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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 04.04.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 11/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 16 Abs. 2
Teilt ein Eigentümer seine Wohnung zur Vermietung an zwei verschiedene Personen in zwei Wohnungen auf, werden bei den Aufzugskosten zwei Wohnungen berücksichtigt, sofern der Kostenverteilungsschlüssel an die Anzahl der Wohnungen knüpft.
Bayerisches Oberstes Landesgericht BESCHLUSS

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Dr. Delius und Lorbacher

am 4. April 2001

in der Wohnungseigentumssache

pp.

wegen Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Aschaffenburg vom 4. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.000 DM festgesetzt.

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In der Teilungserklärung ist bestimmt, daß die Bauträgerin eine Wohnanlage mit 12 Wohnungen errichtet. Aus der Anlage zur Teilungserklärung ergibt sich, daß die 12 Wohnungen unterschiedliche Wohnflächen aufweisen. Die kleinste ist 62,5 m² groß. Die 3 größten Wohnungen haben eine Größe von 106 m². Den Antragstellern gehören die Wohnungen Nr. 7 (85,5 m²) und Nr. 9 (92 m²). Die Antragsteller haben die Wohnung Nr. 9 in eine 1-Zimmer- und eine 2-Zimmer-Wohnung aufgeteilt und diese beiden Wohnungen an verschiedene Mieter vermietet.

Nach der Teilungserklärung bestimmt sich der Kostenverteilungsschlüssel nach Miteigentumsquoten. Die Wohnungseigentümer können jedoch mit einer Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen davon abweichen.

Die Wohnungseigentümer haben am 27.9.1989 mit 2/3 Mehrheit beschlossen, daß die Aufzugskosten rückwirkend, beginnend mit 1.7.1989, durch "12 Wohneinheiten geteilt" werden.

Am 19.10.1999 haben die Wohnungseigentümer mit 2/3 Mehrheit beschlossen, daß die Aufzugskosten in Zukunft auf 13 Abrechnungseinheiten zu verteilen sind.

Die Antragsteller haben, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, beantragt, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 4.5.2000 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat am 4.12.2000 die sofortige Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere wird der erforderliche Beschwerdewert von 750 Euro (§ 45 Abs. 1 WEG i.d.F. von Art. 7 Abs. 8 des Gesetzes vom 27.6.2000 BGBl. I S. 897) überschritten.

Die Rechtsmittelbeschwer bemißt sich nicht nach dem Geschäftswert des Verfahrens, sondern allein nach dem vermögenswerten Interesse der Beschwerdeführer an der Änderung der angefochtenen Entscheidung. Der Wert des Beschwerdegegenstands kann insgesamt nicht höher, wohl aber niedriger sein als der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens.

Da allein das vermögenswerte Interesse der Beschwerdeführer an einer Änderung der angefochtenen Entscheidung maßgebend ist, bleiben die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer und die Bedeutung der Sache für die Gemeinschaft insgesamt unberücksichtigt (BayObLG ZMR 1999, 348).

Wird ein Antrag auf Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses abgewiesen, bemißt sich die Beschwer nach der finanziellen Belastung, die aufgrund des angefochtenen Beschlusses anteilmäßig auf die Beschwerdeführer entfällt (BayObLG WuM 1999, 130/131 m.w.N.). Hier liegt die wirtschaftliche Belastung der Antragsteller, weil sie aufgrund des angefochtenen Eigentümerbeschlusses von den jährlich anfallenden Aufzugskosten (im Jahr 1999: 8.558 DM) 3/13 (= 1.974 DM) statt, wie am 27.9.1989 beschlossen, 2/12 (= 1.446 DM) zu tragen haben, im Jahr deutlich unter 750 Euro. Da die am 19.10.1999 beschlossene Änderung aber für die Zukunft gelten soll, ist die wirtschaftliche Belastung der Antragsteller durch den angefochtenen Eigentümerbeschluß höher als 750 Euro.

