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Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.03.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 27/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 24 Abs. 1
Fassen die beiden Wohnungseigentümer einer Eigentümergemeinschaft, die keinen Verwalter hat, auf einer von einem der beiden Wohnungseigentümer einberufenen Versammlung, zum großen Teil einstimmig, Eigentümerbeschlüsse, ohne dass die Einberufung beanstandet wird, dann ist eine Anfechtung der gefassten Beschlüsse unter Berufung auf einen Einberufungsmangel rechtsmissbräuchlich.
Gründe:

I.

Der Antragsteller und die beiden Antragsgegner, ein Ehepaar, sind die beiden Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Ein Verwalter ist nicht bestellt. Das Wohnungseigentum des Antragstellers besteht aus einem Miteigentumsanteil von 43,61/1000 und das der Antragsgegner aus einem solchen von 56,39/1000. Das gesetzliche Kopfprinzip für die Beschlussfassung ist nicht durch Vereinbarung abgedungen.

In der Eigentümerversammlung vom 4.10.2002, zu der die Antragsgegner eingeladen hatten und zu der sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegner erschienen waren, wurden mehrere Beschlüsse gefasst. Ein Teil der Beschlussanträge wurde einstimmig angenommen, ein anderer mit den Stimmen der Antragsgegner. Dabei wurde nach Miteigentumsanteilen abgestimmt. Unter TOP 5b wurde einstimmig beschlossen, dass nicht zur Eigentümergemeinschaft gehörende Personen nicht berechtigt sind, sich an gemeinschaftlichen Anlagen, z.B. der Heizung, zu betätigen.

Der Antragsteller hat beantragt, die am 4.10.2002 gefassten Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat dem Antrag am 3.9.2003 stattgegeben. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 2.1.2004 die Entscheidung des Amtsgerichts abgeändert und nur die nicht einstimmig gefassten Eigentümerbeschlüsse sowie den unter TOP 5b gefassten Eigentümerbeschluss für ungültig erklärt. Hiergegen haben sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegner sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

1. Das Rechtsmittel des Antragstellers ist zulässig. Dagegen ist die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner als selbständiges Rechtsmittel nicht zulässig, weil sich aus der Rechtsmittelschrift nicht erkennen ließ, für wen das Rechtsmittel eingelegt wurde. Entsprechende Feststellungen konnten durch das Rechtsbeschwerdegericht nur anhand der Akten getroffen werden, die aber erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingegangen sind (vgl. BGH NJW-RR 1997, 1020). Das Rechtsmittel der Antragsgegner ist aber als unselbständige Anschlussrechtsbeschwerde zulässig.

Beide Rechtsmittel haben in der Sache keinen Erfolg.

2. Der Antragsteller hat sein Rechtmittel ausschließlich damit begründet, dass eine ordnungsmäßige Ladung zu der Eigentümerversammlung vom 4.10.2002 nicht vorliege. Die Antragsgegner seien zu einer solchen Ladung nicht berechtigt gewesen.

a) Zutreffend ist, dass eine Eigentümerversammlung grundsätzlich nur vom Verwalter einberufen werden kann (§ 24 Abs. 1 WEG). Wenn jedoch in einer Zweiergemeinschaft, die keinen Verwalter hat, beide Wohnungseigentümer in einer von einem der beiden einberufenen Eigentümerversammlung Beschlüsse, zum großen Teil einstimmig, fassen, dann kann keiner von ihnen die in dieser Versammlung gefassten Eigentümerbeschlüsse unter Berufung auf eine unwirksame Einladung anfechten. Dies gilt insbesondere dann, wenn bei der Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung kein Vorbehalt wegen der Einladung gemacht wurde. Die Berufung auf einen Einberufungsmangel ist in einem solchen Fall rechtsmissbräuchlich.

b) Das Landgericht hat die Eigentümerbeschlüsse, die einstimmig gefasst wurden, mit Ausnahme des zu TOP 5b gefassten Beschlusses, als ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechend angesehen (§ 21 Abs. 3, 4 WEG). Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Einwendungen bringt der Antragsteller insoweit nicht vor. Im Übrigen käme einem Einberufungsmangel, was diese Beschlüsse betrifft schon deshalb keine rechtserhebliche Bedeutung zu, weil ausgeschlossen werden kann, dass die Beschlüsse ohne den Einberufungsmangel nicht oder anders gefasst worden wären (vgl. BayObLG ZMR 2003, 217).

Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht den Eigentümerbeschluss zu TOP 5b, obwohl einstimmig gefasst, für ungültig erklärt. Zutreffend ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass es nicht dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht, wenn jede Betätigung dritter Personen an gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen ausgeschlossen wird. Dies hätte nämlich zur Folge, dass Instandsetzungsmaßnahmen, die von den Wohnungseigentümern mangels der erforderlichen Fachkenntnisse und Fähigkeiten nicht selbst durchgeführt werden können, unterbleiben müssten.

3. Soweit Eigentümerbeschlüsse in der Versammlung vom 4.10.2002 nicht einstimmig gefasst wurden, hat sie das Landgericht ohne Rechtsfehler für ungültig erklärt. Ein Eigentümerbeschluss kommt zustande, wenn mehr Eigentümer für als gegen den Beschlussantrag gestimmt haben. Bei einer Zweiergemeinschaft können unter der Geltung des gesetzlichen Kopfprinzips bei der Beschlussfassung (§ 25 Abs. 2 WEG) Mehrheitsbeschlüsse danach nicht gefasst werden. Den in der Eigentümerversammlung vom 4.10.2002 gefassten Mehrheitsbeschlüssen wurde bei der Abstimmung die Größe der Miteigentumsanteile zu Grunde gelegt. Dies verstößt gegen die gesetzliche Regelung des § 25 Abs. 2 WEG, die durch Vereinbarung hätte abgedungen werden können (§ 10 Abs. 1 Satz 2 WEG). Dies ist aber nicht geschehen. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass die Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vom 12.12.2001 einen Eigentümerbeschluss des Inhalts gefasst haben, es solle nach Miteigentumsanteilen abgestimmt werden, wäre ein solcher Beschluss, da gesetzesändernd, nichtig (BGHZ 145, 158 = NJW 2000, 3500).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG und die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG; der Senat übernimmt dabei die vom Landgericht für die einzelnen Eigentümerbeschlüsse angesetzten Werte.



Ende der Entscheidung

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