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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.11.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 169/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 1 Abs. 1
WEG § 1 Abs. 3
WEG § 10 Abs. 2
WEG § 13 Abs. 1
WEG § 15 Abs. 1
WEG § 15 Abs. 3
Wird ein bisher einheitlich genutztes gewerbliches Teileigentum, das Teil einer Wohnanlage ist, baulich so umgestaltet, dass in ihm 47 in sich abgeschlossene Wohnappartements geschaffen werden, die der nicht nur kurzzeitigen Aufnahme wohnsitzloser, psychisch erkrankter Personen dienen, ist die vorgesehene Nutzung eine solche zu Wohnzwecken. Ein derartiger Gebrauch kann infolge der damit in der Regel verbundenen intensiveren Nutzung von Gemeinschaftsflächen mehr stören als eine gewerbliche Nutzung. Für diese Beurteilung kommt es auch auf den Charakter und das Umfeld der Wohnanlage an.
Gründe:

I.

Die Antragsteller, die Antragsgegnerin und die weiteren Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage. Diese besteht aus drei parallel nebeneinander liegenden mehrgeschossigen Gebäuden, nämlich zwei Wohngebäuden mit 14 bzw. 42 Wohnungen und einem bisher gewerblich, zuletzt als lebensmittelchemisches Labor genutzten Gebäude, dem so genannten Altbau, das sich zwischen den beiden Wohnhäusern befindet. Den Antragstellern gehören Wohnungen in den beiden außen liegenden Gebäuden, die sie 1986, 1988 und 1996 teils käuflich, teils im Weg der Zwangsversteigerung erworben haben. Die Antragsgegnerin ist die Sondereigentümerin des Altbaus mit Ausnahme des dort untergebrachten Raums für die Heizung, die die gesamte Wohnanlage versorgt. Sie verkaufte ihre Miteigentumsanteile während des gerichtlichen Verfahrens an einen freien Träger der Wohlfahrtspflege. Eine Umschreibung im Grundbuch hat noch nicht stattgefunden. Der Erwerber hat damit begonnen, den Altbau umzubauen und darin 47 Wohneinheiten als Einzelappartements einzurichten. Er plant, diese Appartements wohnungslosen oder von Wohnungslosigkeit bedrohten Personen mit psychischer Auffälligkeit oder Krankheit zu überlassen mit der Zielsetzung, sie zu einem selbständigen Wohnen zu befähigen und in den freien Wohnungsmarkt zu vermitteln.

Der Teilungsvertrag und die Gemeinschaftsordnung vom 16.2.1982 enthalten unter Wiederholungen der gesetzlichen Begriffsbestimmungen zu Wohnungs- und Teileigentum (§ 1 Abs. 2 und 3 WEG) u.a. folgende Regelungen:

I. Vertrag über die Begründung von Wohnungseigentum gemäß § 3 WEG

...

§ 2

Einräumung von Sondereigentum

1. Alle Miteigentümer räumen sich Sondereigentum ein und beschränken ihr Miteigentum an dem Grundstück in der Weise, dass

a) Herrn ... das Sondereigentum an sämtlichen Räumen des in der H.-Straße ... gelegenen Altbaus, der ausschließlich gewerblich genutzt wird, ...

b) ...

eingeräumt wird.

2. ...

II. Bestimmungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und über die Verwaltung

§ 1 Grundregelung des Gemeinschaftsverhältnisses

1. a) Der Altbau H.-Straße ... bildet im Verhältnis zu den Gebäuden, die neu errichtet wurden, eine getrennte wirtschaftliche Einheit. Insofern ist wirtschaftlich gesehen kein gemeinschaftliches Eigentum vorhanden. Es wird angestrebt, diese beiden Komplexe - Altbau einerseits, Neubauten andererseits - auch rechtlich sowie verwaltungs- und kostenmäßig soweit wie möglich zu trennen. Es sollen deshalb die folgenden Sonderregelungen gelten:

b) ...

c) Zu baulichen Veränderungen und Aufwendungen aller Art hinsichtlich der betreffenden Neubauten einerseits und des Altbaus andererseits bedarf es nicht der Zustimmung der jeweiligen Sondereigentümer der anderen Einheiten. Zur Veräußerung, Belastung, Gebrauchsüberlassung und Nutzungsänderung und Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums des Altbaus sind irgendwelche Zustimmungen, insbesondere die des Verwalters in Abweichung von den folgenden Vereinbarungen nicht erforderlich.

d) Die Teilungserklärung ist in Zweifelsfällen so auszulegen, dass die Eigentümer so stehen, wie sie stehen würden, wenn der Altbau herausgemessen und zu Alleineigentum zugeteilt wäre.