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels bezüglich der Aufzugskosten sei nach der Teilungserklärung zulässig. Die dazu erforderliche Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen sei erreicht. Die Regelung sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Ein Rechtsfehler besteht zwar darin, daß das Landgericht eine Eigentümerliste nicht erholt hat; unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles wird aber davon abgesehen, Weiteres zu veranlassen.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hat keine eigene Rechtspersönlichkeit. Daraus folgt u.a., daß sie als solche weder klagen noch verklagt werden kann (Staudinger/Kreuzer WEG § 10 Rn. 14 m.w.N.). Bei der Einleitung des Erkenntnisverfahrens müssen deshalb alle Wohnungseigentümer namentlich bezeichnet werden oder es ist eine Liste vorzulegen, aus der sich die Wohnungseigentümer im Zeitpunkt der Antragstellung ergeben; nur so wird § 253 Abs. 2 Nr. 1, § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Genüge getan, deren Grundsätze auch für das Wohnungseigentumsverfahren gelten (wegen der näheren Einzelheiten vgl. BayObLG NJW-RR 1986, 564; Staudinger/Kreuzer aaO Rn. 14 ff.). Da es die Antragsteller hier unterlassen haben, eine Eigentümerliste mit den genauen Anschriften vorzulegen, hätte bereits das Amtsgericht darauf hinwirken müssen, daß dies geschieht. Auch das Landgericht hat dies nicht nachgeholt.

Da der Beschluß des Landgerichts nur noch in einem Punkt angefochten worden ist, die Entscheidung des Amtsgerichts somit im wesentlichen rechtskräftig geworden ist und der aufgezeigte Fehler sich auf das Ergebnis der Entscheidung nicht auswirkt, braucht der Senat Weiteres nicht zu veranlassen.

b) Der angefochtene Eigentümerbeschluß ist rechtlich nicht zu beanstanden.

(1) Der Kostenverteilungsschlüssel nach der Teilungserklärung konnte durch Beschluß abgeändert werden, da dies in der Teilungserklärung selbst so vereinbart worden ist (BGH NJW 2000, 3500).

(2) Die Wohnungseigentümer waren befugt, über die schon mit Beschluß vom 27.9.1989 geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen. Dabei spielte es keine Rolle, aus welchen Gründen sie eine erneute Beschlußfassung für angebracht hielten. Der neue Beschluß muß allerdings schutzwürdige Belange eines Wohnungseigentümers aus Inhalt und Wirkungen des Erstbeschlusses beachten (BGHZ 113, 197; BayObLG NJWE-MietR 1996, 202 f.). Dies ist hier der Fall. Durch den Eigentümerbeschluß vom 27.9.1989 wurde kein Vertrauenstatbestand des Inhalts begründet, daß dieser Eigentümerbeschluß unabänderlich ist. Es ist im übrigen gegenüber dem durch den Beschluß vom 27.9.1989 geschaffenen Zustand nicht unbillig, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft aufgrund neuer Überlegungen den Kostenverteilungsschlüssel 10 Jahre später anderweit regeln wollte.

(3) Der Eigentümerbeschluß vom 19.10.1999 entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung. Er widerspricht nicht der Teilungserklärung. Die Teilungserklärung geht zwar davon aus, daß die Wohnanlage 12 Wohnungen umfaßt. Dies heißt aber nicht, daß die Aufzugskosten nicht auf "13 Abrechnungseinheiten" verteilt werden dürfen. Unerheblich ist auch der Umstand, daß rechtlich lediglich 12 Wohnungen vorhanden sind. Es widerspricht grundsätzlich nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, beim Kostenverteilungsschlüssel nicht auf rechtliche, sondern auf tatsächliche Gegebenheiten abzustellen. Die Antragsteller werden auch nicht unbillig dadurch benachteiligt, daß die am 19.10.1999 beschlossene Kostenverteilung hinsichtlich der Aufzugskosten an den tatsächlichen Umstand anknüpft, daß die Antragsteller eine Wohneinheit an zwei verschiedene Mieter vermietet haben. Im übrigen können die Antragsteller wahrscheinlich als Folge davon, daß sie für die Einheit Nr. 9 zwei verschiedene Mieter haben, die Aufzugskosten auch auf zwei Mieter umlegen.

3. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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