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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 24.08.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 25/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 23 Abs. 2
WEG § 26
Einem Verwalter 100 DM pro Stunde zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer zu vergüten, kann gerechtfertigt sein, wenn besondere Voraussetzungen bestehen.
BayObLG Beschluss

LG München II - 2 T 6491/99 AG Fürstenfeldbruck 2 UR II 13/99

2Z BR 25/00

24.08.00

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Demharter und Dr. Delius am 24. August 2000 in der Wohnungseigentumssache wegen Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 25. Januar 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5100 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus drei Häusern bestehenden Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten, einer GmbH, verwaltet wird.

In der Teilungserklärung ist bestimmt:

Jede Einheit ist von den übrigen wirtschaftlich vollständig getrennt, so dass Gemeinschaftseigentum im wirtschaftlichen Sinne nicht vorhanden ist, ausgenommen jedoch etwa gemeinschaftlich genutzte Ver- und Entsorgungsanlagen sowie die gelb eingezeichnete Grundstücksfläche.

Die Lasten und Kosten von Gemeinschaftseigentum im wirtschaftlichen Sinne tragen die betroffenen Eigentümer zu gleichen Teilen. Bezüglich der gelb angelegten Grundstücksfläche gilt die vorbezeichnete Kostenregelung.

Bei Beschlüssen über Gemeinschaftseigentum im wirtschaftlichen Sinne hat jede betroffene Einheit eine Stimme.

Die gemeinschaftlich genutzte Grundstücksfläche, die im wesentlichen aus Wegeflächen und einem Garagenvorplatz besteht, ist rund 77 m² groß.

In einem anderweitig geführten Rechtsstreit zwischen den jetzigen Antragsgegnern zu 2 als Antragstellern, der jetzigen Antragstellerin als Antragsgegnerin und den jetzigen Antragsgegnern zu 1 als weiteren Beteiligten wegen der Bestellung eines Verwalters wurde am 28.1.1999 folgender gerichtlicher Vergleich geschlossen:

Die Wohnungseigentümer vereinbaren mit dem Tagesordnungspunkt "Bestellung eines Verwalters" eine Wohnungseigentümerversammlung abzuhalten.

Sie vereinbaren zu diesem Zweck einen Termin auf: Mittwoch, den 24. Februar 1999...

Die Wohnungseigentümer beschlossen am 24.2.1999:

Als Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft ... wird die Firma... (= weitere Beteiligte) ab 24.2.1999 bis 23.2.2001 bestellt.

Alleiniger Sachbearbeiter für die WEG ist Herr J. Die Vergütung erfolgt aufwandsabhängig pro Stunde mit 100 DM zuzüglich Auslagen und zuzüglich Mehrwertsteuer; der Verwaltervertrag wird auf der nächsten Eigentümerversammlung beschlossen....

Für den Beschluss stimmten die Antragsgegner zu 1 und zu 2, dagegen die Antragstellerin.

Die Antragstellerin hat am 23.3.1999 beantragt, den Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat am 15.10.1999 dem Antrag stattgegeben. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 25.1.2000 auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin, die nicht begründet wurde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Antrag, den Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären, sei nicht begründet.

In dem gerichtlichen Vergleich sei als Gegenstand der Einberufung der Eigentümerversammlung zwar nur die "Bestellung eines Verwalters" genannt, der Tagesordnungspunkt decke aber auch einen Beschluss über die Vergütung des Verwalters. In dem gerichtlichen Vergleich liege die bindende Einigung der Wohnungseigentümer, einen Verwalter zu bestellen. Im übrigen hänge die Frage, ob ein Verwalter zu bestellen sei oder nicht, nicht von der Größe des zu verwaltenden Gemeinschaftseigentums ab. Abgesehen davon sei es bezüglich der rund 77 m² großen Wege- und Garagenvorplatzflächen bereits zu Streitigkeiten zwischen den Wohnungseigentümern gekommen; der Antrag eines Wohnungseigentümers, einen Verwalter zu bestellen, reiche somit als Voraussetzung dafür aus, dass ein Verwalter zu bestellen sei.

Der Beschluss über die Bestellung des Verwalters sei auch nicht unter rechtsmißbräuchlicher Ausnützung des Stimmrechts zustande gekommen. Bei einer Eigentümergemeinschaft aus drei Eigentümern werde es beim Vorliegen einer Mehrheit von zwei Eigentümern immer zu einer Majorisierung des unterlegenen Eigentümers kommen. Im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin die Bestellung eines Verwalters dem Grunde nach immerabgelehnt habe, könne es den Antragsgegnern nicht angelastet werden, wenn sie sich einen Verwalter ausgesucht und diesen dann der Eigentümerversammlung vorgeschlagen hätten. Zweifel an der Zuverlässigkeit des bestellten Verwalters seien nicht veranlaßt. Der von der Verwalterin für die Durchführung der Verwaltung Beauftragte sei Rechtsanwalt; der Vorwurf, dieser sei nicht objektiv, sei nicht nachvollziehbar. Insbesondere könne eine mangelnde Zuverlässigkeit und Objektivität nicht darin gesehen werden, dass sich der Beauftragte nach der Eigentümerversammlung bis zur Abfahrt seiner S-Bahn auf eine Tasse Kaffee bei den Antragsgegnern aufgehalten und bei dieser Gelegenheit Unterlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft erhalten habe.

