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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 22.04.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 38/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 27
Der Verwalter ist verpflichtet, im Rahmen regelmäßiger Überwachung Mängel der Wohnanlage festzustellen, die Wohnungseigentümer darüber zu unterrichten und deren Entscheidung über das weitere Vorgehen herbeizuführen. Dazu kann auch gehören, die Wohnungseigentümer auf die etwaige Notwendigkeit einer Begutachtung durch Sachverständige hinzuweisen. Die Wohnungseigentümer selbst trifft keine Überprüfungs- und Untersuchungspflicht.
Gründe:

I.

Die Antragsteller sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der Antragsgegnerin in den Jahren 1994 bis 1999 verwaltet wurde. Die Bauabnahme der Wohnanlage war am 24.5.1993. Alle Wohnungen verfügen über aus Holz hergestellte Wintergärten.

Im Jahr 1998 stellte die Antragsgegnerin erstmals Holzschäden an der Außenfront der Wintergärten fest. Daraufhin fassten die Wohnungseigentümer den Beschluss, die Firma R. mit der Durchführung von Malerarbeiten an den Wintergärten zu beauftragen. Nach dem Anstrich von drei Wintergärten stellte die Firma R. die Arbeiten mit der Begründung ein, eine Schadensbeseitigung sei durch einen Anstrich der Wintergärten nicht mehr möglich; sie stellte den Wohnungseigentümern für die von ihr durchgeführten Arbeiten 12.450 DM (= 6.365,58 EUR) in Rechnung.

Die Antragsteller sind der Auffassung, die Antragsgegnerin habe den Verwaltervertrag verletzt; die Schäden hätten ihr wesentlich früher auffallen müssen. Es hätten dann noch vor Ablauf der Verjährungsfrist Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden können. Nach der Schätzung eines Sachverständigen erfordere die Schadensbeseitigung einen Betrag von 116.000 DM. Hierfür sowie für die unnützen Kosten, die durch die Beauftragung der Firma R. entstanden seien, müsse die Antragsgegnerin aufkommen.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 18.4.2003 die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet, an die Antragsteller 65.675,44 EUR nebst 12 % Zinsen hieraus seit 1.5.2001 zu zahlen. Das Landgericht hat am 17.12.2003 die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Anspruch bestehe aus positiver Vertragsverletzung.

Die Antragsgegnerin habe vor Ablauf der Gewährleistungsfristen die Pflicht verletzt, notfalls unter Beiziehung fachkundigen Rats die Wintergärten auf das Vorhandensein von Mängeln zu überprüfen.

Aufgrund der im selbständigen Beweisverfahren und im vorliegenden Verfahren erholten Sachverständigengutachten stehe fest, dass die Antragsgegnerin das Vorhandensein der Mängel an der Wintergartenkonstruktion schon vor Ablauf der Verjährungsfrist (Mai 1998) hätte erkennen können. Aufgrund der Konstruktion sei nämlich davon auszugehen, dass die ersten sichtbaren Schäden bereits in den Jahren 1994 oder 1995 vorhanden gewesen seien.

Die Antragsgegnerin könne sich nicht auf fehlende Sachkunde berufen. Sie wäre nämlich verpflichtet gewesen, einen Fachmann beizuziehen. Da die Überprüfung des Gemeinschaftseigentums auf Mängel im Verwaltervertrag ausdrücklich der Antragsgegnerin übertragen worden sei, könne sich diese nicht damit entschuldigen, sie sei von keinem der Wohnungseigentümer auf Mängel an den Wintergärten hingewiesen worden.

Die Antragsgegnerin könne ferner nicht einwenden, ein etwaiger Anspruch der Antragsteller sei aufgrund der ihr in der Eigentümerversammlung vom 28.9.1998 erteilten Entlastung ausgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hätten nämlich die Antragsteller keine Kenntnis von dem Bestehen der Ansprüche gehabt.

Der Schadensersatzanspruch bestehe in der geltend gemachten Höhe. Die Schadenshöhe sei von der Antragsgegnerin nicht substantiiert bestritten worden. Im Übrigen sei der Schadensersatzanspruch auf das erholte Sachverständigengutachten gestützt; es handle sich insoweit um einen Kostenvorschuss, über den gegebenenfalls Abrechnung zu erteilen sei.

