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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 21.06.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 124/00
Rechtsgebiete: FGG, WEG


Vorschriften:

FGG § 7
WEG § 23 Abs. 4
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4
Gegen eine gerichtliche Entscheidung, durch die Eigentümerbeschlüsse einer Versammlung für ungültig erklärt werden, die nicht stattgefunden hat, kann ein Rechtsmittel mit dem Ziel der formellen Aufhebung eingelegt werden.
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Werdich und Dr. Delius

am 21. Juni 2001

in der Wohnungseigentumssache

wegen Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 20. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 17400 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Den Antragstellern, einem Ehepaar, gehört eine Eigentumswohnung in der Wohnanlage "G" sowie ein Teileigentum in der Tiefgarage der angrenzenden Wohnanlage "A". Beide Anlagen werden von der weiteren Beteiligten verwaltet.

Die weitere Beteiligte lud mit Schreiben vom 14.12.1998 und 7.1.1999, die jeweils an die Wohnungseigentümer der Anlage "A" gerichtet waren, für den 20.1.1999 zu einer außerordentlichen Eigentümerversammlung ein. Das Schreiben vom 14.12.1998 enthält die Tagesordnung und trägt auf Blatt 2 eine Kopfleiste mit den Worten: Blatt 2 der Einladung zur außerordentlichen Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft "G" am 20. Januar 1999.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht mit Schriftsatz vom 17.2.1999, eingegangen am 18.2.1999, beantragt, die in der Eigentümerversammlung vom 20.1.1999 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären. Das Rubrum des Antrags bezeichnet die "WEG G" als "Beklagte". Der Antragsschrift waren eine Eigentümerliste der Wohnanlage "G" und die Schreiben der weiteren Beteiligten vom 14.12.1998 und 7.1.1999 beigefügt. Zur Begründung ihres Antrags haben die Antragsteller vorgetragen, sie seien Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft "G"; die Antragsgegner ergäben sich aus der beigefügten Eigentümerliste. Unter Bezugnahme auf die beiden Schreiben der weiteren Beteiligten haben die Antragsteller geltend gemacht, die Einladungsfrist sei nicht eingehalten und die Voraussetzungen für die Einberufung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung hätten nicht vorgelegen; auch in der Sache selbst seien die Beschlüsse zu beanstanden. Mit Schriftsatz vom 20.10.1999 haben die Antragsteller ihre Anträge weiter begründet und das Protokoll der Eigentümerversammlung der Wohnanlage "A" vom 20.1.1999 vorgelegt.

Mit Beschluss vom 16.2.2000 hat das Amtsgericht die Beschlüsse "der Antragsgegnerin in der Eigentümerversammlung vom 20.1.1999" für ungültig erklärt. Die Antragsgegner haben sofortige Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, die angefochtenen Beschlüsse seien in einer Versammlung der Wohnanlage "A" von den Wohnungseigentümern dieser Anlage gefasst worden. Das Landgericht hat am 20.10.2000 die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und die Anträge der Antragsteller abgewiesen. Die Antragsteller haben sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Es bestehe kein Zweifel, dass am 20.1.1999 nur eine Versammlung der Wohnanlage "A" stattgefunden habe und nur diese Wohnungseigentümer Beschlüsse gefasst hätten. Das Versammlungsprotokoll und die Einladungsschreiben seien eindeutig. Bei dem Vermerk auf Seite 2 des Schreibens vom 14.12.1998 handle es sich um ein für jeden Leser erkennbares Schreibversehen.

Der Beschluss des Amtsgerichts sei gegenstandslos, weil es die für ungültig erklärten Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft "G" nicht gebe. Trotzdem sei die Beschwerde zulässig, denn die Antragsgegner seien berechtigt, den Schein einer sie belastenden Entscheidung durch Rechtsmittel zu beseitigen.

Der Antrag, die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 20.1.1999 für ungültig zu erklären, sei nicht begründet. Der Antragsschrift sei nicht zu entnehmen, dass die Antragsteller die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft "A" anfechten wollten; diese Wohnanlage werde gar nicht erwähnt. In der Antragsschrift sei der Gegenstand des Verfahrens nicht hinreichend bestimmt, deshalb entspreche sie nicht den Mindestanforderungen einer Beschlussanfechtung. In der Zwischenzeit sei die Anfechtungsfrist verstrichen.

Die Kammer habe davon abgesehen, über die sofortige Beschwerde mündlich zu verhandeln, weil eine weitere entscheidungserhebliche Sachaufklärung nicht zu erwarten gewesen sei und ein Vergleich ausscheide. Die Eigentümerbeschlüsse vom 20.1.1999 stünden nicht zur Disposition der Beteiligten des vorliegenden Verfahrens.

2. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das Landgericht durfte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Kammer gemäß § 44 Abs. 1 WEG absehen, weil ein besonderer Ausnahmefall vorlag. Eine weitere Sachaufklärung kam nicht in Betracht. Nachdem das Landgericht die Passivlegitimation der Antragsgegner verneinte, schied auch der Versuch einer gütlichen Einigung der Beteiligten aus (vgl. BGHZ 139, 288/291; BayObLG WE 1991, 197/198 und ZMR 1999, 349/350).

b) Die Zulässigkeit der Erstbeschwerde hat das Landgericht ohne Rechtsfehler bejaht. Zutreffend ist es davon ausgegangen, dass die Entscheidung des Amtsgerichts inhaltlich gegenstandslos war, weil das Amtsgericht Beschlüsse der Antragsgegner für ungültig erklärte, die es nicht gab. Die Antragsgegner hatten am 20.1.1999 keine Eigentümerversammlung abgehalten (vgl. BGHZ 41, 23/29; BayObLGZ 1986, 459/463; Jansen FGG 2. Aufl. § 7 Rn. 30; Keidel/Zimmermann FGG 14. Aufl. § 7 Rn. 42c).

Gegen die materiell bedeutungslose Entscheidung des Amtsgerichts konnten die Antragsgegner Rechtsmittel mit dem Ziel der formellen Aufhebung einlegen (vgl. BayObLGZ 1964, 84/87; Jansen § 7 Rn. 32). Sie waren im übrigen durch die Kostenentscheidung beschwert, mit der ihnen das Amtsgericht die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller auferlegt hatte.

c) Die Wohnungseigentümer der Wohnanlage "G", gegen die sich der vorliegende Antrag richtet, sind gemäß § 23 Abs. 4, § 43 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2 WEG nicht passiv legitimiert. Maßgebend ist die Versammlungsniederschrift, aus der sich ergibt, dass die von den Antragstellern angefochtenen Eigentümerbeschlüsse vom 20.1.1999 nicht von den Antragsgegnern gefasst worden waren, sondern von den Wohnungseigentümern der Wohnanlage "A" in einer Versammlung dieser Wohnanlage. Umstände außerhalb der Versammlungsniederschrift, aus denen die Antragsteller eine Sachbefugnis der Antragsgegner herleiten wollen, insbesondere die nach Meinung der Antragsteller missverständliche Gestaltung der Einladung, können keine Berücksichtigung finden (vgl. BGHZ 139, 288/292).

d) Das Landgericht hat geprüft, ob der Antragsschrift im Weg der Auslegung entnommen werden konnte, dass die Bezeichnung der Antragsgegner fehlerhaft war und die Anträge in Wirklichkeit gegen die Wohnungseigentümer der Anlage "A" gerichtet sein sollten (vgl. BayObLGZ 1972,.246/249 f.; BayObLG DWE 1982, 66; Bärmann/Merle WEG 8. Aufl. § 43 Rn. 56). Dies hat das Landgericht zu Recht verneint. Im Rubrum des Antrags werden die Wohnungseigentümer der Anlage "G" unter Angabe der für diese Anlage zutreffenden Straßenbezeichnungen samt Hausnummern als Antragsgegner benannt. In der Begründung des Antrags werden die Antragsteller als Mitglieder der Eigentümergemeinschaft "G" bezeichnet; zur näheren Kennzeichnung der Antragsgegner wird auf die beigefügte Eigentümerliste der Anlage "G" Bezug genommen. Zu Recht hebt das Landgericht hervor, dass die Antragsschrift selbst keinen Hinweis auf die Wohnanlage "A" enthält. Allerdings waren die mit dem Antrag vorgelegten Einladungsschreiben der weiteren Beteiligten an die Wohnungseigentümer der Anlage "A" gerichtet. Daraus ergab sich jedoch kein Hinweis auf eine fehlerhafte Bezeichnung der in der Antragsschrift als Antragsgegner benannten Wohnungseigentümer, denn es war nicht auszuschließen, dass an dem von den Antragstellern genannten Tag auch in der Wohnanlage "G" eine Eigentümerversammlung stattgefunden hatte und die mit dem Antrag eingereichten Unterlagen vertauscht worden waren.

Erst aus dem Schriftsatz vom 20.10.1999 und dem als Anlage vorgelegten Versammlungsprotokoll ergab sich, dass die Antragsteller die von den Wohnungseigentümern der Anlage "A" in der Versammlung vom 20.1.1999 gefassten Beschlüsse anfechten wollten. Zu diesem Zeitpunkt kam ein Wechsel der Antragsgegner entsprechend den im Zivilprozess geltenden Grundsätzen nicht mehr in Betracht, denn die Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 WEG war längst verstrichen (vgl. Staudinger/Wenzel WEG Vorbem. Vor § 43 ff. Rn. 50; Bärmann/Merle § 43 Rn. 57).

3. Dem Senat erscheint es angemessen, den Antragstellern die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 47 WEG).

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG und in Übereinstimmung mit der Wertfestsetzung der Vorinstanzen auf 17400 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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