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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 31.01.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 183/01
Rechtsgebiete: BGB, GBO, KostO, BayBO


Vorschriften:

BGB § 883
BGB § 1018
BGB § 1090
GBO § 16
KostO § 131 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 1
BayBO Art. 52 Abs. 4
1. Eine Auflassungsvormerkung erlischt trotz Eintragung der Auflassung solange nicht, wie Zwischenrechte eingetragen sind.

2. Der Geschäftswerts einer Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung richtet sich nach der Schwierigkeit, die mit der Behebung des Eintragungshindernisses verbunden ist.


Der 2.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgericht hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Demharter und Lorbacher

am 31. Januar 2002

in der Wohnungsgrundbuchsache

Löschung einer Auflassungsvormerkung

Beschlossen:

Tenor:

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 8. November 2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerde- und das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt. Die Geschäftswertfestsetzung im Beschluss des Landgerichts wird entsprechend abgeändert.

Gründe:

I.

Die Beteiligte erwarb am 3.12.1999 eine Eigentumswohnung. In dem Vertrag wurde ihr eine Auflassungsvormerkung bewilligt. Die Beteiligte beantragte in der Urkunde die künftige Löschung dieser Vormerkung Zug um Zug mit Eintragung der Auflassung, es sei denn, dass in der Zwischenzeit eine Eintragung ohne ihre Zustimmung erfolgt ist.

Die Beteiligte erteilte dem Veräußerer Vollmacht, eine Teilfläche von etwa 200 m² aus dem Grundstück wegzumessen. Diese Fläche sollte bebaut werden und nicht mitverkauft sein. Der Miteigentumsanteil an dieser Fläche, die nach Vermessung 157 m² beträgt, wurde am 25.9.2000 abgeschrieben.

Am 24.1.2000 wurde die Auflassungsvormerkung für die Beteiligte im Grundbuch eingetragen. Am 2.8.2000 ermächtigte die Beteiligte den Veräußerer,

a) Nutzungsrechte an den im beigefügten Plan Nr.1, 4, 5, 6 und 7 gekennzeichneten Stellplätzen zugunsten des jeweiligen Eigentümers der wegzumessenden Fläche von 200 qm,

b) Dienstbarkeiten zur Übernahme etwaiger Abstandsflächen

zu bestellen und im Grundbuch eintragen zu lassen.

Der Veräußerer bestellte am 27.6.2000 zugunsten des jeweiligen Eigentümers des aus der abgeschriebenen Teilfläche von 157 m² gebildeten Grundstücks an dem im Miteigentum der Wohnungseigentümer verbliebenen Restgrundstück eine Grunddienstbarkeit zur Benutzung von fünf Kraftfahrzeugabstellplätzen, ferner zugunsten der Stadt eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit des Inhalts, dass die fünf Stellplätze nur zum Abstellen von Kraftfahrzeugen durch die Berechtigten der Grunddienstbarkeit genutzt werden dürfen. Die beiden Dienstbarkeiten wurden am 25.9.2000 im Grundbuch eingetragen.

Am 15.11.2000 hat der den Kaufvertrag und die Auflassung beurkundende Notar beantragt, die Auflassung einzutragen und die Auflassungsvormerkung zu löschen. Das Grundbuchamt hat durch Zwischenverfügung vom 22.11.2000 beanstandet, dass die Zustimmung der Beteiligten zur Löschung der Auflassungsvormerkung fehle; bei der zugunsten der Stadt eingetragenen Dienstbarkeit handele es sich um ein Zwischenrecht, dem die Beteiligte nicht zugestimmt habe; die Vollmacht vom 2.8.2000 habe den Veräußerer nicht zur Bestellung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ermächtigt. Der Beschwerde der Beteiligten hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen und ausgeführt, unter "Nutzungsrecht" im Sinn der Vollmacht vom 2.8.2000 seien eindeutig nur Sondernutzungsrechte nach dem Wohnungseigentumsgesetz und nicht Dienstbarkeiten zu verstehen. Das Landgericht hat die Beschwerde durch Beschluss vom 8.11.2001 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten.

