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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 17.04.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 21/03
Rechtsgebiete: BGB, FGG, WEG


Vorschriften:

BGB § 257
BGB § 670
BGB § 683
BGB § 684
FGG § 12
WEG § 27 Abs. 1
Der Erstattungsanspruch eines ausgeschiedenen Verwalters gegen die Wohnungseigentümer setzt zu seiner Schlüssigkeit die Darlegung voraus, dass die Aufwendungen gerade zu Lasten des Vermögens des Verwalters getätigt wurden.
Gründe:

I.

Die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, deren Verwalter der Antragsteller vom 1.9.1997 bis 31.5.2000 war.

Der Antragsteller verlangt von den Antragsgegnern rückständiges Verwalterhonorar sowie Auslagenersatz im Wesentlichen für die Begleichung einer Vielzahl von Rechnungen. Er hat vorgetragen, die in den Belegen aufgeführten Arbeiten und Leistungen seien für die Wohnanlage der Antragsgegner erbracht worden; er habe sie mit eigenen Finanzmitteln bestritten. Der Antragsteller hat deshalb vor dem Amtsgericht beantragt, die Antragsgegner gesamtschuldnerisch zu verpflichten, an ihn 111540,98 DM zuzüglich Zinsen zu bezahlen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 10.7.20 02 die Antragsgegner als Gesamtschuldner verpflichtet, an den Antragsteller 7499,08 EUR rückständiges Verwalterhonorar nebst Zinsen zu bezahlen. Im Übrigen, insbesondere hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen, hat das Amtsgericht den Antrag abgewiesen. Mit seiner sofortigen Beschwerde hat der Antragsteller über den ihm zugesprochenen Betrag hinaus noch 49530,90 EUR gegen die Antragsgegner geltend gemacht. Darin enthalten sind rund 30000 EUR (etwa 60000 DM) für Rechnungen, die der Antragsteller für die Gemeinschaft bezahlt haben will. Hilfsweise hat der Antragsteller Freistellung begehrt, soweit nach Beweisaufnahme auf einzelne zur Erstattung angemeldete Rechnungsbelege bisher nichts bezahlt worden sei. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde nach Einholung von schriftlichen Auskünften u.a. über die Begleichung der Rechnungen mit Beschluss vom 15.1.2003 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel hat nur teilweise, nämlich hinsichtlich der begehrten Freistellung, vorläufigen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die behaupteten Ansprüche auf ein Verwalterresthonorar aus den Jahren 1997 und 1998 in Höhe von 9714,38 DM seien unschlüssig und somit unbegründet. Insbesondere sei der Rückstand nicht aus dem vorgelegten Zahlenwerk zu entnehmen. Ein Anerkenntnis der Antragsgegner könne nicht gesehen werden.

Auf das Verwalterhonorar 1999 und 2000 habe das Amtsgericht gezahlte Beträge von 5000 DM und 5200 DM zutreffend angerechnet. Für die Verwaltung der Tiefgaragenstellplätze im Jahr 2000 stehe dem Antragsteller über den schon zuerkannten Betrag weitere Vergütung nicht zu.

Die behaupteten Erstattungs- bzw. Freistellungsansprüche habe der Antragsteller nicht substantiiert und sei auch seinen Aufklärungspflichten nicht hinreichend nachgekommen. Es fehle der Überblick über seine verschiedenen Verwaltertätigkeiten. Teils sei gar nicht bezahlt worden, teils sei zwar bezahlt worden, aber von fünf verschiedenen Konten oder in bar. Es sei demnach völlig ungeklärt, mit welchen Mitteln, sofern überhaupt, die Rechnungen beglichen worden seien. Zumindest sei nicht auszuschließen, dass die Rechnungen aus Mitteln Dritter bezahlt worden seien. Dies alles abzuklären sei nicht mehr Aufgabe des Beschwerdegerichts, weil die Amtsermittlungspflicht begrenzt sei und insbesondere nicht dazu diene, eine unterlassene Mitwirkungspflicht eines Beteiligten auszugleichen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält zwar überwiegend, nicht aber in vollem Umfang der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Dem Antragsteller steht kein weitergehendes Verwalterhonorar zu. Das Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Antragsteller über die für 1999 und 2000 vom Amtsgericht zuerkannten Beträge hinaus keinen weitergehenden Anspruch auf Verwaltervergütung hat. Auf die der Höhe nach im Wesentlichen unstreitigen Ansprüche muss sich der Antragsteller nämlich Teilzahlungen der Antragsgegner anrechnen lassen. Zutreffend ist zwar, dass die Tilgungsbestimmung bei Verpflichtungen aus mehreren Schuldverhältnissen zunächst Sache des Schuldners ist (vgl. § 366 Abs. 1 BGB). Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so gilt die gesetzliche Tilgungsreihenfolge des § 366 Abs. 2 BGB. Hier hat jedoch der Antragsteller schon nicht Forderungen aus vorangegangenen Jahren nachgewiesen, auf die er die Verrechnungen hätte vornehmen können. Denn das Landgericht konnte für die Jahre 1997 und 1998 keine Ansprüche auf Resthonorar feststellen. Überdies haben die Antragsgegner durch ihre Bezugnahme auf die vom Antragsteller selbst gefertigten Kontenaufstellungen ausdrücklich bestätigt, dass die Teilzahlungen auf die von ihm selbst jeweils bezeichneten Honorarforderungen geleistet wurden, was auf eine schon ursprünglich getroffene Tilgungsbestimmung schließen lässt (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1257). Dies hat der Antragsteller ursprünglich auch so verstanden; das Landgericht konnte das aus der Erstellung der Kontenblätter rechtsfehlerfrei entnehmen.

