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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.06.2003
Aktenzeichen: 2 ObOWi 122/03
Rechtsgebiete: OWiG


Vorschriften:

OWiG § 66 Abs. 1 Nr. 1
OWiG § 33 Abs. 1 Nr. 9
1. Ist in einem Bußgeldbescheid irrtümlich der Geburtsname (auch) als Familienname angegeben, so ist der Bußgeldbescheid nicht unwirksam, wenn sich die Identität des Betroffenen aus den weiteren Angaben (vorliegend im Wesentlichen: Vornamen, Geburtsname, Wohnanschrift, Geburtsdatum, Geburtsort, Pkw mit Fabrikatbezeichnung und amtlichem Kennzeichen) zweifelsfrei ergibt.

2. Der Erlass eines Bußgeldbescheids, der nach der Adressierung eine zweifelsfreie Identifizierung des Betroffenen ermöglicht, unterbricht die Verjährung nach Maßgabe des § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG.


Tatbestand:

Am 5.4.2002 erließ die Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit. Als Familienname war fälschlicherweise der Geburtsname angegeben. Die beiden Vornamen, der Geburtsname, die Anschrift, das Geburtsdatum und der Geburtsort des Betroffenen, sein Geschlecht, seine Staatsangehörigkeit sowie das auf ihn zugelassene Kfz mit Fabrikat und amtlichen Kennzeichen waren richtig bezeichnet.

Dieser Bußgeldbescheid, dem eine am 4.2.2002 begangene Verkehrsordnungswidrigkeit zugrunde lag, wurde dem Betroffenen am 9.4.2002 durch Übergabe an seine Ehefrau in der ehelichen Wohnung zugestellt.

Nach am 19.4.2002 eingegangenen Einspruch verurteilte das Amtsgericht den Betroffenen am 9.12.2002 wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts um 31 km/h zu einer Geldbuße von 100 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot. Das Amtsgericht erachtete den Bußgeldbescheid als wirksam und nahm eine Verjährungsunterbrechung durch seinen Erlass an.

Mit der Rechtsbeschwerde führte der Betroffene aus, seit 10.8.2001 aufgrund seiner Heirat den Familiennamen H. zu tragen. Der Bußgeldbescheid habe, weil nicht richtig adressiert, die Verjährung nach § 33 OWiG nicht unterbrechen können. Er sei wegen des falschen Nachnamens unwirksam. Nur ein falscher Vorname lasse die Wirksamkeit eines Bußgeldbescheids unberührt. Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.

Gründe:

1. Die Rechtsbeschwerde geht zutreffend davon aus, dass mangelhafte Angaben zur Person die Wirksamkeit des Bußgeldbescheides dann nicht berühren, wenn sich die Identität des Betroffenen aus den richtigen Angaben zweifelsfrei ergibt (Göhler OWiG 13.Aufl. § 66 Rn. 46; KK/Kurz OWiG 2. Aufl. § 66 Rn. 49; Rebmann/Roth/Herrmann OWiG 3.Aufl. § 66 Rn. 20, jeweils m. w. N.). Die Auffassung, nur ein falscher oder mangelhaft angegebener Vorname sei bei ansonsten zweifelsfreier Identifizierbarkeit unschädlich (hierzu BayObLG bei Rüth DAR 1977, 209 Nr.5b; OLG Hamm VRS 40, 460 und 56, 464; OLG Düsseldorf VRS 46, 299; OLG Karlsruhe VRS 62, 289/290 und 68, 226; OLG Koblenz VRS 68, 216) greift zu kurz. Denn auch bei Verwendung eines falschen Nachnamens können die weiteren Angaben im Bußgeldbescheid zur Person des Betroffenen zu dessen zweifelsfreier Identifizierung führen. Der Senat hat mit Beschluss vom 7.9.1981 (Az. 2 0bOWi 342/81, veröffentlicht bei Rüth in DAR 1982, 261 Nr.4c) entschieden, dass ein Bußgeldbescheid, in dem der Familienname des Betroffenen unrichtig angegeben ist, eine tragfähige Verfahrensgrundlage darstellt, wenn sich die Person des Betroffenen auf Grund der übrigen Angaben zweifelsfrei feststellen lässt. Das OLG Hamm (VRS 51, 217) hat bei irrtümlich angegebenem zweiten Vornamen des Betroffenen als Nachnamen wegen der sonst richtigen Angaben zur Person den Bußgeldbescheid als wirksam erachtet. Es besteht kein Anlass, diese Rechtsprechung einzuschränken. Ergeben - wie vorliegend - die sonstigen Angaben zur Person eine zweifelsfreie Identifizierung des Betroffenen, so führt die irrtümliche Verwendung des Geburtsnamens auch als Familienname nicht zur Unwirksamkeit des Bußgeldbescheids. Vielmehr ist der vorgenannte Bußgeldbescheid als Verfahrensvoraussetzung für das folgende Bußgeldverfahren geeignet, er begrenzt den Gegenstand des Verfahrens (BGHSt 23, 280/281; G6hler aaO Vor § 65 Rn.8 m. w. N.) und bestimmt den Umfang der Rechtskraft (Göhler aaO § 66 Rn. 2 und § 84 Rn. 3 ff. m. w. N.).

2. Der wirksame Bußgeldbescheid führte mit seinem Erlass am 5.4.2002 (wegen der innerhalb der Zwei-Wochen-Frist erfolgten Ersatzzustellung an den Betroffenen am 9.4.2002) zur Unterbrechung der Verjährung gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG.

Vorliegend ließ sich der Betroffene schon anhand der Angaben im Adressierungsfeld des Bußgeldbescheides zweifelsfrei identifizieren, es liegt daher eine wirksame Zustellung vor. Die Bezeichnung des Adressaten hat so genau zu sein, dass die Feststellung der Identität gewährleistet ist (Zöller/Stöber ZPO 23.Aufl. § 182 Rn. 5). Eine falsche Bezeichnung schadet dann nicht, wenn die richtige Bezeichnung für den Zustellungsadressaten erkennbar ist (Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann ZPO 21.Aufl. § 182 Rn. 6; OLG Düsseldorf JB 1982, 1742 f. für den Fall der Namensänderung infolge Heirat). Vorliegend war wegen der Mitangabe des Geburtsnamens für den Zustelladressaten bei erfolgter Namensänderung wegen seiner Heirat, zweifelsfrei erkennbar, dass die Sendung an ihn gerichtet war. Der richtige Adressat war weiterhin sowohl für den zustellenden Postbeamten als auch für die die Zustellung in Empfang nehmende Ehefrau des Betroffenen eindeutig feststellbar. Die Verjährung wurde daher gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG mit Erlass des Bußgeldbescheides am 5.4.2002 unterbrochen.

Im Übrigen wäre schon der Anordnung der Anhörung eine verjährungsunterbrechende Wirkung zugekommen (Göhler aaO § 33 Rn. 10). Eine verjährungsunterbrechende Verfügung hätte sich nämlich nicht gegen den Täter unter seinem richtigen Namen richten müssen (BGHSt 24, 321/322; 42, 283/290), ausreichend gewesen wären schon die bei den Akten befindlichen Merkmale zur individuellen Täterbestimmung (Göhler aaO § 33 Rn. 10).

Nach der Zustellung des Bußgeldbescheides sind bis zum Urteilserlass rechtzeitige Unterbrechungen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 und 11 OWiG i.V.m. § 26 Abs.3 StVG erfolgt.



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