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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 28.02.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 23/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 22
WEG § 14 Nr. 1
Zur Frage, ob die lose Aufstellung, einer Parabolantenne auf dem Balkon eine bauliche Veränderung darstellt.
Gründe:

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

§ 1 Abs. 4 der Gemeinschaftsordnung lautet wie folgt:

Änderungen an der äußeren Gestalt und der Farbe des Gebäudes (einschließlich der Balkone) bedürfen eines Mehrheitsbeschlusses der Wohnungseigentümer. Bauliche Veränderungen innerhalb der Sondereigentumseinheiten, insbesondere Um- und Einbauten, bedürfen - soweit dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers berührt wird - der Zustimmung des Verwalters....

Auf dem Gebäude der Wohnanlage ist eine Gemeinschafts-Satellitenanlage errichtet.

Am 21.3.2001 beschlossen die Wohnungseigentümer unter anderem:

Parabol-SAT-Antennen, ob Schüssel oder rechteckige flache Form (Planarversion) dürfen weder an den straßen- und hofseitigen Fassadenflächen der Häuser angeschraubt werden. Die bisher nicht genehmigten angebrachten SAT-Schüsseln sind zu entfernen. SAT-Schüsseln (Parabolantennen),in runder oder eckiger Form dürfen nur innerhalb des Balkons und innerhalb der wie vor definierten Fassadenlinien aufgestellt werden. Die Oberkante des Parabolspiegels darf nicht höher als 40 cm über die Oberkante der Balkonbrüstungsplatte hinausragen.

In der Niederschrift ist ergänzend zu dem Beschlussantrag ausgeführt, dass die Satellitenantenne innerhalb des Balkons aufzustellen ist und sich innerhalb der Fassadenlinie zu halten hat, die durch die Vorderkante der Balkonbrüstungsplatte gebildet wird.

Die Antragsstellerin hat beantragt, die letzten beiden Sätze des Eigentümerbeschlusses für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat den Antrag am 4.10.2001 abgewiesen. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 28.12.2001 die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt. Auch wenn eine Parabolantenne auf dem Balkon nur lose aufgestellt werde, handle es sich um eine bauliche Veränderung, sofern die Parabolantenne von außen sichtbar sei und damit die äußere Gestalt des Gebäudes verändert werde. Der angefochtene Eigentümerbeschluss falle unter § 1 Abs. 4 der Gemeinschaftsordnung. Er entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Durch ihn werde sichergestellt, dass der optische Gesamteindruck des Gebäudes nicht in einer nicht mehr hinnehmbaren Weise beeinträchtigt werde. Dies ergebe sich aus den vorliegenden Lichtbildern.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Eine bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG liegt bei jeder auf Dauer angelegten Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums durch eine Baumaßnahme vor (BayObLGZ 1990, 120/122). Bei der Anbringung einer Parabolantenne am gemeinschaftlichen Eigentum handelt es sich grundsätzlich um eine bauliche Veränderung, die über eine ordnungsmäßige Instandsetzung oder Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht (BayObLGZ 1991, 296/298). Eine Parabolantenne darf daher am gemeinschaftlichen Eigentum ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer jedenfalls dann angebracht werden, wenn dadurch keinem der übrigen Wohnungseigentümer ein Nachteil entsteht, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht (§ 22 Abs. 1 Satz 2, § 14 Nr. 1 WEG). Unter einer Beeinträchtigung im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG ist jede nicht nur ganz geringfügige Beeinträchtigung zu -verstehen, die auch in einer nachteiligen Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage liegen kann. ob eine optische Beeinträchtigung vorliegt, haben in erster Linie die Richter der Tatsacheninstanzen zu entscheiden (allgemeine Meinung; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. BayObLG ZMR 2000, 471; NZM 2002, 74).

Ist danach eine Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer durch die Baumaßnahme ausgeschlossen, kann diese auch durch einen Mehrheitsbeschluss genehmigt werden. Ein solcher Beschluss ist nicht wegen fehlender Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nichtig. Er ist zwar nicht erforderlich, in aller Regel aber geeignet, Unsicherheit darüber zu beseitigen, ob die bauliche Veränderung v6rgenommen,werden darf (BayObLGZ 2001, 196/200).

b) Es kann dahinstehen, ob die Ansicht des Landgerichts zutrifft, dass es sich auch dann um eine bauliche Veränderung handelt, wenn eine Parabolantenne nur lose auf dem Balkon aufgestellt wird. Denn das Landgericht ist ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass durch die Aufstellung einer Parabolantenne nach den Vorgaben des angefochtenen Eigentümerbeschlusses jedenfalls kein anderer Wohnungseigentümer über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG hinaus beeinträchtigt wird. Das Landgericht konnte diese Feststellung anhand der vorliegenden Lichtbilder treffen. Die Einnahme eines Augenscheins ist dazu nicht erforderlich (BayObLG NZM 2002, 74 m.w.N.).

Nach dem angefochtenen Eigentümerbeschluss ist die Anbringung einer Parabolantenne nur zulässig, wenn diese in der Höhe höchstens 40 cm über die Balkonbrüstung hinausragt und sich im übrigen innerhalb der Balkonbrüstung befindet. Die Feststellung des Landgerichts, dass bei einer dem Eigentümerbeschluss entsprechenden Anbringung von Parabolantennen eine optisch nachteilige Veränderung des Gesamteindrucks des Gebäudes nicht besteht, ist für das Rechtsbeschwerdegericht als tatrichterliche Beurteilung bindend (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 ZPO a.F.).

c) Ob sämtliche der bereits angebrachten Parabolantennen den Vorgaben des angefochtenen Eigentümerbeschlusses entsprechen, steht hier nicht zur Entscheidung. Sollte dies nicht der Fall sein, wofür die vorgelegten Lichtbilder sprechen, hat dies keine Auswirkungen auf die entscheidungserhebliche Frage, ob der angefochtene Eigentümerbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht oder nicht. Nicht entschieden werden muss auch, ob ein Anspruch auf Beseitigung der nicht den Vorgaben des Eigentümerbeschlusses entsprechenden Parabolantennen besteht. Da eine optisch nachteilige Veränderung des Gebäudes mit der Anbringung einer Parabolantenne unter Beachtung der Vorgaben des angefochtenen Eigentümerbeschlusses nicht verbunden ist, kommt es schließlich auch nicht darauf an, ob über das Kabelnetz oder die Gemeinschafts-Satellitenanlage eine ausreichende Zahl von Programmen empfangen werden kann und welche Kosten damit dem einzelnen Wohnungseigentümer entstehen würden.

3. Es erscheint angemessen, der in allen Rechtszügen unterlegenen Antragstellerin die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Jedoch erscheint es unbillig, ihr unter Abweichung von dem Grundsatz, dass jeder Wohnungseigentümer seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat, auch die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens vor dem Amtsgericht aufzuerlegen. Insoweit wird die Kostenentscheidung des Amtsgerichts abgeändert (§ 47 WEG).

Der Senat hält den von den Vorinstanzen angenommenen Geschäftswert von 5000 DM grundsätzlich für angemessen. Wegen der Umstellung auf Euro setzt der Senat den Geschäftswert für alle Rechtszüge auf 2500 Euro fest (§ 48 Abs. 3 Satz 1 WEG).

Ende der Entscheidung

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