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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 29.01.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 217/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1004 Abs. 1
WEG § 22
Ist in der Teilungserklärung bestimmt, dass der Dachboden als Wohnung ausgebaut werden darf, schließt dies das Recht ein, in die Dachfläche Dachfenster oder Dachgauben zur notwendigen Lichtzufuhr für die Wohnung einzubauen. Als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt sich aber nicht die Befugnis, eine Dachloggia zu errichten.
Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.

In der Teilungserklärung ist bestimmt, dass der jeweilige Eigentümer des Dachbodens Nr. 11 berechtigt ist, diesen als Wohnung, Büro oder Praxis auszubauen und die Dachgeschossräume an die Ver- und Entsorgungsleitungen anzuschließen. Außerdem ist klargestellt, dass die übrigen Wohnungseigentümer die notwendigen Baumaßnahmen zu dulden haben.

Der Antragsgegner erwarb im Jahr 1993 den Dachboden. Im darauf folgenden Jahr ließ er die Dachfläche öffnen und eine Loggia einbauen. Der Antragsteller kaufte im Jahr 1996 die darunter liegende Wohnung. In der Vergangenheit traten in der Wohnung des Antragstellers wegen fehlerhafter Feuchtigkeitsdämmung im Bereich der darüber liegenden Loggia Wasserschäden auf.

Der Antragsteller hat beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, die Dachfläche zu schließen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 17.2.2003 dem Antrag stattgegeben, dem Antragsgegner die Gerichtskosten auferlegt und den Geschäftswert auf 5.000 EUR festgesetzt. Das Landgericht hat am 23.9.2003 auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag abgewiesen; den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren hat es auf 5.000 EUR festgesetzt. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers. Die Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners haben im eigenen Namen Geschäftswertbeschwerde eingelegt und beantragt, den Geschäftswert für das Verfahren erster Instanz und für das Beschwerdeverfahren auf jeweils 10.000 EUR festzusetzen.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist im Wesentlichen begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Einbau der Loggia sei von der Teilungserklärung gedeckt. Der Umfang der vorzunehmenden Arbeiten zum Ausbau des Dachbodens als Wohnung werde in der Teilungserklärung zwar nicht beschrieben. Bei Wohnungen würden aber regelmäßig Balkone, Dachterrassen oder Loggien errichtet, um den Wohnwert einer Wohnung zu erhöhen. Hinzu komme, dass hier, wie sich aus dem vorgelegten Lichtbild ergebe, die äußeren Grenzen des Gebäudes nicht wesentlich verändert würden. Bei einem Wassereinbruch sei es Sache des Antragstellers, sich an die Gesamtheit der Wohnungseigentümer zu wenden, weil die Isolierung der Loggia zum Gemeinschaftseigentum gehöre.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Der Antragsgegner ist gemäß § 1004 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG verpflichtet, die Loggia zu beseitigen und die Dachfläche insoweit zu schließen, als nicht Dachfenster oder Dachgauben für eine ausreichende Lichtzufuhr für die errichtete Wohnung erforderlich sind.

a) Nach ständiger Rechtsprechung (z.B. BayOblG WuM 1993, 289) sind für die Auslegung einer Teilungserklärung die für Grundbucheintragungen anzuwendenden Grundsätze maßgebend. Danach ist nicht auf den Willen des Verfassers der Teilungserklärung abzustellen, sondern allein auf den Wortlaut und Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt.

b) In der Teilungserklärung ist bestimmt, dass der Dachboden u.a. als Wohnung ausgebaut werden darf. Diese Befugnis schließt das Recht ein, durch den Einbau von Dachfenstern oder Dachgauben das notwendige Licht der Wohnung zuzuführen. Als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen kann aber, da diese Möglichkeiten für die Lichtzufuhr gegeben sind, nicht das Recht entnommen werden, durch den Einbau einer Loggia einen so erheblichen Eingriff in die Dachkonstruktion und die Fassade des Hauses vorzunehmen, dass eine offene, nicht durch das Schrägdach abgedeckte Fläche entsteht und sich daraus Folgen für die Abführung des anfallenden Oberflächenwassers ergeben.

c) Durch die vorgenommene bauliche Veränderung (§ 22 Abs. 1 WEG) wird der Antragsteller über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt. Unstreitig kam es in der Vergangenheit in der Wohnung des Antragstellers im Bereich der über dieser liegenden Loggia zu Wasserschäden. Allein das Risiko, dass sich solche Schäden wiederholen, reicht als eine Beeinträchtigung aus, die der Antragsteller nach § 14 Nr. 1 WEG nicht hinzunehmen hat.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Der Senat hält unter Berücksichtigung der zu erwartenden Beseitigungskosten und der vom Antragsgegner behaupteten Wertminderung seiner Wohnung einen Geschäftswert von 10.000 EUR für angemessen (§ 48 Abs. 3 Satz 1 WEG). In dieser Höhe wird der Geschäftswert für alle Rechtszüge festgesetzt. Damit ist die Geschäftswertbeschwerde gegenstandslos.



Ende der Entscheidung

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