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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 24.11.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 156/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 10 Abs. 1
WEG § 16 Abs. 2
WEG § 23 Abs. 4
WEG § 27 Abs. 1 Nr. 1
1. Wenden die Wohnungseigentümer im Einzelfall auf die Kostenverteilung für eine Instandsetzungsmaßnahme einen fehlerhaften Kostenverteilungsschlüssel an, ist ein solcher Eigentümerbeschluss nicht deshalb nichtig.

2. Nimmt ein Eigentümerbeschluss auf ein Ereignis oder einen Gegenstand Bezug, so reicht es aus, dass dieser mit genügender Bestimmtheit feststellbar ist.

3. Verfügt in einer Mehrhausanlage nur ein Teil der Häuser über einen Aufzug, so sind gleichwohl die Aufzugskosten auf alle Wohnungseigentümer umzulegen, wenn nicht eine andere Kostenverteilung klar und eindeutig vereinbart ist.


Gründe:

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Die Anlage besteht aus mehreren Wohngebäuden, von denen einige mit einem Aufzug ausgestattet sind. Der Antragstellerin gehört die Wohnung Nr. 9 in einem Gebäude ohne Aufzug.

Die Teilungserklärung enthält in § 10 (Kosten, Lasten und Nutzung) folgende Regelungen:

3. Die Kosten der Aufzugsanlagen, der Beleuchtung für Treppenhaus und andere gemeinschaftlich benutzte Räume werden nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile umgelegt.

4. Die Betriebs- und Wartungskosten für alle Gemeinschaftsanlagen sowie der Kosten des Hausmeisters werden nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile umgelegt.

...

8. Die Wohnungseigentümer sind zur Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrücklage verpflichtet, deren Anteile sich aus den Miteigentumsanteilen errechnet. ...

...

12. Soweit Betriebskosten nur einen Teil der Gesamtwohnanlage betreffen und durch gesonderte Abgrenzungsvorrichtungen feststellbar sind, haben diese die betreffenden Wohnungs-/Teileigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen.

Am 12.6.2002 fassten die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 8 mehrheitlich folgenden Beschluss:

Beschluss über die Auswechslung bzw. Neuinstallation der Aufzugsanlage im Hause 222. Die Ersatzteile werden vertragsgemäß von der Firma S. und Sohn aufbereitet und bereitgehalten für notwendige Reparaturen an den übrigen Aufzugsanlagen.

Kosten der Maßnahme ca. EURO 25.000 zuzügl. Mehrwertsteuer.

Die anwesenden Eigentümer beschließen die Neuinstallation der Aufzugsanlage zu den vorgenannten Kosten und beauftragen die Hausverwaltung mit der Bestellung entsprechend dem vorliegenden Angebot einvernehmlich mit dem Beiratsgremium.

Die Kosten dieser Maßnahme sind der Instandhaltungsrücklage zu entnehmen.

Die Genehmigung der notwendigen Maßnahmen mit dem vorgenannten Kostenaufwand wird grundsätzlich erteilt. Der Zeitpunkt der Reparaturmaßnahme soll einvernehmlich mit dem Beiratsgremium abgesprochen werden und auch terminlich einvernehmlich vereinbart sein. Der Gesamtaustausch erfolgt, wenn eine Teilreparatur wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll erscheint.

Für die Vergabemaßnahmen ist ein neuerlicher Eigentümerbeschluss deshalb nicht erforderlich.

Der Beschluss blieb unangefochten.

Am 25.6.2003 fassten die Wohnungseigentümer unter TOP 10 mehrheitlich folgenden Beschluss:

Beschluss über die Auswechslung bzw. Neuinstallation der Aufzugsanlage in den Häusern 220, 222 und 224. Kosten der Maßnahme ca. EURO 25.000 zuzügl. Mehrwertsteuer je Haus.

Der Beschluss, TOP 08, der Eigentümerversammlung vom 12.6.2002 wird ohne Beschränkung der Hausnummern bestätigt. Die Eigentümer machten deutlich, dass sie einen Austausch erst dann wünschen, wenn eine Teilreparatur wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll ist.

