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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 10.03.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 274/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 3
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 2
WEG § 28 Abs. 3
1. In die Jahresabrechnung sind die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben ohne Rücksicht darauf einzustellen, ob sie zu Recht getätigt wurden. Die Genehmigung der Jahresabrechnung betrifft nur die rechnerische Richtigkeit und enthält keine Billigung des zu Grunde liegenden Verwalterhandelns. Dies kann Gegenstand eines Entlastungsbeschlusses sein.

2. Es kann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, dass die Wohnungseigentümer im Rahmen ihrer Pflicht zur Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums für eine bestimmte Instandsetzungsmaßnahme einen Kostenrahmen vorgeben, bei dessen Überschreiten die Maßnahme unterbleiben soll. Unberührt davon bleibt die grundsätzliche Instandsetzungspflicht hinsichtlich des Gemeinschafseigentums.

3. Soll die Medienversorgung auf ein anderes System umgestellt werden, sind grundsätzlich vom Verwalter vor der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer Angebote für die verschiedenen konkurrierenden Systeme (Antenne, Kabel, Satellitenschüssel) einzuholen.


Gründe:

I.

Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Am 11.4.2002 genehmigten die Wohnungseigentümer die Jahresgesamt- und Einzelabrechnungen für 2001 (TOP 1). Ferner beschlossen die Wohnungseigentümer zu überprüfen, ob eine witterungsgeführte Regelung der Heizungsanlage möglich ist; sollte dies nicht der Fall sein und die Wiederherstellung einer witterungsgeführten Regelung bis zu einem Kostenrahmen in Höhe von 2.000 EUR möglich sein, wird diese Maßnahme durchgeführt; unter dieser Voraussetzung würden dann noch zusätzlich folgende Maßnahmen zu Kosten von etwa 6.500 EUR durchgeführt: Die defekte Schaltuhr im zweiten Regelkreis und die alten vier Motorschutzschalter werden erneuert; an der Rückwand der Bedienungstüre des Schaltschrankes wird eine berührungssichere Abdeckung montiert; die defekten Temperaturregler der Boiler werden erneuert. Sollte sich herausstellen, dass die Wiederherstellung einer witterungsgeführten Regelung bis zu einem Kostenrahmen von 2.000 EUR nicht möglich ist, wird sie nicht durchgeführt und auch die zusätzlichen Maßnahmen für 6.500 EUR unterbleiben. Finanziert werden die genannten Maßnahmen über die Instandhaltungsrücklage (TOP 3a und 3b). Außerdem beschlossen die Wohnungseigentümer, die Medienversorgung des Anwesens künftig über einen Anschluss an das Breitbandkabel zu gewährleisten; hierzu werde ein Miet- und Betriebsvertrag für Breitbandverteileranlagen mit 15 Jahren Laufzeit zu einer monatlichen Miete je Wohneinheit von 7,73 EUR zzgl. Mehrwertsteuer abgeschlossen (TOP 4).

Die Antragstellerin hat diese Beschlüsse angefochten. Das Amtsgericht hat die Anträge am 26.2.2003 abgewiesen. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 10.12.2003 die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.

1. Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf die Begründung des amtsgerichtlichen Beschlusses ausgeführt: Die Jahresabrechnung habe die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben gegenüberzustellen. Sie habe daher die tatsächlich an den Hausmeister gezahlten Beträge zu enthalten. Ob die Lohnerhöhung für den Hausmeister der Zustimmung der Wohnungseigentümer bedurft hätte, berühre die Wirksamkeit der Abrechnung nicht.

Der Beschluss über die Erneuerung der Heizungsregelung entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Es sei nicht zu beanstanden, dass zunächst der Versuch einer Wiederherstellung der witterungsgeführten Regelung bis zu Kosten von 2.000 EUR habe unternommen werden sollen und bei Erfolg für höchstens weitere 6.500 EUR Reparaturen hätten vorgenommen werden sollen. Es liege im Ermessen der Wohnungseigentümer entsprechende Kostenrahmen vorzugeben und festzulegen, dass bei einer Überschreitung die Maßnahmen insgesamt zu unterbleiben hätten. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass eine Erneuerung der Heizungsregelung für 18.000 EUR erörtert worden sei und die beschlossenen Maßnahmen eine Hinauszögerung der kostenaufwändigen Erneuerung zum Ziel hätten.

