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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 20.09.2000
Aktenzeichen: 1Z BR 86/99
Rechtsgebiete: BGB, FGG


Vorschriften:

BGB § 140
BGB § 2065 Abs. 2
BGB § 2225
FGG § 20
Zur Frage, wie eine Testamentsbestimmung auszulegen ist, wenn sich ein Ehepaar, gegenseitig zu Alleinerben für den Fall einsetzt, "dass wir beide gleichzeitig sterben, etwa infolge eines Unfalls ohne Rücksicht darauf, wer am längsten lebt", und bestimmt, daß ein Testamentsvollstrecker ernannt werden soll, um den gesamten Nachlaß "einer sozialen Bestimmung zuzuführen".
BayObLG Beschluß

LG München I - 16 T 21798/98; AG München 64 VI 6260/98

1Z BR 86/99

20.09.00

Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Präsidenten Gummer sowie der Richter Seifried und Zwirlein

am 20. September 2000

in der Nachlaßsache

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5 und 6 wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 26. März 1999 geändert wie folgt:

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 5 und 6 wird verworfen.

II. Die Beteiligten zu 5 und 6 haben den Beteiligten zu 2 und 3 die ihnen im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.

Im übrigen wird die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5 und 6 zurückgewiesen.

2. Die Beteiligten zu 5 und 6 haben den Beteiligten zu 2 und 3 die ihnen im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

Gründe

I.

Der 1998 im Alter von 71 Jahren verstorbene Erblasser hatte keine Kinder.

Mit seiner 1993 vorverstorbenen Ehefrau hatte er am 21.3.1986 folgendes von ihm eigenhändig geschriebenes, auch von seiner Ehefrau unterzeichnetes gemeinschaftliches Testament errichtet:

"Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein. Da wir keine pflichtteilsberechtigten Erben haben, sind wir in unseren Bestimmungen frei.

Für den Fall, dass wir beide gleichzeitig sterben sollten, etwa infolge eines Unfalls, bestimmen wir (ohne Rücksicht darauf, wer am längsten lebt) folgendes:

Als Testamentsvollstrecker soll Frau Rechtsanwältin... (die frühere Beteiligte zu 1) unseren Nachlaß regeln und ihn einer sozialen Bestimmung zuführen, da wir ausdrücklich wünschen, dass die beiderseitige Verwandtschaft nichts erhalten soll.

Vermächtnisse werden wir im einzelnen noch festlegen.."

Der Erblasser hatte vor seiner Heirat mit eigenhändigem Testament vom 21.3.1983 zugunsten seiner späteren Ehefrau folgendes bestimmt:

"Aufgrund ihrer Sorge und Pflege für mich gehört im Falle meines Todes mein gesamter fester und beweglicher Besitz als Alleinerbin Frau... Dies ist notwendig, da mir mein Bruder... (der Beteiligte zu 2) nur einen minimalen Erbanteil am Haus unserer Mutter ausbezahlte.

Dadurch war mir die Schaffung von Wohneigentum zugunsten von Frau... und eine weitere Versorgung für sie nicht möglich....

Bei etwa gleichzeitig eintretendem Tod von mir und Frau ... fällt das o.g. Erbe an... (den 1985 verstorbenen Vater der späteren Ehefrau des Erblassers), keinesfalls an Frau... (die Ehefrau des Bruders) und Herrn.... (den Beteiligten zu 2)."

Mit Beschluß vom 24.7.1998 hat das Nachlaßgericht zur Sicherung und Verwaltung des Nachlasses Nachlasspflegschaft angeordnet und den Beteiligten zu 4 zum Nachlaßpfleger bestellt, da nicht feststehe, vielmehr erst in einem Erbscheinsverfahren geklärt werden müsse, ob das gemeinschaftliche Testament vom 21.3.1986 für die Erbfolge maßgeblich sei.

Die frühere Beteiligte zu 1 beantragte, ihr ein Testamentsvollstreckerzeugnis zu erteilen, und "gemäß dem Willen des Verstorbenen" zwei von ihr benannte gemeinnützige Vereine zu 75 % bzw. 25 % "zu Erben zu ernennen"; für diese beantragte sie einen Erbschein.

