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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 16.11.2004
Aktenzeichen: 1Z BR 87/04
Rechtsgebiete: PStG, PStV, BGB, BeurkG


Vorschriften:

PStG § 21
PStG § 29
PStG § 45
PStG § 49
PStG § 60
PStV § 25
BGB § 1592 Nr. 2
BGB § 1594 Abs. 1
BGB § 1599 Abs. 2
BeurkG § 10
1. Eine Vaterschaftsanerkennung ist nicht deshalb unwirksam, weil der Anerkennende keinen sicheren Nachweis über die von ihm geführten Personalien beibringt.

2. Liegt eine wirksame Vaterschaftsanerkennung vor, kann der Anerkennende als Vater im Geburtenbuch eingetragen werden, auch wenn seine Identität aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles (hier: algerischer Asylbewerber mit mehreren Alias-Personalien) nicht durch eine Personenstandsurkunde oder andere öffentliche Urkunden nachgewiesen werden kann, insbesondere sein Name nicht feststeht. Der Umstand, dass die Identität nicht nachgewiesen ist, ist bei der Eintragung durch einen klarstellenden Zusatz kenntlich zu machen.«


Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 2 ist deutsche Staatsangehörige. Sie hat am 14.10.2002 einen Knaben zur Welt gebracht. Seit 1994 war sie mit dem Beteiligten zu 1 verheiratet. Der Antrag der Beteiligten zu 2 auf Scheidung der Ehe wurde dem Beteiligten zu 1 am 27.4.2002 zugestellt; das Scheidungsurteil vom 2.10.2002 ist seit 9.11.2002 rechtskräftig.

Der Beteiligte zu 3 hat am 11.12.2002 unter den Personalien A., geboren am 6.12.1974 in Sidi/Algerien, die Vaterschaft vor dem Jugendamt anerkannt; er hat bei der Beurkundung eine Duldung, ausgestellt durch die Stadt Regensburg, mit diesen Personalien vorgelegt. Die Mutter, der Scheinvater (Beteiligter zu 1) sowie die gesetzliche Vertreterin des Kindes haben die Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung erteilt.

Bei Überprüfung der Personalien des Beteiligten zu 3 ergab sich, dass dieser ursprünglich mit gefälschten Identitätsdokumenten als italienischer Staatsangehöriger namens S. am 19.12.1997 in Deutschland eingereist war. Unter den Personalien A., geboren am 6.12.1974 in Sidi/Algerien, stellte der Beteiligte zu 3 am 13.10.1998 einen Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 27.10.1998, rechtskräftig seit 6.11.1998 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Ein Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens wurde ebenfalls abgelehnt. Nach Vorführung des Beteiligten zu 3 zum Zweck der Beschaffung von Heimreisepapieren am 26.3.2002 teilte das algerische Generalkonsulat mit, dass eine Person mit diesen Personalien unbekannt sei. In der Folge erklärte der Beteiligte zu 3 unter Vorlage einer algerischen Geburtsurkunde, deren Echtheit nicht festgestellt werden konnte und deren Ausstellungsdatum vor dem Datum der angeblichen Geburt lag, seine richtigen Personalien seien R., geboren am 6.12.1974 in Fouka. Der Beteiligte zu 3 ist seit 4.11.2003 unbekannten Aufenthalts.

Das Standesamt hat die Geburt des Kindes am 5.3.2004 beurkundet und als Vater den Beteiligten zu 1, den damaligen Ehemann der Mutter, eingetragen.

Gemäß § 45 Abs. 2 PStG hat der Standesbeamte um Entscheidung gebeten, ob die Vaterschaftsanerkennung des Beteiligten zu 3 wirksam und am Rand des Geburtseintrags mit dem Zusatz beizuschreiben sei, dass der im Eintrag bezeichnete Mann nicht der Vater des Kindes sei und ob der Randvermerk ohne Angaben der persönlichen Daten des Anerkennenden eingetragen oder mit einschränkenden Zusätzen versehen werden solle.