Am 17.12.2001 hat das Grundbuchamt den Antrag auf Löschung der Auflassungsvormerkung zurückgewiesen und die Beteiligte als Eigentümer in der Wohnung im Grundbuch eingetragen.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Lediglich die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts wird abgeändert.

Das Landgericht hat ausgeführt: Am 2.8.2000 habe die Beteiligte den Veräußerer ermächtigt, Nutzungsrechte an den genannten Stellplätzen zugunsten des jeweiligen Eigentümers der wegzumessenden Fläche sowie Dienstbarkeiten zur Übernahme etwaiger Abstandsflächen zu bestellen. Damit sei nicht die Bestellung von Dienstbarkeiten zur Nutzung von Kraftfahrzeugstellplätzen zugunsten eines anderen Grundstücks gemeint. Bei "Nutzungsrechten" handele es sich eindeutig um solche nach § 15 WEG. Die genannte Dienstbarkeit beziehe sich auf die im vorliegenden Fall nicht einschlägige Abstandsfläche.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

a) Die Auflassungsvormerkung, die gelöscht werden soll, sichert den Eigentumsverschaffungsanspruch der Beteiligten (vgl. § 883 BGB). Wegen der Abhängigkeit der Vormerkung vom gesicherten Anspruch erlischt die Vormerkung mit der Erfüllung des Eigentumsverschaffungsanspruchs, also mit der Eintragung der Auflassung im Grundbuch. Das Grundbuch wird unrichtig und ist durch Löschung der Auflassungsvormerkung zu berichtigen. Der Eigentumsverschaffungsanspruch erlischt aber nur dann, wenn keine vormerkungswidrigen Eintragungen vorliegen, weil sonst nicht vollständig erfüllt ist (BayObLGZ 1990, 318/321; Demharter GBO 24.Aufl. Anh. zu § 44 Rn.89; vgl. OLG Hamm Rpfleger 1992, 474).

Der Antrag vom 15.11.2000, die Eigentumsumschreibung vorzunehmen und die Auflassungsvormerkung zu löschen, stellt sich hinsichtlich der Auflassungsvormerkung als Antrag auf Grundbuchberichtigung dar. Der Antrag wurde von dem Notar gemäß § 15 GBO und der ihm erteilten Vollzugsvollmacht ohne Einschränkung gestellt. Es braucht daher nicht näher darauf eingegangen zu werden, ob der von der Beteiligten anlässlich des Kaufvertragsabschlusses am 3.12.1999 mit der Einschränkung gestellte Löschungsantrag, dass keine Zwischenrechte ohne ihre Zustimmung eingetragen sind, einen unzulässigen Vorbehalt im Sinn des § 16 Abs. 1 GBO enthält (verneinend OLG Hamm Rpfleger 1992, 474; Demharter § 16 Rn.3).

b) Die Löschung der Auflassungsvormerkung hat als Grundbuchberichtigung zur Voraussetzung, dass mit der Eintragung der Auflassung der gesicherte Eigentumsverschaffungsanspruch vollständig erfüllt wurde. Liegen wie hier in Form der beiden Dienstbarkeiten Zwischenrechte vor, kann von einer vollständigen Erfüllung nur ausgegangen werden, wenn diese Rechte mit Zustimmung des Vormerkungsberechtigten eingetragen wurden (OLG Hamm Rpfleger 1992, 474; Demharter § 16 Rn.3). Das Landgericht hat im Ergebnis ohne Rechtsfehler ein Einverständnis der Beteiligten als der Berechtigten der Auflassungsvormerkung mit der Eintragung jedenfalls der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Stadt verneint.

