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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 04.09.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 139/03
Rechtsgebiete: FGG, WEG


Vorschriften:

FGG § 12
WEG § 43 Abs. 4
1. Ein Eigentumswechsel während eines anhängigen Verfahrens hat im Wohnungseigentumsverfahren auf die Stellung als Verfahrensbeteiligter keinen Einfluss. Der Entscheidung ist deshalb nicht eine aktuelle Eigentümerliste, sondern eine Eigentümerliste nach dem Stand zu Beginn des Verfahrens beizufügen.

2. Der Amtsermittlungsgrundsatz ist nicht verletzt, wenn ein Antragsteller trotz gerichtlichen Hinweises sein Vorbringen nicht in einer Weise konkretisiert, dass das Gericht weitere Ermittlungen anstellen kann, und das Gericht deshalb von einer Beweisaufnahme absieht.


Gründe:

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner zu 1 waren zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Verwalterin war damals die Antragsgegnerin zu 2. Nunmehr wird die Anlage von der weiteren Beteiligten verwaltet.

Die Antragstellerin beklagte sich seit etwa Mitte der Siebzigerjahre Jahre über Feuchtigkeitsschäden in ihrer Wohnung, die durch bauliche Veränderungen in der darüber liegenden Dachgeschosswohnung oder durch Mängel des Dachs und der Dachrinne verursacht worden seien. In einem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht München, Az.: UR II 387/78, schlossen die Antragstellerin und die übrigen Wohnungseigentümer am 6.5.1980 einen Vergleich, in dem sich unter anderem ein Miteigentümer zu bestimmten baulichen Maßnahmen und die Wohnungseigentümergemeinschaft zu der Hinzuziehung eines Sachverständigen bezüglich der Wärme- und Feuchtigkeitsdämmung verpflichteten. Ein entsprechendes Gutachten wurde am 29.8.1980 erstellt, wobei der Sachverständige eine Undichtigkeit des Daches feststellte. Das Dach wurde in der Folgezeit, jedoch nicht vor dem Jahre 1984 saniert. Die Antragstellerin begehrt Schadensersatz, weil ihre Wohnung im Zeitraum von 1982 bis 1984 unbenutzbar gewesen sei.

In der Eigentümerversammlung vom 2.6.1986 beschlossen die Wohnungseigentümer die Sanierung von sechs nicht im einzelnen genannten Balkonen. Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass diese Balkone nicht sanierungsbedürftig gewesen seien, und hat die Ungültigerklärung des Beschlusses beantragt.

Die ursprünglich gestellten übrigen Anträge sind für das nunmehrige Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr von Bedeutung.

Das Amtsgericht hat die Anträge der Antragstellerin mit Beschluss vom 23.3.1995 abgewiesen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 28.4.1997 zurückgewiesen. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin hat der Senat am 4.8.1997 die Entscheidung des Landgerichts insoweit aufgehoben, als der geltend gemachte Schadensersatzanspruch und der vorgenannte Eigentümerbeschluss betroffen waren, und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Dieses hat Beweis erhoben durch Erholung eines Sachverständigengutachtens und mit Beschluss vom 18.6.2003 die sofortige Beschwerde der Antragstellerin auch im Umfang der Zurückverweisung durch den Senat zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist in der Sache nicht begründet.

1. Das Rubrum des landgerichtlichen Beschlusses war von Amts wegen zu berichtigen. Das Landgericht hat mit Verfügung vom 15.5.2003 vom Verwalter eine "aktuelle Eigentümerliste" angefordert und diese dem angefochtenen Beschluss zur Bezeichnung der Antragsgegner zu 1 beigefügt. Diese Liste nennt teilweise andere Personen, als diejenigen, die zu Beginn des Verfahrens Wohnungseigentümer waren. Ein Eigentumswechsel während eines anhängigen Verfahrens berührt aber nicht die verfahrensmäßige Beteiligung derjenigen Wohnungseigentümer, die zum Zeitpunkt des anhängigen Verfahrens Eigentümer waren (BGH NJW 2001, 3339).

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses vom 2.6.1986 sei unbegründet. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die beschlossene Sanierung der Dachbalkone sowie eines Wohnbalkons ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen habe. Dies habe der Sachverständige in seinem Gutachten ausdrücklich festgestellt. Eine weitere Beweisaufnahme habe die Antragstellerin dadurch vereitelt, dass sie dem Sachverständigen keinen Zutritt zu ihrer Wohnung gewährt habe.

Ein Schadensersatzanspruch gegen die Antragsgegner zu 1 sei nicht gegeben, weil nicht erkennbar sei, dass es die Antragsgegner zu 1 schuldhaft unterlassen hätten, rechtzeitig Maßnahmen zur Schadensbeseitigung zu ergreifen. Ein Anspruch gegen die Antragsgegnerin zu 2 sei nicht gegeben, da den Antragsgegnern zu 1 die Schäden bekannt gewesen seien und es deshalb deren Aufgabe gewesen sei, für eine Schadensbeseitigung zu sorgen. Eine Pflichtverletzung der Antragsgegnerin zu 2 sei nicht erkennbar.