Das Amtsgericht hat den Standesbeamten mit Beschluss vom 29.6.2004 angewiesen, keinen Randvermerk betreffend die Vaterschaftsanerkennung des Beteiligten zu 3 beizuschreiben. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, sowohl die Vaterschaftsanerkennung des Beteiligten zu 3 als auch die Zustimmungen seien unwirksam. § 1592 Nr. 2 BGB setze die Anerkennung durch eine genau bestimmte Person voraus. Diese liege nicht vor, da der Beteiligte zu 3 unter mehreren Identitäten aufgetreten sei, von denen keine zweifelsfrei als die echte festgestellt werden könne. Angesichts der wechselnden Identitäten sei andernfalls später nicht mehr feststellbar, bei wem es sich um die Person des Anerkennenden handele. Auch die Zustimmungen seien unwirksam, da den Erklärenden das Wesentliche ihrer Erklärung, nämlich die wirkliche Identität des Anerkennenden, unbekannt gewesen sei.

Gegen diesen Beschluss legte die Standesamtsaufsicht (Beteiligte zu 4) sofortige Beschwerde ein, die das Landgericht mit Beschluss vom 17.8.2004 zurückgewiesen hat. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4, mit der sie eine obergerichtliche Klärung der Rechtslage erstrebt.

II.

Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen. Deren Auffassung, das vom Beteiligten zu 3 erklärte Vaterschaftsanerkenntnis sei unwirksam, ist nicht zutreffend. Der Beteiligte zu 3 ist auch im Geburtenbuch als Vater einzutragen, wobei ein klarstellender Zusatz anzufügen ist, dass seine Personalien nicht nachgewiesen sind.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Vaterschaftsanerkennung sei gemäß § 1598 Abs. 1 BGB nur wirksam, wenn ein Mann mit bestimmter, feststellbarer und nachgewiesener Identität die Vaterschaft anerkannt habe. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt; von den vom Anerkennenden angegebenen Identitäten könne keine zweifelsfrei als die echte festgestellt werden.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 45 Abs. 1, § 49 Abs. 2, § 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand.

a) Nach § 1598 Abs. 1 BGB ist die Anerkennung der Vaterschaft nur dann unwirksam, wenn sie den Erfordernissen der §§ 1592 ff. BGB nicht genügt; andere Gründe für die Unwirksamkeit kommen nicht in Betracht (vgl. MünchKommBGB/Seidel 3. Aufl. ErgBd § 1598 BGB Rn. 3).

Solche Unwirksamkeitsgründe liegen nicht vor. Insbesondere wurde die Erklärung höchstpersönlich abgegeben (§ 1596 Abs. 4 BGB) und wirksam öffentlich beurkundet (§ 1597 Abs. 1 BGB).

aa) Der Umstand, dass die vom Beteiligten zu 3 angegebenen Personalien nicht nachgewiesen sind, ändert nichts daran, dass er höchstpersönlich die Anerkennung der Vaterschaft erklärt hat. Er ist persönlich vor der Urkundsperson erschienen und hat für sich selbst - und nicht etwa für einen Dritten - die Erklärung abgegeben. Ein Fall der Stellvertretung liegt deshalb nicht vor. Er hat bei der Beurkundung die Personalien angegeben, unter denen er im Rechtsverkehr aufgetreten und bei der Ausländerbehörde registriert ist. Die tatsächliche Unsicherheit darüber, ob diese Personalien auch richtig sind, ändert nichts daran, dass der Beteiligte zu 3 persönlich in seinem eigenen Namen gehandelt hat und die Rechtsfolgen seiner Erklärung ihn selbst und nicht einen anderen treffen sollen.

Auch wenn der Beteiligte zu 3 weitere Alias-Personalien verwenden sollte, kann die Identität seiner Person gleichwohl festgestellt werden. Seine biometrischen Daten sind aufgrund der nach § 16 AsylVfG vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Maßnahmen zur Sicherung der Identität festgehalten. Zudem werden sowohl im Ausländerzentralregister (vgl. § 3 Nr. 4, Nr. 5 AZR-Gesetz) als auch in der von den Ausländerbehörden geführten Ausländerdatei A (vgl. § 80 Abs. 1 AuslG in Verbindung mit der Verordnung über die Führung von Ausländerdateien durch die Ausländerbehörden und die Auslandsvertretungen vom 18.12.1990) auch Alias-Personalien festgehalten.

