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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 24.08.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 33/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 45 Abs. 1
Die Rechtsmittelbeschwer eines Wohnungseigentümers wegen einer fehlerhaften Jahresabrechnung bemißt sich nach der anteiligen Belastung, die ihm bei der seiner Ansicht nach richtigen Abrechnung erspart geblieben wäre
BayObLG Beschluss

LG München II - 6 T 314/00 AG Dachau 4 UR II 33/99

2Z BR 33/00

24.08.00

Der 2.Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.Reichold sowie der Richter Werdich und Dr.Delius am 24. August 2000 in der Wohnungseigentumssache wegen Ungültigerklärung vom Eigentümerbeschlüssen

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners zu 1 gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 3.März 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner zu 1 hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und dem Antragsteller die in diesem Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 9106,10 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Den Antragsgegnern zu 1 und 2 gehört das Wohnungseigentum Nr.2 mit einem Miteigentumsanteil von 40/1000 und die Garage Nr.18 mit einem Miteigentumsanteil von 10/1000; der Antragsgegner zu 2 ist zugleich der Verwalter.

In der Eigentümerversammlung vom 26.8.1999 beschlossen die Wohnungseigentümer zu Tagesordnungspunkt (TOP) 2 a die Genehmigung der Jahresgesamt- und Einzelabrechnungen für das Wirtschaftsjahr 1998 sowie die Entlastung des Verwalters. Zu TOP 3 genehmigten sie die Gesamt- und Einzelwirtschaftspläne für das Wirtschaftsjahr 1999. Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 2 a und TOP 3 jeweils hinsichtlich bestimmter Einzelpositionen und den Beschluss über die Entlastung des Verwalters für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat am 15.12.1999 den Eigentümerbeschluss zu TOP 2 a hinsichtlich der Position "umlegbare Wohngebäudeversicherung" und der Entlastung des Verwalters sowie den Eigentümerbeschluss zu TOP 3 hinsichtlich der Positionen "Wohngebäudeversicherung Haus Nrn.5 - 9" und "Brandversicherung Haus Nrn.5 - 9" für ungültig erklärt. Weitere Anträge, mit denen der Antragsteller teils erfolgreich war, teils unterlegen ist, sind für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr von Bedeutung.

Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts hat der Antragsgegner zu 1 sofortige Beschwerde eingelegt, soweit die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 2 a und TOP 3 für ungültig erklärt worden sind; ferner hat er sich gegen die Kostenentscheidung gewendet. Das Landgericht h at das Rechtsmittel durch Beschluss vom 9.3.2000 wegen Fehlens der erforderlichen Beschwer verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners zu 1.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstands zulässig, nachdem das Landgericht die Erstbeschwerde wegen Nichterreichens der erforderlichen Beschwer als unzulässig verworfen hat (BGHZ 119, 216/217; BayObLG WuM 1999, 130/131 m.w.N.).

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die sofortige Beschwerde sei unzulässig, weil die Beschwer des Antragsgegners zu 1 unter 1500 DM liege. In der zu TOP 2 a beschlossenen Jahresgesamtabrechnung 1998 sei für die Wohngebäudeversicherung der Betrag von 2524 DM angesetzt. Die Verwalterentlastung habe das Amtsgericht mit 3300 DM bewertet; dies entspreche rund einem Zehntel des Gesamtvolumens der Jahresabrechnung. In dem zu TOP 3 beschlossenen Wirtschaftsplan für 1999 sei für die Wohngebäudeversicherung ein Betrag von 2753,40 DM und für die Brandversicherung 528,70 DM angesetzt. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens betrage somit insgesamt 9106,10 DM. Die Beschwer des Antragsgegners zu 1 erreiche nicht einmal 500 DM, denn sie könne nicht höher sein als der seinem Miteigentumsanteil von insgesamt 50/1000 entsprechende Betrag. Tatsächlich sei seine Beschwer noch niedriger, denn hinsichtlich der Versicherungen könne nur der Unterschiedsbetrag in Ansatz gebracht werden, der sich bei einer Abrechnung nach Miteigentumsanteilen gegenüber der Abrechnung nach den vom Amtsgericht aufgestellten Grundsätzen ergebe. Der Beschwerdewert ändere sich auch nicht dadurch, dass der Antragsgegner zu 2 eine Änderung der Kostenentscheidung verlangt habe.