Der Beteiligte zu 2 stellte als einziger gesetzlicher Erbe der zweiten Ordnung einen Erbscheinsantrag, weil der Fall des gleichzeitigen Versterbens der Eheleute nicht gegeben sei, die für diesen Fall getroffenen Anordnungen des gemeinschaftlichen Testaments daher nicht zum Zuge kämen und es im übrigen auch an der wirksamen Bestimmung eines Ersatzerben für diesen Fall fehle; diese könne nicht einem Testamentsvollstrecker überlassen werden.

Mit Beschluß vom 4.11.1998 wies das Nachlaßgericht den Antrag der (früheren) Beteiligten zu 1 auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zurück und kündigte an, einen Erbschein zu erteilen, der den Beteiligten zu 2 als Alleinerben ausweise, falls nicht binnen 2 Wochen Beschwerde eingelegt werde. Zur Begründung führte es aus, das gemeinschaftliche Testament vom 21.3.1986 enthalte keine wirksame mit einer Testamentsvollstreckung verbundene Schlußerbeneinsetzung. Mit dem Fall des gleichzeitigen Versterbens der Eheleute sei gemeint, dass beide Ehegatten aufgrund desselben Ereignisses stürben und der Überlebende keine Möglichkeit mehr habe, als Erbe des anderen für den Fall seines Todes letztwillig zu verfügen. Dieser Fall liege nicht vor. Außerdem verstießen die für diesen Fall getroffenen Anordnungen gegen § 2065 Abs. 2 BGB.

Gegen diesen Beschluß legte die Beteiligte zu 1 durch ihre Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde ein. Während des Beschwerdeverfahrens - am 21.12.1998 - verstarb sie. Ihre Verfahrensbevollmächtigten verwiesen auf § 246 ZFO. Auf Anregung der Beschwerdekammer erklärten die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 und der Beteiligte zu 2 die Beschwerde für erledigt, soweit sie sich gegen die Versagung des Testamentsvollstreckerzeugnisses richtete. Soweit die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Vorbescheid gerichtet war, wies sie das Landgericht mit Beschluß vom 26.3.1999 zurück und ordnete an, dass "die Beteiligte zu 1" die den Beteiligten zu 2, 3 und 4 im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten habe.

Das Nachlaßgericht hat am 11.5.1999 dem Beteiligten zu 2 einen Erbschein erteilt, der bezeugt, dass der Erblasser durch ihn allein beerbt worden sei.

Die Verfahrensbevollmächtigten der früheren Beteiligten zu 1 haben gegen den Beschluß des Landgerichts weitere Beschwerde eingelegt. Sie haben auf Anfrage mitgeteilt, das Rechtsmittel für die Erben der früheren Beteiligten zu 1, die Beteiligten zu 5 und 6, eingelegt zu haben.

II.

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5 und 6 ist statthaft und formgerecht eingelegt; sie ist, nachdem der Erbschein gemäß dem Vorbescheid des Nachlassgerichts zwischenzeitlich erteilt wurde, sinngemäß auf die Einziehung dieses Erbscheins gerichtet (BayObLG FamRZ 1991, 618/619; Staudinger/Schilken BGB 13. Bearb. § 2353 Rn. 86). Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 5 und 6 für die weitere Beschwerde ergibt sich aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde ohne Rücksicht auf die Zulässigkeit der Erstbeschwerde (Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. § 27 FGG Rn. 7); denn das Landgericht konnte, nachdem die Beteiligte zu 1 verstorben war, nur die Beschwerde der Beteiligten zu 5 und 6 zurückgewiesen haben, soweit diese sie weiterverfolgten.

Im Ergebnis ist die weitere Beschwerde erfolglos. Das Landgericht hätte allerdings die Beschwerde nicht als unbegründet zurückweisen dürfen, sondern als unzulässig verwerfen müssen.

