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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 03.11.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 153/04
Rechtsgebiete: BGB, GBO


Vorschriften:

BGB § 164
GBO § 19
GBO § 29
Die in einem Grundstückskaufvertrag dem Bauträger erteilte Vollmacht, Grunddienstbarkeiten zu bestellen, die im Rahmen der Baumaßnahmen im Baugebiet notwendig sind, und deren Eintragung im Grundbuch herbeizuführen, ist für die Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch nicht geeignet, wenn mit den im Grundbuchverfahren zulässigen Beweismitteln die Frage der Notwendigkeit nicht nachgewiesen werden kann.
Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1 führte auf einem größeren Grundstück nach dessen Parzellierung in Einzelgrundstücke ein umfangreiches Bauvorhaben durch. Das Grundstück Flst. 1946/699 liegt am westlichen Ende des Baugebiets. Es ist bebaut mit einer Doppelhaushälfte und einer Garage in der nordwestlichen Ecke des Grundstücks. Von der Garage führt ein Zufahrtsweg zur öffentlichen Straße an mehreren Doppelhäusern vorbei. Neben dem Grundstück Flst. 1946/699 liegt das Grundstück Flst. 1946/700. Zu diesem Grundstück gehört auch eine Garage, die im Verhältnis zum Zufahrtsweg in südlicher Richtung versetzt wurde, so dass vor der Garage ein Stauraum entstanden ist. Nach dem Vortrag der Beteiligten beträgt die Entfernung zwischen der Garage auf dem Grundstück Flst. 1946/699 und der öffentlichen Straße 150 m; der Zufahrtsweg ist nach diesem Vortrag ungefähr 3 m breit.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 29.10.1998 verkaufte die Beteiligte zu 1 das Grundstück Flst. 1946/700 an die Beteiligten zu 2. In dem Vertrag ist u.a. bestimmt:

VIII.

Der Käufer übernimmt ... Geh- und Fahrtrechte, sonstige Dienstbarkeiten, die im Rahmen der Baumaßnahmen im Baugebiet notwendig sind.

XIII.

Der Käufer bevollmächtigt den Verkäufer unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB zu Folgendem:

...

Noch ein Jahr nach Vollzug der Auflassung Dienstbarkeiten ... zu bestellen und im Grundbuch eintragen zu lassen, die nach Ziff. VIII bestehen bleiben können bzw. übernommen werden.

Mit notarieller Urkunde vom 26.10.1999 wurde folgende Grunddienstbarkeit bestellt und deren Eintragung in das Grundbuch des dienenden Grundstücks an nächstoffener Rangstelle bewilligt und beantragt:

Der Eigentümer des Grundstücks Flst. 1946/700 ... - nachstehend "dienendes Grundstück" genannt - belastet dieses mit einer Grunddienstbarkeit für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flst. 1946/699 - nachstehend "herrschendes Grundstück" genannt - mit folgendem Inhalt:

Der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstücks ist befugt, auf dem jeweiligen Stauraum vor der Garage auf dem Grundstück Flst. 1946/700 ... zu fahren, um beim Ausparken aus seinem Carport/Garage eine Wendemöglichkeit zu haben.

Die Beteiligten zu 2 wurden am 26.6.2001 als Eigentümer des Grundstücks Flst. 1946/700 im Grundbuch eingetragen. Den Beteiligten zu 3 gehört das Grundstück Flst. 1946/699.

Den unter Bezugnahme auf die im Kaufvertrag vom 29.10.1998 erteilte Vollmacht gestellten Antrag vom 8.4.2002 auf Vollzug der Urkunde vom 26.10.1999 hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 10.4.2002 abgewiesen. Das Landgericht hat am 1.6.2004 die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 3 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3.

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der von der Beteiligten zu 1 als Vertreterin gestellte Antrag auf Eintragung könne keinen Erfolg haben, weil es an einer ausreichenden Vollmacht fehle. Die Vollmacht im notariellen Kaufvertrag sei unklar; es sei nämlich nicht erkennbar, wann eine Dienstbarkeit im Rahmen der Baumaßnahmen im Baugebiet notwendig sei. Die Dienstbarkeit, um deren Eintragung es hier gehe, betreffe nicht Baumaßnahmen im Baugebiet. Weder sei die Dienstbarkeit notwendig, um überhaupt das Grundstück Flst. 1946/699 zu bebauen, noch sei sie erforderlich, um die Garage der Beteiligten zu 3 zu erreichen. Für die Bestellung einer Dienstbarkeit genüge es nicht, dass sie lediglich die Zufahrt zu der Garage der Beteiligten zu 3 erleichtere.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Vollmacht, auf die sich der Eintragungsantrag stützt, ist nicht geeignet, um die Urkunde vom 26.10.1999 zu vollziehen.

