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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 13.06.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 35/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 15 Abs. 3
Weist die Teilungserklärung ein Teileigentum als "Laden/Büro", "Ladenlokal mit Voll-/ Teilküche" und "Laden mit Bistro" aus, darf keine Gaststätte mit Öffnungszeiten über die Ladenzeiten hinaus betrieben werden, weil es auf die Bezeichnung "Laden" ankommt.
BayObLG Beschluß

LG München I - 1 T 6359/99; AG München 482 UR II 869/98

2Z BR 35/00

Verkündet am 13.06.2000

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Präsidenten Dr. Tilch sowie der Richter Demharter und Werdich am 13. Juni 2000 in der Wohnungseigentumssache wegen Unterlassung,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 15. März 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 12000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage. Den Antragstellern gehört die Wohnung Nr. 6, dem Antragsgegner das Teileigentum Nr. 3. Das Teileigentum des Antragsgegners ist in der Teilungserklärung vom 4.4.1997 als Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an dem "Laden/Büro" bezeichnet. § 2 Abs. 3 Satz 1 der Teilungserklärung lautet wie folgt:

Die Gewerbeeinheit Nr. 3 ist insbesondere berechtigt, die Räumlichkeiten bei Vorlage der entsprechenden behördlichen Genehmigung als Ladenlokal mit Voll-/Teilküche zu nutzen.

Durch Nachtragserklärung vom 24.4.1998 wurde der Beschrieb des Teileigentums des Antragsgegners in "Laden mit Bistro" umgewandelt. Über die Wirksamkeit der Nachtragserklärung besteht zwischen den Beteiligten Streit.

Die Antragsteller haben beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, die Nutzung seines Teileigentums als Gaststätte oder Bistro zu unterlassen, hilfsweise eine solche Nutzung außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten zu unterlassen. Das Amtsgericht hat am 19.3.1999 dem Hilfsantrag unter Abweisung des Hauptantrags stattgegeben. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde des Antragsgegners durch Beschluß vom 15.3.2000 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich dessen sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat, weitgehend unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Amtsgerichts, ausgeführt: Angesichts der Zweckbestimmung "Ladenlokal mit Voll-/Teilküche" sei eine gastronomische Nutzung jedenfalls nur innerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten zulässig. Weder in der Zweckbestimmung der ursprünglichen Teilungserklärung, noch in ihrer Ausweitung durch deren § 2, noch in dem Nachtrag zur Teilungserklärung sei auf die Bezeichnung "Laden" verzichtet worden. Im Vordergrund der Zweckbestimmung stehe damit die Bezeichnung "Laden". Allerdings dürfe nach § 2 der Teilungserklärung eine Voll-/Teilküche betrieben und auch ein Fettabscheider eingebaut werden. Daraus lasse sich ableiten, daß in dem Teileigentum zwar auch gekocht werden dürfe, nicht aber, daß damit auch die Ladenöffnungszeiten nicht eingehalten werden müßten. Der Begriff "Ladenlokal" sei ganz wesentlich mit der Vorstellung verbunden, daß die Ladengeschäfte an bestimmte Betriebszeiten gebunden sind und sich dadurch insbesondere von einer Gaststätte unterscheiden.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Es braucht nicht entschieden zu werden, ob die Änderung der Teilungserklärung durch Nachtrag vom 24.4.1998 wirksam und damit für alle Wohnungseigentümer verbindlich ist. Auch wenn davon ausgegangen wird, ändert sich an der Rechtslage nichts.

Rechtlich zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß sowohl in der Bezeichnung des Teileigentums des Antragsgegners in der ursprünglichen Teilungserklärung als "Laden/ Büro" als auch in der Ergänzung gemäß § 2 der Teilungserklärung und Bezeichnung als "Ladenlokal mit Voll-/Teilküche", als schließlich auch in der Bezeichnung gemäß Nachtrag vom 24.4.1998 als "Laden mit Bistro" immer der Begriff "Laden" erscheint. Die Bezeichnung des Teileigentums des Antragsgegners in der wechselnden Ausgestaltung stellt sich als Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 WEG dar. Entscheidend geprägt wird die Zweckbestimmung durch die Bezeichnung "Laden".

b) Bei der Zweckbestimmung eines Teileigentums ist grundsätzlich auch eine andere Nutzung zulässig, als sie sich aufgrund dieser Zweckbestimmung ergibt, sofern sie nicht mehr stört oder beeinträchtigt als eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung. Wird ein Teileigentum nach diesen Grundsätzen von einem Teileigentümer zweckbestimmungswidrig genutzt, kann ein anderer Wohnungs- oder Teileigentümer Unterlassung dieser Nutzung gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 15 Abs. 3 WEG verlangen (allgemeine Meinung und ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. BayObLG WUM 1993, 490; WE 1998, 398; ZMR 2000, 234). Der Charakter eines Geschäftsbetriebs in einem Laden ist ganz wesentlich mit der Vorstellung verbunden, daß ein Laden an beschränkte Betriebszeiten gebunden ist (BayObLG ZMR 1993, 427; NZM 1998, 335; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 567 f.). Bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise (BayObLG aaO) stört der Betrieb einer Gaststätte außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten wegen der mit ihm verbundenen Lärm- und Geruchsentwicklung mehr als ein Laden und hält sich deshalb nicht im Rahmen der Zweckbestimmung. Hiervon sind die Vorinstanzen ohne Rechtsfehler ausgegangen und haben den geltend gemachten Unterlassungsanspruch der Antragsteller bejaht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es erscheint angemessen, dem unterlegenen Antragsgegner die gerichtlichen und außergerichtiichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird in Übereinstimmung mit der Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG auf 12000 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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