1. Das Landgericht hat angenommen, Verfahrensgegenstand sei, "nachdem die Beschwerde nach dem Tod der Beschwerdeführerin für erledigt erklärt wurde, soweit sie sich gegen die Nichterteilung des Testamentsvollstreckerzeugnis richtete", nur noch die Ankündigung eines Erbscheins gemäß dem Antrag des Beteiligten zu 2. Dies ist im Ergebnis richtig. Allerdings hatte der Tod der früheren Beteiligten zu 1 nicht die Erledigung der Beschwerde, sondern die Erledigung der Hauptsache zur Folge, weil der Verfahrensgegenstand Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses durch den Tod der Beteiligten zu 1 weggefallen war (vgl. § 2225 BGB; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 19 Rn. 85 und 94), und die Erledigung der Hauptsache ergab sich auch nicht bereits aus den entsprechenden Erklärungen der Beteiligten, sondern war von Amts wegen festzustellen, da ein Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur in echten Streitverfahren an übereinstimmende Erledigungserklärungen der Parteien gebunden ist, in Amts- und Antragsverfahren aber die Erledigung in der Hauptsache von Amts wegen festzustellen hat (BayObLG FamRZ 1991, 846/847; Bumiller/Winkler Freiwillige Gerichtsbarkeit 7. Aufl. § 12 Rn. 33); nur bei Aufrechterhaltung des Sachantrags ist eine Feststellung der Hauptsacheerledigung von Amts wegen nicht möglich, der Antrag ist dann vielmehr zurückzuweisen (BayObLGZ 1993, 348/349).

Sinngemäß ist das Landgericht aber zutreffend von einer Erledigung der Hauptsache hinsichtlich des Antrags auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses ausgegangen.

2. Das Landgericht hat nicht beachtet, dass infolge des Todes der früheren Beteiligten zu 1 die Beschwerde auch hinsichtlich des nach seiner Ansicht verbliebenen Verfahrensgegenstandes unzulässig geworden war.

Es ist zwar richtig, dass im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine Unterbrechung des Verfahrens eintritt, wenn der Beschwerdeführer während des Beschwerdeverfahrens stirbt. Das bedeutet aber nicht, dass der Tod eines Beteiligten keine Auswirkungen auf das Verfahren hätte. Diese Auswirkungen müssen vielmehr von Amts wegen festgestellt werden. Wenn der Tod eines Beteiligten die Hauptsache nicht erledigt, ist ein etwaiger Rechtsnachfolger von Amts wegen zu ermitteln und am Verfahren zu beteiligen (BayObLGZ 1960, 110/119; 1964, 433/435; DNotZ 1963, 732/ 733; OLG Hamm BB 1970, 104; Keidel/Kayser Rn. 79; Bumiller/Winkler Rn. 40 jeweils zu § 12; Bassenge/Herbst Einl. FGG Rn. 69; Jansen FGG 2. Aufl. Vorbem. §§ 8 - 18 Rn. 36).

Im Erbscheinsverfahren kann sich der Tod eines Beschwerdeführers, je nachdem, worauf seine Beschwerdeberechtigung beruhte, unterschiedlich auswirken. Beanspruchte der Beschwerdeführer die Stellung eines Erben oder Erbeserben, so geht die Rechtsstellung, die er durch Einlegung der Beschwerde erlangt hatte, ohne weiteres auf seine Rechtsnachfolger, also seine Erben, über (BayObLGZ 1964, 433/435; Keidel/Kahl § 20 Rn. 74). Hat aber ein Testamentsvollstrecker gegen die Erteilung eines Erbscheins oder die Ankündigung, einen Erbschein bestimmten Inhalts zu erteilen, Beschwerde eingelegt und beruht die Beschwerdeberechtigung auf der Stellung als Testamentsvollstrecker - dieser ist im Erbscheinsverfahren antrags- und beschwerdeberechtigt (BayObLGZ 19, 192/195; Münch-Komm/Promberger BGB 3. Aufl. Rn. 107, 132; Staudinger/Schilken Rn. 48, 87 jeweils zu § 2353) -, so geht die mit der Einlegung der Beschwerde erlangte Rechtsstellung ebensowenig auf seine Erben über, wie sein Amt selbst; dieses erlischt vielmehr mit seinem Tode (§ 2225 BGB; MÜnchKomm/Brandner Rn. 4; Staudinger/Reimann Rn. 13 jeweils zu § 2225). Ist die Testamentsvollstreckung noch nicht beendet und ist ein Ersatztestamentsvollstrecker vom Erblasser (§ 2197 Abs. 2 BGB) oder von einem Bestimmungsberechtigten (§§ 2198, 2199 Abs. 2, § 2200 Abs. 1 BGB) ernannt, so geht die mit der Einlegung der Beschwerde erlangte Rechtsstellung auf den Nachfolger im Amt über; in diesem Fall führt der Tod des Testamentsvollstreckers nicht zu r Erledigung des Beschwerdeverfahrens (Pfälz. OLG Zweibrücken Report 2000, 292/293 f.). Ansonsten aber kann keine Beschwerdeentscheidung mehr getroffen werden; denn die Beschwerdeberechtigung als Zulässigkeitsvoraussetzung muß auch noch im Zeitpunkt des Erlasses der Beschwerdeentscheidung gegeben sein (BayObLGZ 1952, 268/270; Keidel/Kahl Rn. 15; Jansen Rn. 11 jeweils zu § 20); die Beschwerde hat sich vielmehr erledigt (vgl. BGHZ 66, 297/299; BayObLGZ 1993, 348/349). Wird sie, wie hier, von den Erben des verstorbenen Testamentsvollstreckers nicht für erledigt erklärt, sondern weiterverfolgt, so muß sie als unzulässig verworfen werden.

