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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 03.11.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 102/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 26 Abs. 1
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4
WEG § 43 Abs. 4
1. Für die Wirksamkeit einer Verwalterbestellung ist es unschädlich, wenn der Eigentümerbeschluss nicht die Rechtsform des bestellten Unternehmens wiedergibt, solange durch Auslegung unzweifelhaft zu ermitteln ist, wer zum Verwalter bestellt sein soll.

2. Ein tatsächlich nicht bestellter Verwalter ist zur Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses befugt, durch den er ausdrücklich als Verwalter abberufen wird.


Gründe:

I.

Die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Als vormaliger Verwalter der Anlage war entweder die Beteiligte zu 1, eine GmbH, oder der Antragsteller zu 2 persönlich durch Eigentümerbeschluss vom 10.12.2001 für fünf Jahre bestellt worden. Vor der entsprechenden Beschlussfassung, mit der "die Hausverwaltung M. ... " bestellt wurde, ist im Protokoll vermerkt, dass das Ehepaar M. die Gelegenheit hatte, sich persönlich vorzustellen. Am 24.1.2002 wurde zwischen dem Verwaltungsbeirat als Vertreter der Wohnungseigentümer und der Antragstellerin zu 1 ein Verwaltervertrag abgeschlossen. In der Folgezeit kam es zwischen den Beteiligten zum Streit darüber, ob die Antragstellerin zu 1 oder der Antragsteller zu 2 persönlich zum Verwalter bestellt und ob der Verwaltervertrag wirksam abgeschlossen worden ist.

In der Eigentümerversammlung vom 8.10.2002 wurde zu TOP 3 folgender Zusatzantrag angenommen:

"M. (Antragsteller zu 2) sowie vorsorglich seine GmbH (Antragstellerin zu 1) werden als Verwalter aus wichtigem Grund abberufen. Der etwaige Vertrag wird aus wichtigem Grund gekündigt. ..."

Der Antragsteller zu 2 und seine Ehefrau, die Geschäftsführerin der Antragstellerin zu 1, hatten zuvor die Versammlung verlassen, nachdem an den Antragsteller zu 2 Fragen zu seinem Ausscheiden als weiterer Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1 und zur finanziellen Lage anderer Firmen, an denen er beteiligt war, gestellt worden waren.

In einer weiteren Eigentümerversammlung vom 24.10.2002 wurde für den Fall der Ungültigerklärung des Beschlusses vom 8.10.2002 zu TOP 2 beschlossen,

" erneut durch diesen Beschluss den Verwaltung M., hilfsweise dessen GmbH abzuberufen und den Verwaltervertrag aus wichtigem Grund zu kündigen."

Die Antragsteller haben, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, beantragt, die Eigentümerbeschlüsse vom 8.10.2002 zu TOP 3 und vom 24.10.2002 zu TOP 2 für ungültig zu erklären und festzustellen, dass der Verwaltervertrag durch die gleichzeitig ausgesprochene Kündigung nicht beendet ist.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 14.7.2003 die Anträge des Antragstellers zu 2 als unzulässig, die übrigen Anträge als unbegründet abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht mit Beschluss vom 31.3.2004 den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert. Es hat ausgesprochen, dass der unter TOP 3 am 8.10.2002 gefasste Zusatzbeschluss für ungültig erklärt wird. Den Antrag des Antragstellers zu 2 auf Feststellung hat das Landgericht als unzulässig, die weiteren Anträge der Antragsteller als unbegründet abgewiesen und im Übrigen die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Bei der Verwalterbestellung in der Eigentümerversammlung vom 10.12.2001 sei die Antragstellerin zu 1 und nicht der Antragsteller zu 2 persönlich zum Verwalter bestellt worden. Dem Antragsteller zu 2 stehe aber dennoch ein Anfechtungsrecht gegen die Abberufungsbeschlüsse zu, da er in diesen Beschlüssen ausdrücklich persönlich benannt werde. Anders verhalte es sich mit dem Feststellungsantrag zum Verwaltervertrag, da dieser unstreitig nur mit der Antragstellerin zu 1 geschlossen worden sei.

Während der Eigentümerbeschluss vom 8.10.2002 aus formellen Gründen aufzuheben sei, entspreche der Beschluss vom 24.10.2002 den Formvorschriften und auch im Übrigen ordnungsmäßiger Verwaltung, da ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Abberufung des Verwalters vorgelegen habe. Dieser sei darin zu erblicken, dass Firmen, an denen der Antragsteller zu 2 entweder beteiligt oder für die er als Geschäftsführer tätig gewesen sei, in Insolvenzverfahren verwickelt gewesen seien. Deshalb habe den Antragsgegnern auch ein Recht zur fristlosen Kündigung des Verwaltervertrags zugestanden und dieses Recht sei von ihnen in angemessener Zeit ausgeübt worden.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Sowohl der Antragstellerin zu 1 als auch dem Antragsteller zu 2 steht ein Anfechtungsrecht gegen die Beschlüsse über die Abberufung zu (§ 23 Abs. 4 WEG).

Ein Verwalter ist zur Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses über seine Abberufung in entsprechender Anwendung des § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG befugt (BGH NJW 2002, 3240). Gleiches gilt auch für einen "Scheinverwalter", wenn er durch einen Eigentümerbeschluss ausdrücklich abberufen wird. Weil sich aus der Abberufung für ihn unmittelbare Pflichten ergeben können, ist es ihm nicht zuzumuten, lediglich Antrag auf Feststellung stellen zu können, dass er nicht als Verwalter bestellt worden ist.

b) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass nicht der Antragsteller zu 2, sondern die Antragstellerin zu 1 als Verwalterin bestellt worden ist. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers zu 2 erweist sich schon deshalb als unbegründet.