Die Antragsgegnerin müsse auch den Betrag erstatten, den die Firma R. den Wohnungseigentümern in Rechnung gestellt habe. Die Arbeiten der Firma R. seien unnütz gewesen, da nach den Ausführungen des Sachverständigen eine Behebung der Mängel nur durch eine Neuerrichtung der Holzkonstruktion und nicht durch einen Anstrich möglich sei.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. Zum Vorbringen der Antragsgegnerin im Rechtsbeschwerdeverfahren ist zu bemerken:

a) Der Verwalter ist nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG verpflichtet, im Rahmen regelmäßiger Überwachung Mängel der Wohnanlage festzustellen, die Wohnungseigentümer darüber zu unterrichten und deren Entscheidung über das weitere Vorgehen herbeizuführen (BayObLG ZMR 1999, 654 f.). Dazu kann auch gehören, die Wohnungseigentümer auf die etwaige Notwendigkeit einer Begutachtung durch Sachverständige hinzuweisen. Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Antragsgegnerin diese Pflicht schuldhaft verletzt hat.

b) Das Landgericht hat aufgrund des erholten Sachverständigengutachtens festgestellt, dass die Antragsgegnerin die Baumängel an den Wintergärten noch vor Ablauf der Gewährleistungsfristen hätten erkennen können und müssen. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Beweiswürdigung der Vorinstanz nur beschränkt, nämlich nur auf Rechtsfehler überprüfen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 Abs. 2 ZPO; BayObLG NZM 1998, 775; 1999, 809 f.). Solche liegen hier nicht vor. Die Angriffe der Rechtsbeschwerde laufen darauf hinaus, die Würdigung des Sachverständigengutachtens durch das Landgericht durch die eigene Würdigung zu ersetzen. Damit kann die Antragsgegnerin im Rechtsbeschwerdeverfahren keinen Erfolg haben. Insbesondere liegt der Hinweis neben der Sache, während des Laufs der Gewährleistungsfrist hätten auch die Wohnungseigentümer keine nachteiligen Veränderungen an den Wintergärten festgestellt. Die Wohnungseigentümer trifft nämlich im Gegensatz zur Verwalterin keine Überwachungs- und Überprüfungspflicht.

c) Mit der Entlastung eines Verwalters ist regelmäßig die Folge eines negativen Schuldanerkenntnisses der Wohnungseigentümer verbunden. Dieses erfasst vor allem Ersatzansprüche gegen den Verwalter, soweit sie den Wohnungseigentümern bekannt oder für sie bei sorgfältiger Prüfung erkennbar waren (BGH NJW 2003, 3123/3126; BayObLG NJW-RR 1989, 840 f.).

In der Eigentümerversammlung vom 28.9.1998, also nach Ablauf der Gewährleistungsfristen, haben die Wohnungseigentümer der Antragsgegnerin Entlastung erteilt. Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Wohnungseigentümer zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis von Ersatzansprüchen gegen die Antragsgegnerin hatten. Für die Wohnungseigentümer waren solche Ansprüche auch bei sorgfältiger Prüfung nicht erkennbar. Voraussetzung dafür wäre nämlich gewesen, dass die Wohnungseigentümer Kenntnis von der Unmöglichkeit gehabt hätten, die Mängel an den Wintergärten durch einen bloßen Anstrich zu beseitigen. Dies war nicht der Fall. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Grund für die Schäden an den Wintergärten für die Wohnungseigentümer erkennbar gewesen wäre. Denn die Wohnungseigentümer waren im Gegensatz zur Verwalterin nicht verpflichtet zu überprüfen, ob an den Wintergärten Baumängel vorhanden sind.

d) Da eine Untersuchungs- und Überprüfungspflicht der Wohnungseigentümer nicht besteht, ist auch ein Mitverschulden an dem entstandenen Schaden zu verneinen.

e) Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die von der Firma R. durchgeführten Arbeiten unnütz waren. Mit der Behauptung, diese Arbeiten seien als geldwerter Vorteil für die Antragsteller zu werten, setzt die Antragsgegnerin ihre Sichtweise an die Stelle des Beschwerdegerichts. Damit kann sie nicht durchdringen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Ende der Entscheidung

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