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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 05.12.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 108/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 181
BGB § 566
BGB § 1056
BGB § 1629
BGB § 1795
Die Schenkung eines Grundstücks ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, sofern ein Nießbrauch belsteht und der Nießbraucher das Grundstück vermietet hat.
Gründe:

I.

Der Beteiligte zu 1 ist im Grundbuch als Miteigentümer zu 1/6 eingetragen. Dieser Anteil ist mit einem Nießbrauch für die Eltern des Beteiligten zu 1 als Gesamtberechtigte belastet. Das Grundstück ist vermietet. Vermieter sind unter anderem die Eltern des Beteiligten zu 1.

Der Beteiligte zu 1 schloss mit den Beteiligten zu 2 bis 4 einen Vertrag, in dem er sich verpflichtete, den genannten Miteigentumsanteil unentgeltlich im Wege vorweggenommener Erbfolge zu je 1/3 an seine drei 1990, 1992 und 1997 geborenen Kinder, die Beteiligten zu 2 bis 4, zu übertragen. Gleichzeitig wurde die Auflassung erklärt. Die Beteiligten zu 2 bis 4 wurden dabei vom Beteiligten zu 1 und ihrer Mutter, der Ehefrau des Beteiligten zu 1, vertreten. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass die Beteiligten zu 2 bis 4 ihren Eltern auf deren Lebensdauer den unentgeltlichen Nießbrauch an dem Grundstück einräumen. Die Beteiligten bewilligten und beantragten die Eintragung des Nießbrauchsrechts, wobei der Notar angewiesen wurde, die Eintragung des Nießbrauchs erst zu beantragen, wenn der jetzt eingetragene Nießbrauch löschungsfähig ist.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten beantragte, die Beteiligten zu 2 bis 4 als Eigentümer einzutragen. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 8.4.2002 den Vollzug der Eintragung von der Genehmigung des Rechtsgeschäfts durch einen für die minderjährigen Erwerber zu bestellenden Ergänzungspfleger abhängig gemacht.

Die gegen diese Zwischenverfügung eingelegte Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 2.9.2002 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Eine wirksame Auflassungserklärung des geschäftsunfähigen Beteiligten zu 4 und der beschränkt geschäftsfähigen Beteiligten zu 2 und 3 liege nicht vor. Sie seien bei der Abgabe der Erklärung von ihrer Mutter und dem Beteiligten zu 1 nicht wirksam vertreten gewesen, weil die Eltern gemäß §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 2, 181 BGB von der Vertretung ausgeschlossen gewesen seien.

Zwar greife der Schutzzweck dieser Vorschriften nicht ein, wenn das Rechtsgeschäft dem Minderjährigen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringe, da dann ein Interessenwiderstreit ausgeschlossen sei und Belange Dritter nicht entgegenstünden. Der Erwerb eines vermieteten Grundstücks begründe jedoch nicht einen rechtlichen Vorteil, da der Erwerber gemäß § 566 BGB in das bestehende Mietverhältnis eintrete. Etwas anderes ergebe sich im vorliegenden Fall auch nicht daraus, dass der verfahrensgegenständliche Grundstücksanteil bereits mit einem Nießbrauch belastet sei und den Eltern der Erwerber ein weiterer Nießbrauch eingeräumt werde. Im Falle des Erlöschens des Nießbrauchs trete der Eigentümer gemäß § 1056 BGB in das Mietverhältnis ein. Die Möglichkeit der persönlichen Haftung aus dem Mietverhältnis aufgrund des Grundstückserwerbs bestehe für die Beteiligten zu 2 bis 4 jedenfalls dann, wenn sowohl ihre Großeltern als auch ihre Eltern vorversterben würden.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beteiligte zu 1 und dessen Ehefrau gemäß §§ 1626 Abs. 2, 1795 Abs. 2, 181 BGB von der Vertretung der Beteiligten zu 2 bis 4 ausgeschlossen waren. Die Voraussetzungen, unter denen eine Ausnahme von dem Vertretungsverbot angenommen werden kann (vgl. BayObLGZ 1998, 139 ff.), liegen nicht vor, weil das Rechtsgeschäft den Beteiligten zu 2 bis 4 nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt.