Bei der Verwalterbestellung handelt es sich um einen Beschluss mit Dauerwirkung, an die auch der Sonderrechtsnachfolger gebunden ist. Der Senat hat ihn daher selbständig auszulegen (BGH NJW 1998, 3713). Beschlüsse der Wohnungseigentümer sind aus sich heraus objektiv und normativ auszulegen, ohne dass es auf die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten an der Beschlussfassung ankommt. Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalls ohne weiteres für jedermann erkennbar sind (BGH NJW 1998, 3713).

Nach dem Wortlaut des Eigentümerbeschlusses vom 10.12.2001 wurde die Hausverwaltung L. Graf zu M. zum Verwalter bestellt, nachdem Herr und Frau zu M. beide die Konzeption der Hausverwaltung erläutert hatten. Aus dem Wortlaut des Beschlusses und den protokollierten Umständen der Beschlussfassung ist daher ersichtlich, dass nicht eine Einzelperson, sondern ein durch die auftretenden Personen vertretenes kaufmännisches Unternehmen mit der Hausverwaltung beauftragt werden sollte, ohne dass es den Eigentümern auf die Rechtsform dieses Unternehmens im Einzelnen ankam.

Ob zur Auslegung auch das Bewerbungsschreiben der Antragstellerin zu 1, ihr späteres Dankesschreiben und der von ihr übersandte Entwurf eines Verwaltervertrags herangezogen werden können, kann offen bleiben. Einer ausdrücklichen Benennung der Rechtsform des beauftragten Unternehmens im Beschluss bedurfte es nicht, weil es für alle Beteiligten erkennbar nicht mehrere Hausverwaltungsfirmen gibt, die den Namen der Antragstellerin zu 1 tragen.

c) Die Beschlussfassung vom 24.10.2002 entsprach einer ordnungsmäßigen Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG).

Ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Abberufung eines Verwalters ist nach allgemeiner Auffassung dann gegeben, wenn den Wohnungseigentümern unter Beachtung aller Umstände nach Treu und Glauben eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zuzumuten ist, insbesondere wenn durch diese Umstände das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist (BGH NJW 2002, 3240/3243). Der wichtige Grund kann sich auch nur aus objektiven Umständen ergeben, hat aber auf Tatsachen zu beruhen, die entweder nach der Verwalterbestellung entstanden oder jedenfalls den Wohnungseigentümern erst danach bekannt geworden sind (BayObLG OLG Report 2004, 346).

Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass eine nachhaltige Erschütterung des Vertrauensverhältnisses bereits dadurch entstanden ist, dass der Antragsteller zu 2 mit Firmen, an denen er entweder beteiligt oder für die er als Geschäftsführer bestellt war, in Insolvenzverfahren verwickelt war. Er hat selbst eingeräumt, dass andere Firmen, an denen er beteiligt bzw. deren Geschäftsführer er war, in Insolvenz gerieten und er für diese in seiner Funktion als GmbH-Geschäftsführer eidesstattliche Versicherungen abgegeben hat.

Die Bestellung der Antragstellerin zu 1 zur Hausverwaltung beruhte u.a. auf dem Vertrauen, das die Wohnungseigentümer gerade den Geschäftsführern der GmbH, dem Antragsteller zu 2 und seiner Ehefrau, entgegenbrachten.

Das Verhalten des Antragstellers zu 2 und seiner Ehefrau gegenüber den Wohnungseigentümern hat das Vertrauensverhältnis nachhaltig erschüttert. Auf den Zeitpunkt der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit des Antragstellers zu 2 oder auf den Zeitpunkt möglicher Insolvenzen kommt es nicht an. Als nämlich die Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 8.10.2002 den Antragsteller zu 2 zu diesen Insolvenzen befragen wollten, verließ er mit seiner Frau den Versammlungsort, äußerte sich auch in der Folgezeit nicht zu den Fragen und nahm auch an der nachfolgenden Eigentümerversammlung vom 24.10.2002 nicht teil. Auch die Ehefrau des Antragstellers zu 2, nach dessen Ausscheiden als Geschäftsführer am 21.5.2002 alleinige Geschäftsführerin der Antragstellerin zu 1, ließ die Fragen unbeantwortet und beteiligte sich nicht an der Eigentümerversammlung vom 24.10.2002. Damit hat sich die Antragstellerin zu 1 berechtigten Fragen nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen systematisch entzogen.

d) Für den Feststellungsantrag fehlt dem Antragsteller zu 2 das Rechtsschutzbedürfnis, da der Verwaltervertrag unstreitig nicht mit ihm abgeschlossen wurde.

Gegenüber der Antragstellerin zu 1 stand den Antragsgegnern aus den oben genannten Gründen ein Recht zur fristlosen Kündigung zu, das auch innerhalb einer angemessenen Frist durch den Eigentümerbeschluss vom 24.10.2002 ausgeübt wurde.

3. Es erscheint nach § 47 WEG angemessen, den in allen Rechtszügen unterlegenen Antragstellern in der Rechtsbeschwerdeinstanz die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner aufzuerlegen.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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