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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 23.12.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 189/03
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 675
WEG § 26 Abs. 1
WEG § 29 Abs. 1
WEG § 29 Abs. 3
1. Die im Verwaltervertrag vereinbarte Vergütung pro Wohneinheit kann von der Verteilung der Verwaltervergütung im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander abweichen.

2. Eine Jahresabrechnung oder ein Wirtschaftsplan ist, unabhängig von der inhaltlichen Richtigkeit, nicht allein deshalb für ungültig zu erklären, weil die Bestellung des Verwaltungsbeirats, dem die Prüfung der Pläne oblag, nichtig ist (siehe auch BayObLG Beschluss vom 23.12.2003, 2Z BR 185/03 und Beschluss vom 27.11.2003, 2Z BR 186/03).

3. Erledigt sich die Hauptsache im ersten Rechtszug, ohne dass übereinstimmend für erledigt erklärt oder der Antrag auf die Kosten beschränkt wird, hat das Landgericht eine unbeschränkte Beschwerde des Antragstellers als unzulässig zu verwerfen. Unterbleibt dies, so ist die sofortige weitere Beschwerde zwar zulässig; das Rechtsbeschwerdegericht hat jedoch die Entscheidung des Landgerichts nachzuholen und die sofortige Beschwerde zu verwerfen.


Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die weitere Beteiligte ist deren Verwalterin.

Die Gemeinschaftsordnung (GO) enthält keine Bestimmungen zur Bestellung und zu den Aufgaben eines Verwaltungsbeirats. Nach § 11 Abs. 2 GO richtet sich die Höhe des Wohngelds im Wesentlichen nach der Größe der Miteigentumsanteile. Die Vergütung des Verwalters ist in der Weise vereinbart, "dass pro Einheit monatliche Pauschalbeträge je nach Größe der Wohnungen bzw. Garagen zu zahlen sind".

Der Antragsteller leistet für seine beiden Wohnungen und einen Duplex-Parker seit längerem keine Wohngeldzahlungen. Er begründet dies im Wesentlichen damit, dass die Verwalterin und der Verwaltungsbeirat nicht ordnungsgemäß bestellt worden seien. Eine Vielzahl der in den Eigentümerversammlungen zwischen 1993 und 2001 gefassten Beschlüsse, namentlich zur Verwalterbestellung, zur Beiratswahl sowie zu Jahresabrechnungen und Wirtschaftsplänen, wurden regelmäßig angefochten.

In der Versammlung vom 30.7.1999 fassten die Wohnungseigentümer unter anderem folgende Beschlüsse:

Tagesordnungspunkt (TOP) 2: Bestellung der weiteren Beteiligten als Verwalterin für die Zeit vom 1.1.2000 bis 31.12.2001 und Festlegung der Vertragsbedingungen;

TOP 4: Entlastung von Verwaltung und Verwaltungsbeirat;

TOP 5: Wahl von drei Verwaltungsbeiräten; TOP 7: Einzel- und Gesamtwirtschaftsplan 1999 in einer Gesamthöhe von 87.390 DM.

Das am 15.9.1999 an die Wohnungseigentümer oder deren Vertreter übersandte Protokoll enthält die Unterschriften der weiteren Beteiligten sowie von zwei Verwaltungsbeiräten.

Der Antragsteller hat ursprünglich beantragt, sämtliche in der Eigentümerversammlung vom 30.7.1999 gefassten Beschlüsse für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat die Anträge durch Beschluss vom 25.10.2001 abgewiesen, dem Antragsteller die Gerichtskosten auferlegt, eine außergerichtliche Kostenerstattung nicht angeordnet und den Geschäftswert auf 5000 DM festgesetzt. Die sofortige Beschwerde hat der Antragsteller zuletzt auf die Beschlüsse zu TOP 2, 4, 5 und 7 beschränkt. Die Antragsgegner haben mit ihrer unselbständigen Anschlussbeschwerde beantragt, ihre außergerichtlichen Kosten im ersten Rechtszug dem Antragsteller aufzuerlegen.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 26.8.2003 die Entlastungsbeschlüsse zu TOP 4 für ungültig erklärt, im Übrigen aber die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Von den Gerichtskosten beider Rechtszüge hat das Landgericht dem Antragsteller 3/4 und den Antragsgegnern 1/4 auferlegt und angeordnet, dass der Antragsteller den Antragsgegnern 3/4 ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat. Den Geschäftswert hat das Landgericht für das Verfahren vor dem Amtsgericht auf 28232 EUR und für das Verfahren im zweiten Rechtszug zeitlich gestaffelt auf 25432 EUR, 22432 EUR und 18197 EUR festgesetzt. Gegen die landgerichtliche Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel des Antragstellers hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung, ausgeführt:

