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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.01.2004
Aktenzeichen: 2 St RR 188/03
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 145a
Die Zustellung des schriftlichen Urteils kann an einen Verteidiger auch dann wirksam erfolgen, wenn keine Verteidigervollmacht vorliegt, dem Verteidiger aber vor Ausführung der Zustellung bereits eine rechtsgeschäftliche Vollmacht zur Entgegennahme von Zustellungen erteilt worden war.
Tatbestand:

Die zulässige Revision des Angeklagten wurde als offensichtlich unbegründet verworfen. Der Senat befasste sich im Vorfeld mit der Frage, ob das angefochtene Urteil wirksam zugestellt worden war. Insbesondere kann der Senat bereits in der Sache entscheiden, da die Urteilszustellung an den Verteidiger wirksam war, obgleich sich keine Vollmachtsurkunde in der Akte befunden hat.

Gründe:

1. Die Vorschrift des § 145a Abs. 1 StPO enthält nur eine Fiktion, die positiv eine wirksame Zustellung an den Verteidiger ermöglicht, obgleich dieser als solcher nicht rechtsgeschäftlicher Vertreter des Angeklagten, sondern nur dessen Beistand (§ 137 Abs. 1 StPO) ist (Meyer-Goßner StPO 46.Aufl. § 137 Vorbem.1).

Diese Regelung schließt es daher nicht aus, dass die Zustellung auch an sonstige Dritte, die der Angeklagte entsprechend ermächtigt hat, wirksam erfolgen kann. § 145a Abs. 1 StPO schafft nur eine zusätzliche rechtsgeschäftliche Rechtsmacht zur Entgegennahme von Zustellungen durch einen Strafverteidiger (BGH NStZ 1997, 293).

Kann aber neben der Zustellung an den Verteidiger bei Vorliegen einer schriftlichen Vollmacht im Akt, auch eine Zustellung an rechtsgeschäftlich bevollmächtigte Dritte erfolgen, ist es nicht ausgeschlossen, sondern nahe liegend, dass im Einzelfall auch ein Verteidiger über eine solche besondere rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht verfügt.

2. Aus Gründen der Rechtssicherheit und zum Schutz des Angeklagten wird allerdings zu fordern sein, dass das Vorliegen einer derartigen besonderen Vollmacht bei Überprüfung der Rechtsmittelfristen durch das Revisionsgericht urkundlich feststeht (BGH NStZ 1996, 97).

Soweit allerdings für die Sonderregelung des § 145a Abs. 1 StPO das Vorliegen eines schriftlichen Nachweises (nämlich der Vollmachtsurkunde) spätestens bei Durchführung der Zustellung gefordert wird (Meyer-Goßner aaO § 145a Rn. 8), kann dieses Erfordernis nicht auch für den Nachweis einer rechtsgeschäftlichen Zustellungsvollmacht verlangt werden. Vielmehr muss es genügen, wenn dieser Nachweis erst nach Ausführung der Zustellung schriftlich zu den Akten gebracht wird, wie dies auch zum Nachweis der besonderen Ermächtigung gemäß § 302 Abs. 2 StPO anerkannt ist (Meyer-Goßner aaO § 302 Rn. 33).

Daher bedarf es auch bei Fehlen einer Vollmachtsurkunde im Zeitpunkt der Zustellung keiner erneuten Zustellung des Urteils zur Ingangsetzung der Revisionsbegründungsfrist, wenn dem Verteidiger eine zusätzliche rechtsgeschäftliche Zustellungsvollmacht bereits im Zeitpunkt der Zustellung erteilt war (Meyer-Goßner aaO § 145a Rn. 2). Dies kann durch spätere Vorlage einer solchen Vollmacht nachgewiesen werden. Ausreichend ist es aber auch, wenn eine derartige Bevollmächtigung im Rahmen des Empfangsnachweises durch eigenhändige Unterschrift bestätigt wird (wie vorliegend) oder auf besondere Anfrage anwaltschaftlich versichert wird und darüber ein Aktenvermerk vorliegt (Schnarr NStZ 1997, 15/17 f.; Julius in HK-StPO 3.Aufl. § 145a Rn. 1).



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