a) Eine Grunddienstbarkeit entsteht materiell-rechtlich durch Einigung und Eintragung auf dem Grundbuchblatt des belasteten Grundstücks (§ 873 BGB). Formellrechtlich ist zur Eintragung neben dem Eintragungsantrag die Bewilligung des Eigentümers des dienenden Grundstücks gemäß § 19 GBO erforderlich.

b) Eine Eintragung kann auch von einem Vertreter bewilligt werden; in diesem Fall hat das Grundbuchamt die Vertretungsmacht selbständig zu prüfen. Hier war die Verkäuferin unwiderruflich (vgl. BayObLG DNotZ 2002, 149/153) u.a. zur Bestellung von Dienstbarkeiten, die im Rahmen der Baumaßnahmen im Baugebiet notwendig sind, bevollmächtigt; außerdem erstreckte sich die Vollmacht darauf, die Dienstbarkeit im Grundbuch eintragen zu lassen. Während der erste Teil der Bevollmächtigung das materiell- rechtliche Rechtsgeschäft betrifft, handelt es sich bei dem zweiten Teil um eine Grundbuchvollmacht, die der Senat als Verfahrenserklärung nach den für die Auslegung von Grundbucherklärungen geltenden Grundsätzen selbständig auszulegen hat (BayObLG DNotZ 1997, 475).

c) Bei der Auslegung einer Grundbuchvollmacht ist auf den Wortlaut und Sinn der Vollmacht abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Bei der Auslegung ist jedoch zu beachten, dass der das Grundbuchverfahren beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz und das grundsätzliche Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen der Auslegung durch das Grundbuchamt Grenzen setzen (BayObLG DNotZ 1995, 612/614).

d) Mit den dargelegten Anforderungen an eine Grundbuchvollmacht ist eine Bestimmung nicht vereinbar, die wie hier zur Bestellung von Grunddienstbarkeiten ermächtigt, die im Rahmen der Baumaßnahmen im Baugebiet notwendig sind.

Denn das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bestellung der Grunddienstbarkeit liegt weitgehend auf tatsächlichem Gebiet; das Grundbuchamt kann anhand der ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht feststellen, ob die Voraussetzungen für eine Eintragung vorliegen (vgl. BayObLG DNotZ 1995, 612/615).

Im Antragsverfahren wie hier ist nämlich nach § 29 GBO nur der Urkundenbeweis zulässig. Eine Beweisaufnahme durch Erholung von Gutachten, Vernehmung von Sachverständigen, Zeugen und Beteiligten sowie die Vornahme eines Augenscheins findet nicht statt. Hinzu kommt, dass in der Vollmacht der unbestimmte Rechtsbegriff "im Rahmen der Baumaßnahmen notwendig" benutzt wird, der zur Ausfüllung eine Wertung durch das Grundbuchamt unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände erfordern würde. Eine solche Wertung wird vielfach, so auch hier, nur nach einer Beweisaufnahme möglich sein (BayObLG aaO).

Der notariellen Urkunde vom 26.10.1999 ist zwar ein Plan beigefügt, der von den im Verfahren eingereichten Plänen allein dem § 29 GBO genügt. Der Plan enthält aber keine Angaben über den Maßstab; weder die Entfernung von der Garage der Beteiligten zu 3 zur öffentlichen Straße noch die Breite des Zufahrtswegs lässt sich ihm deshalb entnehmen. Die Frage, ob auf dem herrschenden Grundstück überhaupt und an welcher Stelle eine Garage zu errichten war, beantwortet der Plan gleichfalls nicht. Dem Plan lässt sich auch nicht entnehmen, ob ganz andere Baumaßnahmen zur Lösung der Zufahrtsproblematik möglich gewesen wären.

e) Abgesehen davon muss das Rechtsmittel schon deshalb zurückgewiesen werden, weil das Landgericht festgestellt hat, dass die Dienstbarkeit weder notwendig sei, um das Grundstück Flst. 1946/699 überhaupt zu bebauen, noch um die sich auf diesem Grundstück befindliche Garage überhaupt zu erreichen; für die Eintragung einer Dienstbarkeit aufgrund der im notariellen Kaufvertrag enthaltenen Regelung reiche es aber nicht aus, dass für die Erleichterung der Zufahrt zu der Garage auf dem Grundstück der Beteiligten zu 3 eine Wendemöglichkeit auf dem Grundstück der Beteiligten zu 2 eingeräumt werde. Die Feststellungen des Landgerichts sind rechtsfehlerfrei. An die Feststellung der Tatsacheninstanz ist in einem solchen Fall das Rechtsbeschwerdegericht gebunden (§ 27 Abs. 1 FGG, § 559 ZPO).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Ende der Entscheidung

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