bb) Das Anerkenntnis ist in öffentlicher Urkunde von der hierfür zuständigen Urkundsperson des Jugendamts (§ 59 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII) aufgenommen worden. Ein Verstoß gegen das Formerfordernis des § 1597 Abs. 1 BGB kann deshalb nur dann vorliegen, wenn die Beurkundung einen Mangel aufweist, der zu ihrer Unwirksamkeit führt (Staudinger/Rauscher BGB Bearbeitungsstand 2003 § 1598 Rn. 8 k). Ein derartiger zur Unwirksamkeit führender Mangel liegt nach den maßgeblichen Vorschriften des Beurkundungsgesetzes (vgl. § 1 Abs. 2 BeurkG) nicht schon dann vor, wenn der Anerkennende seine wahren Personalien nicht nachweisen kann oder die von ihm im Rechtsverkehr laufend verwendeten Alias-Personalien angibt.

Nach § 9 Abs. 1 BeurkG hat die Niederschrift die Bezeichnung der Beteiligten zu enthalten. Hierfür genügt jede Bezeichnung, die hinreichend auf eine bestimmte Person hinweist (BGHZ 38, 130/135; Winkler BeurkG 15. Aufl. § 9 Rn. 7). § 10 Abs. 1 BeurkG verlangt darüber hinaus, dass die Beteiligten so genau bezeichnet werden sollen, dass Zweifel und Verwechslungen ausgeschlossen sind. Ferner soll sich aus der Niederschrift ergeben, wie sich der Notar Gewissheit über die Person der Beteiligten verschafft hat (§ 10 Abs. 2 BeurkG). Dabei hat der Notar mit besonderer Sorgfalt vorzugehen, wobei er hinsichtlich der Anforderungen an den Nachweis der Personenidentität einen weiteren Ermessensspielraum hat. In der Regel muss er sich einen amtlichen mit Lichtbild versehenen Ausweis vorlegen lassen. Im Übrigen ist als Legitimationspapier nur ein Lichtbildausweis geeignet, anhand dessen überprüft werden kann, ob der Erschienene mit dem im Lichtbild Dargestellten identisch ist, neben Personalausweisen und Reisepässen also auch alle von einer Behörde im Rahmen ihrer Funktion ausgestellten Lichtbildausweise (vgl. Winkler § 10 BeurkG Rn. 15, 18, 19).

Nach diesen Kriterien kann auch die von der Ausländerbehörde ausgestellte Duldung, die mit einem Lichtbild versehen ist, zur Identifikation des Inhabers jedenfalls hinsichtlich seiner im Rechtsverkehr geführten Identität geeignet sein. Sinn der Identitätsprüfung ist es zu vermeiden, dass ein Unbefugter unter fremdem Namen Erklärungen abgibt. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Urkundsperson zu ermitteln, ob der Erschienene die in einem amtlichen Dokument enthaltenen Personalien zu Recht führt.

Die Beurkundung kann im Übrigen nicht verweigert werden, auch wenn der Beurkundende sich keine Gewissheit über die richtigen Personalien des Erschienenen verschaffen kann. Ablehnen darf der Notar die Beurkundung nur, wenn er zu der Überzeugung gelangt, dass der Erschienene seine Persönlichkeit zur Verfolgung unredlicher Zwecke absichtlich verdunkelt (§ 4 BeurkG). Eine fehlerhafte Personenfeststellung führt nicht zur Unwirksamkeit der Beurkundung, da § 10 BeurkG eine Sollvorschrift darstellt (vgl. Winkler § 10 BeurkG Rn. 36).

b) Auch die übrigen Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses durch den Beteiligten zu 3 sind gegeben.

aa) Die Mutter, die gesetzliche Vertreterin des Kindes und der Scheinvater haben jeweils ihre Zustimmung erteilt. Auch für diese Erklärungen gilt § 1598 BGB; sie sind somit nur dann unwirksam, wenn die Erfordernisse der §§ 1594 bis 1597 BGB nicht erfüllt sind. Alle Erklärungen sind eindeutig, bedingungslos, höchstpersönlich und formgerecht abgegeben worden.