§ 2 Gebrauchsregelung

...

Nach § 17 der Gemeinschaftsordnung werden die Kosten für die Errichtung und für die Unterhaltung der zentralen Heizungsanlage im Verhältnis 20 : 80 aufgeteilt, wobei 20 % die jeweiligen Eigentümer des Altbaus und 80 % die jeweiligen Eigentümer der Neubauten tragen.

Zur Bewilligung der Grundbucheintragung enthält der Teilungsvertrag folgende Regelung:

III. Grundbuchanträge

1. ...

2. Die Miteigentümer bewilligen und beantragen, im Grundbuch einzutragen:

a) die Einräumung von Sondereigentum und Sondernutzungsrechten gemäß Teil I § 2 dieser Urkunde und die damit verbundenen Rechtsänderungen,

b) die Bestimmungen gem. Teil II §§ 2 bis 16 dieser Urkunde als Inhalt des Sondereigentums.

Dementsprechend wurde unter Bezugnahme auf diese Bewilligung am 7.9.1982 die Eintragung im Teileigentumsgrundbuch vollzogen.

Die Antragsteller wenden sich gegen den bauordnungsrechtlich genehmigten Umbau sowie die vorgesehene Nutzung. Sie meinen, im Sondereigentum der Antragsgegnerin dürfe lediglich ein Gewerbe betrieben werden. Ein Umbau und eine Nutzung des Gebäudes zu Wohnzwecken, wie sie beabsichtigt sei, bedürfe ihrer Zustimmung. Die geplante Nutzung führe zu Beeinträchtigungen der Wohnqualität und der Sicherheit, zu Wertminderungen und zur Überlastung der gemeinschaftlichen Heizungsanlage.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 22.4.2004 den Antrag, es der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, das Sondereigentum entsprechend der erteilten Baugenehmigung von einem ehemals gewerblich genutzten Gebäude zu einer Sozialeinrichtung für betreutes Einzelwohnen mit psychosozialer Betreuung und Beratung umzubauen und zu diesem Zweck zu nutzen, abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht am 17.8.2004 den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und dem Antrag stattgegeben. Seinen Ausspruch hat das Gericht durch einstweilige Anordnung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Gegen den Beschluss des Landgerichts richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie die amtsgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt wissen will.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Der Senat kann abschließend über die Sache entscheiden. Damit entfällt eine vorläufige Maßnahme nach § 44 Abs. 3 WEG. Hinfällig ist damit auch eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der vom Landgericht erlassenen einstweiligen Anordnung. Denn deren Wirkung endet mit der Rechtskraft des Wohnungseigentumsverfahrens (§ 45 Abs. 2 Satz 1 WEG), die durch die Senatsentscheidung eintritt.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Antragsteller hätten aus § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB einen Anspruch auf Unterlassung der baulichen Maßnahmen und der geplanten Nutzungsänderung. Die beabsichtigte Nutzung des Sondereigentums stehe im Widerspruch zur Gebrauchsregelung im Teilungsvertrag. Das folge aus Abschnitt I § 2 Nr. 1 a. Dort wie auch an anderen Stellen des Vertragswerks werde das Sondereigentum ausdrücklich als Teileigentum bezeichnet und dahingehend beschrieben, dass der Altbau ausschließlich gewerblich genutzt werde. Schließlich ergebe sich aus der Aufteilung der Kosten für die Errichtung und Unterhaltung der gesamten Heizungsanlage gemäß Abschnitt II § 17 Nr. 2, dass anlässlich des Teilungsvertrags nur eine gewerbliche Nutzung des Altbaus gestattet werden sollte. Denn die Aufteilung im Verhältnis 20 : 80 zu Lasten der übrigen Wohnungseigentümer zeige, dass man von einem deutlich geringeren Heizbedarf der Gewerbeeinheit gegenüber den Wohneinheiten ausgegangen sei. Die möglichst weitgehende rechtliche Trennung zwischen Altbau und Wohngebäuden besage nichts anderes. Diese gelte nur innerhalb der Beschränkung, dass der Altbau ausschließlich gewerblich genutzt werden dürfe. Dies folge schon aus dem Wortlaut in Abschnitt II § 1 c. Denn die Nutzungsänderung des Sondereigentums bezüglich des Altbaus sei vom Zustimmungsbedürfnis der übrigen Wohnungseigentümer gerade nicht befreit. Hinzu komme, dass die entsprechende Regelung nicht im Grundbuch eingetragen sei, die Antragsteller als Sonderrechtsnachfolger daran also auch nicht gebunden seien. Unter diesen Umständen komme der Zweckbestimmung als Gewerbe Vereinbarungscharakter zu. Die Räume der Antragsgegnerin dienten nicht Wohn-, sondern ausschließlich gewerblichen Zwecken.

