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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 18.03.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 14/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 28 Abs. 3
WEG § 28 Abs. 5
1. In die Jahresabrechnung sind den tatsächlichen Einnahmen die tatsächlichen Ausgaben gegenüber zu stellen. Daher dürfen keine Beträge als Einnahmen ausgewiesen werden, die dem Gemeinschaftskonto nicht tatsächlich zugeflossen sind, weil ihnen Abtretungen von Ansprüchen an die Gemeinschaft und Aufrechnungen mit Forderungen gegen die Gemeinschaft zu Grunde liegen.

2. Der Verwalter ist nicht befugt, gegen die Wohnungseigentümer geltend gemachte Forderungen anzuerkennen.

3. Der Wirtschaftsplan muss den Verteilungsschlüssel ausweisen, nach dem die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben den einzelnen Wohnungseigentümern zugeordnet werden.


Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird. Die überwiegende Zahl der Wohnungen gehört Familienangehörigen des weiteren Beteiligten.

Am 27.7.2002 genehmigten die Wohnungseigentümer die Jahresabrechnung 2001 (TOP 1) und den Wirtschaftsplan 2002 (TOP 2), erteilten dem Verwalter Entlastung (TOP 3), setzten die Verwaltervergütung auf 25 EURO fest (TOP 4) und beschlossen, gegen den Antragsteller Klage auf Unterlassung der Nutzung von Stellplätzen im Garagenhof zu erheben (TOP 5).

Der Antragsteller hat beantragt, diese Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat am 6.12.2002 die Eigentümerbeschlüsse mit Ausnahme des zu TOP 5 gefassten Beschlusses für ungültig erklärt. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 11.11.2003 die sofortigen Beschwerden des Antragstellers und der Antragsgegner zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des weiteren Beteiligten, soweit Eigentümerbeschlüsse für ungültig erklärt wurden, und die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers, soweit die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 5 abgelehnt wurde.

II.

Das Rechtsmittel des weiteren Beteiligten hat keinen Erfolg, während das Rechtsmittel des Antragstellers begründet ist.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Jahresabrechnung werde den Grundsätzen von Klarheit und Übersichtlichkeit nicht gerecht. Die als Vorauszahlungen von zwei Wohnungseigentümern eingesetzten Beträge setzten sich im Wesentlichen aus Abtretungen und Aufrechnungen zusammen. Diese seien aber nicht zulässig. Dem Verwalter stehe es nicht zu, eine zur Aufrechnung gestellte Forderung anzuerkennen; dies sei Sache der Wohnungseigentümer. Es fehlten aber entsprechende Eigentümerbeschlüsse.

Der Beschluss über die Genehmigung des Wirtschaftsplans entspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil der Verteilungsschlüssel, nach dem die Zahlungen auf die einzelnen Wohnungseigentümer umgelegt werden sollen, nicht enthalten sei.

Die Verwalterentlastung könne als Folge der unzulänglichen Jahresabrechnung keinen Bestand haben.

Der Beschluss über die Neufestsetzung der Verwaltervergütung sei mangels ausreichender Bestimmtheit für ungültig zu erklären. Es fehlten Angaben dazu, ob die Erhöhung für alle Wohnungen gelten und es sich um eine monatlich zu zahlende Vergütung handeln solle.

Der Eigentümerbeschluss über die Unterlassungsklage entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Der Antragsteller habe wiederholt sein Fahrzeug auf der Gemeinschaftsfläche abgestellt. Er übe damit nicht einen bestimmungsgemäßen Gebrauch aus, weil es an einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer über den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums fehle.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

a) Zu Recht hat das Landgericht die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses über die Jahresabrechnung 2001 durch das Amtsgericht bestätigt. Nach allgemeiner Meinung und ständiger Rechtsprechung des Senats sind in der Jahresabrechnung die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben einander gegenüber zu stellen ohne Rücksicht darauf, ob sie zu Recht getätigt worden sind. Die Jahresabrechnung soll den Wohnungseigentümern eine einfache und leicht nachvollziehbare Überprüfung ermöglichen, welche Beträge im Abrechnungsjahr auf dem Gesamtkonto eingegangen und welche Ausgaben für welche Zwecke getätigt wurden (BayObLG NZM 2002, 531 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird der Eigentümerbeschluss über die Jahresabrechnung nicht gerecht. Es sind Beträge als Einnahmen aus Vorauszahlungen einzelner Wohnungseigentümer eingestellt, die tatsächlich nicht auf das Gemeinschaftskonto geflossen sind. Es handelt sich vielmehr um fiktive Einnahmen, deren Hintergrund Aufrechnungen und Abtretungen sind. Eine Überprüfung der Jahresabrechnung auf ihre Schlüssigkeit und Richtigkeit ist damit einem Wohnungseigentümer nicht möglich.