Das Sachverständigengutachten sei an die Antragstellerin zu 1 versandt worden. Dass das Gutachten vorliege, sei dieser aus der Kostenrechnung und einem hierzu im Erinnerungsverfahren ergangenen Beschluss bekannt gewesen. Außerdem habe die Antragstellerin jederzeit die Möglichkeit gehabt, Akteneinsicht zu nehmen.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Überprüfung stand.

a) Der Eigentümerbeschluss vom 2.6.1986 entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG) und ist deshalb nicht für ungültig zu erklären.

Das Landgericht hat nach sachverständiger Beratung im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Balkone sanierungsbedürftig waren. Dies ergibt sich eindeutig aus den Feststellungen des Sachverständigen, der in seinem Gutachten unter 4.3 ausführt, dass die Balkone undicht waren.

An diesem Ergebnis ändert es nichts, dass sich der Sachverständige aufgrund der Formulierung des Beweisbeschlusses veranlasst sah, dazu Stellung zu nehmen, ob der Sanierungsbeschluss in rechtlicher Hinsicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Dass das Landgericht diese Formulierung in die Beschlussgründe übernommen hat, beeinträchtigt im Ergebnis die Beweiswürdigung durch das Landgericht nicht. Das Landgericht hat sich nämlich auch die tatsächlichen Feststellungen des Sachverständigen zu Eigen gemacht, dass die Balkone undicht waren. Die Gesamtwürdigung der Begründung des Landgerichts ergibt, dass es sich hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen dem Sachverständigen angeschlossen und die eigene rechtliche Wertung selbst getroffen hat, dass der Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Der von der Rechtsbeschwerde vermisste Nachweis, dass über die Balkone Wasser eingedrungen ist, ist deshalb nach den Feststellungen des Landgerichts geführt.

Das Landgericht hat auch nicht gegen die Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen. Dabei kann es dahinstehen, ob die Antragstellerin das Gutachten tatsächlich erhalten hat, wofür die Versendungsverfügung, der Erledigungsvermerk und der Umstand sprechen, dass das Gutachten nicht in Rücklauf gekommen ist. Die Antragstellerin hatte jedenfalls vor der Entscheidung des Landgerichts von der Existenz des Gutachtens Kenntnis. Dies ergibt sich aus der Kostenrechnung der Landesjustizkasse und aus dem hierzu im Erinnerungsverfahren ergangenen Beschluss des Landgerichts vom 14.4.2003, in dem die Sachverständigenkosten ausdrücklich erörtert wurden. Darüber hinaus trägt der Antragstellervertreter in der Beschwerdebegründung selbst vor, dass er am 2.6.2003 auf der Geschäftsstelle Akteneinsicht genommen habe. Er hatte somit auch Gelegenheit, das Sachverständigengutachten einzusehen. Darüber hinaus trägt der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin vor, er habe anläßlich der Akteneinsicht auf der Geschäftsstelle Vorhaltungen bezüglich des Nichterhalts des Gutachtens gemacht. Dem Antragstellervertreter war es deshalb durchaus bekannt, dass ein Gutachten vorhanden war. Sollte das Gutachten der Antragstellerin oder ihrem Verfahrensbevollmächtigten nicht zugegangen sein und hätte dem Antragstellervertreter die Akteneinsicht auf der Geschäftsstelle nicht ausgereicht, so wäre zu erwarten gewesen, dass der Antragsteller die Überlassung einer Ablichtung des Gutachtens und eine entsprechende Äußerungsfrist beantragt hätte. Somit konnte das Landgericht ohne Verletzung des rechtlichen Gehörs davon ausgehen, dass sich die Antragstellerin zu dem Gutachten nicht äußern wird, zumal zwischen dem Tag der Akteneinsicht und dem Tag des Erlasses des Beschlusses zwei Wochen vergangen sind, ohne dass eine Äußerung der Antragstellerin erfolgt ist.

Unerheblich ist, ob die Reparaturmaßnahmen fachgerecht ausgeführt worden sind. Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche waren nicht Gegenstand des angefochtenen Eigentümerbeschlusses.

b) Hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruches lässt die Entscheidung des Landgerichts einen Rechtsfehler nicht erkennen.

Das Landgericht ist seiner Amtsermittlungspflicht (§ 12 FGG) nachgekommen, indem es die Antragstellerin mehrfach aufgefordert hat, ihr bisheriges Vorbringen zu konkretisieren. Da dies nicht geschehen ist, bestand für das Landgericht keine weitere Möglichkeit zur Sachaufklärung. Das Landgericht konnte mangels konkreter Hinweise keine weiteren Ermittlungen durchführen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen, da das Rechtsmittel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte.

Die Geschäftswertfestsetzung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren ist durch das Landgericht noch nicht erfolgt. Der Senat ist zur Festsetzung des Geschäftswerts nicht befugt (Beschluss des Senats vom 20.2.2003 - 2Z BR 5/03).

Ende der Entscheidung

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