Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 03.12.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 202/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 26
Die nicht fristgerechte Vorlegung von Wirtschaftsplänen und Jahresabrechnungen sowie die unterlassene Einberufung von Eigentümerversammlungen können die außerordentliche Abberufung des Verwalters rechtfertigen, wenn aufgrund sonstiger Umstände der Schluss nahe liegt, der Verwalter werde zu einer ordnungsmäßigen Erfüllung seiner Verpflichtungen auch zukünftig nicht in der Lage sein.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In der Teilungserklärung vom 12.1.1999 wurde die weitere Beteiligte für die Dauer von fünf Jahren ab Eintragung der Begründung von Wohnungseigentum im Grundbuch zur Verwalterin bestellt. Die Teilungserklärung sieht vor, dass die Wohnungseigentümer bei Vorliegen eines wichtigen Grundes jederzeit mit einfacher Mehrheit die Abberufung des Verwalters beschließen können. Am 30.3.1999 wurde ein Verwaltervertrag für die Laufzeit von fünf Jahren, beginnend am 1.4.1999 und am 30.3.2004 endend, abgeschlossen. Der Verwaltervertrag verpflichtet die Verwalterin, jährlich einmal eine ordentliche Eigentümerversammlung einzuberufen und durchzuführen und der Eigentümerversammlung den Wirtschaftsplan für das laufende Jahr und die Abrechnung für das vergangene Jahr zur Beschlussfassung vorzulegen.

Die erste Eigentümerversammlung fand am 17.5.2001 statt. Die Genehmigung der von der weiteren Beteiligten in dieser Eigentümerversammlung vorgelegten Wirtschaftspläne 1988/1999, 2000 und 2001 wurde von den Wohnungseigentümern abgelehnt. In der kurz danach anberaumten Eigentümerversammlung vom 11.6.2001 wurde der Antrag gestellt, die weitere Beteiligte als Verwalterin mit sofortiger Wirkung abzuberufen. Der Antrag wurde abgelehnt.

Die Antragsteller haben am 11.7.2001 beantragt, festzustellen, dass der in der Eigentümerversammlung vom 11.6.2001 gefasste Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Außerdem haben sie beantragt, einen Notverwalter zu bestellen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 7.2.2002 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat am 28.8.2003 den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und festgestellt, dass der Eigentümerbeschluss vom 11.6.2001, nach dem die weitere Beteiligte ihre Tätigkeit als Verwalterin fortsetzen soll, nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Außerdem hat es die weitere Beteiligte als Verwalterin abberufen. Den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren hat das Landgericht, wie schon zuvor das Amtsgericht, auf 3.000 Euro festgesetzt. Gegen den Beschluss des Landgerichts richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner und der weiteren Beteiligten.

II.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere besteht auch für die weitere Beteiligte ein Rechtsschutzbedürfnis zu (vgl. BGH NJW 2002, 3240/3242). Das Rechtsschutzinteresse ist auch nicht durch Ablauf der festgelegten Amtszeit entfallen; diese endet erst am 30.3.2004.