b) Das Landgericht konnte auch ohne Rechtsfehler die Vergütung für die Verwaltung der Tiefgaragenplätze aus dem damals vorhandenen tatsächlichen Bestand von 83 Stellplätzen entnehmen. maßgeblich für den Vergütungsanspruch ist der Verwaltervertrag (siehe Niedenführ/Schulze WEG 6. Aufl. § 26 Rn. 57). Aus diesem sowie dem ergänzenden Vorbringen der Beteiligten konnte das Landgericht den nahe liegenden Schluss ziehen, dass nur tatsächlich vorhandene Tiefgaragenplätze, nicht aber Teileigentumseinheiten, die erst in einem weiteren Bauabschnitt errichtet werden sollten, Grundlage für die Verwaltervergütung bilden. Schließlich verursachen nur tatsächlich bestehende Einheiten typischerweise einen zu entlohnenden Verwaltungsaufwand. § 18 der Gemeinschaftsordnung, der die Verteilung von Lasten und Kosten in der Übergangszeit regelt, solange noch nicht sämtliche Wohnungseinheiten gebildet sind, kommt insoweit nicht zur Anwendung. Vielmehr besagt schon 11 c der Gemeinschaftsordnung, dass die Verwaltungskosten mit einem Pauschalbetrag je Wohnung bzw. Teileigentumseinheit umgelegt werden. Dem entspricht der abgeschlossene Verwaltervertrag, so dass von vornherein keine Umrechnung auf die Anteile entsprechend § 16 Abs. 2 WEG in Frage kommt (vgl. Staudinger/Bub WEG § 16 Rn. 204; Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 8. Aufl. § 26 Rn. 107; dazu auch OLG Köln DWE 2003p 26).

c) Zu Recht hat das Landgericht auch Ansprüche auf Erstattung von Rechnungsbeträgen (§ 670 BGB oder § 683 BGB) verneint, soweit deren Begleichung durch die bei den einzelnen Gläubigern erholten Auskünfte bewiesen ist. Das Landgericht hat fehlerfrei festgestellt, dass die durch Banküberweisung getätigten Zahlungen von unterschiedlichen Konten erfolgten. Es ist nicht vorgetragen, um welche Konten es sich dabei im Einzelnen handelt, insbesondere wer deren Inhaber ist. Ein Erstattungsanspruch entfällt von vorneherein, wenn einzelne der vorgelegten Rechnungen unmittelbar vom Konto der hier betroffenen Wohnanlage bezahlt worden sein sollten und dieses Konto, wie im Verwaltervertrag vorgesehen, in Form eines offenen Fremdkontos geführt wurde (vgl. BayObLG Rpfleger 1979, 266 f.).

Hinzu kommt, dass die Antragsgegner einen Kontoauszug vorgelegt haben, aus dem sich eine nicht abgerechnete Entnahme zu Lasten der Antragsgegner von 20000 DM ergibt. Insoweit ist es denkbar, dass der Antragsteller sich für die getätigten Aufwendungen, gerade auch soweit einige Rechnungen offenbar bar bezahlt wurden, durch die Entnahme bereits schadlos gehalten hat.

Die gleichen Überlegungen gelten auch für einen etwaigen Freistellungsanspruch.

