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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 15.04.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 24/04
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
WEG § 14 Nr. 1
1. Wird als Aufteilungsplan ein Eingabeplan verwendet, so hat die Beschreibung des bestehen bleibenden Altbestands in der Regel nicht den Charakter einer Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter.

2. Besteht für ein auf einer Sondernutzungsfläche stehendes Gebäude keine Zweckbestimmung, so richtet sich der zulässige Umfang der Benutzung nach der Beschaffenheit und nach § 14 Nr. 1 WEG.


Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Dem Antragsgegner gehört das Wohnungseigentum Nr. 1. Hiermit verbunden ist nach der Teilungserklärung das Sondernutzungsrecht an der Grundstücksoberfläche, im Aufteilungsplan blau umrandet. Auf dieser Sondernutzungsfläche steht ein Gebäude, das im Aufteilungsplan mit "bestehender Geräteschuppen" bezeichnet ist. Bestimmungen über die Nutzungsmöglichkeiten des Sondernutzungsrechts enthalten weder die Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung noch bestehen sonstige Regelungen.

Der Antragsgegner hat den "Geräteschuppen" renoviert, teilweise verändert und unter anderem einen Kaminofen installiert.

Die Antragstellerin hat beim Amtsgericht beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, die Veränderungen an dem "Geräteschuppen" rückgängig zu machen und es dem Antragsgegner zu untersagen, den Kaminofen zu beheizen.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 11.3.2003 dem Antragsgegner untersagt, den "Geräteschuppen" zu Wohnzwecken, also zu anderen Zwecken als zur Unterstellmöglichkeit für Gartengeräte zu nutzen, sowie, den Kaminofen zu beheizen. Im Übrigen hat es die Anträge des Antragstellers zurückgewiesen.

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners hat es das Landgericht unter Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung dem Antragsgegner untersagt, den "Geräteschuppen" zu Wohnzwecken, also zu anderen Zwecken als zum vorübergehenden Aufenthalt und als Unterstellmöglichkeit für Gegenstände zu nutzen, ferner den Kaminofen zum Zwecke der Wohnnutzung zu beheizen. Im Übrigen hat es die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erstrebt. Der Antragsgegner erstrebt mit seiner Anschlussrechtsbeschwerde die Abweisung aller Anträge.

II.

Die Rechtsmittel sind nicht begründet.

1. Das Landgericht hat die übrigen Wohnungseigentümer entgegen § 43 Abs. 1 Nr. 1, § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG nicht am Verfahren beteiligt. Der Senat holt dies nach. Die Verfahrensbeteiligung diente im vorliegenden Fall nur der Gewährung des rechtlichen Gehörs. Eine weitere Sachaufklärung wäre auch durch Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer nicht zu erreichen gewesen. Der Senat kann deshalb von einer Zurückverweisung absehen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 3.12.2003 - 2Z BR 188/03 - und vom 15.1.2004 - 2Z BR 255/03).

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Das Amtsgericht habe durch Augenschein festgestellt, dass der "Geräteschuppen" zu Wohnzwecken ausgebaut worden sei. Die Nutzung als Wohnraum widerspreche der Nutzung eines "Geräteschuppens". Dagegen sei der Antragsgegner nicht auf die Nutzung als Unterstellmöglichkeit für Gartengeräte beschränkt. Eine solche Zweckbestimmung ergebe sich weder aus der Teilungserklärung, dem Lageplan noch dem Inhalt eines Schreibens des Notars vom 24.6.1988. Die bloße Unterstellmöglichkeit für Gartengeräte erfordere nicht einen Geräteschuppen der vorgegebenen Größe. Als übliche Nutzung des Schuppens sei neben dem Abstellen von Gegenständen auch der vorübergehende Aufenthalt zu sehen. Ein solcher vorübergehender Aufenthalt sei auch die Nutzung des Schuppens für "Gartenfeste". Eine übermäßige Störung liege hierin nicht. Der üblichen Zweckbestimmung eines "Geräteschuppens" widerspreche jedoch die Beheizung durch den installierten Kaminofen zum Zwecke der Wohnnutzung.

3. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

a) Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung sind als Inhalt des Grundbuchs objektiv, also nach Wortlaut und Sinn, wie er sich als nächstliegende Bedeutung für den unbefangenen Leser ergibt, auszulegen, wobei die Auslegung durch das Landgericht für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend ist (st. Rspr. vgl. z.B. BayObLG WuM 1993, 289; Beschluss des Senat vom 26.2.2004 - 2Z BR 273/03). Dabei können zur Auslegung nur solche Umstände herangezogen werden, die aus dem Grundbuch ersichtlich oder für jedermann ohne weiteres erkennbar sind.

Unerheblich ist es deshalb, was in früheren Bauplänen enthalten war und was der Notar als seine Meinung geäußert hat.