Die Antragstellerin, deren Miteigentumsanteil 188,792/10.000 beträgt, hat zunächst mit einem am 24.7.2003 beim Amtsgericht eingegangenen Schreiben die Ungültigerklärung u.a. des zu TOP 10 gefassten Eigentümerbeschlusses und zuletzt ausdrücklich beantragt, dessen Nichtigkeit festzustellen. Weiterhin hat sie, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch bedeutsam, beantragt, auch die Nichtigkeit des in der Eigentümerversammlung vom 12.6.2002 gefassten Beschlusses zu TOP 8 festzustellen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 28.1.2004 u.a. den Beschluss der Wohnungseigentümer vom 25.6.2003 zur Auswechslung der Aufzugsanlagen für ungültig erklärt und die zu TOP 8 und 10 im Übrigen gestellten Anträge abgewiesen. Im Hinblick auf einen gleichzeitig für ungültig erklärten Eigentümerbeschluss zur Jahresabrechnung 2002 hat es einen Teil der Gerichtskosten der Verwalterin auferlegt. Das Landgericht hat auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin am 26.5.2004 den Beschluss des Amtsgerichts teilweise abgeändert und festgestellt, dass die Beschlüsse der Wohnungseigentümer zu TOP 8 vom 12.6.2002 und TOP 10 vom 25.6.2003 nichtig sind. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht zurückgewiesen. Gegen den Beschluss des Landgerichts richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner, mit der sie beantragen, ihrer sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts, nämlich den Eigentümerbeschluss vom 25.6.2003 (TOP 10) für ungültig zu erklären, stattzugeben und die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

II.

Das Rechtsmittel ist begründet.

1. Das Landgericht hat, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren erheblich, ausgeführt:

Die Beschlüsse der Wohnungseigentümer vom 12.6.2002 und 25.6.2003, jeweils die Aufzüge in einzelnen Wohngebäuden betreffend, seien nicht deshalb nichtig, weil sie die in der Gemeinschaftsordnung vereinbarte Kostenverteilung abänderten. Die Beschlüsse zur Aufzugsanierung würden hiergegen zwar möglicherweise verstoßen, den Kostenverteilungsschlüssel jedoch nicht dauerhaft abändern. Ihre Nichtigkeit folge hingegen aus ihrer Unbestimmtheit. Aus ihnen gehe nicht hervor, wer genau über die Frage der weiteren Teilreparatur oder des Gesamtaustauschs der Aufzüge entscheide und nach welchen Maßstäben diese Entscheidung getroffen werden solle. Eine den Wohnungseigentümern zustehende Ermessensentscheidung könne nur auf Dritte übertragen werden, wenn diese exakt benannt und bindende Maßstäbe für die Ermessensausübung aufgestellt seien. Daran fehle es. Eine Bindung der Ermessensentscheidung an inhaltliche oder zeitliche Kriterien sei nicht beschlossen worden. Die Kosten für die Maßnahmen seien nur ungefähr und nicht begrenzend angegeben. Der Umfang der tatsächlichen Austauschkosten sei je nach dem Zeitpunkt der Vornahme überhaupt nicht absehbar. Der Bestimmtheit von Beschlüssen komme erhöhte Bedeutung zu, weil den Wohnungseigentümern Kostentragungspflichten auferlegt würden. Diese Pflichten müssten klar erkennbar sein. Die inhaltliche Unbestimmtheit beider Beschlüsse führe zu ihrer Nichtigkeit und nicht lediglich zur Anfechtbarkeit.

2. Der Beschluss des Landgerichts hält, soweit er dem Rechtsbeschwerdegericht angefallen ist, einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht überspannt die Anforderungen an die Bestimmtheit von Eigentümerbeschlüssen.

a) Weder der Eigentümerbeschluss vom 12.6.2002 noch derjenige vom 25.6.2003 sind nichtig.

(1) Nichtig sind Beschlüsse, die gegen eine Vorschrift verstoßen, auf deren Einhaltung nicht wirksam verzichtet werden kann (vgl. § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG). Nichtigkeit ist nach herrschender Meinung auch gegeben, wenn es einem Beschluss an der erforderlichen Klarheit und Bestimmtheit mangelt, sich also auch durch Auslegung kein Sinn ermitteln lässt (BayObLG NZM 2002, 875; BayObLGZ 1989, 13/17; zuletzt auch BayObLG WuM 2004, 425; KG OLGZ 1981, 307). An einer selbständigen Auslegung beider Beschlüsse ist der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht gehindert (BGHZ 139, 288/292 f.; siehe auch Weitnauer/Lüke WEG 9. Aufl. § 23 Rn. 21 m.w.N.). Auch wenn die Beschlüsse Einzelmaßnahmen betreffen, sind sie doch ohne zeitliche Beschränkung in die Zukunft gerichtet, geben für den Austausch der Aufzugsanlagen keinen festen zeitlichen Rahmen vor und sollen auch einen Rechtsnachfolger binden.