Die Höhe der im Eigentümerbeschluss genannten Vergütung widerspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Angesichts der bestehenden Streitigkelten unter den Eigentümern und des relativ geringen Umfangs der erforderlichen Tätigkeiten durch einen Verwalter für das Gemeinschaftseigentum sei ein Stundenhonorar von 100 DM zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer nicht überhöht. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass ein Handwerker für eine Stunde Arbeitszeit auch den gleichen Preis verlange; hier komme hinzu, dass der Sachbearbeiter der Verwalterin Rechtsanwalt sei.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Nach § 23 Abs. 2 WEG ist zur Gültigkeit eines Beschlusses erforderlich, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist. Ein Tagesordnungspunkt "Bestellung eines Verwalters" wie hier deckt sowohl einen Beschluss über die Bestellung des Verwalters als auch eine Vereinbarung über die Höhe der Verwaltervergütung (BayObLGMDR 1985, 412; Staudinger/Bub WEG § 23 Rn. 190).

b) Nach § 20 Abs. 2 WEG kann die Bestellung eines Verwalters nicht ausgeschlossen werden. Das Recht, einen Verwalter zu bestellen, ist somit unabdingbar. Die Verwalterbestellung kann deshalb auch nicht ausgeschlossen werden, weil das zu verwaltende Gemeinschaftseigentum sehr klein ist (Staudinger/ Bub § 26 Rn. 11 m.w.N.).

Abgesehen davon ist Rechtsgrundlage dafür, dass hier ein Verwalter bestellt werden sollte, der gerichtliche Vergleich vom 28.1.1999 in dem anderweitigen Rechtsstreit, an dem die Antragstellerin und die Antragsgegner zu 1 und zu 2 beteiligt waren.

c) Die Bestellung der weiteren Beteiligten zur Verwalterin entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung. Die von der Verwalterin als Sachbearbeiter mit der Angelegenheit betraute Person ist ersichtlich in den Geschäftsbetrieb der GmbH eingebunden.

Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass Gründe, an der Zuverlässigkeit, Objektivität und Eignung der weiteren Beteiligten zu zweifeln, nicht vorliegen. Dagegen hat die Antragstellerin mit der Rechtsbeschwerde keine Einwendungen erhoben.

d) Die Bestellung der weiteren Beteiligten zur Verwalterin stellt auch keine rechtsmißbräuchliche Ausnutzung der Stimmenmehrheit durch die Antragsgegner dar. Ein solcher Grund für die Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses liegt nahe, wenn das Stimmrecht in einer Zweiergemeinschaft abweichend von § 25 Abs. 2 WEG der Größe der Miteigentumsanteile folgt und dadurch für einen der Miteigentümer von vornherein ein Stimmenübergewicht geschaffen wird (vgl. BayObLGZ 1986, 10 f. m.w.N.; 1997., 139 f.). Dies gilt in gesteigertem Maße, wenn der Eigentümer seine Stimmenmehrheit dazu ausnützt, sich selbst oder eine Person seines Vertrauens zum Verwalter zu bestellen (vgl. BayObLG WE 1990, 111 f.; WuM 1996, 648; ZMR 1999, 495 f.; OLG Düsseldorf WE 1996, 70 f.). Hier liegt weder eine Zweiergemeinschaft vor noch ist nach den Feststellungen des Landgerichts davon auszugehen, dass die Antragsgegner ihre Stimmenmehrheit dazu ausgenutzt haben, sich selbst oder eine Person ihres Vertrauens zum Verwalter zu bestellen. Zutreffend weist das Landgericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es für die Antragsgegner eine andere Verfahrensweise nicht gegeben hat, nachdem sich die Antragstellerin dagegen ausgesprochen hatte, überhaupt einen Verwalter zu bestellen.

e) Der Eigentümerbeschluss ist auch nicht insoweit für ungültig zu erklären, als er die Verwaltervergütung betrifft. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht ausgeführt, dass die Höhe der Vergütung den Rahmen des Üblichen und Angemessenen nicht sprengt. Insbesondere war es nicht rechtsfehlerhaft, dass das Landgericht hinsichtlich der Höhe des Stundensatzes als Vergleichsbetrag herangezogen hat, was für einen Handwerker pro Stunde zu zahlen ist. Die Billigung des Stundensatzes durch das Landgericht beruht insbesondere deshalb nicht auf einem Rechtsfehler, weil bei den gegebenen Umständen wohl kaum ein Verwalter zu finden gewesen wäre, der die Verwaltertätigkeit für ein geringeres Honorar übernommen hätte. Die berufliche Qualifikation des eingesetzten Sachbearbeiters tritt dabei in den Hindergrund.

3. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird in Übereinstimmung mit der Wertfestsetzung der Vorinstanzen auf 5100 DM festgesetzt, § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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