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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 27.03.2003
Aktenzeichen: 2Z BR 37/03
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 21 Abs. 3
Es liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Wohnungseigentümer, ob größere Reparaturarbeiten aus der Instandhaltungsrücklage bezahlt werden oder ob eine Sonderumlage erhoben werden soll.
Gründe:

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Die Wohnungseigentümer beschlossen am 17.4.2002 unter Tagesordnungspunkt (TOP) 3, die Balkonverkleidungen instand setzen zu lassen und den Auftrag dazu einer bestimmten Firma zu erteilen. Ansonsten (TOP 4) beschlossen sie, die dadurch anfallenden Kosten zur Hälfte der Instandhaltungsrücklage zu entnehmen und im Übrigen durch einen zwölfmonatigen Zuschlag auf die monatlichen Wohngeldvorauszahlungen in der Weise auf die Wohnungseigentümer umzulegen, dass die Wohnungseigentümer des Erdgeschosses und des 1. Obergeschosses jeweils 46 EUR im Monat und die Wohnungseigentümer im Dachgeschoss jeweils 34 EUR im Monat ab 1.5.2002 zu zahlen haben.

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 15.5.2002 beim Amtsgericht beantragt, die Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. In der Folgezeit hat der Verwalter die Instandsetzung der Balkone aufgrund des Eigentümerbeschlusses zu TOP 3 veranlasst; sie wurde zwischenzeitlich abgeschlossen, und es wurde dafür ein Betrag von 4906 EUR in Rechnung gestellt.

Daraufhin hat der Antragsteller mit Schreiben vom 17.9.2002 den Antrag, den Eigentümerbeschluss zu TOP 3 für ungültig zu erklären, zurückgenommen und beantragt festzustellen, dass die Auftragsvergabe zur Balkonsanierung an die im Eigentümerbeschluss genannte Firma aufgrund des Eigentümerbeschlusses zu TOP 3 rechtswidrig gewesen sei; den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 4 hat er weiterverfolgt. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 24.10.2002 die Anträge abgewiesen. Das Landgericht hat am 29.1.2003 die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich dessen sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Auftragsvergabe durch den Verwalter aufgrund des Eigentümerbeschlusses zu TOP 3 sei nicht rechtswidrig gewesen, weil der Eigentümerbeschluss wirksam und damit für den Verwalter verbindlich gewesen sei.

Den Eigentümerbeschluss zu TOP 4 habe das Amtsgericht zu Recht nicht für ungültig erklärt. Die Erhebung einer Sonderumlage in Höhe der Hälfte der angefallenen Instandsetzungskosten widerspreche nicht der Teilungserklärung. Durch diese werde nämlich der Verwalter nur verpflichtet, das Einverständnis der Wohnungseigentümer für solche Instandsetzungsarbeiten einzuholen, für die die Instandhaltungsrücklage nicht ausreiche. Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Die Entscheidung, zur Bezahlung der Reparaturkosten nicht in vollem Umfang die Instandsetzungsrücklage heranzuziehen, sondern eine Sonderumlage zu erheben, habe im pflichtgemäßen Ermessen der Wohnungseigentümer gestanden. Ein Ermessensmissbrauch liege nicht vor.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Rechtsgrundlage für die Vergabe der Instandsetzungsarbeiten war der Eigentümerbeschluss zu TOP 3. Dieser Beschluss war und ist für den Verwalter verbindlich; nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG hatte er ihn auszuführen. Ein Eigentümerbeschluss ist bis zu seiner rechtskräftigen gerichtlichen Ungültigerklärung als wirksam zu behandeln (§ 23 Abs. 4 WEG) und für sämtliche Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 4 WEG und den Verwalterverbindlich (BayObLG WuM 2000, 153). Gründe für eine Nichtigkeit sind nicht erkennbar.

b) Der Eigentümerbeschluss zu TOP 4 ist nicht für ungültig zu erklären.

(1) Ob größere Reparaturarbeiten aus der hierfür wahrscheinlich ausreichenden Instandhaltungsrücklage bezahlt werden sollen oder ob insoweit eine Sonderumlage erhoben wird, liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinschaft. Es besteht kein Anspruch darauf, immer zunächst die Rücklage auszuschöpfen (OLG Köln NZM 1998, 878). Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Wohnungseigentümer von ihrem Ermessen keinen pflichtwidrigen Gebrauch gemacht haben.

(2) Weil die Sonderumlage den Wirtschaftsplan ergänzt, gilt für ihre Bemessung der allgemeine in der Gemeinschaftsordnung festgelegte Verteilungsschlüssel (BayObLG NJW-RR 2001, 1020 f.). Hier ist weder vorgetragen noch offenkundig, dass gegen den maßgebenden Verteilungsschlüssel verstoßen wurde.

(3) Die Gültigkeit des Eigentümerbeschlusses wird nicht davon berührt, dass die Sanierungsarbeiten zwischenzeitlich abgeschlossen worden sind und die tatsächlich entstandenen Kosten geringer sind als die Angebotssumme, die dem Eigentümerbeschluss vom 17.4.2002 zugrunde liegt.

(4) Das Vorbringen des Antragstellers in der Rechtsbeschwerde wurde überprüft, es ist weitgehend nicht entscheidungserheblich und liegt neben der Sache.

3. Es erscheint angemessen, dass der in allen Instanzen unterlegene Antragsteller die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen hat, § 47 WEG.

Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Für die Geschäftswertfestsetzung ist wegen der umfassenden Rechtskraftwirkung (§ 45 Abs. 2 Satz 2 WEG) das Interesse aller Beteiligten maßgebend. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist für die Geschäftswertfestsetzung nicht allein seine Beschwer maßgeblich.

Ende der Entscheidung

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