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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.10.2003
Aktenzeichen: 2Z AR 3/03
Rechtsgebiete: WEG, ZPO


Vorschriften:

WEG § 46 Abs. 1 Satz 3
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
Bei der Zuständigkeitsbestimmung ist die Bindungswirkung eines Abgabebeschlusses zu beachten, es sei denn, der Abgabebeschluss ist offensichtlich unrichtig; hier: Abgabe eines Verfahrens, das Vergütungsansprüche aus einem mit dem Alleineigentümer sämtlicher Wohnungseigentumsrechte abgeschlossenen Hausverwaltervertrag zum Gegenstand hat, an das Wohnungseigentumsgericht.
Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin, eine KG, ist Eigentümerin eines Grundstücks in Berlin, das in Wohnungseigentum aufgeteilt ist. Die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegnerin eine Hausverwaltervergütung in Höhe von 10.047,25 Euro nebst Zinsen geltend.

Nach Widerspruch gegen einen Mahnbescheid wurde das Verfahren an das im Mahnbescheid als zuständiges Gericht bezeichnete Amtsgericht - Streitgericht - München abgegeben. Durch Beschluss vom 16.6.2003 hat sich das Amtsgericht - Streitgericht - München für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht - Wohnungseigentumsgericht - Charlottenburg verwiesen. Dieses hat sich durch Beschluss vom 15.9.2003 ebenfalls für unzuständig erklärt und das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts dem Bayerischen Obersten Landesgericht vorgelegt.

II.

Das Bayerische Oberste Landesgericht ist in entsprechender Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr.6, Abs. 2 ZPO zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit zwischen dem Streitgericht und dem Wohnungseigentumsgericht berufen (BayObLG WE 1997, 432; NZM 1998, 975; 2000, 388).

1. Eine Verfahrensunterbrechung ist durch den Tod des persönlich haftenden Gesellschafters der Antragsgegnerin schon deshalb nicht eingetreten, weil die Antragsgegnerin durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertreten ist (§ 246 Abs. 1 ZPO). Der Widerspruch gegen den Mahnbescheid wurde für die Antragsgegnerin von dem durch die Vollmacht vom 21.7.2002 hierzu ermächtigten Z. eingelegt. Dieser ist damit als Verfahrensbevollmächtigter tätig geworden. Durch den Tod des persönlich haftenden Gesellschafters ist die Vollmacht nicht erloschen (§ 86 ZPO; vgl. auch § 672 BGB).

2. Nach § 36 Abs. 1 Nr.6 ZPO wird das zuständige Gericht dann bestimmt, wenn sich die Gerichte, deren Zuständigkeit in Betracht kommt, rechtskräftig für unzuständig erklärt haben. Dies ist hier geschehen. Das für die Zuständigkeitsbestimmung erforderliche Gesuch liegt in der Vorlage durch das Amtsgericht - Wohnungseigentumsgericht - Charlottenburg.

3. Als zuständiges Gericht ist das Amtsgericht - Streitgericht - München zu bestimmen.

a) Eine Zuständigkeit der Wohnungseigentumsgerichte ist nur gegeben, wenn es sich um ein Verfahren nach § 43 Abs. 1 WEG handelt. In Betracht kommt hier ein Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr.2 WEG, das auf Antrag eines Wohnungseigentümers die Rechte und Pflichten des Verwalters bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 21 Abs. 1 i.V.m. §§ 26 bis 28 WEG zum Gegenstand hat. Voraussetzung hierfür ist das Bestehen einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Davon kann grundsätzlich erst dann ausgegangen werden, wenn mindestens zwei Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen sind. Erst dann ist die Gemeinschaft rechtlich voll eingerichtet und in Vollzug gesetzt (BayObLGZ 1990, 110/103). Allerdings bejaht die Rechtsprechung die Anwendung der §§ 43 ff. WEG auch bei einer sog. werdenden oder faktischen, also noch nicht rechtlich in Vollzug gesetzten Wohnungseigentümergemeinschaft (BayObLG NJW-RR 1996, 178). Eine solche liegt, wenn sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte noch in der Hand eines Eigentümers befinden, aber nur vor, wenn mindestens ein künftiger Wohnungseigentümer aufgrund eines gültigen Erwerbsvertrags eine Wohnung in Besitz genommen hat und für ihn eine Eigentumsvormerkung eingetragen ist (BayObLGZ 1990, 101 f).

b) Nach diesen Grundsätzen sind für den von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch die Wohnungseigentumsgerichte nicht zuständig. Nach dem unwidersprochenen Sachvortrag der Antragstellerin ist Eigentümerin sämtlicher Wohnungseigentumsrechte die Antragsgegnerin. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte für das Bestehen einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft vor.

Bei der Zuständigkeitsbestimmung sind allerdings auch die Bindungswirkungen eines Verweisungsbeschlusses zu beachten (BayObLG WE 1997, 432). Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts - Streitgericht - München ist nach Eintritt der formellen Rechtskraft für das Gericht, an das verwiesen wurde, grundsätzlich bindend (§ 46 Abs. 1 Satz 3 WEG, § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).

Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn der Abgabebeschluss offensichtlich unrichtig ist, also jeder Rechtsgrundlage entbehrt und damit objektiv auf Willkür beruht (ständige Rechtsprechung, z.B. BayObLG NZM 2000, 388 f.). Dies ist hier der Fall. Der geltend gemachte Anspruch ist auf den Hausverwaltervertrag vom 7.12.2000 gestützt. Dieser Vertrag enthält keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich dabei um einen Vertrag zwischen Wohnungseigentümern und dem gemäß § 26 WEG von diesen bestellten Verwalter handelt. Der in dem Vertrag beschriebene Aufgabenbereich des Hausverwalters hat nicht die Aufgaben und Befugnisse eines Verwalters von Wohnungseigentum zum Inhalt, wie sie sich aus § 27, 28 WEG ergeben. Vertragspartner sind auch nicht Wohnungseigentümer, weil eine Wohnungseigentümergemeinschaft noch nicht besteht.

c) Die Entscheidung des Senats steht einer etwaigen Verweisung an das Landgericht im Hinblick auf § 23 Nr.1 GVG nicht entgegen.



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