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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 07.07.1999
Aktenzeichen: 2 ObOWi 325/99
Rechtsgebiete: OWiG


Vorschriften:

OWiG § 67 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerisches Oberstes Landesgericht

Beschluß

2 ObOWi 325/99

Der 2. Senat für Bußgeldsachen des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Krämer sowie der Richter Heusterberg und Dr. Rohlff

in dem Bußgeldverfahren

gegen

J. K.

wegen

Verkehrsordnungswidrigkeit

auf Antrag der Staatsanwaltschaft

am 7. Juli 1999

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Forchheim vom 11. Februar 1999 mit den Feststellungen aufgehoben.

II. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an das Amtsgericht Forchheim zurückverwiesen.

I.

Die Verwaltungsbehörde hatte gegen die Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der innerhalb geschlossener Ortschaften zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 34 km/h eine - im Hinblick auf zwei einschlägige Vorahndungen gegenüber dem Regelsatz verdoppelte - Geldbuße von 400 DM verhängt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet. Ihren dagegen gerichteten Einspruch beschränkte die Betroffene in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht ausdrücklich auf die Anordnung des Fahrverbots. Das Amtsgericht erließ daraufhin folgendes Urteil:

"I. Der Betroffenen wird für die Dauer von 1 Monat verboten, Kraftfahrzeuge aller Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft dieses Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von 4 Monaten seit Eintritt der Rechtskraft."

Mit der Rechtsbeschwerde, die sie ausdrücklich auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt, rügt die Betroffene die Verletzung sachlichen Rechts; sie wendet sich gegen das Fahrverbot.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zum Erfolg.

Die Beschränkung des Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch geht ins Leere, weil das angefochtene Urteil ausschließlich über die Rechtsfolgenfrage entschieden hat.

1. Aufgrund der zulässigen Rechtsbeschwerde hat das Rechtsbeschwerdegericht auch ohne dahingehende Rüge von Amts wegen zu prüfen, ob das Amtsgericht den seiner Beurteilung unterliegenden Sachverhalt in vollem Umfang überprüft hat, insbesondere ob der Gegenstand des amtsgerichtlichen Verfahrens durch eine Beschränkung des Einspruchs in dem Umfang begrenzt war, wie das Amtsgericht angenommen hat. Dieser im Strafverfahren unbestrittene Grundsatz (vgl. BayObLGSt 1978, 1; KK/Ruß StPO 4. Aufl. § 318 Rn. 1, Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 352 Rn. 3 f je m.w.N.) beansprucht für das Verfahren über Ordnungswidrigkeiten gleichermaßen Geltung; denn es handelt sich letztlich um eine Frage der Rechtskraft, die auch im Bußgeldverfahren zu berücksichtigen ist.

2. Diese Prüfung ergibt, daß das Amtsgericht zu Unrecht von einer wirksamen Beschränkung des Einspruchs auf das Fahrverbot ausgegangen ist und deshalb nicht über die seiner Beurteilung unterliegenden Rechtsfolgen insgesamt - also auch über die Höhe der Geldbuße - entschieden hat.

Zwar kann der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid nach der Neufassung des § 67 Abs. 2 OWiG durch das ÄndGOWiG vom 26.1.1998 auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden; damit ist seine Beschränkung auf die Rechtsfolgen grundsätzlich zulässig (BayObLGSt 1998, 161). Innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs ist aber eine weitere Beschränkung auf ein von der Verwaltungsbehörde angeordnetes Fahrverbot nicht möglich, weil es sich dabei nicht um einen abtrennbaren Entscheidungsteil handelt (zur sogenannten Trennbarkeitsformel vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 318 Rn. 6). Geldbuße und Fahrverbot stehen in einer so engen Beziehung zueinander, daß sie nicht losgelöst voneinander beurteilt werden können. Die Höhe der Geldbuße hängt nämlich weitgehend davon ab, ob ein Fahrverbot festgesetzt wird oder nicht. Das Gericht muß deshalb in der Lage sein, von der Anordnung eines Fahrverbots abzusehen und im Hinblick auf diese Milderung eine höhere Geldbuße festzusetzen (Göhler OWiG 12. Aufl. § 67 Rn. 34 g unter zutreffendem Hinweis auf § 2 Abs. 4 BKatV). Es ist in Rechtsprechung und Schrifttum unstreitig, daß die Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf die Anordnung des Fahrverbots unwirksam ist, weil in diesem Falle die Anordnung des Fahrverbots nicht völlig unabhängig von der Geldbuße beurteilt werden kann (vgl. Göhler aaO § 79 Rn. 9 m.w.N.; BGHSt 24, 11). Im Verfahren über den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid kann aber nichts anderes gelten als im Rechtsbeschwerdeverfahren. Die Wechselwirkung von Geldbuße und Fahrverbot besteht hier in gleichem Maße.

3. Das Amtsgericht ist somit rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, es habe über die Höhe der Geldbuße nicht mehr zu befinden.

Das angefochtene Urteil ist deshalb mit den Feststellungen aufzuheben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung über die Rechtsfolgen insgesamt an das Amtsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden haben wird.

4. Hinsichtlich einer zweckmäßigen Fassung der Urteilsformel ist auf den Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 12.2.1999 - 1 ObOWi 3/99 - zu verweisen. Danach erscheint es geboten, unter Bezugnahme auf den nicht angegriffenen Teil des Bußgeldbescheides die Urteilsformel in gleicher Weise zu fassen wie dann, wenn das Amtsgericht auch im übrigen selbst entschieden hätte.

Ende der Entscheidung

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