Auszulegen sind derartige Eigentümerbeschlüsse anhand ihres objektiven Erklärungswerts, d.h. nach Wortlaut und Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung ergibt; Umstände außerhalb des protokollierten Inhalts dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGHZ 139, 288/292 f. m.w.N.).

(2) Aus dem jeweiligen Beschlusstext einschließlich der Überschrift (vgl. auch BayObLG Beschluss vom 18.8.2004, 2Z BR 114/04) lässt sich entnehmen, dass ihm für eine genau umrissene Baumaßnahme ein konkretes Angebot einer namentlich bezeichneten Firma mit einem Kostenrahmen zugrunde liegt. Das Angebot ist zwar nicht Teil des Protokolls; dies berührt aber nicht die Bestimmtheit des Beschlussinhalts. Nimmt ein Eigentümerbeschluss auf ein Ereignis oder einen Gegenstand Bezug, so reicht es aus, dass dieser mit genügender Bestimmtheit feststellbar ist (BayObLG WuM 1993, 707; Wangemann/Drasdo Die Eigentümerversammlung nach WEG 2. Aufl. Rn. 618). Dies ist hier gegeben, wie auch nach den objektiven Verhältnissen in der Wohnanlage unstreitig ist, dass in der aus sechs Gebäuden bestehenden Wohnanlage vier - nicht drei - Gebäude über einen Aufzug verfügen und der Beschluss zu TOP 10 vom 25.6.2003 demnach die restlichen drei Aufzugsanlagen umfasst.

(3) Aus der Kostenregelung ergibt sich zugleich der Verteilungsschlüssel, weil bei einer Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage grundsätzlich der Schlüssel für die Aufbringung der Rücklage maßgeblich ist. Nach § 10 Nr. 8 der Gemeinschaftsordnung errechnen sich die Anteile der Instandhaltungsrücklage aus den Miteigentumsanteilen. Zur Auslegung des Eigentümerbeschlusses können auch die Regelungen der Teilungserklärung bzw. der Gemeinschaftsordnung ergänzend herangezogen werden (BayObLG Beschluss vom 28.7.2004, 2Z BR 075/04).

(4) Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass der Eigentümerbeschluss den Zeitpunkt der Aufzugserneuerung nicht terminlich festlegt. Grundsätzlich hat der für den Vollzug zuständige Verwalter (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) einen Eigentümerbeschluss unverzüglich durchzuführen, also beispielsweise die Vergabe von Instandhaltungsarbeiten mit der gebotenen Zügigkeit zur Ausführung zu bringen (Müller Praktische Fragen des Wohnungseigentums 4. Aufl. Rn. 997). Die Wohnungseigentümer können im Rahmen ihrer Autonomie jedoch ebenso ein zeitliches Ereignis festlegen, zu dem der Beschluss erst durchgeführt werden soll, wie auch der Verwalter in Grenzfällen zu seiner eigenen Absicherung schon bei der Beschlussfassung eine Festlegung erwirken kann (Müller aaO). Nach dem vorliegenden Beschluss steht der als notwendig angesehene und grundsätzlich beschlossene Aufzugsaustausch unter der aufschiebenden Zeitbestimmung (vgl. § 158 Abs. 1, § 163 BGB), dass eine Reparatur wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll ist. Demgemäß hat der Verwalter im Fall einer erforderlichen Reparatur einen Vergleich zwischen den anfallenden Reparaturkosten und den Kosten eines Gesamtaustauschs der Anlage vorzunehmen. Ist die Reparatur unwirtschaftlich, ist er ohne erneuten Eigentümerbeschluss zum Austausch berechtigt und verpflichtet. Bei der Unwirtschaftlichkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der einen gewissen Beurteilungsspielraum für die anzustellende Prognose enthält. Richtschnur bildet für den Verwalter das Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer einerseits an einer funktionierenden Anlage, andererseits an einer möglichst Kosten schonenden Instandsetzung (vgl. § 14 Nr. 1 WEG). Dies lässt sich im Streitfall durch einen Vergleich des einschlägigen Zahlenmaterials in den Kostenvoranschlägen für eine Erneuerung und für eine Reparatur sowie aus der prognostizierten Restbetriebszeit, ggf. mit Hilfe sachkundiger Personen, unschwer ermitteln.