Das Landgericht war nach § 12 FGG nicht gehalten, weitergehende Ermittlungen zur Sachaufklärung anzustellen. Denn in echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wozu die gerichtliche Geltendmachung von Erstattungsansprüchen des ausgeschiedenen Verwalters gehört, ist die Ermittlungspflicht des Gerichts durch die Darlegungs- und Förderungslast der Beteiligten begrenzt (Niedenführ/Schulze Vor §§ 43 ff. Rn. 145). Es ist davon auszugehen, dass jeder Beteiligte die für ihn vorteilhaften Umstände von sich aus vorbringt (BGHZ 146, 241). Die Verpflichtung des Gerichts, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, endet regelmäßig dort, wo angenommen werden kann, dass ein Beteiligter eine ihm günstige Tatsache vorgetragen hätte (Niedenführ /Schulze Vor §§ 43 ff. Rn. 145). Demnach brauchte das Landgericht hier nicht die Inhaberschaft der einzelnen zur Bezahlung herangezogenen Konten weiter aufzuklären und Ermittlungen zur Verwendung des vom Gemeinschaftskonto entnommenen Geldbetrags anzustellen. Insoweit handelt es sich um dem Antragsteller zugängliche Bereiche, zu deren Sachaufklärung er ohne größere Mühen beitragen kann. Sieht er davon ab, kann das Gericht davon ausgehen, dass eine Amtsaufklärung keine für den Antragsteller vorteilhaften Umstände mehr offen legen wird.

Eine andere Würdigung ergibt sich auch nicht hinsichtlich der geltend gemachten Erstattungsbeträge für die Gebäudeversicherung. Abgesehen davon, dass der Senat als Rechtsbeschwerdegericht eine Nachprüfung tatsächlicher Verhältnisse in der Regel nicht vornehmen kann (Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler FGG 15. Aufl. § 27 Rn. 42), sind die behaupteten Erstattungsbeträge aus der Zahlung angeblicher Versicherungsprämien nicht identisch mit der im vorgelegten Urteil ausgewiesenen Summe. Ebenso wenig lässt der beigefügte Versicherungsvertrag einen Bezug zum Verfahrensgegenstand und zu den Antragsgegnern erkennen.

d) Demgegenüber ist es rechtsfehlerhaft, ohne weitere Ermittlungen (§ 12 FGG) auch den auf Freistellung nach § 257 BGB in Verbindung mit § 670 BGB oder § 683 BGB oder §§ 684, 812 BGB gerichteten Antrag abzuweisen. Dieser in der Beschwerdeinstanz zulässig gestellte Antrag (vgl. § 533 Abs. 1 Nr. 1, §§ 263, 267 ZPO) bezieht sich auf Beträge aus den Rechnungen der D. T. AG, der Firma T. und der Firma D. & S. Nach dem insoweit unbestrittenen Akteninhalt handelt es sich um Abrechnungen für Leistungen in der Wohnanlage der Antragsgegner wie etwa für Aufzugsnotruf, die Miete von Kaltwasserzählern und verschiedene Elektromontage- und -reparaturarbeiten. Der Senat kann ohne weitere Sachaufklärung nicht abschließend entscheiden, inwieweit es sich um Verwaltungsmaßnahmen auf Grund von Beschlüssen der Wohnungseigentümer (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) oder um Reparaturen und unproblematische Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen handelt, die der Verwalter auch ohne ermächtigenden Beschluss der Wohnungseigentümer vornehmen darf (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG; dazu Niedenführ/ Schulze § 27 Rn. 14 m. w. N.). Zumindest für neu verlegte Telefonanschlüsse und die Verkabelung von Antennenanlagen erscheint das zweifelhaft. Auch ohne ermächtigenden Beschluss der Wohnungseigentümer können die Maßnahmen jedoch nach den Grundsätzen der (unberechtigten) Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung ausgleichsfähig sein (siehe z.B. BGH NJW-RR 1993, 1227; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 913; Niedenführ/Schulze § 27 Rn. 19).

Die Teilaufhebung erfasst auch die geltend gemachte Erstattung einer auf das selbe Buchungskonto lautenden Telefonrechnung vom 18.2.2000 über 206,34 DM, über deren Rechnungsbetrag offenbar ein Vollstreckungsbescheid ergangen ist. Nach der bei den Akten befindlichen Auskunft der Gläubigerin ist offensichtlich keine der Monatsrechnungen im Zeitraum November 1999 bis Mai 2000 bezahlt worden.

3. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG und entspricht dem bezifferten Verpflichtungsantrag des Antragstellers in der Beschwerde wie in der Rechtsbeschwerdeinstanz.

Ende der Entscheidung

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