Die festgelegte Nutzungsart gebe der Anlage einen bestimmten Charakter und beschränke zugleich das Maß möglicher Beeinträchtigungen, die jeder Miteigentümer durch die festgelegte Nutzung des Sondereigentums der übrigen Miteigentümer typischerweise hinnehmen müsse.

Die geplante Nutzung sei eine solche zu Wohnzwecken. Dies sei aufgrund einer typisierenden Betrachtungsweise zu beurteilen. In ihrem Kern entspreche die Art der geplanten Nutzung, mit Ausnahme der Entgeltlichkeit, einer Vermietung von Wohnungen auf Dauer. Das falle unter den Wohnzweck. Am Charakter einer Nutzung als Wohnung ändere die Einstufung als soziale Einrichtung und die hinzukommende psychosoziale Betreuung der Bewohner nichts.

Die Nutzungsänderung bedürfe einer Vereinbarung aller Wohnungs- und Teileigentümer. Ohne deren Mitwirkung könne das Projekt nur verwirklicht werden, wenn die dadurch bedingte Nutzung nicht mehr störe als eine Nutzung entsprechend der Zweckbestimmung. Dies sei nicht der Fall. Denn eine Nutzung zu Wohnzwecken störe wegen der intensiveren Nutzungsmöglichkeit regelmäßig mehr als eine Nutzung zu anderen als Wohnzwecken. Hier komme es zu einer intensiveren Nutzung. Die Zahl der Wohneinheiten in der Anlage steige von derzeit 56 auf 113 an; die Zahl der Mitbewohner wachse von derzeit etwa 110 auf 160. Das führe zu einer erheblich intensiveren Nutzung des Gemeinschaftseigentums, was mit einer gewerblichen Nutzung regelmäßig nicht verbunden sei. Auch in zeitlicher Hinsicht sei die geplante Wohnnutzung wesentlich intensiver. Schließlich komme auf die Gemeinschaft im Hinblick auf die Heizanlage eine erhöhte finanzielle Belastung zu. Deren Ausbau sei notwendig und geplant. Dies bedinge nach dem geltenden Verteilungsschlüssel deutlich ansteigende Belastungen für die Eigentümer der Wohnungen.

Schon der begonnene Umbau des Gebäudes sei als Beginn der Nutzung zu Wohnzwecken anzusehen. Bereits dieses bräuchten die übrigen Wohnungseigentümer nicht zu dulden.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Antragsteller besitzen einen Unterlassungsanspruch aus § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB. Bereits den Umbau brauchen die Antragsteller nicht zu dulden, weil er schon den Beginn der unzulässigen Nutzung zu Wohnzwecken darstellt (BayObLG WuM 1999, 178/179; 1993, 490/491).