Da anderweitige Benutzungsregelungen fehlen, kommt als rechtsgeschäftliche Beschränkung des Nutzungsrechts des Antragsgegners nur die Bezeichnung des Gebäudes im Aufteilungsplan als "Geräteschuppen" in Betracht. Der Bezeichnung von Räumlichkeiten im Aufteilungsplan kommt in der Regel, anders als bei der Bezeichnung in der Teilungserklärung, nicht die Bedeutung einer Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter zu (BayObLG GuT 2004, 27). So ist es auch hier. Es ist bei objektiver Würdigung des Aufteilungsplans nicht erkennbar, dass damit eine Regelung erfolgen sollte. Vielmehr handelt es sich um die Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse. Offensichtlich wurde der Eingabeplan auch als Aufteilungsplan verwendet. Dies ergibt sich unter anderem daraus, dass neben dem verbleibenden Altbestand auch bestehende und zu entfernende Bäume eingezeichnet sind, was für die Begründung von Wohnungseigentum ohne jegliche Bedeutung ist. Die Bezeichnung "bestehender Geräteschuppen" ist somit als Bestandsbezeichnung und nicht als Nutzungsregelung anzusehen.

b) Maßgeblich ist deshalb, ob die Nutzung, deren Untersagung die Antragstellerin begehrt, der Beschaffenheit widerspricht oder zu einem Nachteil führt, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht (§ 14 Nr. 1 WEG). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der von der Antragstellerin beanstandete Gebrauch generell untersagt werden soll. Hierauf hat die Antragstellerin keinen Anspruch. Unbenommen bleibt es der Antragstellerin jedoch, gegen einen Gebrauch vorzugehen, der im Einzelfall zu vermeidbaren Nachteilen führt, wie etwa ein überlautes Feiern von Gartenfesten oder eine unsachgemäße oder übermäßige Nutzung des Kaminofens.

Wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt, ist der Antragsgegner mangels Nutzungseinschränkung berechtigt, das Gebäude zur Abhaltung von Feiern und zum Empfang von Gästen zu benutzen. Die Antragstellerin muss es auch hinnehmen, dass die zum Sondernutzungsrecht gehörende Gartenfläche vom Antragsgegner für sich, seine Familie und seine Gäste benutzt wird. Warum für die Nutzung des "Geräteschuppens", das bei geschlossenen Türen und Fenstern sogar einen gewissen Schallschutz bietet, etwas anderes gelten soll, ist nicht ersichtlich.

Das gilt auch für die Benutzung des Kaminofens. Der Senat (NZM 1999, 575/576) hat zur Benutzung eines Holzkohlengrills entschieden, dass es jeweils auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, in welchem Umfang ein Holzkohlegrill in einem Garten benutzt werden darf. Entsprechendes kann im vorliegenden Fall für die Benutzung des Kaminofens gelten, wenn die Antragstellerin hierdurch Nachteile erleidet. Das braucht vorliegend jedoch nicht entschieden zu werden, da die Antragstellerin ein generelles Nutzungsverbot anstrebt.

c) Zu Recht hat das Landgericht eine Benutzung des "Geräteschuppens" und insbesondere des Kaminofens zu Wohnzwecken untersagt.

Dem Antrag der Antragstellerin fehlt nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Zwar hat der Antragsgegner bestritten, dass er den "Geräteschuppen" tatsächlich zu Wohnzwecken nutzt. Hierauf kommt es nicht entscheidend an. Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf das Ergebnis eines Augenscheins des Amtsgerichts festgestellt, dass durch die Ausstattung des Gebäudes Wohnraum geschaffen wurde. Die hieraus vom Landgericht gezogene Schlussfolgerung, dass damit eine unzulässige Nutzungsänderung vorliege, ist zumindest missverständlich. Die Nutzungsänderung würde nämlich neben der Schaffung einer tatsächlichen Wohnnutzungsmöglichkeit auch voraussetzen, dass ein entsprechender Nutzungswille vorhanden ist. Allein die Tatsache, dass durch bauliche Veränderungen eine Nutzungsmöglichkeit zu Wohnzwecken geschaffen wird, rechtfertigt jedoch die Besorgnis, dass künftighin auch eine Wohnungsnutzung stattfinden wird. Diese Bedenken hat der Antragsgegner nicht ausgeräumt. Er hat nicht erklärt, dass der "Geräteschuppen" künftighin nicht zu Wohnzwecken genutzt werde, sondern lediglich bestritten, dass dies bisher geschehen sei.

Der Antragsgegner ist nicht berechtigt, den "Geräteschuppen" zu Wohnzwecken zu nutzen. Die Teilungserklärung unterscheidet zwischen der Wohnung und dem Sondernutzungsrecht. Nach der nächstliegenden Bedeutung kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass neben der eigentlichen Wohnung der auf der Sondernutzungsfläche befindliche "Geräteschuppen" ebenfalls als Wohnung soll genutzt werden kann. Andernfalls hätte es nahe gelegen, auch an dem "Geräteschuppen" Wohnungseigentum zu begründen.

4. Es entspricht der Billigkeit, die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens entsprechend dem Maß des Obsiegens und Unterliegens zu verteilen, wobei der Schwerpunkt auf der Wohnungsnutzung liegt (§ 47 Satz 1 WEG). Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten besteht keine Veranlassung (§ 47 Satz 2 WEG).

Die Festsetzung des Geschäftswerts folgt aus § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.



Ende der Entscheidung

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