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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 13.10.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 152/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 24 Abs. 6
Der Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Vorsitzenden der Wohnungseigentümerversammlung kommt grundsätzlich konstitutive Bedeutung zu. Voraussetzung für die Existenz oder Wirksamkeit eines gefassten Beschlusses sind aber nicht die Protokollierung des Beschlusses und die Beschlussfeststellung im Protokoll. Eine mündliche Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses ist ausreichend.
Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Wohnungseigentümer in einer Wohnanlage, die von 1990 bis zum 30.6.2003 vom Antragsgegner verwaltet wurde.

Mit Schreiben vom 22.11.2001 lud der Antragsgegner zur Eigentümerversammlung vom 3.12.2001 ein. Aufgrund eines weiteren Antrags des Antragstellers erhielt dieser am 1.12.2001 eine Ergänzung der Tagesordnung zur Eigentümerversammlung vom 3.12.2001.

In der Eigentümerversammlung vom 18.6.1990 wurde der Antragsgegner ermächtigt, in Zukunft alle Reparaturen und Neuanschaffungen bis zum Wert von 5.000 DM in eigener Regie vornehmen zu lassen. In das Protokoll wurde diese Ermächtigung nicht aufgenommen.

Aufgrund der Ermächtigung aus dem Jahr 1990 schaffte der Antragsgegner im Jahr 2001 eine neue Briefkastenanlage für rund 4.700 DM an und ließ für rund 800 DM eine Treppenstufe am Hauseingang erneuern. Ein gesonderter Eigentümerbeschluss über diese Maßnahmen war nicht herbeigeführt worden.

Der Antragsteller hat folgende Feststellungen beantragt:

1. Die Eigentümerversammlung vom 3.12.2001 sei nicht ordnungsgemäß einberufen worden,

2. der Antragsgegner sei nicht berechtigt gewesen, ohne vorherigen Eigentümerbeschluss

a) eine neue Briefkastenanlage anzuschaffen und

b) die Treppenstufe am Hauseingang erneuern zu lassen.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 7.5.2003 den Antrag 1 als unzulässig und die Anträge 2 a und 2 b als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen Beschluss legte der Antragsteller am 11.6.2003 sofortige Beschwerde ein. In der mündlichen Verhandlung vom 12.5.2004 haben die Beteiligten im Hinblick auf den eingetretenen Verwalterwechsel übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 24.6.2004 die Gerichtskosten beider Rechtszüge gegeneinander aufgehoben und von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten abgesehen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers mit dem Antrag, 11/13 der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten dem Antragsgegner aufzuerlegen, weil der Antragsteller nach den Ausführungen des Landgerichts ohne Erledigterklärung mit den Anträgen 2 a und 2 b obsiegt hätte.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Es entspreche billigem Ermessen, die Gerichtskosten beider Rechtszüge gegeneinander aufzuheben und von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten abzusehen. Bei der Kostenentscheidung sei der voraussichtliche Ausgang des Verfahrens zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Antrags 1 habe das Feststellungsinteresse gefehlt; die in der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse seien nämlich nicht angefochten worden. Demgegenüber hätten die Anträge 2 a und 2 b ohne die Erledigterklärung voraussichtlich Erfolg gehabt. Ein rechtswirksamer Beschluss, durch den der Antragsgegner ermächtigt worden sei, Reparaturen und Neuanschaffungen bis zum Wert von 5.000 DM in eigener Regie durchzuführen, sei nicht zustande gekommen. Die Beweisaufnahme habe zwar ergeben, dass eine entsprechende Ermächtigung in der Eigentümerversammlung erfolgt sei. Mangels Protokollierung dieses Vorgangs könne auch nicht von einer zumindest konkludent vorliegenden Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter ausgegangen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2001 fehle somit eine Voraussetzung für das rechtswirksame Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Nach übereinstimmender Erledigterklärung hat das Gericht noch über die Kosten des gesamten Verfahrens gemäß § 47 WEG zu entscheiden. Bei der zu treffenden Ermessensentscheidung wird in der Regel der voraussichtliche Ausgang des Verfahrens ohne Hauptsacheerledigung zu berücksichtigen sein. Eine Beweisaufnahme zur weiteren Sachverhaltsaufklärung ist ausgeschlossen (BayObLG WE 1993, 284).

b) Die Kostenentscheidung des Landgerichts ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

(1) Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Antrag 1 ohne Erledigterklärung wegen fehlenden Feststellungsinteresses als unzulässig hätte abgewiesen werden müssen.

(2) Demgegenüber muss aufgrund der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen offen bleiben, ob die Anträge 2 a und 2 b begründet gewesen wären.

Zutreffend weist das Landgericht darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2001 (Beschluss vom 23.8.2001, NJW 2001, 3339 ff.) der Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Vorsitzenden der Wohnungseigentümerversammlung grundsätzlich konstitutive Bedeutung zukommt.

Die in § 24 Abs. 6 WEG vorgeschriebene Protokollierung von Versammlungsbeschlüssen ist aber keine Voraussetzung für die Existenz und die Wirksamkeit eines gefassten Beschlusses (BGH NJW 1997, 2956 f.). Auch die für das Entstehen eines Eigentümerbeschlusses erforderliche Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses muss nicht in das Versammlungsprotokoll aufgenommen werden und kann auch in konkludenter Weise geschehen. Allein aus dem Fehlen einer Beschlussfeststellung im Protokoll lässt sich hiernach regelmäßig noch nicht schließen, dass ein Beschluss nicht zustande gekommen ist (BGH NJW 2001, 3339/3342). Aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt sich lediglich, dass die Ermächtigung des Verwalters durch die Wohnungseigentümer nicht protokolliert wurde; die vernommenen Zeugen haben aber keine Aussage darüber gemacht, ob vom Versammlungsleiter das Abstimmungsergebnis mündlich festgestellt wurde, was für das rechtswirksame Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses ausreichen würde.

Abgesehen davon ist die vom Landgericht getroffene Billigkeitsentscheidung aber auch deshalb nicht zu beanstanden, weil der Antragsgegner bei den von ihm im Jahr 2001 vorgenommenen Maßnahmen darauf vertrauen durfte, der Eigentümerbeschluss aus dem Jahr 1990 sei, auch wenn es an einer Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses durch den Vorsitzenden der Wohnungseigentümerversammlung gefehlt haben sollte, rechtswirksam zustande gekommen. Dies entsprach nämlich bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.8.2001, die weitgehend erst Ende 2001 veröffentlicht wurde, einer weit verbreiteten Ansicht (vgl. die Nachweise in BGH NJW 2001, 3339/3341).

3. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG. Für die Geschäftswertfestsetzung nach § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG sind 11/13 der bis zur Hauptsacheerledigung angefallenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Antragstellers maßgebend.



Ende der Entscheidung

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