a) Nach dem Teilungsvertrag sind die Räume in dem Altbau als Teileigentum ausgewiesen. Das folgt unzweifelhaft aus Abschnitt I § 2 des Teilungsvertrags, aber auch aus verschiedenen Bestimmungen in der Gemeinschaftsordnung, die die Einheit im Altbau als Teileigentum bezeichnen (§ 10 Nr. 3, § 12 Nr. 2, § 17 Nr. 1) und von anderen als Wohnungseigentum beschriebenen Einheiten abgrenzen. Teileigentum ist gemäß § 1 Abs. 3 WEG das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Die Rechtsnatur von Sondereigentum als Wohnungseigentum einerseits (§ 1 Abs. 2 WEG) oder Teileigentum andererseits (§ 1 Abs. 3 WEG) ist bereits eine allgemeine Zweckbestimmung (BayObLG NJW-RR 1998, 946; WuM 1994, 222; BayObLGZ 1983, 79/84; Palandt/Bassenge BGB 63. Aufl. § 15 WEG Rn. 13). Zusätzlich bestimmt Abschnitt I § 2 Nr. 1 a des Teilungsvertrags den Zweck noch näher als solchen der gewerblichen Art. Nach dem Wortlaut der Bestimmung könnte es sich zwar auch um eine bloße Beschreibung eines gegenwärtigen Zustands, nämlich der ausschließlich gewerblichen Nutzung von Räumen handeln. Es liegt jedoch fern, einen solchen in der Sache dann funktionslosen Beschrieb in eine notarielle Urkunde aufzunehmen. Schließlich spricht auch die Kostenverteilung für die Heizanlage in Abschnitt II § 17 dafür, dass eine gewerbliche Nutzung des Altbaus festgelegt werden sollte, die das Maß einer Nutzung zu Wohnzwecken nicht erreicht. Denn sonst wäre es unverständlich, weshalb die jeweiligen Eigentümer des Altbaus nicht gleichermaßen mit den Kosten der Heizungsanlage belastet werden sollten wie die Bewohner der beiden Neubauten. Fraglich kann zwar sein, ob für die Umwandlung des im Altbau gelegenen Sondereigentums gemäß Abschnitt II § 1 Nr. 1 c die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer entbehrlich ist. Jedoch bedarf dies keiner Klärung, weil die antragstellenden Wohnungseigentümer an eine derartige Vereinbarung nicht gebunden sind. Denn diese ist im Grundbuch nicht eingetragen (vgl. § 10 Abs. 2 WEG). Selbst wenn sie ihnen bekannt gewesen wäre, würde dies nichts ändern (OLG Hamburg WE 2000, 246; Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. § 10 Rn. 20).

b) Die beabsichtigte Nutzung widerspricht der eines Teileigentums; vielmehr handelt es sich um eine Nutzung zu Wohnzwecken.

Eine Wohnung bildet die Summe der Räume, die die Führung eines Haushalts ermöglichen. Deshalb gehört dazu eine Kochgelegenheit sowie Wasserversorgung, Abfluss und WC. Eine Wohnung dient dem Menschen dazu, seinen Lebensmittelpunkt zu gestalten (siehe Beschluss des Senats vom 2.6.2004, 2Z BR 029/04 = OLG-Report 2004, 390 - LS -).

Nach dem Konzept des Betreibers und den dazu vorgelegten Plänen werden in dem Gebäude 47 abgeschlossene Wohnappartements mit eigenen Sanitäranlagen und eigenen Kochgelegenheiten eingerichtet. Die Räume werden im Rahmen befristeter oder unbefristeter Mietverträge oder von Nutzungsverhältnissen überlassen. Die Betreuung der Bewohner ist bewusst auf eine niederschwellige Begleitung angelegt, weil der Träger nur darin die Möglichkeit sieht, der maßgeblichen Zielgruppe eine optimale Lebensform zu gewährleisten und der Gefahr, sie in scheinbar bessere, d.h. unverbindlichere Lebensverhältnisse zu drängen, entgegenzuwirken. Demgemäß wird auch die Betreuungsarbeit als im Wesentlichen "defizitorientiert", nämlich beschränkt auf "reaktive Interventionen", beschrieben. Das Vorhaben soll bewusst vom System der vorübergehenden Unterbringung, wie etwa in Pensionen oder Notunterkünften, weg- und zu einer Form des dauerhaften Wohnens hinführen. Ein derartiger Gebrauch des Sondereigentums entspricht nach dem baulichen Zuschnitt wie auch nach der Zielrichtung einer Nutzung zu Wohnzwecken.

Dass die Rechtsprechung eine Nutzung zu Wohnzwecken verneint hat, wenn Wohnungen heimartig genutzt werden (siehe etwa OLG Frankfurt Rpfleger 1981, 148 f.; OLG Hamm FGPrax 1999, 97; OLG Hamm NJW 1992, 184; auch BayObLG NJW 1994, 1662), steht nicht im Widerspruch. Prägend für die dort jeweils getroffene Einordnung war die Überlassung einer Wohnung (Wohneinheit) an eine Vielzahl von Personen, die miteinander nicht familiär verbunden sind. Üblich für die Charakterisierung als Wohnheim ist ferner die gemeinschaftliche Benutzung von Küchen- und Sanitäreinrichtungen. Davon unterscheidet sich aber das gegenständliche Konzept, das eine weitgehende Abgeschlossenheit der jeweiligen Wohnungen und die Selbständigkeit ihrer Nutzer voraussetzt. Dass in einem Teileigentum eine Vielzahl von selbständigen Wohneinheiten errichtet werden soll, rechtfertigt keine andere Sichtweise. Auch bei Wohnungseigentum wäre der Eigentümer grundsätzlich nicht gehindert, dieses in selbständige Einheiten zu unterteilen und an verschiedene Personen zu vermieten (§ 13 Abs. 1 WEG; siehe auch BGH NJW 1979, 870 f.; KG NJW 1992, 3045; OLG Hamm FGPrax 1999, 97), ohne dass dadurch die Nutzung als Wohnung in Frage gestellt wäre. Unerheblich ist auch, dass die vorgesehenen Nutzer nach bestimmten Kriterien ausgewählt sind und die Einrichtung dem über die Wohnungsgewährung hinausgehenden Zweck der Wiedereingliederung dient.