Der Austausch des Fernsehempfangs über Antenne gegen einen Kabelanschluss stelle eine grundsätzlich zustimmungspflichtige bauliche Veränderung dar. Die Antragstellerin werde durch den angefochtenen Beschluss aber nicht beeinträchtigt, weil sie nicht verpflichtet sei, sich an der Medienversorgung über das Breitbandkabel zu beteiligen. In der mündlichen Verhandlung sei seitens der Verwaltung ausdrücklich bestätigt worden, dass die Wohnung der Antragstellerin mit einem Filter versehen werden könne, der nur den Empfang der auch über Antenne zugänglichen Sender zulasse. In diesem Fall müsse die Antragstellerin sich auch nicht an den Kabelanschlusskosten beteiligen.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

a) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die Abweisung des Antrags auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses über die Jahresgesamt- und Einzelabrechung 2001 bestätigt. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats und allgemeiner Meinung, dass in die Jahresabrechnung alle tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben einzustellen sind, ohne Rücksicht darauf, ob sie zu Recht getätigt wurden oder nicht (z.B. BayObLG NZM 2002, 531 m.w.N.). Ob die dem Hausmeister gewährte Lohnerhöhung durch den Verwalter gerechtfertigt war oder nicht, berührt, solange die tatsächlich an ihn gezahlten Beträge in die Jahresabrechnung aufgenommen werden, den Eigentümerbeschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung nicht. Die Genehmigung hat nur die rechnerische Richtigkeit der Abrechnung zum Gegenstand und enthält keine Billigung der vom Verwalter getätigten Ausgaben (BayObLG NZM 2002, 455 f.). Einen solchen Inhalt könnte ein Eigentümerbeschluss über die Entlastung des Verwalters haben (vgl. BayObLG NZM 2003, 31 f.).

b) Jeder Wohnungseigentümer kann im Rahmen seines Anspruchs auf ordnungsmäßige Verwaltung die Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, zu dem insbesondere dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienende Einrichtungen, wie die Heizungsanlage, gehören (§ 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG).

Rechtlich zutreffend hat es das Landgericht als sich im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung bewegend angesehen, dass die Wohnungseigentümer beschlossen haben, einen bestimmten Kostenrahmen für die Wiederherstellung der witterungsgeführten Regelung der Heizungsanlage aufzuwenden und bei einem Überschreiten des Kostenrahmens von der Wiederherstellung abzusehen. Dies anerkennt auch die Antragstellerin im Grundsatz. Den weitergehenden Inhalt, den sie dem Eigentümerbeschluss beimisst, hat dieser jedoch nicht. Beschlossen wurde lediglich, dass bei Überschreiten des Kostenrahmens auch bestimmte, von D. vorgeschlagene und ersichtlich in Zusammenhang mit der witterungsgeführten Regelung stehende Instandsetzungsmaßnahmen unterbleiben sollen. Unberührt bleibt von dem Eigentümerbeschluss der grundsätzliche Anspruch jedes Wohnungseigentümers auf Vornahme der zu einem ordnungsmäßigen Funktionieren erforderlichen Instandsetzungsarbeiten an der Heizung, auch wenn dabei von einer witterungsgeführten Regelung der Heizungsanlage Abstand genommen werden sollte.

c) Der Eigentümerbeschluss kann jedoch keinen Bestand haben, soweit er die Umstellung der Medienversorgung betrifft (TOP 4). Das Landgericht hat den Eigentümerbeschluss deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechend angesehen, weil sich die Antragstellerin nach dem Beschluss nicht an der Medienversorgung über Breitbandkabel beteiligen müsse und deshalb durch den Beschluss nicht beeinträchtigt werde. Einen solchen Inhalt hat der Eigentümerbeschluss nach seinem Wortlaut und Sinn jedoch nicht. Der Vertrag mit der Betreibergesellschaft soll vielmehr für die gesamte Wohnanlage abgeschlossen werden und für jede Wohnung soll ein bestimmter zu zahlender Betrag festgelegt werden. Nach dem Eigentümerbeschluss muss sich die Antragstellerin jedenfalls an den Kosten der Medienversorgung durch Kabel mit ihrer Wohnung beteiligen.

Der Eigentümerbeschluss kann keinen Bestand haben. Zu Recht beanstandet die Antragstellerin, dass eine Abwägung der Vor- und Nachteile einer Versorgung über Kabel oder andere Anlagen, z.B. eine Satellitenanlage, nicht stattgefunden habe. Bei größeren Instandsetzungsmaßnahmen ist der Verwalter grundsätzlich verpflichtet, Konkurrenzangebote einzuholen und den Wohnungseigentümern vorzulegen (BayObLG NZM 2002, 564/566). Nichts anderes gilt bei einer ins Auge gefassten Umstellung der Medienversorgung auf ein anderes System. Ein Vertreter der Kabelbetreibergesellschaft ist nicht geeignet, eine objektive Darstellung der Vor- und Nachteile anderer in Betracht kommender und konkurrierender Anlagen, insbesondere einer Satellitenanlage, darzulegen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG.

Den Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren setzt der Senat in Übereinstimmung mit der Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts auf 31.000 EUR fest (§ 48 Abs. 3 Satz 1 WEG). Der Geschäftswert für das Verfahren vor dem Amtsgericht wird in gleicher Höhe festgesetzt; das Amtsgericht hat einen Geschäftswert von 28.000 EUR angenommen.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war allerdings auch noch der Antrag vom 18.11.2003, den das Landgericht bei seiner Geschäftswertfestsetzung nicht berücksichtigt hat. Der Senat hält insoweit einen Betrag von 2.000 EUR für angemessen. Entsprechend wird der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren abgeändert.



Ende der Entscheidung

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