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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 17.07.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 121/03
Rechtsgebiete: GBO, FGG


Vorschriften:

GBO § 75
GBO § 78
FGG § 31
1. Auch im Grundbuchverfahren kann auf Verlangen ein Zeugnis, das die formelle Rechtskraft bescheinigt, erteilt werden.

2. Tritt die Rechtskraft der Entscheidung, die zu bescheinigen ein Beteiligter verlangt hat, zu einem Zeitpunkt ein, in dem die weitere Beschwerde wegen Versagung des Rechtskraftzeugnisses anhängig ist, kann das Rechtsbeschwerdegericht diesen neuen Umstand berücksichtigen und das Grundbuchamt anweisen, das verlangte Zeugnis zu erteilen.

3. Die gesonderte Anfechtung einer Nichtabhilfeentscheidung ist in der Regel nicht als eigenständiges - unzulässiges - Rechtsmittel zu behandeln.


Gründe:

I.

Der Beteiligte ist der Eigentümer des Grundstücks Flst. 1735. Er beansprucht außerdem das Eigentum an dem Grundstück Flst. 1735/2, das bei Anlegung des Grundbuchs im Jahr 1977 im Eigentum der Marktgemeinde Pf. vorgetragen wurde.

Der Senat wies am.16.4.1993 (MittBayNot 1993, 287) ein Rechtsmittel des Beteiligten zurück, das die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen das Eigentum der Marktgemeinde Pf. zum Gegenstand hatte. Seitdem verfolgt der Beteiligte sein vermeintliches Recht durch Anträge zum Grundbuchamt weiter.

Am 9.1.2002 hat das Grundbuchamt einen als Grundbuchberichtigungsantrag bezüglich des Eigentums an dem Grundstück Flst. 1735/2 ausgelegten Antrag abgewiesen. Die Beschwerde des Beteiligten dagegen mit dem Antrag, das Grundbuch gemäß vollstreckbarer gerichtlicher Urkunde wiederherzustellen und das Anlegungsverfahren sowie die vorläufige Eintragung der Flurbereinigung aufzuheben, hat das Landgericht durch Beschluss vom 28.6.2002 als unzulässig verworfen.

Mit Schreiben vom 23.10.2002 hat der Beteiligte beantragt, ihm ein Zeugnis über die Rechtskraft des Beschlusses vom 28.6.2002 zu erteilen. Dem hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Grundbuchamts mit Schreiben vom 18. und 22.11.2002 nicht entsprochen. Der Grundbuchrichter hat den Antrag mit Beschluss vom'6.2.2003 abgewiesen und das Landgericht nach unterbliebener Abhilfe durch das Grundbuchamt mit Beschluss vom 27.3.2003 die gegen die Sachentscheidung des Grundbuchrichters sowie gegen die Nichtabhilfe gerichtete Beschwerde teils zurückgewiesen, teils verworfen.

Am 6.6.2003 hat der Beteiligte beim Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Bayerischen Obersten Landesgerichts weitere Beschwerde gegen die Beschlüsse des Landgerichts vom 28.6.2002 und vom 27.3.2003 eingelegt. Der Senat hat das Rechtsmittel gegen den Beschluss vom 28.6.2002 am 2.7.2003 (2Z BR 120/03) mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschwerde nicht verworfen, sondern zurückgewiesen wird.

II.

Das gegen den Beschluss des Landgerichts vom 27.3.2003 erhobene Rechtsmittel ist zulässig (§ 12c Abs. 4, § 71 Abs. 1, §§ 78, 80 Abs. 1 GBO) und führt zur Aufhebung der entgegenstehenden Entscheidungen des Grundbuchamts und des Landgerichts sowie zur Anweisung an das Grundbuchamt, dem Verlangen des Beteiligten stattzugeben.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Das Grundbuchamt habe die Erteilung des Rechtskraftzeugnisses zu Recht verweigert. Gegen den Beschluss des Landgerichts vom 28.6.2002 sei das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde gegeben. Darauf habe der Beschwerdeführer auch nicht verzichtet. Gegen die ebenfalls angegriffene Nichtabhilfeverfügung des Amtsgerichts gebe es kein Rechtsmittel; dieses müsse deshalb verworfen werden.

2. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Erteilung eines Rechtskraftzeugnisses nach § 31 FGG in Betracht kommt. Dieses bescheinigt den Eintritt der formellen Rechtskraft, was bedeutet, dass die Entscheidung das Verfahren abschließt und die Erhebung eines ordentlichen Rechtsmittels ausschließt. Die formelle Rechtskraft steht des weiteren auch einer Abänderung der Entscheidung in demselben Verfahren nach § 18 FGG entgegen; andererseits ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, in einem neuen Verfahren formell rechtskräftige Entscheidungen auch wieder abzuändern (Keidel/ Zimmermann FGG 15. Aufl. § 31 Rn. 2).

Das Grundbuchverfahren enthält insoweit keine besondere Regelung; deshalb gilt auch hier § 31 FGG (Keidel/Zimmermann § 31 Rn. 14; Meikel/Böttcher Grundbuchrecht 8. Aufl. Einl F 124; Riedel JurBüro 1972, 19/24), dessen Anwendung mit dem Wesen des Grundbuchverfahrens vereinbar ist (Demharter GBO 24. Aufl. § 1 Rn. 27).

Der Eintritt der formellen Rechtskraft setzt voraus, dass entweder der Instanzenzug erschöpft ist oder ein gegebenes Rechtsmittel durch Fristablauf oder Verzicht entfallen ist oder eine Entscheidung von Anfang an unanfechtbar ist (Meikel/Böttcher Einl F 124). Zum Zeitpunkt der mit der weiteren Beschwerde anfechtbaren Beschwerdeentscheidung des Landgerichts war weder der Instanzenzug erschöpft noch lag ein Rechtsmittelverzicht des Beteiligten vor. Deshalb hat das Landgericht in der Sache zu Recht die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Durch den Beschluss des Senats vom 2.7.2003 (2Z BR 120/03) ist jedoch eine veränderte Sachlage eingetreten, weil für die Entscheidung des Landgerichts vom 28.6.2002 der Instanzenzug nun erschöpft ist (vgl. § 78 GBO; Budde in Bauer/von Oefele GBO § 79 Rn. 35). Das Rechtsbeschwerdegericht hat seiner Entscheidung zwar grundsätzlich nur diejenigen tatsächlichen Umstände zugrunde zu legen, die, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Entscheidung, das Landgericht nach dem ihm unterbreiteten Sachverhalt bei seiner Entscheidung berücksichtigen konnte. Neue Tatsachen darf es nicht verwerten, insbesondere ist § 74 GBO unanwendbar (BayObLGZ 1985, 225/227; Budde in Bauer/von Oefele § 78 Rn. 24). Eine Ausnahme gilt jedoch aus Gründen der Verfahrenswirtschaftlichkeit bei offensichtlichen, wie etwa urkundlich belegten Tatsachen (vgl. BGHZ 53, 128/130; 54, 132/135 f.; 85, 288/290; BayObLGZ 1983, 301/303; auch Demharter GBO § 78 Rn. 11). Dazu ist hier der Senatsbeschluss vom 2.7.2003 zu rechnen, der die Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Rechtskraftzeugnisses erst geschaffen hat. Dass der Antragsteller den Beschluss nun mit Gegenvorstellungen bekämpft, ist in diesem Zusammenhang unerheblich.

Weil der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Grundbuchamts ausschließlich zur Erteilung des Zeugnisses zuständig ist (vgl. § 31 FGG), verweist der Senat unter Aufhebung der entgegenstehenden Entscheidungen die Sache an das Grundbuchamt zurück und weist dieses an, das verlangte Zeugnis zu erteilen.

4. Soweit der Beteiligte auch die als verfahrensleitende Maßnahme ergangene und als solche unanfechtbare Entscheidung des Amtsgerichts über die Nichtabhilfe (vgl. § 75 GBO) angreift und das Landgericht dieses "Rechtsmittel" verworfen hat, handelt es sich um kein eigenständiges, von der Beschwerde gegen die Sachentscheidung losgelöstes Rechtsmittel, über das gesondert entschieden werden müsste. Ein Beteiligter macht damit in der Regel nur deutlich, dass er an seiner Beschwerde festhält und die Entscheidung des übergeordneten Gerichts begehrt. Deshalb befindet die Entscheidung über die Beschwerde gegen den Ausgangsbeschluss des Amtsgerichts in der Regel auch über die Angriffe, die sich gegen die unterbliebene Abhilfe richten, ohne dass es dazu noch eines gesonderten Ausspruchs bedarf. Der Senat hebt deshalb diesen Teil der landgerichtlichen Entscheidung ersatzlos auf.

5. Eine Entscheidung über die Kosten und die Erstattung von Auslagen ist weder im Beschwerdeverfahren noch im Rechtsbeschwerdeverfahren veranlasst.

Ende der Entscheidung

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