3. Der Senat hat in diesem Zusammenhang auch erwogen, ob die Ernennung der Beteiligten zu 1 zur Testamentsvollstreckerin in ihre Einsetzung als Erbin umgedeutet werden kann. Wäre dies der Fall, so hätte ihr Tod die Beschwerde nicht erledigt. Diese Erwägung scheitert aber jedenfalls daran, dass das Testament vom 21.3.1986, wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, den Erbfall nach dem Tod des letztversterbenden Ehegatten - vom Fall des "gleichzeitigen Versterbens" (im weiteren Sinn) abgesehen - nicht regelt.

a) Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass es im Hinblick auf § 2065 Abs. 2 BGB nicht möglich ist, durch letztwillige Verfügung einen Testamentsvollstrecker zu ernennen, der "unseren Nachlaß regeln und ihn einer sozialen Bestimmung zuführen" soll, weil damit die Bestimmung der Personen, die eine Zuwendung erhalten, und die Bestimmung des Gegenstands der Zuwendung einem anderen überlassen würde. Eine derartige Verfügung ist nichtig (Staudinger/Otte § 2065 Rn. 44).

Rechtlich möglich wäre dagegen die Einsetzung eines Erben mit der Auflage, den gesamten Nachlaß einer sozialen Bestimmung zuzuführen. Der Erblasser kann nämlich bei der Anordnung einer Auflage (§ 1940 BGB), deren Zweck er bestimmt hat, die Bestimmung der Person, an welche die Leistung erfolgen soll, und die Bestimmung des Gegenstands der Leistung dem Beschwerten überlassen (SS 2156, 2192, 2193 Abs. 1 BGB; Staudinger/ Otte § 2193 Rn. 1).

Es könnte daher eine Umdeutung der nichtigen Ernennung eines Testamentsvollstreckers, dem die Bestimmung der Personen und Gegenstände der Zuwendung überlassen wird, in eine Erbeinsetzung des "Testamentsvollstreckers" mit der Auflage, den Nachlaß sozialen Zwecken zuzuwenden, in Betracht kommen; denn die Umdeutungsregelung des § 140 BGB kann auch bei nichtigen Verfügungen von Todes wegen eingreifen (BGH NJW 1978, 423; Staudinger/Otte § 2065 Rn. 46; § 2084 Rn. 9; MünchKomm/Leipold § 2065 Rn. 25, § 2084 Rn. 60 ff.; Reinhard Zimmermann, "Quos Titius voluerit" - Höchstpersönliche Willensentscheidung des Erblassers oder "power of appointment"?, München 1991, S. 57 ff.).

b) Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler das Testament vom 21.3.1986 dahingehend ausgelegt, dass es, von dem Fall des "gleichzeitigen Versterbens" - im weiteren Sinn - abgesehen, keine Schlußerbeneinsetzung enthält.