Ein etwaiger Irrtum der Zustimmenden über die Personalien desjenigen, der die Vaterschaft anerkannt hat, führt entgegen der Auffassung der Vorinstanzen deshalb nicht zur Unwirksamkeit der Zustimmung; §§ 117 ff. BGB sind nicht anwendbar (vgl. Staudinger/Rauscher § 1598 Rn. 7).

bb) Eine Vaterschaft des Beteiligten zu 1 als Ehemann der Mutter des Kindes (§ 1592 Nr. 1 BGB) besteht nicht, da das Kind nach Anhängigkeit des Scheidungsantrags geboren und die Anerkennung durch den Beteiligten zu 3 innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Urteils erfolgt ist (vgl. § 1594 Abs. 2, § 1599 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB).

Nachdem das Vaterschaftsanerkenntnis des Beteiligten zu 3 wirksam ist, ist dem Geburtseintrag ein Randvermerk beizuschreiben, dass der Beteiligte zu 1 nicht der Vater des Kindes ist.

3. Im Geburtenbuch ist ferner die auf Grund des wirksamen Anerkenntnisses feststehende Vaterschaft des Beteiligten zu 3 im Wege des Randvermerks beizuschreiben. Nachdem eine zweifelsfreie Aufklärung der richtigen Personalien des Beteiligten zu 3 in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist, sind die in der Duldung genannten Personalien zugrunde zu legen; durch einen Zusatz ist klarzustellen, dass die Personalien auf den eigenen Angaben des Beteiligten beruhen und nicht durch beweiskräftige Urkunden belegt sind, um insoweit den Eintritt der Beweiskraft des § 60 Abs. 1 PStG zu verhindern.

a) Nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 PStG sind Vor- und Familiennamen der Eltern in das Geburtenbuch einzutragen; auf diese "näheren Angaben" zur Geburt erstreckt sich auch die Beweiskraft des Geburtenbuchs nach § 60 Abs. 1 Satz 1 PStG (Hepting/Gaaz PStG § 60 Bearbeitungsstand 1972 Rn. 7). Dementsprechend ist der Standesbeamte nach § 25 Satz 1 Nr. 2 PStV gehalten, im Falle eines Vaterschaftsanerkenntnisses die Vorlage einer Geburtsurkunde des Vaters zu verlangen. Er kann die Vorlage weiterer Urkunden verlangen, wenn das zum Nachweis von Angaben erforderlich ist. Damit soll gewährleistet werden, dass sich der Standesbeamte vor der Eintragung in das Geburtenbuch Gewissheit über die von den Beteiligten gemachten Angaben verschaffen kann. Wenn die Beschaffung der erforderlichen Urkunden erhebliche Schwierigkeiten oder unverhältnismäßig hohe Kosten bereitet, kann sich der Standesbeamte mit der Vorlage anderer beweiskräftiger Bescheinigungen begnügen oder sich auf andere Weise Gewissheit von der Richtigkeit der gemachten Angaben verschaffen (§ 5 Abs. 3 PStG; vgl. auch § 258 Abs. 1 c, Abs. 3 DA).

Der Beteiligte zu 3 hat bislang keine beweiskräftigen Unterlagen zum Nachweis seiner richtigen Personalien vorgelegt: Die bei der Einreise verwendeten Dokumente waren gefälscht, die im Asylverfahren verwendeten Personalien beruhen auf den eigenen Angaben, an der Echtheit der erst 2003 vorgelegten angeblichen Geburtsurkunde bestehen erhebliche Zweifel, da in der Urkunde als Datum der Errichtung der 7. September 1974, als Datum der Geburt aber der 6. Dezember 1974 genannt ist. Ob und wann eine zweifelsfreie Klärung der tatsächlichen Personalien erfolgen kann, ist ungewiss, zumal der Beteiligte zu 3 bereits seit einem Jahr unbekannten Aufenthalts ist.

