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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 08.12.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 151/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 28
Eine Jahresabrechnung ist nur nachvollziehbar, wenn die Buchungsvorgänge in einer für die Wohnungseigentümer verständlichen Weise dargestellt sind.
Gründe:

I.

Die Antragsteller, die Rechtsbeschwerdeführerin zu 2 und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In der Wohnanlage wird ein Hotel betrieben. Die Betriebsräume des Hotels sind unter der Sondereigentumseinheit Nr. 89 zusammengefasst. Die übrigen Einheiten bestehen aus 1-Zimmer-Appartements, die als Hotelzimmer vermietet werden. Die meisten Wohnungseigentümer vermieteten ihr Appartement an eine Hotelbetreibergesellschaft; diese ist gleichzeitig zur Verwalterin der Wohnanlage bestellt. Die Antragsteller und die Rechtsbeschwerdeführerin zu 2 vermieteten ihre Einheit nicht an die Hotelbetreibergesellschaft.

In der Teilungserklärung ist hinsichtlich der Lasten und Kosten Folgendes bestimmt:

In Ergänzung und teilweiser Abänderung des § 16 WEG wird Folgendes bestimmt:

Betriebskosten

Die Wohnungseigentümer müssen alle Betriebskosten gemeinsam tragen. Die Kosten der Beheizung einschließlich der Kaminkehrergebühren und Stromkreiskosten für die Heizung werden hälftig nach dem Anteil der Wohnfläche bzw. Nutzfläche und hälftig nach dem jeweiligen Verbrauch, welcher durch geeichte Zähler ermittelt wird, berechnet. Die übrigen Betriebskosten (z.B. öffentliche Abgaben, Versicherungen, Personenaufzug, Allgemeinstrom, Wasser und Abwasserverbrauch und dergleichen) werden entsprechend ihrem Anfall im Verhältnis der Wohnfläche bzw. Nutzfläche auf die Wohnungs- und Teileigentümer umgelegt. Die auf die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer entfallenden Kostenanteile sind als Teile der Belastungen mit dem Hausgeld an den Verwalter zu zahlen.

Verwaltungskosten

Verwaltungskosten sind für jedes Wohnungs- und Teileigentum gleich zu bemessen. Einzelheiten werden in einem Verwaltervertrag geregelt.

...

Am 15.2.2003 genehmigten die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 3.1 und 3.2 die Jahresabrechnungen 2000 und 2001. Die Antragsteller haben beantragt, diese Eigentümerbeschlüsse und - insoweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr von Interesse - den Eigentümerbeschluss über die Verlängerung des Verwaltervertrags für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 9.2.2004 die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 3.1 und 3.2 für ungültig erklärt und den Antrag hinsichtlich des Eigentümerbeschlusses über die Verlängerung des Verwaltervertrags abgewiesen. Gegen diesen Beschluss haben die Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller zu 1 hat im Beschwerdeverfahren außerdem beantragt, einen Sonderverwalter zu bestellen. Das Landgericht hat am 23.6.2004 den Beschluss des Amtsgerichts dahin abgeändert, dass es den Antrag auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 3.1 und 3.2 abgewiesen hat. Den Antrag auf Bestellung eines Notverwalters hat es abgewiesen. Der Antragsteller zu 1 und die Rechtsbeschwerdeführerin zu 2 haben sofortige weitere Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die Beschlüsse der Eigentümerversammlung zu TOP 3.1 und 3.2 für ungültig zu erklären.

II.

1. Das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerdeführerin zu 2 ist unzulässig, weil bei Zurückweisung eines Beschlussanfechtungsantrags ein Wohnungseigentümer nur dann beschwerdeberechtigt ist, wenn er entweder selbst einen Anfechtungsantrag gestellt hatte oder im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung noch stellen könnte (Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. § 45 Rn. 6 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen bezüglich der Rechtsbeschwerdeführerin zu 2 nicht vor.

2. Das Rechtsmittel des Antragstellers zu 1 ist begründet.

a) Das Landgericht hat ausgeführt:

(1) In den Jahresabrechnungen würden die Kosten für Strom, Warmwasser und Heizung nur nach dem Verhältnis der Wohn- bzw. Nutzflächen und nicht, wie in der Teilungserklärung vorgesehen, auch nach Verbrauch, und zwar hälftig, abgerechnet. Dies sei jedoch nicht zu beanstanden, weil Verbrauchserfassungsgeräte fehlten.

Ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche es auch, dass von der Eigentümerin der Einheit Nr. 89 vorweg von einem Teil der Kosten pauschal 20 % bzw. 60 % getragen würden, während die anderen Wohnungseigentümer die übrigen Kosten trügen. So werde dem höheren Verbrauchsanteil der Sondereigentumseinheit Nr. 89 Rechnung getragen. Der Eigentümer der Einheit Nr. 89 habe sich freiwillig mit dieser Regelung einverstanden erklärt; die übrigen Wohnungseigentümer würden dadurch besser gestellt, als wenn nur nach Wohn- bzw. Nutzflächen abgerechnet würde.

(2) Die Behauptung der Antragsteller, vermietende und nicht vermietende Wohnungseigentümer würden bei der Kostenverteilung unterschiedlich behandelt, sei, wie sich aus den vorgelegten Abrechnungen ergebe, unrichtig. Insbesondere liege eine Ungleichbehandlung nicht darin, dass bei einem vermietenden Wohnungseigentümer die auf seine Einheit entfallende Nebenkostenzahlung durch die Hotelbetreibergesellschaft erbracht werde, während dies bei einem nicht vermietenden Wohnungseigentümer naturgemäß nicht der Fall sei. Diese Regelung ändere aber nichts daran, dass Schuldner der Betriebskosten der jeweilige Wohnungseigentümer sei und nur die Bezahlung durch die Mieterin, die Betreibergesellschaft, erfolge.

