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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 02.03.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 127/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1004
ZPO § 265
1. § 265 ZPO gilt auch im wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren.

2. Die Wohnungseigentümer sind zur Duldung verpflichtet, wenn ein Wohnungseigentümer aufgrund eines Eigentümerbeschlüsse Anpflanzungen auf dem ihm nicht zur Sondernutzung zugewiesenen Grundstücksteil zu entfernen hat. verpflichtet.


BayObLG Beschluss

LG München II - 6 T 3269/94; AG Garmisch-Partenkirchen UR II 122/93

2Z BR 127/00

02.03.01

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Demharter und Dr. Delius

am 2. März 2001

in der Wohnungseigentumssache

wegen Beseitigung, Duldung und Unterlassung,

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Landgerichts München II vom 22. November 2000 dahin abgeändert, dass die Antragsgegner zu 2 verpflichtet sind, die Beseitigung, zu der die Antragsgegnerin zu 1 verpflichtet wurde, zu dulden. Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde verworfen.

II. Von den Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Antragsteller und die Antragsgegner, jeweils als Gesamtschuldner, die Hälfte zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10000 DM festgesetzt.

IV. Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller gegen die Geschäftswertfestsetzung im Beschluss des Landgerichts wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner zu 2 sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, in der der Antragsgegnerin zu 1 bis zum 19.1.2001 eine Erdgeschosswohnung gehörte. Zwischen den Antragstellern und der Antragsgegnerin zu 1 herrscht seit Jahren Streit wegen der von der Antragsgegnerin zu 1 vorgenommenen gärtnerischen Umgestaltung des ihr nicht zur Sondernutzung zugewiesenen Grundstücksteils vor ihrer Wohnung.

Die Antragsteller haben beantragt,

1. die Antragsgegnerin zu 1 zu verpflichten, bestimmt bezeichnete Bepflanzungen und sonstige Gegenstände zu entfernen und sodann an diesen Stellen Rasen anzupflanzen,

2. die Antragsgegner zu 2 zu verpflichten, diese Handlungen zu dulden,

3. der Antragsgegnerin zu 1 unter Androhung von Ordnungsmitteln für den Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen, bestimmt bezeichnete Handlungen, insbesondere Bepflanzungen vorzunehmen.

Das Amtsgericht hat am 15.4.1994 den Anträgen Nr. 1 und 3 stattgegeben und den Antrag Nr. 2 abgewiesen. Den Geschäftswert hat es auf 10.000 DM festgesetzt. Gegen diese Entscheidung haben die Antragsteller und die Antragsgegnerin zu 1 sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 22.11.2000 die Verpflichtung der Antragsgegnerin zu 1 gemäß dem Antrag Nr. 1 in dem Beschluss des Amtsgerichts neu gefasst und im übrigen die sofortigen Beschwerden zurückgewiesen. Den Geschäftswert hat es unter Abänderung der Geschäftswertfestsetzung des Amtsgerichts auf 20000 DM festgesetzt. Ferner hat es die Geschäftswertbeschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung haben die Antragsteller sofortige weitere Beschwerde eingelegt, soweit ihrem Duldungsantrag Nr. 2 und ihrem Unterlassungsantrag Nr. 3 nicht stattgegeben worden sei und ihre Geschäftswertbeschwerde abgewiesen wurde. Nach dem Wechsel im Eigentum der bisherigen Wohnung der Antragsgegnerin zu 1 haben die Antragsteller beantragt, die Hauptsache wegen ihres Unterlassungsantrags für erledigt zu erklären und außer den Antragsgegnern zu 2 auch die neuen Eigentümer zur Duldung entsprechend ihrem Antrag Nr. 2 zu verpflichten.

II.

Das Rechtsmittel hat nur teilweise Erfolg.