b) Die Angabe der Personalien im Vaterschaftsanerkenntnis genügt zum Nachweis der Personendaten des Anerkennenden im Sinne des § 25 Satz 1 Nr. 2 PStV nicht: Bei dieser Erklärung handelt es sich zwar um eine öffentliche Urkunde im Sinne von § 415 Abs. 1 ZPO, deren Beweiskraft auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu beachten ist. Allerdings beschränkt sich die Wirkung auf die formelle Beweiskraft, nämlich dass die Erklärungen vollständig und richtig nach Inhalt und Begleitumständen (Zeit, Ort) wiedergegeben sind. Ob die Erklärung inhaltlich richtig ist, etwa bezüglich des Namens und der Identität des Erklärenden, unterliegt der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO (vgl. Thomas/Putzo/Reichold ZPO 25. Aufl. § 415 Rn. 5). Die Beweiswirkung des Vaterschaftsanerkenntnisses als öffentliche Urkunde entlässt daher nicht den Standesbeamten aus der Verantwortung für die Richtigkeit des Geburtenbucheintrages (vgl. Hepting/Gaaz § 29 Bearbeitungsstand 1995 Rn. 220).

c) § 20 PStG verpflichtet den Standesbeamten zur Nachprüfung, wenn er an der Richtigkeit von Angaben zweifelt. Derartige Zweifel können sich nicht nur auf Tatsachen im Zusammenhang mit der Geburt beziehen, sondern auch auf die Umstände, die in rechtlicher Hinsicht für die Beurkundung bedeutsam sind, etwa, ob die Namen der Eltern richtig sind (Hepting/Gaaz § 20 Bearbeitungsstand 2001 Rn. 4, 8). Insoweit ist er befugt, über die bloße Geburtsanzeige hinausgehende Auskünfte der Beteiligten zu verlangen oder durch Rückfrage bei anderen Behörden - etwa der Ausländerbehörde - die fehlenden Angaben zu beschaffen (Hepting/Gaaz § 20 Rn. 11). Ein von der Ausländerbehörde ausgestellter Ausweisersatz, der lediglich auf den eigenen Angaben des Inhabers vor der Ausländerbehörde beruht, entfaltet allerdings keine Beweiskraft für den Namen, den Geburtsort und die Staatsangehörigkeit seines Inhabers, da er die inhaltliche Richtigkeit dieser Angaben gerade nicht bezeugt.

d) Weitere praktisch realisierbare Möglichkeiten, einen sicheren Nachweis für die richtigen Personalien des Beteiligten zu 3 zu erlangen, sind hier nicht ersichtlich. Der Beteiligte zu 3 ist unbekannten Aufenthalts und im Übrigen bestrebt, seine tatsächlichen Personalien zu verschleiern, offenbar um eine Abschiebung zu verhindern. Dem Standesbeamten stellen sich hier deshalb nur die Alternativen, entweder den Eintrag des Beteiligten zu 3 als Vater im Geburtenbuch womöglich auf unbegrenzte Zeit zurückzustellen oder ihn unter nicht nachgewiesenen Personalien einzutragen. Wählt er die erste Alternative, bleibt der Geburtseintrag lückenhaft, wählt er die zweite, erstreckt sich die Beweiskraft des Geburtenbuches auf Angaben, die nicht gesichert sind.

e) Nach Auffassung des Senats ist im vorliegenden Fall das Spannungsverhältnis zwischen dem Bedürfnis nach Vollständigkeit des Geburtseintrags und dem Erfordernis der Richtigkeit der Eintragungen dadurch zu lösen, dass die Eintragung des Beteiligten zu 3, dessen Vaterschaft durch das wirksame Anerkenntnis feststeht, unter den in der Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung) enthaltenen Personalien vorgenommen und mit einem klarstellenden Zusatz versehen wird, dass die Richtigkeit der aus der Duldung übernommenen Personalien nicht überprüft ist.

Über die Abstammung des Kindes muss auch dann ein urkundlicher Nachweis geführt werden können, wenn weitere Angaben, die gemäß § 21 Abs. 1 PStG in den Geburtseintrag aufzunehmen sind, auf absehbare Zeit nicht sicher festgestellt werden können. Die Zurückstellung von Eintragungen kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn einer Klärung ein vorübergehendes und voraussichtlich alsbald behebbares Hindernis entgegensteht; andernfalls ist die Eintragung vorzunehmen und gegebenenfalls später zu berichtigen (vgl. Hepting/Gaaz § 20 Rn. 15). Bei der Verwendung von mehreren Alias-Personalien durch den Einzutragenden sind die Personalien dem Eintrag zugrunde zu legen, die in der von der Ausländerbehörde ausgestellten Duldung enthalten sind, solange die wahren Personalien nicht durch beweiskräftige Unterlagen nachgewiesen sind.

