Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 09.03.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 259/03
Rechtsgebiete: WEG, BGB


Vorschriften:

WEG § 15
BGB § 242
Ist ein Wohnungseigentümer aus dem Gemeinschaftsverhältnis verpflichtet, den übrigen Wohnungseigentümern Sondernutzungsflächen für öffentlich-rechtlich vorgeschriebene Besucherparkplätze zu überlassen, so kann grundsätzlich nur eine Gebrauchsüberlassung gegen Zahlung eines Nutzungsentgelts verlangt werden, nicht aber die Aufgabe der Sondernutzungsrechte gegen eine einmalige Zahlung.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und der Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die aus 210 Wohnungen, 271 Tiefgaragenstellplätzen und 31 oberirdischen Stellplätzen besteht.

Nach der Teilungserklärung waren mit dem Hobbyraum Nr. 83 die Sondernutzungsrechte an den 31 oberirdischen Stellplätzen verbunden. Der Bauträger und teilende Grundstückseigentümer, der sich das Eigentum u.a. an dem Hobbyraum vorbehalten hatte, übertrug zunächst das Sondernutzungsrecht an sechs oberirdischen Stellplätzen gegen Entgelt auf andere Wohnungseigentümer. Die restlichen 25 Stellplätze stellte er im Jahr 1993 als Besucherparkplätze den Wohnungseigentümern zur Verfügung; dies wurde durch ein entsprechendes Hinweisschild kenntlich gemacht. Der Baugenehmigungsbescheid enthielt nämlich die Auflage, 10 % der Stellplätze, somit 31 Stellplätze, als Besucherstellplätze bereitzuhalten. Der Antragsgegner erwarb im Jahr 1996 vom Konkursverwalter über das Vermögen des Bauträgers u.a. den Hobbyraum Nr. 83 einschließlich des Sondernutzungsrechts an den noch nicht vom Bauträger verkauften 25 oberirdischen Stellplätzen. Das Sondernutzungsrecht an den Stellplätzen ist nunmehr mit dem Tiefgaragenstellplatz Nr. 206 verbunden, der dem Antragsgegner gehört.

Die Antragsteller haben zunächst beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, die 25 oberirdischen Pkw-Abstellplätze für die Besucher der Wohnanlage freizuhalten und das Hinweisschild wieder anzubringen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 8.3.2001 den Anträgen stattgegeben. Das Landgericht hat am 26.7.2001 auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und die Anträge abgewiesen. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller hat der Senat mit Beschluss vom 5.12.2001 (NZM 2002, 259) den Beschluss des Landgerichts vom 26.7.2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Im weiteren Verfahren vor dem Landgericht haben die Antragsteller ihren Antrag geändert. Sie beantragen nunmehr, den Antragsgegner zu verpflichten, die verfahrensgegenständlichen Sondernutzungsrechte Zug um Zug gegen Zahlung von 38.346,89 EUR aufzugeben und die Löschung im Grundbuch zu bewilligen. Eine Verpflichtung des Antragsgegners zur bloßen Nutzungsüberlassung haben die Antragsteller ausdrücklich abgelehnt. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 18.11.2003 den Beschluss des Amtsgerichts vom 8.3.2001 erneut aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller, mit der sie ihren Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Aufgabe der Sondernutzungsrechte weiterverfolgen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Frage einer mietweisen Überlassung der Stellplätze sei nicht mehr verfahrensgegenständlich, da die Antragsteller eine Anmietung definitiv abgelehnt hätten und entsprechende frühere Anträge nicht mehr weiterverfolgen würden. Aus der Entscheidung des Senats vom 5.12.2001 ergebe sich, dass der Senat nur eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Überlassung der Sondernutzungsrechte gegen eine laufende Nutzungsvergütung angenommen habe. Hieran sei das Landgericht gebunden.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Zutreffend hat das Landgericht den Senatsbeschluss vom 5.12.2001 dahin ausgelegt, dass der Antragsgegner seine Sondernutzungsfläche nur zur Bereitstellung von Besucherparkplätzen überlassen, nicht aber auf seine Sondernutzungsrechte verzichten muss. Dies ergibt sich insbesondere aus der Formulierung der Gründe S. 5 unten und aus dem Umstand, dass der Senat auf den Verkehrswert der Gebrauchsvorteile abgestellt hat (S. 6 des Beschlusses). Davon abgesehen entspricht es auch der Billigkeit, dass der Antragsgegner mit der Nutzungsüberlassung einen gegenüber der Aufgabe der Sondernutzungsrechte nur geringeren Eingriff hinnehmen muss. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner zu einer Gebrauchsüberlassung, wenn auch zu wesentlich anderen Konditionen als von den Antragstellern vorgeschlagen, bereit ist. Die Befürchtung der Antragsteller, im Falle einer Zwangsversteigerung könne der Ersteher von seinem Kündigungsrecht nach § 57a ZVG Gebrauch machen, fallen demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Durch die Nutzungsüberlassung wird nämlich kein Mietverhältnis im Sinne von § 57a ZVG, § 535 BGB begründet. Vielmehr besteht die Verpflichtung des Antragsgegners, wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 5.12.2001 ausgesprochen hat, aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer. Die von den Antragstellern zu erbringende Gegenleistung ist keine Miete im Sinne des § 535 Abs. 2 BGB, sondern, wie der Senat in seinem Beschluss vom 5.12.2001 ebenfalls bereits ausgesprochen hat, eine Ausgleichszahlung für die Gebrauchsüberlassung. Deshalb bestimmt sich diese auch nicht allein nach den Marktgegebenheiten. Der Verkehrswert der Gebrauchsvorteile ist lediglich der Ansatzpunkt, der durch weitere Umstände des Falles unabhängig von der ortsüblichen Miete, insbesondere durch die Höhe des Kaufpreises, modifiziert sein kann. Die Verpflichtung zur Gebrauchsüberlassung ist deshalb dem Gemeinschaftsverhältnis immanent und bindet auch den Erwerber durch Zuschlag.

Zu einer Gebrauchsüberlassung kann der Antragsgegner nicht verurteilt werden, da die Antragsteller einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, sondern ausdrücklich erklärt haben, dass eine Gebrauchsüberlassung nicht gewünscht wird. Hieran ist das Gericht gebunden (BayObLG ZMR 1990, 65/66).

3. Es entspricht der Billigkeit, die Antragsteller als Unterlegene mit den Gerichtskosten zu belasten (§ 47 Satz 1 WEG). Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten besteht keine Veranlassung (§ 47 Satz 2 WEG).

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.



Ende der Entscheidung

Zurück