c) Ob eine Nutzung zu Wohnzwecken mehr stört als die der Zweckbestimmung gemäße Nutzung als gewerbliche Räume, bemisst sich anhand einer typisierenden Betrachtungsweise (BayObLG NZM 1998, 335; OLG Düsseldorf ZMR 2002, 446/447). Ob sie generell wegen der intensiveren Nutzungsmöglichkeit mehr als eine Nutzung zu anderen als zu Wohnzwecken stört (so Pick in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 13 Rn. 46; § 15 Rn. 16), lässt sich in dieser Allgemeinheit nicht sagen. Vielmehr ist bei der vergleichenden Betrachtung auch zu berücksichtigen, ob und inwieweit eine nähere Zweckbestimmung für das Teileigentum getroffen wurde. So leuchtet es unmittelbar ein, dass ein zu Wohnzwecken genutzter Dachgeschoßraum mehr stört, als wenn er in anderer Weise einer nicht gewerblichen Nutzung in einem seiner Beschaffenheit entsprechenden Rahmen zugeführt würde (BayObLG WuM 1994, 222; vgl. auch BayObLG FGPrax 2001, 103). Andererseits kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass etwa die Wohnnutzung eines in der Teilungserklärung als Ausstellungsraum beschriebenen Teileigentums für die übrigen Wohnungseigentümer belastender, nämlich intensiver ist als eine zweckentsprechende Nutzung (OLG Karlsruhe WuM 2001, 140). Zu berücksichtigen sind schließlich der Charakter der Wohnanlage und die diesen prägenden örtlichen Verhältnisse (BayObLGZ 1994, 237/242; BayObLG ZfIR 2001, 59; KG NZM 1999, 425; NJW-RR 1989, 140; OLG Düsseldorf ZMR 2002, 446). Hieraus kann sich ergeben, dass die übrigen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft auch eine Nutzung, die sich formal im Rahmen der Zweckbestimmung hält, nicht hinnehmen müssen (BayObLGZ 1994, 237/242).

d) Bei der gegenständlichen Anlage ist einerseits zu berücksichtigen, dass nach der Beschreibung des Teileigentums in dem Gebäude jedes beliebige Gewerbe, d.h. jedes erlaubte Gewerbe im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen, betrieben werden darf (BayObLG ZfIR 2001, 59). Eine Beschränkung auf die (bislang weitgehend üblichen) Ladenöffnungszeiten (dazu auch KG NZM 1999, 425) besteht nicht. Demnach stände jedenfalls der Wortlaut der Teilungserklärung etwa einem Gaststätten- oder Kinobetrieb mit Publikumsverkehr nicht entgegen. Andererseits hat die Rechtsprechung stets betont, dass bei der Auslegung der in der Teilungserklärung getroffenen Zweckbestimmung auf eine wertende Betrachtung und eine Gesamtwürdigung der Teilungserklärung unter Einbeziehung der örtlichen Verhältnisse abzustellen ist (BayObLG NJW-RR 1988, 140/141; KG NJW-RR 1989, 140). Diese Grundsätze gelten erst recht für den Vergleich, ob die der Zweckbestimmung nicht entsprechende Nutzung mehr stört als diejenige, die sich im Rahmen der Zweckbestimmung hält.

Hier hat das Landgericht festgestellt, dass die Umsetzung des Vorhabens die Zahl der vorhandenen Wohnungen von 56 auf 113 ansteigen ließe. Die Zahl der Mitbewohner wüchse von etwa 110 auf 160 an. Dies bedinge eine erheblich intensivere Nutzung des Gemeinschaftseigentums, etwa der nicht allzu umfangreichen Freiflächen; mit einer gewerblichen Nutzung sei eine solche Beeinträchtigung nicht verbunden.

