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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 12.04.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 173/01
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 30 Abs. 3
WEG § 43 Abs. 1 Nr. 4
Mit der Veräußerung eines Wohnungserbbaurechts entfällt regelmäßig das Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung eines Beschlusses der Wohnungserbbauberechtigten, insbesondere wenn der Beschluss für den Antragsteller ohne Rechtsfolgen bleibt und der Rechtsnachfolger das Verfahren nicht fortführen will.
Gründe:

I.

Der Antragsteller war und die Antragsgegner sind Wohnungserbbauberechtigte einer aus mehreren Gebäuden bestehenden Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In einer Versammlung am 28.3.2000, in der zunächst alle Wohnungserbbauberechtigten anwesend oder vertreten waren, wurden zahlreiche Beschlüsse, teils einstimmig, teils mit Mehrheit gefasst.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, die Beschlüsse zu Tagesordnungspunkt (TOP) 12, 16, 18 (mehrere Teilbeschlüsse) und 19 für ungültig zu erklären. Er hat vor allem gerügt, von vertretenen Wohnungserbbauberechtigten seien keine schriftlichen Vollmachten vorgelegt worden, der Beschluss zu TOP 12 sei nicht von der Einladung gedeckt, zu TOP 16 und 19 sei zu Unrecht schriftlich und damit geheim abgestimmt worden und bei den Beschlüssen zu TOP 18 sei die Ankündigung in der Einladung zu unklar gewesen.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 10.11.2000 die Anträge zurückgewiesen. Der Antragsteller hat dagegen sofortige Beschwerde eingelegt. Während des Beschwerdeverfahrens veräußerte der Antragsteller seine Wohnung; seit 9.7.2001 sind neue Wohnungserbbauberechtigte im Grundbuch eingetragen. Diese haben auf Anfrage des Landgerichts mitgeteilt, sie hätten kein Interesse an der Fortführung des Verfahrens. Der Antragsteller hat dennoch an seinen Anträgen auf Ungültigerklärung der Beschlüsse zu TOP 12, 16, 18 und 19 festgehalten.

Mit Beschluss vom 8.10.2001 hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat dagegen sofortige weitere Beschwerde eingelegt, die er nicht näher begründet hat.

II.

Das zulässige Rechtsmittel des Antragstellers ist im Ergebnis ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Der Eigentümerwechsel während des Beschwerdeverfahrens habe zwar grundsätzlich auf das Verfahren keinen Einfluss. So bleibe es in entsprechender Anwendung von § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO bei der Verfahrenszuständigkeit der Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Der Antragsteller bleibe auch weiterhin Verfahrensbeteiligter. Doch könne die Veräußerung des Wohnungserbbaurechts zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses an der Fortführung des Verfahrens führen. Insbesondere könne das Rechtsschutzinteresse an der Ungültigerklärung von Beschlüssen der Wohnungserbbauberechtigten entfallen, wenn die Ungültigerklärung für den Antragsteller keinerlei Rechtsfolgen mehr auslöse und sein Rechtsnachfolger an der Fortführung des Verfahrens kein Interesse habe.

So liege es im vorliegenden Fall hinsichtlich aller angefochtenen Beschlüsse. Bei dem Beschluss zu TOP 12 könne sich der Antragsteller ohnehin nicht auf die fehlende Ankündigung des Beschlussgegenstands in der Einladung berufen, weil alle Erbbauberechtigten anwesend oder vertreten gewesen seien und trotz Kenntnis des Einberufungsmangels den Beschluss ohne Widerspruch gefasst hätten. Die angefochtenen Beschlüsse hätten auch keinerlei finanzielle Auswirkungen für den Antragsteller.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

Nach der Rechtsprechung des Senats (z.B. WuM 1998, 511 m. w. N.), der sich die Literatur weitgehend angeschlossen hat (Niedenführ/Schulze WEG 5. Aufl. vor §§ 43 ff. Rn. 105; Müller Praktische Fragen des Wohnungseigentums 3. Aufl. Rn. 569; Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 8. Aufl. § 43 Rn. 103; Staudinger/Wenzel WEG Vorbem zu §§ 43 ff. Rn. 64 und § 43 Rn. 43), entfällt das Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses mit der Veräußerung des Wohnungseigentums unbeschadet des Fortbestands der Verfahrensführungsbefugnis entsprechend § 265 ZPO, wenn der Beschluss für den Antragsteller keinerlei Rechtsfolgen mehr auslösen kann und sein Rechtsnachfolger erklärt, dass er an der Fortführung des Verfahrens kein Interesse hat. Dass dieser Grundsatz auch für das Wohnungserbbaurecht gilt, ergibt sich aus § 30 Abs. 3 Satz 2 WEG.

Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat Bezug nimmt, den Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Antragstellers infolge der Veräußerung seines Wohnungserbbaurechts bejaht. Das gilt insbesondere für den Beschluss zu TOP 16, der die Beseitigung bestimmter baulicher Veränderungen durch den Antragsteller zum Gegenstand hat, weil der Antragsteller diese bei seinem Auszug rückgängig gemacht hat. Der Antragsteller hätte dem durch Erklärung der Erledigung der Hauptsache Rechnung tragen können. Da er aber an seinen Anträgen festhielt, wurde die sofortige Beschwerde unzulässig und hätte verworfen werden müssen. Mit der entsprechenden Maßgabe wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.

3. Nach §,47 WEG entspricht es billigem Ermessen, dem Antragsteller die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG und entspricht den Entscheidungen der Vorinstanzen. Die Werte für die Vorinstanzen waren lediglich an die nunmehr gültige Währung anzupassen.

Ende der Entscheidung

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