(3) Die Jahresabrechnungen entsprächen den Anforderungen, die die Rechtsprechung aufgestellt habe. Konkrete Anhaltspunkte dafür, weshalb die Abrechnungen nicht ausreichend geordnet und übersichtlich seien, würden nicht vorgetragen. Unerheblich sei, ob der Wirtschaftsplan von der dazugehörigen Jahresabrechnung deutlich abweiche.

(4) Der Antragsteller zu 1 habe zwar im Jahr 2001 eine Zahlung in Höhe von 522,16 EURO erbracht, die erst im Jahr 2003 in die Abrechnung eingestellt worden sei. Die Antragsgegner hätten dies damit begründet, dass diese Zahlung zunächst auf die anteiligen Kosten des Antragstellers zu 1 aus einer angestrebten schiedsgutachterlichen Regelung verrechnet worden sei. Nach dem Scheitern der Schiedsverhandlungen im Jahr 2003 sei der fragliche Betrag aber dem Antragsteller zu 1 wieder gutgeschrieben worden. Es könne offen bleiben, ob diese Art der Verbuchung ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche. Jedenfalls widerspräche es Treu und Glauben, aus diesem Grund die Jahresabrechnung 2001 für ungültig zu erklären; die Beanstandung betreffe nur einen Kleinstbetrag.

b) Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 3.1 und 3.2 sind für ungültig zu erklären.

Eine Jahresgesamtabrechnung muss vollständig, übersichtlich und nachvollziehbar sein. Dies ist hier nicht der Fall.

(1) In der Jahresabrechnung 2000 werden Ausgaben in Höhe von 416.050,53 DM Wohngeldzahlungen in Höhe von 95.705,78 DM und Zinserträgen in Höhe von 6.114,00 DM gegenübergestellt. In der Jahresabrechnung 2001 werden Ausgaben in Höhe von 213.254,67 EURO und Wohngeldzahlungen der Eigentümer in Höhe von 49.258,77 EURO sowie Zinserträge in Höhe von 3.526,35 EURO ausgewiesen.

Zu Recht weist der Antragsteller zu 1 darauf hin, dass aufgrund dieser Angaben nicht ersichtlich ist, wie die Gesamtkosten gedeckt werden. Die Antragsgegner tragen zwar vor, von den Gesamtkosten würden rund 1/4 von den Wohnungseigentümern durch Wohngeldzahlung aufgebracht, während der Rest mit Ausnahme der Kosten für die Einheiten, die nicht an den Betreiber vermietet seien, von der Hotelbetreibergesellschaft getragen werde. Unterstellt, dies entspräche den Tatsachen, wären die angefochtenen Jahresgesamtabrechnungen aber unvollständig. In ihnen wird nämlich nicht aufgeführt, in welcher Höhe die Hotelbetreibergesellschaft Kostenbeiträge für die an sie vermieteten Einheiten an die Gesamtheit der Wohnungseigentümer abführt.

(2) Eine Jahresabrechnung ist nur nachvollziehbar, wenn die Buchungsvorgänge in einer für die Wohnungseigentümer verständlichen Weise dargestellt sind. Auch daran fehlt es hier.

Bei den Ausgaben wird differenziert zwischen "Gesamt NK Hotel", "verrechnete NK Hotel", "Gesamtkosten WEG" und "Umlageschlüssel". Dabei wird bei den Posten "Heizung" und "Hausmeister" eine "Verrechnung" von 80 % der Gesamtkosten vorgenommen. Bei "Verbrauchsmaterial Haustechnik", "Reparaturen/Instandhaltung" und "Verbr. Reinigung Gemeinschaftseigentum" wird ein Verrechnungsschlüssel von 40 % angegeben. Diese Buchungsvorgänge sind nicht nachvollziehbar, insbesondere findet sich in der Teilungserklärung keinerlei Stütze für die vorgenommene Kosten- und Lastenverteilung.

(3) Da die Jahresabrechnungen bereits aufgrund der aufgezeigten beiden Fehler keinen Bestand haben können, erübrigt sich ein Eingehen auf die vom Landgericht aufgegriffenen Gesichtspunkte bei der Gültigkeitsprüfung der Jahresabrechnungen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.

Bei der in Wohnungseigentumssachen nach billigem Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung ist grundsätzlich auch ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch eines Beteiligten zu berücksichtigen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die materielle Rechtslage hinsichtlich eines Kostenerstattungsanspruchs nicht abschließend beurteilt werden kann und deshalb die Berücksichtigung eines etwaigen Kostenerstattungsanspruchs bei der Kostenentscheidung ausdrücklich abgelehnt wird (BayObLG NJW-RR 2003, 80 f.). Hier entspricht es hinsichtlich des Verfahrensgegenstands Ungültigerklärung der Jahresabrechnungen billigem Ermessen, die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten aller Rechtszüge der weiteren Beteiligten aufzuerlegen. Sie hat als Verwalterin das Anfechtungsverfahren schuldhaft veranlasst.

4. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Das Landgericht hat den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 86.851 EURO festgesetzt. Der Senat hält die Gründe hierfür für zutreffend. Da für die Geschäftswertfestsetzung beim Amtsgericht nichts anderes gilt, hat der Senat den Geschäftswert für das Verfahren beim Amtsgericht angeglichen. Da im Rechtsbeschwerdeverfahren Verfahrensgegenstand nur noch die Anfechtung der Tagesordnungspunkte 3.1 und 3.2 war, beträgt der Geschäftswert hier lediglich 64.351 EURO.

Ende der Entscheidung

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