3. Diese Ausführungen sind frei von Rechtsfehlern.

a) Die Rechtsmittelbeschwer bemißt sich nicht nach dem Geschäftswert des Verfahrens, sondern allein nach dem vermögenswerten Interesse des Beschwerdeführers an der Änderung der angefochtenen Entscheidung. Der Wert des Beschwerdegegenstands kann insgesamt nicht höher, wohl aber niedriger sein als der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens (BGHZ 119, 216/218 f.; BayObLGZ 1990, 141/143 f. und st.Rspr.). Bei mehreren Anträgen reicht es aus, wenn der Wert insgesamt 1500 DM übersteigt.

Da allein das vermögenswerte Interesse des Beschwerdeführers an einer Änderung der angefochtenen Entscheidung maßgebend ist, bleiben die Interessen der übrigen Wohnungseigentümer und die Bedeutung der Sache für die Gemeinschaft insgesamt unberücksichtigt (BGHZ 119, 216/219; BayObLG ZMR 1999, 348).

b) Wird der Beschluss über die Jahresabrechnung mit der Begründung angefochten, es sei ein falscher Kostenverteilungsschlüssel angewendet worden oder einzelne Posten hätten nicht als Ausgaben in die Jahresabrechnung eingestellt werden dürfen, so bemißt sich die Beschwer des Rechtsmittelführers nach der anteiligen Belastung, die ihm bei der seiner Ansicht nach richtigen Abrechnung erspart geblieben wäre (vgl. BayObLG WuM 1999, 130/131 m.w.N.). Entsprechendes gilt für die Beschwerde gegen eine Entscheidung über die Gültigkeit des Wirtschaftsplans.

Aus der Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses über die Entlastung des Verwalters ergibt sich für den Antragsgegner zu 1 als Wohnungseigentümer keine zusätzliche Beschwer (vgl. BayObLG NZM 2000, 685). Es kann daher offenbleiben, ob für ihn insoweit überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde besteht.

Dass es bei der Bemessung des Beschwerdewerts, abgesehen vom Fall des § 20a Abs. 2 FGG, nur auf den Wert der Hauptsacheentscheidung ohne Zinsen und Kosten ankommt, folgt aus §§ 2, 4 Abs. 1 ZPO (BayObLGZ 1990, 141/144 und st.Rspr.).

c) Nach diesen Grundsätzen hat das Landgericht zu Recht angenommen, dass die Beschwer des Antragsgegners zu 1 weit unter dem nach § 45 Abs. 1 WEG maßgebenden Wert von 1500 DM liegt. Mit Erwägungen über die Bedeutung einer Rechtsfrage im Allgemeinen oder für die Gemeinschaft im Besonderen läßt sich eine höhere Beschwer nicht begründen. Es ist nicht zu verkennen, dass dadurch die Beschwerdeinstanz auch für Streitfragen verschlossen bleiben kann, die für die Wohnungseigentümer insgesamt von erheblicher Bedeutung sind, wenn der Rechtsmittelführer den erforderlichen Beschwerdewert nicht erreicht. Dies hat der Gesetzgeber aber gesehen und in Kauf genommen (BGHZ 119, 216/219 f.).

4. Dem Senat erscheint es angemessen, dem unterlegenen Antragsgegner zu 1 die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen und anzuordnen, dass er dem Antragsteller die ihm in diesem Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat (§ 47 WEG).

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG und übereinstimmend mit der Wertfestsetzung des Landgerichts auf 9106,10 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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