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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 11.04.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 119/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 15 Abs. 2
WEG § 15 Abs. 3
Ein Eigentümerbeschluß, wonach ein Biergarten auf einer Sondernutzungsfläche nur bis 23.00 Uhr betrieben werden darf, kann selbst dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn er nach einer öffentlich-rechtlich Erlaubnis bis Mitternacht betrieben werden dürfte.
Bayerisches Oberstes Landesgericht BESCHLUSS

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Werdich und Lorbacher

am 11. April 2001

in der Wohnungseigentumssache

pp.

wegen Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.000 DM festgesetzt.

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Eigentümer einer aus acht Wohnungen und einem Teileigentum bestehenden Anlage, die vom weiteren Beteiligten verwaltet wird. Dem Antragsteller gehört das im Untergeschoß gelegene Teileigentum, das in der Teilungserklärung vom 6.8.1984 als "Cafe - Bistro" bezeichnet und mit dem Sondernutzungsrecht an einem Gartenanteil verbunden ist. Er nutzt die Sondernutzungsfläche als Bier- oder Bistrogarten. Durch Verordnung der Stadt vom 3.8.1998 wurde die Sperrzeit für den Gaststättenbetrieb auf privaten Flächen im Freien wie Wirtschaftsgärten und Terrassen grundsätzlich auf die Zeit von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr festgesetzt. Dem Antragsteller wurde jedoch wiederholt während der Sommermonate eine Verkürzung der Sperrzeit für den täglichen Außenbetrieb auf 24.00 Uhr bis 6.00 Uhr bewilligt.

In der Eigentümerversammlung vom 10.2.1999 beschlossen die Wohnungseigentümer zu TOP 2e mehrheitlich, dem Antragsteller die Nutzung des Gartens als Biergarten/Bistrogarten nach 23.00 Uhr zu untersagen. Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Weitere Anträge sind nicht mehr Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 20.9.1999 u.a. den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 2e abgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht am 25.10.2000 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Es könne dahinstehen, ob der Antragsteller den ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenanteil als Bistro- und Biergarten nutzen dürfe, da die Antragsgegner ihm eine solche Nutzung gestatteten. Sie hätten jedoch das Recht, vom Antragsteller einen Gebrauch zu verlangen, der ihre Interessen und insbesondere ihr Ruhebedürfnis nicht im Übermaß beeinträchtige. Das in dem angefochtenen Eigentümerbeschluß zum Ausdruck kommende Verlangen der Antragsgegner entspreche billigem Ermessen. Die Beteiligten seien aufgrund ihres Gemeinschaftsverhältnisses zu gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichtet und hätten ihre Interessen aufeinander abzustimmen. Dem entsprächen die Antragsgegner, wenn sie den Biergarten- und Bistrobetrieb auf der Sondernutzungsfläche, von dem in den Abendstunden Ruhestörungen ausgehen könnten, täglich bis 23.00 Uhr gestatteten. Umgekehrt habe der Antragsteller diese Art der störenden Nutzung in unmittelbarer Nachbarschaft der Wohnungen nach 23.00 Uhr einzustellen. Mögliche Ruhestörungen nach 23.00 Uhr lägen auf der Hand, auch wenn die Antragsteller erst im Beschwerdeverfahren Näheres dazu vorgetragen hätten.

2. Diese Ausführungen sind frei von Rechtsfehlern.

a) Der angefochtene Eigentümerbeschluß geht davon aus, daß der Antragsteller grundsätzlich den ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenanteil für den in seinem Teileigentum zulässigen gastronomischen Betrieb als Bier- oder Bistrogarten nutzen darf. Mit dem Beschluß haben die Wohnungseigentümer eine Ruhezeit für den Biergartenbetrieb auf der Sondernutzungsfläche festgelegt. Dies stellt eine Gebrauchsregelung im Sinn von § 15 Abs. 2 WEG dar, die entgegen der Ansicht des Antragstellers durch Mehrheitsbeschluß getroffen werden kann (vgl. BGHZ 139, 288/293; BGH NJW 2000, 3500/3503; BayObLG ZMR 1992, 202).

b) Für die Ausübung des zulässigen Gebrauchs im einzelnen sind die Vorschriften der §§ 14, 15 WEG maßgebend. Gemäß § 15 Abs. 2 WEG können die Wohnungseigentümer einen der Beschaffenheit des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsmäßigen Gebrauch beschließen.

Was als ordnungsmäßiger Gebrauch anzusehen ist, haben in erster Linie die Wohnungseigentümer selbst zu entscheiden. Nicht zu beanstanden ist jedenfalls eine Gebrauchsregelung, die § 14 Nr. 1 WEG berücksichtigt (BayObLG WuM 1992, 707). Ferner ist zu berücksichtigen, ob der beschlossene Gebrauch dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht (§ 15 Abs. 3 WEG, BayObLG NJW-RR 1998, 443/444 m.w.N.).

Demgemäß hat das Landgericht zutreffend die Interessen des Antragstellers, der sein Teileigentum in zulässiger Weise für einen Gastronomiebetrieb nutzt, gegenüber den Interessen der Wohnungseigentümer abgewogen, denen die in den oberen Stockwerken befindlichen acht Wohnungen gehören. Das Landgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, daß der Betrieb eines Biergartens auf der der Wohnanlage vorgelagerten Gartenfläche für die Bewohner der Wohnungen insbesondere zur Nachtzeit störend wirkt. Dies entspricht der Lebenserfahrung (vgl. BayObLG ZMR 1993, 427/426 und ZMR 2000, 775/776). Entgegen der Meinung des Antragstellers haben außerdem die Antragsgegner jedenfalls im Beschwerdeverfahren Art und Ausmaß der Störungen nachvollziehbar dargelegt.

c) Die Untersagung des Biergartenbetriebs für die Zeit nach 23.00 Uhr trägt dem Ruhebedürfnis der Anwohner Rechnung und beeinträchtigt das Gebrauchsinteresse des Antragstellers nicht in unzumutbarer Weise. Die öffentlich-rechtliche Erlaubnis des Gaststättenbetriebs im Freien bis 24.00 Uhr gewährt dem Antragsteller entgegen seiner Meinung gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern nicht das Recht, den Garten bis 24.00 Uhr gastronomisch zu nutzen (vgl. OLG Frankfurt OLGZ 1980, 417; KG WE 1992, 110; Bärmann/Pick WEG 8. Aufl. § 13 Rn. 158, 159). Durch diese Erlaubnis, die im übrigen unter der Auflage erteilt worden ist, daß die Nachtruhe der Hausbewohner und der Nachbarschaft nicht gestört werden dürfe, sind die Wohnungseigentümer nicht gehindert, den Gegebenheiten ihrer Wohnanlage entsprechende Ruhezeiten festzulegen.

3. Der Senat hält es für angemessen, dem unterlegenen Antragsteller die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 47 WEG).

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG und übereinstimmend mit der Wertfestsetzung durch das Landgericht auf 2.000 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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