Zum Beschluss unter TOP 2 rüge der Antragsteller nur noch die Bemessung der Verwaltervergütung. Diese entspreche mit einem Festbetrag pro Wohneinheit jedoch den Vorgaben der Gemeinschaftsordnung.

Die Wahl des Verwaltungsbeirats (TOP 5) weise keine formellen Mängel auf; die Mehrheit für den Beschlussantrag sei zutreffend festgestellt worden. Zudem sei in der Versammlung vom 20.10.2000 ein neuer Verwaltungsbeirat gewählt worden. Die Hauptsache habe sich daher schon vor Einlegung der sofortigen Beschwerde erledigt, ohne dass daraus die verfahrensrechtlichen Konsequenzen gezogen worden seien. Von einem richterlichen Hinweis an die Beteiligten sei abgesehen worden, weil auch ein entsprechender Feststellungsantrag sich als unbegründet erwiesen hätte.

Der Beschluss zum Wirtschaftsplan (TOP 7) sei formell ordnungsmäßig zustande gekommen. Auf eine Prüfung durch den Verwaltungsbeirat und dessen Stellungnahme komme es in diesem Zusammenhang nicht an.

Schließlich seien die Unterschriften unter das Versammlungsprotokoll für die Wirksamkeit der in der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse bedeutungslos.

Die Anschlussbeschwerde sei überwiegend erfolgreich. Mit Ausnahme der Anfechtung der Entlastungsbeschlüsse seien die Anträge erkennbar aussichtslos gewesen. Es wäre unbillig, die Gemeinschaft mit den Kosten für die Abwehr dieser haltlosen Ansprüche zu belasten. Ähnliche Erwägungen rechtfertigten die überwiegende Belastung des Antragstellers mit den gerichtlichen wie außergerichtlichen Kosten im Beschwerderechtszug.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung überwiegend Stand.

a) Der zu TOP 2 beschlossene gewerbsmäßige Verwaltervertrag (§ 675 BGB) mit Vergütungsregelungen pro Wohneinheit unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang geprüft, ob der in der Gemeinschaft geltende Kostenverteilungsschlüssel eine Berechnung der Vergütung nach Wohnungsgröße oder nach Miteigentumsanteilen verlangt. Darauf kommt es, anders als bei der Aufstellung von Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan, an dieser Stelle aber nicht an. Denn die im Verwaltervertrag vereinbarte Vergütung pro Wohneinheit kann von der Aufteilung der Verwaltervergütung im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander abweichen (KG DWE 1985, 126; OLG Köln NZM 2002, 615; Niedenführ/Schulze WEG 6. Aufl. § 26 Rn. 63; Briesemeister ZMR 2003, 312/314).

Die Höhe der vereinbarten Vergütung liegt im Rahmen einer ordnungsmäßigen Verwaltung (vgl. Niedenführ/Schulze § 26 Rn. 57).

b) Hingegen hat sich der Antrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses zur Bestellung des Verwaltungsbeirats (TOP 5) durch die Wahl eines neuen Beirats in der Versammlung vom 20.10.2000 noch im ersten Rechtszug erledigt, ohne dass der Antragsteller daraus die Konsequenz gezogen hätte, entweder insoweit die Hauptsache, mit Zustimmung der Antragsgegner, für erledigt zu erklären oder aber die Feststellung der Hauptsacheerledigung zu begehren und sein Rechtsschutzziel damit auf die Kosten zu beschränken (siehe Demharter ZMR 1987, 201/202 f.; Jennissen NZM 2002, 594/597). Dies hat zur Folge, dass der Antrag wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses an einer Sachentscheidung bereits als unzulässig abzuweisen gewesen wäre und die hiergegen gerichtete Beschwerde als unzulässig zu verwerfen ist (BayObLG WE 1993, 343; MDR 1998, 1116; Jennissen NZM 2002, 594/600). Diese Entscheidung holt der Senat nach.