b) Der Erwerb eines vermieteten Grundstücks ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da der Erwerber nach Maßgabe der §§ 566 ff. BGB in das Mietverhältnis eintritt (OLG Oldenburg NJW-RR 1988, 839; Palandt/Heinrichs BGB 62. Aufl. § 107 Rn. 4; a.A. Jerschke DNotZ 1982, 473). Durch den Eintritt in das Mietverhältnis wird eine persönliche Verpflichtung des Erwerbers begründet. Der schuldrechtliche und der dingliche Vertrag sind dabei als Einheit zu sehen (BGH NJW 1981, 109).

c) Nicht anders zu beurteilen ist die Rechtslage, wenn nicht der Grundstückseigentümer, sondern der Nießbraucher Vermieter ist. Nach § 1056 Abs. 1 BGB tritt im Falle der Beendigung des Nießbrauchs der Grundstückseigentümer in entsprechender Anwendung des § 566 BGB in das Mietverhältnis ein. Dass dem Eigentümer gemäß § 1056 Abs. 2 BGB ein Sonderkündigungsrecht zusteht, vermag den rechtlichen Nachteil nicht zu beseitigen, da die Bindung des Grundstückseigentümers während des Fortdauerns des Mietverhältnisses besteht.

d) Unerheblich ist, dass auch ein Nießbrauch zugunsten der Eltern der Beteiligten zu 2 bis 4 bestellt wurde. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass sich dieser Nießbrauch an den derzeit bestehenden Nießbrauch anschließt, würden die Beteiligten zu 2 bis 4 mit Vermieterpflichten belastet. Das Gesetz sieht einen unmittelbaren Übergang des Mietverhältnisses von einem Nießbraucher auf den anderen nicht vor. Vielmehr tritt im Falle des Erlöschens des ersten Nießbrauchs der Eigentümer nach §§ 1056, 566 BGB in das Mietverhältnis ein. Der neue Nießbraucher tritt dann wiederum gemäß § 567 Satz 1 i.V. m. § 566 BGB in das Mietverhältnis ein. Der Eigentümer ist deshalb für eine logische Sekunde Vermieter, was ausreicht, um die Haftung des Eigentümers für die Rückgewähr der Mietsicherheit nach § 556a Satz 2 i.V.m. § 567 Satz 1 BGB zu begründen. Davon abgesehen steht nicht fest, dass der für die Eltern der Beteiligten zu 2 bis 4 bestellte Nießbrauch überhaupt zum Tragen kommt. Dies wäre z.B. nicht der Fall, wenn die Eltern vor Erlöschen des derzeit eingetragenen Nießbrauchs versterben würden.

Die Rechtsbeschwerde kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beteiligten zu 2 bis 4 im Falle des Versterbens ihrer Eltern gleichzeitig als Erben in die Vermieterpflichten eintreten würden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Eltern der Beteiligten zu 2 bis 4 tatsächlich als Nießbraucher in den Mietvertrag eintreten würden und wenn die Beteiligten zu 2 bis 4 Erben ihrer Eltern werden würden. Beides steht aber derzeit noch nicht fest. Abgesehen vom Fall des Versterbens vor Eintritt in das Mietverhältnis können die Eltern der Beteiligten zu 2 bis 4 auch andere Erben einsetzen. Die Beteiligten zu 2 bis 4 wären dann lediglich pflichtteilsberechtigt. Als Pflichtteilsberechtigte träfen sie aber keine Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis. Aber auch wenn sie zur Erbschaft berufen würden, könnten sie sich den Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis durch Ausschlagung der Erbschaft entziehen.

Ende der Entscheidung

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