Allerdings ist darauf zu achten, dass die Beweiskraft der Personenstandsbücher (§ 60 Abs. 1 PStG) nicht auf Angaben erstreckt wird, die im Einzelfall nicht nachgewiesen sind. Der Umstand, dass die Personalien des Vaters vor der Eintragung nicht gesichert sind, kann jedoch durch einen erläuternden Zusatz wie "nach eigenen Angaben", "Eigenbezeichnung", "konnte nicht festgestellt werden" oder "Identität ungeklärt, Personalien entsprechend der Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung), ausgestellt von (Ausländerbehörde) am..." kenntlich gemacht werden. Eine Eintragung, die ihrem Inhalt nach erkennen lässt, dass sie lückenhaft oder ungesichert ist, hat keine über ihren Wortlaut hinausgehende Beweiskraft (Hepting/Gaaz § 60 Rn. 27).

Das Oberlandesgericht Hamm (FGPrax 2004, 233) hat im Fall ungeklärter Personalien der Mutter entschieden, dass die aus der Geburtsanzeige ersichtlichen Vor- und Familiennamen der Mutter und der Vorname des Kindes in den Geburtenbucheintrag übernommen werden können mit dem Zusatz, dass der Vor- und Familienname der Mutter und des Kindes sowie die ausländische Staatsangehörigkeit der Mutter nicht festgestellt werden konnten. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Hinsichtlich der Eintragung des Vaters, dessen Vaterschaft aufgrund eines wirksamen Anerkenntnisses feststeht, kann nichts anderes gelten. Im Geburtenbuch ist nicht nur die Abstammung des Kindes von der Mutter, sondern auch die Abstammung vom Vater zu verlautbaren, soweit diese in rechtlicher Hinsicht feststeht (vgl. BayObLGZ 2004 Nr. 61).

f) Anders liegt der Fall dann, wenn bereits nicht feststeht, dass derjenige, der als Vater des Kindes eingetragen werden will, auch tatsächlich diesen Status besitzt. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn die Vaterschaft sich aus der angeblichen Ehe mit der Mutter des Kindes ergibt, für die Eheschließung jedoch keine beweiskräftigen Unterlagen vorliegen. Diese Fallgestaltung lag der Entscheidung des Senats vom 8.12.2003 (FamRZ 2004, 1394) zugrunde. Eine Aufnahme des Vaters in den Geburtseintrag kann nicht erfolgen, solange die Zweifel bezüglich der Rechtsstellung als Vater des Kindes nicht ausgeräumt werden können (so auch OLG Hamm aaO S. 234). In den Fällen, in denen die Eheschließung nicht nachgewiesen werden kann, bleibt dem Betroffenen die Möglichkeit, die Vaterschaft anzuerkennen, um dann aufgrund des Anerkenntnisses als Vater eingetragen zu werden. Soweit die Gründe der Entscheidung vom 8.12.2003 dahin verstanden werden könnten, dass nicht behebbare Zweifel lediglich hinsichtlich der Personalien eines Elternteils eine dauerhafte Zurückstellung der Eintragung im Geburtenbuch rechtfertigen könnte, hält der Senat daran nicht fest.

Hier steht aufgrund des wirksamen Vaterschaftsanerkenntnisses jedoch in rechtlicher Hinsicht fest, dass der Beteiligte zu 3 Vater des Kindes ist; Zweifel bestehen lediglich bezüglich seiner Personalien. Die Vaterschaft des Beteiligten zu 3 ist deshalb durch Beischreibung eines Randvermerks in den Geburtseintrag aufzunehmen. Dabei sind die Personalien zu verwenden, die in der von der Ausländerbehörde ausgestellten Duldung enthalten sind und unter denen er auch die Anerkennung erklärt hat. Durch einen Zusatz ist klarzustellen, dass die Personalien nicht überprüft werden konnten; die Formulierung im Einzelfall bleibt dem Standesbeamten überlassen.

4. Eine Entscheidung im Kostenpunkt ist nicht veranlasst; für die erfolgreiche Beschwerde fallen keine Gerichtsgebühren an.

Ende der Entscheidung

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