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Ein wichtiger Grund für die Abberufung der weiteren Beteiligten als Verwalterin liege vor. Diese habe nämlich pflichtwidrig erstmals am 17.5.2001 eine Eigentümerversammlung abgehalten, obwohl sie bereits am 1.4.1999 zur Verwalterin bestellt worden sei. Eine Abmahnung durch die Wohnungseigentümer liege zwar nicht vor, gerade die ersten Eigentümerversammlungen nach der Begründung von Wohnungseigentum seien aber unverzichtbar. Auch die geschuldeten Abrechnungen seien von der weiteren Beteiligten nicht rechtzeitig erstellt worden. Sie habe selbst eingeräumt, sich wegen anderweitig bestehender Verpflichtungen bei der Übernahme der Verwaltung der Wohnanlage personell übernommen zu haben. Hinzu komme folgender Fehler: Die weitere Beteiligte habe in der Wohnanlage nicht nur die Wohnungseigentumsverwaltung, sondern auch die Mietverwaltung übernommen. Von den Wohnungseigentümern, die der weiteren Beteiligten auch den Auftrag zur Mietverwaltung erteilt hätten, sei ein monatlicher Betrag als Instandhaltungsrücklage einbehalten worden. Die Gelder seien zwar dann später auf ein Gemeinschaftskonto einbezahlt worden, so dass den betroffenen Wohnungseigentümern kein Schaden entstanden sei. Zu einer ungleichmäßigen Erhebung der Instandhaltungsrücklage sei es aber gekommen, weil diese nur von einem Teil der Wohnungseigentümer eingezogen worden sei. Dabei sei aber der Einbehalt der Gelder als Rücklage der Mietverwaltung bezeichnet worden. Dieses Vorgehen habe ordnungsmäßiger Verwaltung widersprochen. Weitere Umstände, insbesondere solche, die ein strafrechtlich relevantes Verhalten der Verwalterin belegen würden, hätten nicht festgestellt werden können. Umstände, die ein sofortiges Handeln durch Bestellung eines Notverwalters begründeten, lägen nicht vor.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Der Feststellungsantrag ist am 11.7.2001 nach dem Stand der damals herrschenden Rechtsprechung zulässig beim Amtsgericht gestellt worden. Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.8.2001 (NJW 2001, 3339) ist er nunmehr aber als Antrag auf Ungültigerklärung des Negativbeschlusses vom 11.6.2001 umzudeuten.

b) Die vom Landgericht festgestellten Tatsachen rechtfertigen eine außerordentliche Abberufung der weiteren Beteiligten als Verwalterin. Gegen diese Feststellungen haben die Antragsgegner und die weitere Beteiligte im Einzelnen auch keine Einwendungen erhoben; sie haben ihr Rechtsmittel nicht begründet, möglicherweise auch im Hinblick darauf, dass die Amtszeit der weiteren Beteiligten in wenigen Monaten ohnehin endet. Die Abberufung der Verwalterin ist in der Teilungserklärung wirksam auf das Vorliegen eines wichtigen Grunds beschränkt worden. Ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Abberufung eines Verwalters ist dann gegeben, wenn den Wohnungseigentümern unter Beachtung aller - nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter - Umstände nach Treu und Glauben eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zuzumuten ist, insbesondere wenn durch diese Umstände das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist (BGH NJW 2002, 3240/3243 m.w.N.). Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die von ihm festgestellten Tatsachen ausreichten, um das Vertrauen der Wohnungseigentümer in eine künftige pflichtgemäße Ausübung der Verwaltertätigkeit durch die weitere Beteiligte grundlegend zu erschüttern.

Die weitere Beteiligte hatte entgegen § 28 Abs. 1, Abs. 3 WEG sowie unter Missachtung des Verwaltervertrags die erforderlichen Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen nicht fristgemäß erstellt. Außerdem hat sie entgegen § 24 Abs. 1 WEG und entgegen dem Verwaltervertrag erstmals am 17.5.2001 eine Eigentümerversammlung abgehalten. Solche Pflichtverstöße können eine außerordentliche Abberufung rechtfertigen, insbesondere wenn der Schluss gerechtfertigt ist, der Verwalter werde zu einer ordnungsmäßigen Erfüllung seiner Verpflichtungen auch zukünftig nicht in der Lage sein (BGH NJW 2002, 3240/3243 m.w.N.). Das Landgericht hat festgestellt, dass sich die weitere Beteiligte mit der Übernahme der Verwaltung der Wohnanlage in personeller Hinsicht übernommen hat; die Antragsgegner und die weitere Beteiligte haben dagegen keine Einwendungen vorgebracht. Auch die vom Landgericht festgestellte pflichtwidrige Abrechnungspraxis durch Vermischung von Miet- und Wohnungsgeldern lassen die Funktionsfähigkeit der Verwaltung durch die weitere Beteiligte als fragwürdig erscheinen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Grundlage für die Wertbemessung ist die Vergütung der weiteren Beteiligten für die restliche Laufzeit des Vertrags (BGH NJW 2002, 3240/ 3246; BayObLG WuM 2001, 629). Der Geschäftswert ist somit für alle Instanzen auf 7500 Euro festzusetzen.



Ende der Entscheidung

Zurück