aa) Das Landgericht hat sich zunächst mit dem Wortlaut des Testaments befaßt. Nach diesem handle es sich bei der Regelung "für den Fall, dass wir beide gleichzeitig sterben sollten, etwa infolge eines Unfalls... (ohne Rücksicht darauf, wer am längsten lebt)" eindeutig nicht um eine Schlußerbeneinsetzung nach dem Letztversterbenden unabhängig von der Voraussetzung des gleichzeitigen Versterbens, sondern lediglich um eine Regelung für den Fall des Versterbens beider Eheleute in engem zeitlichen Zusammenhang, so dass es demjenigen, der den anderen überlebe, nicht mehr möglich sei, eine eigene letztwillige Verfügung zu errichten. Nach allgemeinem Sprachgebrauch werde damit nicht auch der hier gegebene Fall erfaßt, dass die Eheleute im Abstand mehrerer Jahre und ohne kausalen Zusammenhang der Todesursachen verstürben. Der Auslegung werde zwar durch den Wortsinn keine Grenze gesetzt. Auch unter Berücksichtigung außerhalb der Urkunde liegender Umstände lasse sich aber nicht feststellen, dass die Anordnung nach dem Willen der Eheleute nicht nur für den Fall des gleichzeitigen Versterbens - in dem angegebenen weiteren Sinn -, sondern auch für den Fall des Nacheinanderversterbens habe gelten sollen. Das Landgericht hat insbesondere die schriftliche Äußerung des Beteiligten zu 5, der bei der Errichtung des Testaments zugegen war, gewürdigt. Es hat seiner Angabe, der Ausdruck "beide gleichzeitig" sei ins Spiel gekommen, weil die Eheleute viel auf Reisen gegangen seien, eine Bestätigung dafür entnommen, dass allein der Fall geregelt werden sollte, dass beide durch ein und dasselbe Ereignis, etwa einen Unfall, "gleichzeitig" oder auch kurz hintereinander verstürben und es demjenigen, der den anderen möglicherweise kurz überlebe, nicht mehr möglich sei, erneut zu testieren. In diesem Fall hätte die Gefahr bestanden, dass der Nachlaß der Eheleute mangels anderweitiger Verfügung an ihre gesetzlichen Erben oder die gesetzlichen Erben des zuletzt Versterbenden gefallen wäre. Dies hätten die Eheleute verhindern wollen.

Aus den weiteren Ausführungen des Beteiligten zu 5 - die Eheleute hätten hiermit lediglich klarstellen wollen, dass ihr gemeinsamer letzter Wille "auch für den Ausnahmefall eines gleichzeitigen Ablebens Gültigkeit bewahren sollte", und der Erblasser sei überzeugt gewesen, dass dies nicht anders interpretiert werden könne - ergebe sich wiederum, dass die Eheleute nur den Fall des gleichzeitigen Todes - im gekennzeichneten weiteren Sinn - als regelungsbedürftigen Ausnahmefall angesehen hätten. Für den (normalen) Fall des Versterbens nacheinander hätten sie es bei der gegenseitigen Alleinerbeneinsetzung - mit der Möglichkeit des Überlebenden, frei zu testieren - belassen wollen. Von einer Schlusserbenbestimmung abzusehen und dem Überlebenden freie Hand zu lassen, entspreche der Interessenlage kinderloser Eheleute, die - wie sie im Testament vom 21.3.1986 selbst ausgeführt hätten - in ihren Bestimmungen frei seien, da sie keine pflichtteilsberechtigten Erben hätten.

Ein Zerwürfnis zwischen dem Erblasser und seinem Bruder (dem Beteiligten zu 2) - das auch in den anderen vorgelegten schriftlichen Äußerungen bezeugt werde - könne unterstellt werden. An der Auslegung ändere dies jedoch nichts. Dafür, dass die Testierenden den eindeutigen Wortlaut ihrer Bestimmungen in einem anderen Sinn als dem des allgemeinen Sprachgebrauchs verstanden hätten, bestünden keine Anhaltspunkte. Dass die getroffene Regelung auch für den Fall des nicht zeitnahen Nacheinanderversterbens der Eheleute habe gelten sollen, habe jedenfalls keine Andeutung im Testament gefunden.

Auch für eine ergänzende Testamentsauslegung in diesem Sinn sei kein Raum. Es liege keine Veränderung der Umstände zwischen Errichtung des Testaments und Erbfall vor, die nicht bedacht worden wäre, und es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Ehegatten eine Schlusserbeneinsetzung versehentlich nicht getroffen hätten. Es bestehe daher keine durch ergänzende Auslegung zu schließende Lücke im Testament.

bb) Diese Auslegung hält der rechtlichen Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) stand.

