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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.08.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 111/03
Rechtsgebiete: BGB, GBO


Vorschriften:

BGB § 892
GBO § 46 Abs. 2
Ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb ist möglich, wenn zugleich mit der Eintragung des Erwerbers eines Grundstücke ein dingliches Recht versehentlich nicht mitübertragen wird.
Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1 ist Eigentümerin des Grundstücks Flst. 250/1 (neu), das durch Teilung aus dem Grundstück Flst. 250/1 (alt) entstanden ist. Für den jeweiligen Eigentümer dieses Grundstücks wurde am Grundstück Flst. 250/2 (alt) ein Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall im Grundbuch eingetragen. Nach Teilung des belasteten Grundstücks verkaufte der Eigentümer das neu gebildete Grundstück 250/18 an die Beteiligte zu 2; sie wurde am 13.6.2000,als Eigentümerin auf einem neuen Grundbuchblatt im Grundbuch eingetragen. Bei der Übertragung des Grundstücks auf das neue Grundbuchblatt am 13.6.2000 wurde das Vorkaufsrecht nicht mitübertragen, obwohl die Eigentümer des zwischenzeitlich gleichfalls geteilten Grundstücks 250/2 (alt) das Vorkaufsrecht weder aufgehoben noch seine Löschung bewilligt hatten.

Die Beteiligte zu 1 hat beantragt, gegen die Löschung des Vorkaufsrechts an dem Grundstück Flst. 250/18 einen Amtswiderspruch im Grundbuch einzutragen. Das Grundbuchamt hat am 27.1.2003 den Antrag abgelehnt. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 28.4.2003 die Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Das Vorkaufsrecht an dem Grundstück Flst. 250/18 gelte gemäß § 46 Abs. 2 GBO als gelöscht, weil es bei der Übertragung des Grundstücks auf ein anderes Blatt nicht mitübertragen worden sei. Die Übertragung des Rechts sei aus Versehen unterblieben. Zwar habe der Eigentümer des belasteten Grundstücks in dem notariellen Kaufvertrag mit der Beteiligten zu 2 erklärt, als Berechtigter des Vorkaufsrechts verzichte er auf dessen Ausübung und bewillige dessen Löschung. Die tatsächlich Berechtigten des Vorkaufsrechts, die Eigentümer der neu gebildeten Grundstücke des ursprünglichen Grundstücks Flst. 250/1 (alt), hätten die Löschung aber nicht bewilligt. Das Grundbuch sei dadurch aber nicht unrichtig geworden, weil die Beteiligte zu 2 gutgläubig das Grundstück lastenfrei erworben habe. Zum maßgeblichen Zeitpunkt, der Eintragung der Beteiligten zu 2 im Grundbuch als Eigentümerin und der gleichzeitigen Löschung des Vorkaufsrechts durch Nichtmitübertragung, habe die Beteiligte zu 2 nicht gewusst, dass das Vorkaufsrecht dem Verkäufer des Grundstücks 250/18 nicht zugestanden habe.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Nach § 53 Abs. 1 GBO ist von Amts wegen ein Widerspruch einzutragen, wenn das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist. An letzterem fehlt es hier.

a) Wird bei der Übertragung eines Grundstücks auf ein anderes Blatt ein eingetragenes Recht nicht mitübertragen, so gilt es gemäß § 46 Abs. 2 GBO in Ansehung des Grundstücks als gelöscht. Die Nichtmitübertragung von Belastungen steht in ihren rechtlichen Wirkungen also der Eintragung eines Löschungsvermerks gleich. Die Folge der Nichtmitübertragung eines Rechts ist allerdings lediglich die, dass das Recht als gelöscht gilt. Die Nichtmitübertragung ersetzt nur die Löschung, nicht aber die außer der Löschung zur Aufhebung des Rechts noch erforderliche materielle Erklärung nach § 875 BGB. Aus § 46 Abs. 2 GBO folgt somit nicht ohne weiteres, dass das Recht materiell erloschen ist; es ist nur nicht mehr gebucht. § 46 Abs. 2 GBO hat keine materiell-rechtliche Bedeutung im Sinn eines Untergangs des Rechts. Wenn daher eine Übertragung des Rechts, wie hier, nur aus Versehen des Grundbuchrechtspflegers unterblieben ist, so hat dies nicht ein Erlöschen des Rechts, sondern lediglich die Unrichtigkeit des Grundbuchs zur Folge, die den Grundbuchrechtspfleger verpflichtet, einen Amtswiderspruch nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO einzutragen. Ist also die Mitübertragung sachlich zu Unrecht unterblieben, so besteht das Recht außerhalb des Grundbuchs weiter und kann im Wege der Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB) wieder eingetragen werden, soweit nicht etwa ein inzwischen eingetretener Erwerb unter dem Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs entgegensteht (Meikel/Böhringer Grundbuchrecht 8. Aufl. § 46 Rn. 105 ff. m. w. N.). Letzteres ist hier der Fall.

b) Maßgebend für die einen gutgläubigen Erwerb nach § 892 BGB hindernde Kenntnis der Unrichtigkeit des Grundbuchs ist der Zeitpunkt, in dem sich der Rechtserwerb vollendet. Der Erwerber muss daher grundsätzlich auch noch im Zeitpunkt der Eintragung gutgläubig sein. Dabei wird der gute Glaube auch an die Richtigkeit einer Eintragung geschützt, die gleichzeitig mit der Eintragung des Erwerbers vorgenommen wird. Daher ist ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb möglich, wenn zugleich mit der Eintragung des Erwerbers eines Grundstücks ein dingliches Recht versehentlich nicht mitübertragen wird (Demharter GBO 24. Aufl. § 13 Rn. 12; Staudinger/Gursky BGB - Neubearb. 2002 - § 892 Rn. 170). Hier wurden alle Einschreibungen auf dem neuen Grundbuchblatt in derselben Verfügung angeordnet und unter demselben Datum vollzogen; der der Beteiligten zu 2 günstige Grundbuchstand wurde somit gleichzeitig mit ihrer eigenen Eintragung herbeigeführt; dies genügt für den gutgläubigen Erwerb (Staudinger/Gursky § 892 Rn. 170).

c) Das Landgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beteiligte zu 2 zum maßgeblichen Zeitpunkt gutgläubig war. Die Feststellungen wurden rechtsfehlerfrei getroffen; sie sind nach § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 Abs. 2 ZPO für das Rechtsbeschwerdegericht bindend.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.

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