Diesen rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen und den daraus gezogenen Schlüssen folgt der Senat. Die Anlage ist in ihren Gebäuden und in der Zuordnung zwischen gewerblicher und Wohungsnutzung von einer bestimmten Größe und einem bestimmten Verhältnis zueinander geprägt. Das findet auch in der Gemeinschaftsordnung, z.B. in der Regelung über die Kosten der Heizzentrale (§ 17 Nr. 2), seinen Niederschlag. Üblicherweise bestimmt die Zahl der Wohnungen und Teileigentumseinheiten die Größe einer Wohnanlage und stellt einen wertbeeinflussenden Umstand dar. Durch das Vorhaben wird die Wohnanlage zwar weder in ihrem äußeren Bestand noch in ihrem rechtlichen Rahmen verändert. Rein tatsächlich wird aber das Teileigentum Altbau durch den Umbau in 57 selbständige Wohneinheiten aufgeteilt. Nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 146, 241) erwächst einem Wohnungseigentümer nicht schon aufgrund der Veränderung von Anzahl und Größe der in der Anlage vorhandenen Wohnungen eine nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung, weshalb das Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers, dass solche Veränderungen ohne sein Zutun unterbleiben, grundsätzlich nicht geschützt ist. Ein nicht zu duldender Nachteil kann sich jedoch aus der Gefahr einer intensiveren Benutzung der so veränderten Räumlichkeiten ergeben (BGHZ 146, 241/248 m.w.N.). Ob dies hier bereits für das gemeinschaftliche Eigentum im Bereich des Altbaus zu bejahen ist, obgleich dieser im Rahmen einer gewerblichen Nutzung zum Beispiel auch einen beherbergungsartigen Betrieb aufnehmen könnte, kann offen bleiben. Das Landgericht konnte nämlich ohne Rechtsfehler auf einen erheblich intensiveren Gebrauch der auch für Bewohner des Altbaus unmittelbar zugänglichen gemeinschaftlichen Freiflächen, namentlich der zwei Grundstücksstreifen zwischen den drei Gebäuden, abstellen. Diese Freiflächen bilden einen im Wesentlichen in sich abgeschlossenen Raum nach der Art von Innenhöfen, dienen als gemeinschaftliche Freizeit- und Erholungsfläche und sind mit Sitzgelegenheit, Sandkasten und Kinderspielgeräten ausgerüstet. Typischerweise werden derartige Gemeinschaftsflächen bei einer gewerblichen Gebäudenutzung nicht oder nur in sehr beschränktem Umfang, vor allem in zeitlicher Hinsicht, in Anspruch genommen. Der vorgesehene Bewohnerkreis lässt hingegen eine wesentlich intensivere und auch nicht auf bestimmte Tageszeiten beschränkte Nutzung der Freiflächen erwarten. Dies führt zu einer die übrigen Wohnungseigentümer störenderen Nutzung, als wenn sie im Rahmen der Zweckbestimmung läge. Sie braucht gegen deren Willen nicht hingenommen zu werden.

e) Kommt eine Nutzung des Teileigentums als Wohnraum nach dem Teilungsvertrag somit nicht in Betracht, so kann die Untersagung einer derartigen Nutzung nicht gegen die Richtlinie 2000/43/EG des Rates zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft verstoßen. Denn eine Untersagung der Wohnraumnutzung stellt weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Diskriminierung im Sinne von Art. 2 der Richtlinie dar; auch erfasst die Richtlinie gemäß Art. 1 nicht den gegenständlichen Kreis wohnungsloser psychisch erkrankter Personen. Schließlich ist auch der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG schon deshalb nicht eröffnet, weil es an einer behindertenbezogenen Ungleichbehandlung fehlt. Ob die als Bewohner vorgesehenen Personen Behinderte im Sinne dieser Vorschrift sind, kann dahinstehen.

3. Es erscheint nach § 47 WEG angemessen, der unterlegenen Antragsgegnerin die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Von der Anordnung, den obsiegenden Wohnungseigentümern auch die außergerichtlichen Kosten zu erstatten, sieht der Senat im Hinblick auf die unterschiedlichen Instanzentscheidungen und die nicht einfache Sach- und Rechtslage ab.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Wegen der im Raum stehenden erheblichen Kosten macht der Senat, wie schon das Landgericht, von § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG Gebrauch.

Ende der Entscheidung

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