(1) Die Testamentsauslegung ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang überprüfbar (BayObLG FGPrax 2000, 149/150; MünchKomm/Leipold § 2084 Rn. 84). Vom Rechtsbeschwerdegericht ist nur zu prüfen, ob die Auslegung der Tatsacheninstanz gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt, ob in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen wurden, ob ein wesentlicher Umstand - etwa ein Teil des Testamentswortlauts - Übersehen wurde oder ob dem Testament ein Inhalt gegeben wurde, der dem Wortlaut nicht zu entnehmen ist und auch nicht auf verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen anderer Anhaltspunkte für den im Testament zum Ausdruck gekommenen Erblasserwillen gestützt werden kann (BGHZ 121, 357/ 363; BayObLG NJW-FER 2000, 93; MünchKomm/Leipold aaO).

(2) Die Rechtsbeschwerde rügt nicht, dass das Landgericht dem Testament einen Inhalt gegeben habe, der dem Wortlaut nicht zu entnehmen sei, sondern vielmehr, dass das Landgericht mit seiner Auslegung nicht über den Wortlaut des Testaments hinausgegangen sei, obwohl sich aus den Angaben des Beteiligten zu 5 ergebe, dass die Eheleute mit dem Wortlaut einen in ihm nicht voll zum Ausdruck kommenden Sinn verbunden hätten.

Es kann jedoch aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden, dass das Landgericht sich von diesen Angaben des Beteiligten zu 5 nicht davon überzeugen ließ, die Eheleute hätten entgegen dem klaren Wortlaut des Testaments nicht nur eine Regelung für den Fall ihres gleichzeitigen Versterbens (im weiteren Sinn), sondern eine Schlußerbeneinsetzung treffen wollen, die "auch" für den Fall ihres gleichzeitigen Versterbens Gültigkeit haben sollte.

Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass diese Annahme in Widerspruch zu der vom Beteiligten zu 5 geschilderten Entstehungsgeschichte dieser Formulierung steht. Danach ist die Ergänzung der gegenseitigen Einsetzung zu Alleinerben um die Regelung für den Fall des gleichzeitigen Versterbens vorgenommen worden im Hinblick auf die vielen gemeinsamen Reisen des Ehepaars. Das Landgericht hat deswegen angenommen, nur die mit diesen Reisen verbundene Möglichkeit des gleichzeitigen Versterbens (im weiteren Sinne) sei den Eheleuten Über die gegenseitige Einsetzung zu Alleinerben hinaus regelungsbedürftig erschienen. Damit ist das Landgericht zwar nicht ausdrücklich auf die Angabe des Beteiligten zu 5 eingegangen, die Eheleute hätten mit ihrer Formulierung "lediglich klarstellen" wollen, "dass ihr... letzter Wille auch für den Ausnahmefall eines gleichzeitigen Ablebens Gültigkeit bewahren sollte". Sinngemäß bedeuten die Ausführungen des Landgerichts aber, dass es, wenn die Eheleute allgemein eine Schlußerbeneinsetzung gemäß § 2269 Abs. 1 BGB hätten treffen wollen, es keinen Anlaß mehr für eine gesonderte Regelung des Ausnahmefalls des gleichzeitigen Versterbens - unter Einbeziehung der Möglichkeit eines Auseinanderfallens der Todeszeitpunkte - gegeben hätte. Das Landgericht hätte hinzufügen können, dass nach der Lebenserfahrung die Annahme fernliegt, sprachgewandte Personen wie die Eheleute, die beide Akademiker waren - der Erblasser, der das gemeinschaftliche Testament verfasst hatte, war Universitätsprofessor -, würden meinen, eine allgemein für den Tod des zuletzt Versterbenden gewollte Regelung in einer ausdrücklich nur für den speziellen Fall des gleichzeitigen Versterbens getroffenen Regelung zum Ausdruck gebracht zu haben.