Schließlich unterliegt es auch keinen durchgreifenden Bedenken, über den Zeitpunkt der grundsätzlich beschlossenen Auftragsvergabe den Verwalter nach Absprache mit dem Verwaltungsbeirat (vgl. § 29 Abs. 2 WEG) und unter Anwendung der im Beschluss festgelegten Kriterien entscheiden zu lassen. Eine im Beschlussweg unzulässige Übertragung des Rechts der Wohnungseigentümer, über Instandsetzungsmaßnahmen selbst zu entscheiden (vgl. OLG Düsseldorf WE 1998, 37 f. mit Anm. Sauren), ist hierin nämlich nicht zu erblicken.

(5) Schließlich beinhalten die beiden Beschlüsse auch keine dauerhafte oder gar nur vorläufige Änderung des gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels (BGHZ 145, 158; Weitnauer/Gottschalg § 16 Rn. 19; Weitnauer/Lüke § 10 Rn. 56), wofür eine Vereinbarung nach § 10 Abs. 1 WEG notwendig wäre und ein Mehrheitsbeschluss demgemäß nicht ausreicht. Denn auch bei unterstellt vereinbarungswidriger Verteilung der Aufzugsanierungskosten läge darin allenfalls ein Anwendungsfehler, nicht aber eine auf Dauer gerichtete Regelung, die den geltenden Kostenverteilungsschlüssel abändern soll (BayObLG NJW-RR 2004, 228; OLG Köln OLG-Report 2002, 335; Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. § 16 Rn. 19 m.w.N.; Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 23 Rn. 144/145).

b) Der von der Antragstellerin innerhalb der Frist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG wirksam angefochtene Eigentümerbeschluss vom 25.6.2003 ist entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht für ungültig zu erklären. Der Beschluss wendet nämlich den für die Aufzugsanlage geltenden Kostenverteilungsschlüssel der Gemeinschaftsordnung zutreffend an.

(1) Die Kosten der Neuinstallation einer wegen Unwirtschaftlichkeit nicht mehr reparaturfähigen Aufzugsanlage fallen nicht unter die in § 10 Nr. 12 GO geregelten Betriebskosten. Unter Betriebskosten werden im Mietrecht diejenigen Kosten verstanden (§ 556 BGB; siehe jetzt § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BetrKV), die durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes und seiner Anlagen laufend entstehen. Für das Wohnungseigentumsrecht ist die Unterscheidung zwischen Betriebs- und sonstigen Kosten der Anlage nicht erheblich, weil die Wohnungseigentümer ohnehin sämtliche Kosten zu tragen haben (§ 16 Abs. 2 WEG; vgl. KG WuM 1996, 171/172). Den Wohnungseigentümern steht es aber frei, für einzelne Kostenarten vom allgemeinen Verteilungsschlüssel abzuweichen, wie dies in § 10 GO geschehen ist. So regelt § 10 Nr. 3 GO die Kosten der Aufzugsanlagen insgesamt entsprechend dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel (§ 16 Abs. 2 WEG), ohne nach der Kostenart zu differenzieren. § 10 Nr. 4 GO regelt die "Betriebs- und Wartungskosten"; die Bestimmung ist ersichtlich einschränkend, nämlich bezogen auf eine bestimmte Kostengruppe, gemeint. § 10 Nr. 12 GO enthält eine hierauf bezogene Ausnahmeregelung. Dass die Gemeinschaftsordnung zu den Betriebskosten nicht die Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten zählt, zu denen auch die Kosten für eine Erneuerung zu rechnen sind, folgt auch unmittelbar aus § 10 Nr. 12 GO. Die Ausnahmebestimmung bezieht sich nämlich u.a. nur auf Kosten, die durch gesonderte Abgrenzungsvorrichtungen festzustellen sind. Damit sind aber ersichtlich Kosten umschrieben, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit durch einen mittels Zählers o.ä. feststellbaren Verbrauch anfallen. Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen sind zwar abgrenzbar, werden aber nicht auf die beschriebene Weise erfasst.

