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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 02.11.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 111/00
Rechtsgebiete: GBO, BGB


Vorschriften:

GBO § 22
BGB § 100
BGB § 2139
Ist das Grundbuch wegen des Todes eines BGB-Gesellschafters zu berichtigen, muß der Text des Gesellschaftsvertrages nachgewiesen werden.

Ist gesellschaftsvertraglich vorgesehen, daß beim Tod eines BGB-Gesellschafters die Erben an seine Stelle treten, so tritt bei bestehender Vor- und Nacherbschaft zunächst allein der Vorerbe in die Gesellschafterstellung.


BayObLG Beschluss

LG Memmingen 4 T 1778/00; AG - Grundbuchamt - Neu-Ulm

2Z BR 111/00

02.11.00

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Werdich und Dr. Delius am 2. November 2000 in der Grundbuchsache Berichtigung des Grundbuchs nach dem Tod eines BGB-Gesellschafters

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluss des Landgerichts Memmingen vom 20. September 2000 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt -- Neu-Ulm vom 18. April 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Als Eigentümer eines Grundstücks sind im Grundbuch die Beteiligten zu 1 bis 6 sowie A und B als Gesellschafter bürgerlichen Rechts eingetragen. A und B sind gestorben. A wurde von den Beteiligten zu 1 und 2 beerbt. Befreite Vorerbin von B ist die Beteiligte zu 7. Nacherbfolge ist angeordnet, Nacherben sind X, Y und Z.

Die Beteiligten legten die Kopie eines notariellen Vertrages vom 18.1.1988 vor, aus dem sich ergibt, dass die L. GmbH & Co. KG das Grundstück an die Beteiligten zu 1 bis 6 sowie A und B als Gesellschafter bürgerlichen Rechts aufgelassen hat. In Nr. 11 dieses Vertrages heißt es u.a.:

Der Gesellschaftsvertrag der GbR liegt noch nicht vor. Für das Gesellschaftsverhältnis gelten deshalb zunächst die gesetzlichen Bestimmungen.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten führte mit Schriftsatz vom 3.12.1998 aus, dass dieser Gesellschaftsvertrag noch nicht abgeschlossen worden sei.

Mit gleichlautenden notariell beglaubigten Urkunden haben die Beteiligten erklärt, dass die Gesellschaft durch den Tod der Gesellschafter nicht aufgelöst, sondern zwischen den verbliebenen Gesellschaftern und den Erben der verstorbenen Gesellschafter weitergeführt werde. Sie haben beantragt, das Grundbuch dadurch zu berichtigen, dass die Erben des A und des B eingetragen werden. Das Grundbuchamt hat den Berichtigungsantrag durch Zwischenverfügung vom 18.4.2000 beanstandet und "eindeutige Erklärungen von allen noch verbliebenen Gesellschaftern" verlangt, ob eine Fortsetzung der Gesellschaft mit der Vorerbin des B und/oder seinen Nacherben gewollt gewesen sei. Das Landgericht hat die Beschwerde der Beteiligten mit Beschluss vom 20.9.2000 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und der Zwischenverfügung des Grundbuchamts.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Gesellschaft solle mit "den Erben nach B" weitergeführt werden. Dies sei im Hinblick auf die angeordnete Vor- und Nacherbschaft mehrdeutig. Gemeint sein könne die Erbin im Rechtssinne, also die Vorerbin. Möglich sei aber auch, dass die wirtschaftlich betroffenen Erben, zu denen auch die Nacherben gehörten, Gesellschafter werden sollten. Das Grundbuchamt habe deshalb zu Recht eindeutige Erklärungen der verbliebenen Gesellschafter verlangt.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Das von den Vorinstanzen angenommene Eintragungshindernis besteht nicht. Die Entscheidung des Landgerichts und die Zwischenverfügung sind deshalb aufzuheben; dies gilt auch dann, wenn der Eintragungsantrag wegen eines anderen, vom Grundbuchamt nicht geltend gemachten Eintragungshindernisses zu beanstanden gewesen wäre (BayObLG Rpfleger 1970, 431 f.; Demharter GBO 23. Aufl. § 77 Rn. 12 f.).

Die Beteiligten haben erklärt, "dass die Gesellschaft durch den Tod der Gesellschafter nicht aufgelöst, sondern zwischen den verbliebenen Gesellschaftern und den Erben der verstorbenen Gesellschafter weitergeführt wird". Die Auffassung der Vorinstanzen, diese Erklärung sei unklar, trifft nicht zu. Mit dem Tod des Erblassers fällt die Erbschaft der Vorerbin an; diese ist allein zunächst die Erbin, d.h. die Inhaberin der zum Nachlaß gehörenden Rechte. Erst mit dem Eintritt des Nacherbfalls geht die Erbschaft auf die Nacherben über (§ 2139 BGB). Vorher haben sie nur ein Anwartschaftsrecht (Palandt/Edenhofer BGB 59. Aufl. § 2100 Rn. 11), das keine Verfügungen über den Nachlaß ermöglicht. Bis zum Nacherbfall hat daher allein die Vorerbin die für die Gesellschafterstellung erforderliche Eigenschaft als Erbin.

III.

Für das weitere Verfahren wird bemerkt:

Zur Berichtigung des Grundbuchs beim Tod eines BGB-Gesellschafters ist der Gesellschaftsvertrag vorzulegen oder sein Inhalt nachzuweisen (BayObLGZ 1991, 301; 1992, 259; 1997, 307; Demharter § 22 Rn. 41) oder darzutun, dass ein Gesellschaftsvertrag mit Abweichungen von der gesetzlichen Regelung nicht abgeschlossen wurde. Wegen der näheren Einzelheiten dazu wird auf die genannten Entscheidungen des Senats Bezug genommen. Allein die Erklärung des Notars, der in Aussicht genommene Gesellschaftsvertrag sei nie abgeschlossen worden, reicht allerdings nicht aus (BayObLGZ 1991, 301/305). In der Regel wird die erforderliche Überzeugung des Grundbuchamts vom Inhalt eines Gesellschaftsvertrags oder darüber, dass ein solcher mit Abweichungen von der gesetzlichen Regelung nicht abgeschlossen wurde, jedoch dadurch begründet werden können, dass die verbliebenen Gesellschafter und alle Erben übereinstimmende Erklärungen dazu in grundbuchmäßiger Form vorlegen, wobei die Erklärung auch dahin gehen kann, dass sie vom Inhalt des Vertrags keine Kenntnis haben (BayObLGZ 1992, 259/261). Sind nicht in der Form des § 29 GBO nachweisbare Tatsachen frei zu würdigen, wird das Grundbuchamt auch zu erwägen haben, ob zur Glaubhaftmachung (vgl. § 294 ZPO) der Rechtsfolgen nach dem Tod der beiden BGB-Gesellschafter eidesstattliche Versicherungen der verbliebenen Gesellschafter und aller Erben (vgl. BayObLG DNotZ 1993, 598 f.; BayObLGZ 2000 Nr. 34 FGPrax 2000, 179 f.) heranzuziehen sind.

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