Hinzu kommt, dass gegen Wohngeldansprüche der Gemeinschaft nur mit rechtskräftig festgestellten oder anerkannten Forderungen aufgerechnet werden darf, es sei denn, es handelt sich um Ansprüche aus Notgeschäftsführung (allgemeine Meinung, z.B. BayObLG FGPrax 1999, 176 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Verwalter ist nicht berechtigt, gegen die Gemeinschaft geltend gemachte Forderungen in rechtsverbindlicher Weise für die Gemeinschaft anzuerkennen. Dies ist allein Sache der Wohnungseigentümer (BayObLG WuM 1997, 398 f.; Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 27 Rn. 112).

b) Auch den Eigentümerbeschluss über die Genehmigung des Wirtschaftsplans 2002 hat das Landgericht rechtsfehlerfrei für ungültig erachtet. Der Wirtschaftplan 2002 ist teilweise in die Jahresabrechnung 2001 einbezogen, indem die auf einem gesonderten Blatt zusammengestellten voraussichtlichen Gesamtausgaben in Einzelbeträgen den einzelnen Wohnungseigentümern in der Jahresabrechnung als Vorauszahlungen für das Jahr 2002 zugeordnet sind. Aus der so gewählten Darstellung ist aber nicht ersichtlich, nach welchem Schlüssel die einzelnen Beträge auf die Wohnungseigentümer umgelegt werden. Der vom Verwalter gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG aufzustellende Wirtschaftsplan hat die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben zu enthalten sowie die anteilige Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Lasten- und Kostentragung (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 WEG). Dies verlangt die Angabe des für die jeweilige Kostengruppe geltenden Verteilungsschlüssels, weil ohne diese Angabe eine Nachprüfung durch die Wohnungseigentümer nicht möglich ist (Merle in Bärmann/Pick/Merle § 28 Rn. 45 mit Rechtsprechungsnachweisen). Da es an diesem wesentlichen Element des Wirtschaftsplans fehlt, ist der Eigentümerbeschluss über den Wirtschaftsplan 2002 zu Recht für ungültig erklärt worden.

c) Die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses über die Jahresabrechnung 2001 und den Wirtschaftsplan 2002 hat zur Folge, dass auch der Eigentümerbeschluss über die Entlastung des Verwalters keinen Bestand haben kann. Denn die Entlastung des Verwalters wirkt wie ein negatives Schuldanerkenntnis, das im Umfang der Entlastung sämtliche Ansprüche der Wohnungseigentümer gegen den Verwalter ausschließt, soweit sie den Wohnungseigentümern bei der Beschlussfassung bekannt waren oder bei der erforderlichen Sorgfalt hätten bekannt sein können (BayObLG NZM 2002, 455 f.). Durch die Entlastung hätten die Wohnungseigentümer damit auch die Ansprüche auf Aufstellung einer den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entsprechenden Jahresabrechnung 2001 und eines Wirtschaftsplans 2002 verloren. Der Eigentümerbeschluss über die Verwalterentlastung entspricht daher nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.

d) Der Eigentümerbeschluss über die Erhöhung der Verwaltervergütung entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil sein Beschlussinhalt nicht ausreichend bestimmt und auch nicht bestimmbar ist. Dabei kann offen bleiben, ob dieser Mangel zur Nichtigkeit des Beschlusses führen könnte (BayObLGZ 1989, 13/17; Merle in Bärmann/Pick/Merle § 23 Rn. 52 und 148 f.).

Der Beschluss lautet lediglich: Neufestsetzung der Verwaltervergütung auf 25 EURO. Dem Beschluss und auch der Niederschrift über die Versammlung, in der er gefasst wurde, kann nicht entnommen werden, ob der Betrag für alle Wohnungen unterschiedslos und auch für Garagen gelten solle und ab welchem Zeitpunkt die Erhöhung greifen soll, auch wenn es nahe liegt, dass die Erhöhung erst ab dem Jahr 2002 gelten solle. Da die Gemeinschaftsordnung bei der erstmaligen Festsetzung der Verwaltervergütung unterschiedliche Regelungen für Wohnungen, für die Hausmeisterwohnung und das Appartement im Untergeschoss sowie für Garagen vorsah, ist nicht zweifelsfrei klar, ob der nunmehr festgesetzte Betrag unterschiedslos für alle Wohnungen und möglicherweise auch für Garagen gelten soll, für die ursprünglich keine Verwaltervergütung vorgesehen war.

e) Nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht auch der zu TOP 5 gefasste Eigentümerbeschluss über die Erhebung einer Unterlassungsklage gegen den Antragsteller wegen der Benutzung des Hofraums zum Abstellen von Fahrzeugen. Bei dem Hofraum handelt es sich um gemeinschaftliches Eigentum, zu dessen Mitgebrauch jeder Wohnungseigentümer nach Maßgabe der §§ 14, 15 WEG berechtigt ist (§ 13 Abs. 2 WEG). Eine Gebrauchsregelung im Sinn des § 15 WEG liegt, soweit nicht an Teilen des Hofraums Sondernutzungsrechte begründet sind, nicht vor. Da der Hof als Garagenhof bezeichnet ist, widerspricht das Abstellen von Fahrzeugen auch nicht der Zweckbestimmung des gemeinschaftlichen Eigentums. Es ist nicht vorgetragen, dass die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung oder Eigentümerbeschluss (vgl. § 15 Abs. 1, 2 WEG) eine Gebrauchsregelung getroffen haben, die das Abstellen von Fahrzeugen nur denjenigen Wohnungseigentümern gestattet, die mit der Gemeinschaft einen Mietvertrag abgeschlossen haben und die entsprechende Miete bezahlen. Ein solcher Mietvertrag besteht mit dem Antragsteller auch nicht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Da der weitere Beteiligte die sofortige weitere Beschwerde im eigenen Namen eingelegt hat, ist es gerechtfertigt, ihn mit den Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu belasten.

Der Geschäftswert beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Der Senat folgt im Wesentlichen der Geschäftswertfestsetzung der Vorinstanzen. Für die Erhöhung der Verwaltervergütung ist aber der Erhöhungsbetrag und nicht die Gesamtvergütung anzusetzen, so dass insoweit ein Betrag von 800 EURO einzustellen ist. Für den Eigentümerbeschluss zu TOP 5 (Unterlassungsklage) hält der Senat einen Betrag von 1.500 EURO für angemessen.



Ende der Entscheidung

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