(2) Der Kostenverteilungsschlüssel für die Maßnahme ergibt sich demnach aus § 10 Nr. 3 GO, der sich mit § 16 Abs. 2 WEG deckt. Danach sind u.a. die Kosten der Aufzugsanlagen nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile umzulegen. Eine Beschränkung auf die Wohnungseigentümer der jeweils betreffenden Gebäude findet nicht statt. Die Auslegung der Gemeinschaftsordnung ergibt insoweit auch keine ausfüllungsbedürftige Lücke. Die anteilsmäßige Belastung der Wohnungseigentümer, deren Wohnungen in Häusern ohne Aufzug gelegen sind, mit den Aufzugskosten erscheint auch nicht unbillig. Es gibt nämlich keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass ein Wohnungseigentümer die Kosten für solche Einrichtungen nicht mittragen müsste, die ihm persönlich keinen Nutzen bringen (BGHZ 92, 18/23; BayObLG WuM 2001, 88; WuM 1992, 155). Dies kann vielmehr bei zahlreichen Gemeinschaftseinrichtungen aus unterschiedlichen Gründen zutreffen. Jedenfalls wäre für eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild in § 16 Abs. 2 WEG eine eindeutige Regelung in der Gemeinschaftsordnung erforderlich, die eine entsprechende Abgrenzung der jeweils sonderbelasteten Gruppen erkennen ließe. Daran fehlt es für die Instandsetzungskosten.

Soweit der auf individuelle Auslegung einer anderen Teilungserklärung beruhenden Entscheidung des Senats vom 3.8.1979 (Rpfleger 1979, 427) etwas anderes entnommen werden könnte, ist diese Rechtsprechung durch die erwähnten jüngeren Beschlüsse des Bundesgerichtshofs wie des Senats überholt.

3. Dem Senat erscheint es nach § 47 WEG angemessen, im Hinblick auf das teilweise Obsiegen der Antragstellerin vor dem Amtsgericht die dort angefallenen restlichen Gerichtskosten, soweit sie nicht wegen der unrichtigen Aufstellung der dort noch verfahrensgegenständlichen Jahresabrechnung mit 3/10 der Verwalterin auferlegt wurden, unter der Antragstellerin und den Antragsgegnern hälftig aufzuteilen. Das ergibt eine Belastung mit jeweils 7/20.

Weil die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren, das noch die Eigentümerbeschlüsse vom 12.6.2002 zu TOP 7 (Aufzug-Notruf) und TOP 8 (Aufzugsauswechslung Haus 222) sowie vom 25.6.2003 zu TOP 10 (Aufzugsauswechslung in den weiteren Häusern mit Lift) betraf, vollständig unterlegen ist, erscheint es auch billig, ihr die dafür angefallenen Gerichtskosten aufzuerlegen. Gleiches gilt für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde.

Hingegen ist wegen der in der Sache erheblich abweichenden Instanzentscheidungen die Belastung eines Beteiligten mit außergerichtlichen Kosten anderer Beteiligter abweichend von der Regel des § 47 Satz 2 WEG nicht angezeigt.

4. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 WEG. Bei den Beschlüssen zur Aufzugsanierung und deren Finanzierung geht es nicht um die Aufzugseinbaukosten als solche, sondern nur darum, ob sich alle Wohnungseigentümer an ihnen beteiligen müssen. Dies rechtfertigt einen deutlich geringeren Ansatz in Höhe von rund 1/3 der insgesamt veranschlagten Kosten von rund 116.000 EURO (brutto). Die sich aus einem Geschäftswert von 38.000 EURO ergebende Kostenbelastung der Antragstellerin läge erheblich über ihrem Eigeninteresse, das entsprechend ihrem Anteil an der Sonderumlage unter 2.200 EURO liegt. Die Kosten stünden damit nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Interesse der Beteiligten an der Ungültigerklärung der beiden Eigentümerbeschlüsse. In diesem Fall ist der Geschäftswert nach § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG niedriger festzusetzen, als dies nach § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG geboten wäre (vgl. BayObLG ZWE 2001, 154/155). Ein Geschäftswert insgesamt von 10.000 EURO (8.000 EURO und 2.000 EURO) erscheint angesichts des Interesses der Antragstellerin einerseits, des Interesses der Gesamtheit der Wohnungseigentümer andererseits, angemessen. Dies entspricht etwa dem fünffachen Wert des Eigeninteresses der Antragstellerin, ohne dass eine allgemeine Begrenzung des Geschäftswerts auf den fünffachen Wert des Eigeninteresses eine verbindliche Grenze bildet (vgl. BayObLG ZWE 2001, 154/155). Dementsprechend ändert der Senat auch die abweichende landgerichtliche Festsetzung ab. Den dort noch streitgegenständlichen Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 7 vom 12.6.2002 bewertet der Senat nach den gleichen Grundsätzen mit 500 EURO.

Ende der Entscheidung

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