Auch aus dem im Testament angegebenen Motiv für diese Regelung - "da wir ausdrücklich wünschen, dass die beiderseitige Verwandtschaft nichts erhalten soll" - ergibt sich kein eindeutiger Anhaltspunkt dafür, dass die Eheleute doch - entgegen dem von ihnen gewählten klaren Wortlaut - eine allgemeine Regelung für den zweiten Todesfall treffen wollten. Dieses Motiv hätte zwar Anlaß geben können, die Erbfolge auch für den Tod des zuletzt versterbenden Ehegatten zu regeln. Es konnte den Eheleuten aber auch genügen, nur die Gefahr auszuschließen, dass die Regelung für den ersten Todesfall - für den sie sich gegenseitig zu Erben eingesetzt hatten - infolge eines unvorhergesehenen gleichzeitigen Versterbens zur Beerbung beider oder des (kurze Zeit) länger Lebenden durch die gesetzlichen Erben führen würde. Für den Normalfall konnten sie es dem überlebenden Ehegatten überlassen, über den gesamten Nachlaß erneut letztwillig zu verfügen. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass diese letztere Alternative mit der Interessenlage eines kinderlosen Ehepaars, das keine pflichtteilsberechtigten Erben hat, die es bei gegenseitiger Einsetzung zu Alleinerben durch eine Schlusserbeneinsetzung berücksichtigen muß, ohne weiteres vereinbar ist.

Das Landgericht mußte nicht auch auf die vom Beteiligten zu 5 bekundete Äußerung des Erblassers ca. eineinhalb Jahre vor seinem Tod gegenüber der früheren Beteiligten zu 1 eingehen. Die Verpflichtung des Landgerichts, seine Entscheidung mit Gründen zu versehen (§ 25 FGG), gebietet nicht, auf alle möglicherweise in Betracht kommenden tatsächlichen oder rechtlichen Umstände ausdrücklich einzugehen (BayObLG FamRZ 1992, 1349/1350; 1994, 324/325). Der Beteiligte zu 5 berichtet, die Beteiligte zu 1 habe den Erblasser, der vor einer Operation gestanden habe, gefragt, ob mit seinem Testament alles in Ordnung sei oder ob er Änderungen oder weitere Verfügungen machen wolle. Der Erblasser habe erwidert, dass alles so bleiben solle, wie er und seine Frau damals verfügt hätten; er habe betont, dass sich sein letzter Wille in bezug auf die Verwandtschaft nicht geändert habe, obwohl er seinem Neffen eine Eisenbahn geschenkt habe. Das Landgericht brauchte diesem Bericht keine wesentliche Bedeutung für die Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments vom 21.3.1986 beimessen. Diese Äußerung ist mehr als 10 Jahre nach Abfassung des Testaments vom 21.3.1986 gemacht worden, den Umständen nach ohne dass das Testament dem Erblasser vorgelegen hätte. Es besteht daher keine Gewähr, dass sie über den Willen und die Vorstellungen der Eheleute im Zeitpunkt der Abfassung des Testaments, auf den es allein ankommt, zuverlässigen Aufschluß gibt. Möglich ist auch, dass der Erblasser mangels genauer Erinnerung über den Inhalt des ihm nicht vorliegenden Testaments irrte oder dass er meinte, auf diese Weise am leichtesten begründen zu können, dass er kein weiteres Testament errichten wollte.

(3) Bei dieser Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments ist auch, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kein Raum für eine es um eine Schlußerbeneinsetzung ergänzende Auslegung; denn die Regelung der Erbfolge allein nach dem Erstversterbenden und für den Sonderfall des gleichzeitigen Versterbens stellt sich bei dieser Auslegung nicht als planwidrige Unvollständigkeit, sondern als bewußte Beschränkung dar, bei der dem Erben des Erstversterbenden überlassen werden sollte, ob und in welcher Weise er seinen Nachlaß regeln wolle. Es besteht daher keine Lücke des Testaments, wie sie Voraussetzung der Zulässigkeit einer ergänzenden Auslegung ist (MünchKomm/Leipold § 2084 Rn. 39 und 42).

(4) Ohne Rechtsfehler kam das Landgericht daher zu dem Ergebnis, dass dem gemeinschaftlichen Testament vom 21.3.1986 eine Regelung für den Erbfall nach dem Tod des Erblassers nicht zu entnehmen ist.