1. Das Landgericht konnte den Antrag der Antragsteller in ihrem Schriftsatz vom 20.12.1994, den Geschäftswert auf 50000 DM festzusetzen, als Beschwerde gegen die Geschäftswertfestsetzung des Amtsgerichts ansehen. Die Zurückweisung der Beschwerde hat im übrigen keine rechtlich nachteiligen Folgen für die Antragsteller, weil Kosten damit nicht verbunden sind und der Senat über den Geschäftswert aufgrund der nunmehr von dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller mit dem Ziel einer Erhöhung in zulässiger Weise (vgl. § 31 Abs. 3 KostO, § 9 Abs. 2 BRAGO) eingelegten Beschwerde ohnehin zu entscheiden hat und abgesehen von der Beschwerde die Geschäftswertfestsetzung durch die Vorinstanzen von Amts wegen gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO abändern könnte.

2. Die Veräußerung ihrer Eigentumswohnung durch die Antragsgegnerin zu 1 hat im Hinblick auf den im wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren entsprechend anwendbaren § 265 Abs. 1, 2 Satz 1 ZPO (Weitnauer/Hauger WEG 8. Aufl. Anhang zu § 43 Rn. 8 mit Rechtsprechungsnachweisen) keinen Einfluss auf den Fortgang des Verfahrens. Eine Erweiterung des Duldungsantrags auf die neuen Eigentümer ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht möglich.

3. Die Entscheidung des Amtsgerichts wurde vom Landgericht nicht aufgehoben, soweit das Amtsgericht dem Unterlassungsantrag Nr. 3 der Antragsteller stattgegeben hat. Diesem Antrag hat das Amtsgericht unter Nr. 3 seiner Entscheidung entsprochen. Abgeändert wurde vom Landgericht lediglich die Beseitigungsverpflichtung der Antragsgegnerin zu 1 gemäß dem Antrag Nr. 1, die das Amtsgericht unter Nr. 1 seiner Entscheidung ausgesprochen hat. Die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1 durch das Landgericht erfasst insbesondere den Unterlassungsanspruch, dem das Amtsgericht stattgegeben hat. Auch aus den Gründen der landgerichtlichen Entscheidung ergibt sich nichts dafür, dass die Unterlassungsverpflichtung beseitigt werden sollte. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist daher unzulässig, soweit der Unterlassungsantrag weiterverfolgt wurde.

4. Den Duldungsantrag hat das Landgericht mit der Begründung abgewiesen, es fehle eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch mit diesem Inhalt gegen die übrigen Wohnungseigentümer, weil es deren Sache sei zu entscheiden, ob sie die Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums durch die Antragsgegnerin zu 1 hinnehmen wollten.

Dies beruht auf einem Rechtsfehler. Die übrigen Wohnungseigentümer sind gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verpflichtet, die Beseitigung, zu der die Antragsgegnerin zu 1 verpflichtet ist, zu dulden. Diese Verpflichtung folgt daraus, dass die Antragsgegnerin zu 1 als Handlungsstörerin zur Beseitigung verpflichtet ist und die übrigen Wohnungseigentümer, die Miteigentümer des Grundstücke sind, das von dem Beseitigungsanspruch betroffen ist, Zustandstörer sind (vgl. Palandt/Bassenge BGB 60. Aufl. § 1004 Rn. 18). Die Duldungsverpflichtung ergibt sich insbesondere daraus, dass die die Antragsgegnerin zu 1 zur Beseitigung verpflichtende rechtskräftige Entscheidung auch für die übrigen Wohnungseigentümer bindend ist (§ 45 Abs. 3, § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG). Hinzu kommt, dass die Beseitigungsverpflichtung gegenüber der Antragsgegnerin zu 1 vom Landgericht entscheidend auf Beschlüsse der Wohnungseigentümer gestützt wird.

5. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG. Der Geschäftswert wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG übereinstimmend mit der Geschäftswertfestsetzung durch das Landgericht für den Duldungs- und Unterlassungsanspruch festgesetzt. Die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als sie den Beseitigungsanspruch betrifft.

Die Geschäftswertbeschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller wird zurückgewiesen.

Ende der Entscheidung

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