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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.07.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 31/02
Rechtsgebiete: WEG, ZPO


Vorschriften:

WEG § 45
ZPO § 4
Führt in einer Wohnungseigentumssache die Rücknahme eines Antrags dazu, daß der Wert des Beschwerdegegenstands 750 Euro nicht mehr übersteigt, wird das Rechtsmittel regelmäßig unzulässig.
Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht am 1.8.2000 beantragt, die Eigentümerbeschlüsse vom 1.7.2000 zu den Tagesordnungspunkten (TOP) 5 bis 8 für ungültig zu erklären. Am 3.9.2000 hat er zusätzlich beantragt, die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 9 und 10 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 20.6.2001 den Antrag abgewiesen. Den Geschäftswert hat es auf insgesamt 3410 DM festgesetzt-. Dabei ist es von folgenden Einzelgeschäftswerten ausgegangen:

TOP 5 (fehlende Reinigungsöffnung des Kamins im Untergeschoss): 400 DM, TOP 6 (neues Schloss für die Haustüre im Untergeschoss): 150 DM, TOP 7 (Zahlungen an den Schneepflugfahrer): 500 DM, TOP 8 (neue Umwälzpumpe für die Heizungsanlage): 360 DM, TOP 9 und 10: jeweils 1000 DM.

Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts mit Beschluss vom 14.2.2002 zurückgewiesen; den Geschäftswert hat es in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht auf 3410 DM = 1742 Euro festgesetzt. Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 19.3.2002 uneingeschränkt sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Mit der Beschwerdebegründung (Schriftsatz vom 30.4.2002) hat der Antragsteller beantragt, die Beschlüsse der Vorinstanzen insoweit aufzuheben, als der Antrag auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 5 bis 8 abgewiesen worden ist. In der Begründung des Schriftsatzes hat er u.a. ausgeführt, dass der Antrag auf Ungültigerklärung der Eigentümerbeschlüsse zu TOP 9 und 10 "schon allein deswegen nicht weiterverfolgt werde, da diese keinen eigenständigen Regelungsinhalt haben". Auf den Hinweis des Senats vom 22.5.2002, dass nunmehr der Wert des Gegenstandes der Beschwerde 750 Euro nicht mehr übersteige, hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 18.6.2002 sinngemäß erwidert, dass die Beschwerdebegründung vom 30.4.2002 keine Teilrücknahme der Beschlussanfechtung darstelle.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist unzulässig, weil der Wert des Gegenstandes der weiteren Beschwerde 750 Euro nicht übersteigt, § 45 Abs. 1 WEG.

1. Ob die Beschwerdesumme überschritten wird, beurteilt sich analog § 4 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung. Wird die Beschwerde später teilweise zurückgenommen, so dass der maßgebliche Wert unterschritten ist, wird das Rechtsmittel grundsätzlich unzulässig (BGH NJW 1983, 1063; BayObLG WE 1995, 61; OLG Hamburg NJW-RR 1998, 356; Staudinger/Wenzel WEG § 45 Rn. 11). Ein solcher Fall liegt hier zunächst vor. Der Antragsteller hat nach dem eindeutigen Wortlaut seines Schriftsatzes vom 30.4.2002 seine ursprünglich in vollem Umfang eingelegte sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts hinsichtlich TOP 9 und TOP 10 nicht weiterverfolgt und nur noch die Ungültigerklärung von TOP 5 bis 8 beantragt. Bezüglich dieses Anfechtungsumfangs haben die Vorinstanzen den Geschäftswert zutreffend auf 720 Euro festgesetzt. Dagegen hat auch der Antragsteller keine Einwendungen erhoben. Der Senat geht für das Rechtsbeschwerdeverfahren vom gleichen Geschäftswert aus.

2. Der Umfang der Anfechtung eines Beschlusses wird grundsätzlich durch den Antrag bestimmt, den der Rechtsmittelführer zuletzt gestellt hat. Der Schriftsatz des Antragstellers vom 18.6.2002 ist so auszulegen, dass er nunmehr wieder den ursprünglichen uneingeschränkten Antrag stellt. Durch diesen Antrag wurde die Beschwerdesumme überschritten. Grundsätzlich ist ein Rechtsmittel nicht schon dann unzulässig, wenn der Antragsteller es einschränkt und anschließend wieder erweitert. Erst zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts steht endgültig fest, wie weit die Entscheidung der Vorinstanz angefochten wird. Bis dahin hat der Rechtsmittelantrag nur vorläufigen Charakter; er kann also noch erweitert werden, wenn sich die Erweiterung im Rahmen des in der Rechtsmittelfrist gestellten Antrags hält (vgl. BGH NJW 1983, 1063; NJW-RR 1988, 66). Dies ist hier an sich der Fall.

3. Der Antragsteller hat aber durch eine hinreichend bestimmte Erklärung die durch seine unbeschränkte Rechtsmitteleinlegung eröffnete Anfechtungsmöglichkeit aufgrund seines Schriftsatzes vom 30.4.2002 endgültig aufgegeben. Er hat dort nämlich ausgeführt, dass der Antrag auf Ungültigerklärung von TOP 9 und TOP 10 nicht weiterverfolgt werde. Die erneute Einbeziehung von TOP 9 und TOP 10, bei deren Anfechtung die Frist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG versäumt wurde, bezweckt erkennbar, den notwendigen Beschwerdewert wieder zu erreichen. Den Umständen nach liegt ein teilweiser Rechtsmittelverzicht vor (vgl. BGH NJW-RR 1988, 66, NJW 1990, 1118). Dem Antragsteller war es deshalb nicht möglich, mit Schriftsatz vom 18.6.2002 seinen Antrag wieder in der Weise zu erweitern, dass sich die erstrebte Ungültigkeitserklärung auch auf die Tagesordnungspunkte 9 und 10 bezieht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

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