4. Auf die weitere Beschwerde hin ist auch die Gesetzmäßigkeit der Kostenentscheidung von Amt wegen zu überprüfen (BayObLGZ 1966, 49/64).

Insoweit läßt sich die landgerichtliche Entscheidung nicht in vollem Umfang aufrechterhalten.

a) Die - verstorbene - Beteiligte zu 1 kann nicht Kostenerstattungsschuldnerin sein; dies sind vielmehr die Beteiligten zu 5 und 6 als ihre Erben, auch soweit sich die Hauptsache erledigt hat.

b) Die Anordnung einer Kostenerstattung zugunsten des Beteiligten zu 4 läßt sich auf § 13a Abs. 1 FGG nicht stützen.

Nach dieser Vorschrift müssen Kostenerstattungsschuldner und Kostenerstattungsgläubiger an einer Angelegenheit (im gegensätzlichen Sinn) "beteiligt" sein. Nur für den Kostenerstattungsschuldner reicht die formelle Beteiligung aus; wer Beschwerde gegen eine im Verfahren der freiweilligen Gerichtsbarkeit ergangene Entscheidung erhebt, ist schon damit Beteiligter i.S. des § 13a Abs. 1 FGG (BGHZ 31, 92/102). Kostenerstattungsgläubiger kann aber grundsätzlich nur sein, wer nicht nur formell am Verfahren beteiligt wurde, sondern als materiell Beteiligter oder aufgrund einer sonstigen Beschwerdebefugnis berechtigt war, am Beschwerdeverfahren teilzunehmen (BayObLGZ 1965, 50/52, 333/341; 1966, 49/65 f.; 1972, 354/364; KG FamRZ 1968, 472/473; OLGZ 1988, 418/423 f.). Der Beteiligte zu 4 war als Nachlaßpfleger nicht materiell Beteiligter in diesem Sinn.

Der Nachlaßpfleger hat im Erbscheinsverfahren desjenigen Erblassers, für dessen unbekannte Erben er bestellt wurde, kein Antrags- und Beschwerderecht (BayObLG FamRZ 1991, 230; Staudinger/Schilken Rn. 48, 50; MünchKomm/Promberger Rn.. 133 jeweils zu § 2353). Seine Rechte werden durch eine im Erbscheinsverfahren ergehende Entscheidung nicht betroffen.

c) Soweit das Landgericht - sinngemäß - den Beteiligten zu 5 und 6 die gesamten den Beteiligten zu 2 und 3 im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten auferlegt hat, ist seine Entscheidung nicht zu beanstanden.

aa) Soweit sich die Hauptsache erledigt hatte, war über die Kosten - der ersten und zweiten Instanz - nach § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG zu entscheiden (BayObLGZ 1958, 222/224). Das Landgericht konnte es aber für die erste Instanz bei dem Grundsatz belassen, dass die Beteiligten ihre Kosten selbst zu tragen haben, und nur für die Beschwerdeinstanz die den Beteiligten zu 2 und 3 entstandenen Kosten nach dem Grundgedanken des § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG den Beteiligten zu 5 und 6 auferlegen, weil die Beschwerde - auch insoweit - erfolglos gewesen wäre.

bb) Soweit die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen wurde, haben die Beteiligten zu 5 und 6 den Beteiligten zu 2 und 3 die ihnen im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten nach der unmittelbar anzuwendenden Vorschrift des § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG zu erstatten.

6. Am Rechtsbeschwerdeverfahren war der Beteiligte zu 4 allerdings (materiell) beteiligt; denn dieses Verfahren hatte sich auch damit zu befassen, ob die zu seinen Gunsten ergangene Kostenentscheidung des Landgerichts wieder zu beseitigen war. Insoweit wurde also seine Rechtsstellung unmittelbar berührt. Gerade in diesem Punkt hatte das Rechtsmittel jedoch Erfolg, so dass insoweit zu seinen Gunsten eine Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG nicht in Betracht kommt.

Die Beteiligten zu 5 und 6 haben daher auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG nur den Beteiligten zu 2 und 3 die ihnen entstandenen Kosten zu erstatten.

Eine Entscheidung über die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde war nicht veranlaßt; wer diese zu tragen hat, ergibt sich unmittelbar aus der Kostenordnung.

Ende der Entscheidung

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