c) Der Antrag, den Jahreswirtschaftsplan 1999 für ungültig zu erklären, ist unbegründet. Inhaltliche Fehler hat das Landgericht nicht festgestellt und werden auch vom Antragsteller nicht aufgezeigt. Allein wegen fehlender Belegprüfung können die Pläne nicht für ungültig erklärt werden (siehe BayObLG Beschlüsse vom 27.11.2003, 2Z BR 186/03 und vom 23.12.2003, 2Z BR 185/03). Ob die Überprüfung daran scheitert, dass der Verwaltungsbeirat wegen Nichtigkeit oder wegen Ungültigerklärung des Bestellungsbeschlusses nicht bestand oder zwar rechtsgültig bestand, die Prüfung aber verfahrenswidrig nicht durchführte, ist unerheblich.

d) Schließlich hat das Landgericht auch zutreffend festgestellt, dass die Verletzung von Formvorschriften bei der Protokollniederschrift, insbesondere eine verspätete Unterschrift oder die Unterschrift durch fehlerhaft gewählte Beiratsmitglieder, mangels abweichender Bestimmungen in der Teilungserklärung keine Auswirkungen auf das Zustandekommen und die Gültigkeit der gefassten Eigentümerbeschlüsse hat (vgl. BGHZ 136, 187/191).

e) Die Entscheidung des Landgerichts zur Auferlegung der im ersten und zweiten Rechtszug entstandenen Gerichtskosten ändert der Senat dahin ab, dass der Antragsteller diese ganz zu tragen hat. Zieht man den Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 ZPO heran, so entspricht dies nämlich billigem Ermessen (§ 47 Satz 1 WEG). Der Antragsteller hat nur in ganz geringem Umfang obsiegt (TOP 4: Entlastung). Die Anträge zu den geschäftswertträchtigen Tagesordnungspunkten waren von Anfang an ersichtlich aussichtslos. Für die Anordnung der Kostenerstattung nach § 47 Satz 2 WEG kann es hingegen bei der vom Landgericht vorgenommenen Aufteilung verbleiben.

3. Für das Rechtsbeschwerdeverfahren erscheint es nach § 47 WEG angemessen, dem unterlegenen Antragsteller außer den Gerichtskosten auch die außergerichtlichen Kosten der übrigen Beteiligten in vollem Umfang aufzuerlegen. Das Rechtsmittel war nämlich von Anfang an offensichtlich aussichtslos.

Den Geschäftswert sämtlicher Instanzen bestimmt der Senat nach § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG neu. Dabei übernimmt er die angemessenen Festsetzungen des Landgerichts für die Anfechtung der Beschlüsse zu TOP 1 (3.000 EUR), TOP 3 (4.235 EUR), TOP 6 (3.000 EUR), TOP 7 (4.468 EUR) und TOP 8 (3.000 EUR). Für die Anfechtung der Verwalterbestellung (TOP 2) setzt der Senat entsprechend seiner Rechtsprechung (BayObLG NZM 1998, 668) als Wert die Vergütung für den maßgeblichen Zeitraum an (11.760 EUR). Auf 1.176 EUR herabzusetzen ist der Wert erst ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller seine Anfechtung auf die Frage beschränkt hat, nach welchem Maßstab die Vergütung zu bemessen ist. Für die Anfechtung der Entlastung von Verwalter und Beirat (TOP 4) erscheint ein Wert von jeweils 500 EUR, insgesamt 1.000 EUR angemessen (BayObLG WuM 1999, 185; Niedenführ/Schulze § 48 Rn. 38), für die der Beiratsbestellung (TOP 5) ebenfalls ein solcher von 1.000 EUR. Für die auf die Frage der Kostenerstattung (§ 47 Satz 2 WEG) beschränkte Anschlussbeschwerde ist ein eigener Geschäftswert nicht anzusetzen, weil das Beschwerdegericht hierüber ohnehin von Amts wegen befindet.

Dementsprechend ändert der Senat die Geschäftswertfestsetzung in den Vorinstanzen ab und setzt den Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren fest.



Ende der Entscheidung

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