(1) Nicht folgen kann der Senat dem Landgericht und dem Grundbuchamt insoweit, als diese die Ermächtigung des Veräußerers, "Nutzungsrechte" zu bestellen, dahin ausgelegt haben, dass darunter nur Nutzungsrechte gemäß § 15 WEG zu verstehen sind. § 15 WEG hat Gebrauchsregelungen der Wohnungseigentümer hinsichtlich des Sondereigentums oder des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gegenstand. Nach § 15 Abs. 1 WEG können die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung über ihr Verhältnis untereinander im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG in Ergänzung oder Abweichung von der Regelung des § 13 WEG den Gebrauch des Sondereigentums oder des gemeinschaftlichen Eigentums regeln. In Betracht kommt dabei insbesondere, dass einem Wohnungseigentümer unter Ausschluss der übrigen von ihrem Recht zum Mitgebrauch gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG hinsichtlich eines Teils des gemeinschaftlichen Eigentums das alleinige Nutzungsrecht eingeräumt wird. Insoweit wird von einem Sondernutzungsrecht gesprochen. Ein solches kann nur einem Wohnungseigentümer und nicht einem Außenstehenden eingeräumt werden (OLG Zweibrücken NJW-RR 1986, 1338; Weitnauer/Lüke WEG 8. Aufl. § 15 Rn. 25; Staudinger/Kreuzer WEG § 15 Rn. 84). Zugunsten eines Außenstehenden kann die Nutzung oder der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums in dinglich wirkender Weise grundsätzlich nur durch Bestellung einer Dienstbarkeit im Sinn der §§ 1018, 1090 BGB eingeräumt werden. Die Ermächtigung vom 2.8.2000 hat die Bestellung von Nutzungsrechten zugunsten des jeweiligen Eigentümers der wegzumessenden Fläche zum Gegenstand. Der Begünstigte der Nutzungsrechte soll damit gerade kein Wohnungseigentümer sein. Dies lässt die von den Vorinstanzen vorgenommene Auslegung der Ermächtigung als eine solche zur Bestellung von Nützungsrechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz nicht zu; in Betracht kommt vielmehr nur die Bestellung von Dienstbarkeiten. Bei der unter Bezugnahme auf die Ermächtigung vom 2.8.2000 vom Veräußerer bestellten Grunddienstbarkeit handelt es sich damit um ein mit Zustimmung der Beteiligten bestelltes Recht, das dem Erlöschen der Auflassungsvormerkung mit Eintragung der Auflassung nicht entgegensteht.

(2) Dies gilt aber nicht für die beschränkte persönliche Dienstbarkeit zugunsten der Stadt. Die Ermächtigung lässt nur die Bestellung von Nutzungsrechten zugunsten des jeweiligen Eigentümers des aus der abzuschreibenden Fläche bestehenden Grundstücks zu, also nur eine Grunddienstbarkeit. Berechtigter der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ist nicht der Eigentümer des abgeschriebenen Grundstücks. Diese Dienstbarkeit ist auch nicht im weiteren Sinn zu dessen Gunsten bestellt. Berechtigt ist vielmehr die Stadt, die damit andere Interessen verfolgt als der Eigentümer des abgeschriebenen Grundstücks. Es geht nämlich um das öffentliche Interesse daran, dass die Stellplätze auf Dauer für das abgeschriebene Grundstück zur Verfügung stehen und nicht anderweitig genutzt werden, damit die öffentlichen Verkehrsflächen für den fließenden Verkehr frei bleiben (BayObLGZ 1965, 180/182; vgl. Art. 52 Abs. 4 BayBO). Die Bestellung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Stadt ist damit nicht von der von der Beteiligten als der Auflassungsvormerkungsberechtigten am 2.8.2000 erteilten Ermächtigung gedeckt.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren bemisst sich nach § 131 Abs. 2 i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO. Da sich die Rechtsmittel gegen eine Zwischenverfügung richten, ist maßgebend, welche Schwierigkeiten die Behebung des Eintragungshindernisses macht, das Gegenstand der Zwischenverfügung und damit der Beschwerdeverfahren ist (BayObLGZ 1993, 137/142; Demharter § 77 Rn.37). Der Senat hält einen Geschäftswert von 5000 Euro für angemessen. Der Geschäftswert des Landgerichts wird gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 KostO entsprechend abgeändert.



Ende der Entscheidung

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