ob der Erblasser eine Ersatzerbenberufung der Abkömmlinge des Bedachten gewollt hat oder gewollt haben würde (BayObLG FamRZ 1991, 856/866; 1997, 641/642). Als dem Erblasser nahe stehende Personen hat die Rechtsprechung in erster Linie Verwandte und den Ehegatten angesehen. Entscheidend ist, ob die Zuwendung dem Bedachten als ersten seines Stammes oder nur ihm persönlich gegolten hat. Die erforderliche Andeutung im Testament kann dann schon in der Tatsache der Berufung dieser Person zum Erben angesehen werden. In jedem Fall ist aber der Erblasserwille anhand aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (BayObLG FamRZ 2000, 58/60; Staudinger/Otte BGB 13. Bearb. § 2069 Rn. 27).

bb) Von diesen Grundsätzen ist das Landgericht bei der Auslegung des Testaments vom 12.8.1996 ausgegangen. Die Auslegung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Rechtsbeschwerdegericht ist grundsätzlich daran gebunden und kann nur überprüfen, ob die Auslegung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, nach den Denkgesetzen und der Erfahrung möglich ist, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln im Einklang steht und dem klaren Sinn und Wortlaut des Testaments nicht widerspricht. Die Schlussfolgerungen des Tatrichters müssen hierbei nicht zwingend sein; es genügt und ist mit der weiteren Beschwerde nicht mit Erfolg angreifbar, wenn der vom Tatrichter gezogene Schluss möglich ist, mögen auch andere Schlussfolgerungen denkbar sein (vgl. BGH FamRZ 1997, 411/412; BayObLG FamRZ 2000, 120/122).

cc) Nach diesem Maßstab ist die Auslegung des Landgerichts, die Beteiligten zu 1 und 2 seien als Ersatzerben durch das Testament vom 12.8.1996 berufen, nicht zu beanstanden.

(1) Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Frage der Ersatzerbeneinsetzung im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung zu beantworten ist. Es hat sich dabei mit der Aussage der Zeugin auseinander gesetzt und bedacht, dass die Erblasserin die in der Betreuungsverfügung vom 25.1.1996 ersatzweise vorgenommene Benennung der Beteiligten zu 1 und 2 nicht wiederholt hat. Es hat daraus nicht gefolgert, dass die Erblasserin eine Ersatzerbenstellung der Beteiligten zu 1 und 2 bei Errichtung des Testaments ausschließen habe wollen. Diese Schlussfolgerung ist möglich; für sie spricht, dass der Erblasserin bei der Betreuungsverfügung ein offensichtlich von B maschinenschriftlich verfasster Text zur Unterschrift vorgelegt worden ist, während sie das Testament vom 12.8.1996 aus eigener Initiative, wenn auch mit Hilfestellung der Zeugin, verfasst hat.

(2) Bei der Erbeinsetzung hat die Erblasserin B nicht nur mit seinem Namen benannt, sondern ihn auch als Neffe bezeichnet, obwohl er mit ihr nicht verwandt war. Dies zeigt, dass sie ihn nicht nur als Person, sondern vor allem in seiner Eigenschaft als einziger Blutsverwandter ihres Ehemanns zum Erben einsetzen wollte, zumal der Bedachte bei Testamentserrichtung bereits 66 Jahre alt war. Auf dieser Grundlage durfte das Landgericht davon ausgehen, dass der - auch von den Beteiligten zu 6 und 7 nicht in Abrede gestellte - enge Kontakt der Erblasserin zu der in der Nähe wohnenden Familie des B und deren Betreuungstätigkeit es nahe legen, dass sie für den Fall seines Vorversterbens seine Kinder bedenken wollte.

Das Landgericht hat auch in Rechnung gestellt, dass die Erblasserin zu ihren Geschwistern ein gutes Verhältnis gehabt hat. Dessen ungeachtet hat es im Wege der ergänzenden Auslegung den hypothetischen Willen der Erblasserin, den sie bei Kenntnis der eingetretenen Entwicklung gehabt hätte, dahin ermittelt, dass sie ihr Vermögen dem Stamm des B zugewendet hätte. Maßgebend ist hierfür die mutmaßliche Sicht der Erblasserin und nicht - wie von der weiteren Beschwerde geltend gemacht - die Einschätzung und Bewertung der Person B durch die Beteiligte zu 5, 6 und 7. Die Auslegung des Landgerichts ist möglich und findet im Testament ihre Andeutung darin, dass die Erblasserin unter Ausschluss der als gesetzliche Erben in Betracht kommenden Geschwister bzw. Geschwisterkinder B, den Vater der Beteiligten zu 1 und 2, zu ihrem Erben eingesetzt hat.

3. Für eine Kostenentscheidung besteht kein Anlass. Wer die Gerichtskosten zu tragen hat, ergibt sich aus dem Gesetz. Nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG hat die Beteiligte zu 6 die den Beteiligten zu 1 und 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu tragen. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird im Anschluss an die Festsetzung durch das Landgericht und entsprechend dem mit der weiteren Beschwerde verfolgten Interesse der Beteiligten zu 6 auf 1/8 des Reinnachlasses festgesetzt (§ 131 Abs. 2, § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 Satz 1 KostO).



Ende der Entscheidung

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