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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 22.05.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 49/01
Rechtsgebiete: GBO, BGB, ErbbauV, BayStG, KiStiftO


Vorschriften:

GBO § 18
GBO § 29 Abs. 1
BGB § 1105
ErbbauV § 5 Abs. 2
ErbbauV § 15
BayStG Art. 30
KiStiftO Art. 35
KiStiftO Art. 42
KiStiftO Art. 44
Zu Fragen des Nachweises der gesetzlichen Vertretung einer katholischen Pfarrpfründestiftung.
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung der Richter Demharter, Werdich und Lorbacher

am 22. Mai 2001

in der Erbbaugrundbuchsache

Eintragung einer Reallast

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten werden der Beschluss des Landgerichts München I vom 6. Februar 2001 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - München vom 13. September 2000 aufgehoben.

Gründe:

I.

Der Beteiligte ist im Grundbuch als Inhaber eines Erbbaurechts an einem Grundstück eingetragen, dessen Eigentümerin eine Pfarrpfründestiftung ist. Als Inhalt des Erbbaurechts ist vereinbart, dass der Erbbauberechtigte zur Belastung des Erbbaurechts mit einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld, Reallast oder einem Dauerwohn- oder -nutzungsrecht der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Grundstückseigentümers und der Genehmigung der Erzbischöflichen Finanzkammer als der kirchlichen Aufsichtsbehörde bedarf.

Auf dem Grundstück errichtete der Beteiligte eine Heizungsanlage. Diese dient auch der Versorgung eines Nachbargrundstücks mit Heizwärme und Warmwasser.

Zu notarieller Urkunde vom 25.2.2000 bestellte der Beteiligte zur Sicherung der Verpflichtung zur Heizwärme- und Warmwasserversorgung am Erbbaurecht zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Nachbargrundstücks eine durch Beendigung des Erbbaurechts auflösend bedingte Reallast und bewilligte und beantragte deren Eintragung im Grundbuch. Den Vollzugsantrag hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 13.9.2000 beanstandet: die vorgelegte Zustimmungserklärung der Eigentümerin sei nicht ausreichend konkretisiert; ferner fehle der Nachweis der Vertretungsmacht des für die Pfarrpfründestiftung handelnden Pfarrers. Die Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 6.2.2001 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten.

II.

Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und der Zwischenverfügung des Grundbuchamts.

Das Landgericht hat ausgeführt:

Neben der Bewilligung des Erbbauberechtigten sei für die Eintragung der Reallast wegen des Zustimmungserfordernisses der Grundstückseigentümerin deren Bewilligung erforderlich. Im Falle gesetzlicher Vertretung nicht handlungsfähiger Personen müsse die gesetzliche Vertretungsmacht in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen werden. Hier fehle es am Nachweis, dass der in ein Amt berufene Geistliche, der zugleich Pfründeinhaber ist, nach der Besitzergreifung von dem geistlichen Amt durch den Direktor der Erzbischöflichen Finanzkammer als kirchlicher Stiftungsaufsichtsbehörde in den Gebrauch der Pfründe eingewiesen worden sei. Die stiftungsaufsichtliche Genehmigung beseitige diesen Mangel nicht. Nach dem Erbbaurechtsvertrag sei zur Bestellung einer Reallast die Genehmigung der Stiftungsaufsicht zur Zustimmung der Grundstückseigentümerin erforderlich. Die eine Erklärung ersetze also nicht die andere. Andernfalls wäre bei derartigen Geschäften der Sache nach nur eine Zustimmungserklärung erforderlich; die Regelung im Erbbaurechtsvertrag würde dann leer laufen.

Schließlich müsse auch die Zustimmungserklärung der Grundstückseigentümerin dem im Grundbuchrecht geltenden Bestimmtheitsgrundsatz genügen. Die vorgelegte Erklärung bestimme zwar das zu belastende Erbbaurecht, nicht jedoch das einzutragende Recht ausreichend. Es sei nicht undenkbar, dass an dem in der Erklärung genannten Tag hinsichtlich desselben Erbbaurechts zwei Urkunden über die Bestellung von Reallasten errichtet worden seien. Notwendig sei deshalb zusätzlich die Angabe der betreffenden Urkundennummer oder der Art der Reallast.

2. Die landgerichtliche Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Pfarrpfründestiftungen sind als kirchliche Stiftungen (Art. 30 Abs. 1 Satz 2, Art. 40 Abs. 1 des Bayerischen Stiftungsgesetzes - BayStG - i.d.F. vom 7.3.1996, GVB1 S. 126) juristische Personen des öffentlichen Rechts (BayObLGZ 1999, 248/251; Palandt/Heinrichs BGB 60. Aufl. Vorbem. vor § 89 Rn. 2; Voll/Störle BayVB1 1991, 97/99; siehe auch Schaub in Bauer/von Oefele GBO AT VII Rn. 370 und OLG Zweibrücken MDR 1966, 672, die jedoch irreführend von öffentlich-rechtlichen Körperschaften ausgehen). Damit verbunden ist die allgemeine Rechtsfähigkeit, die eine Teilnahme am Rechtsverkehr ermöglicht und für die gesamte Rechtsordnung gilt (Voll/Störle BayVB1 1991, 132/133). Die Außenvertretung der Pfarrpfründestiftung bestimmt sich nach kirchlichem Recht, in Bayern nach der Ordnung für kirchliche Stiftungen in den bayerischen (Erz-)Diözesen (KiStiftO; veröffentlicht mit KMBek v. 9.5.1988 KWMB1 1 1988 S. 212/215, abgedruckt bei Voll/Störle Bayerisches Stiftungsgesetz 3. Aufl. Anh. 1). Nach Art. 35 Abs. 2 KiStiftO wird die Pfründestiftung durch den Pfründeinhaber gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Dies geschieht unter der Obhut und Aufsicht der kirchlichen Stiftungsbehörde, deren Aufgabe nach Art. 42 Abs. 2 KiStiftO der (Erz-)Bischöflichen Finanzkammer obliegt. Nach dem Gesetz der Bayerischen (Erz-)Bischöfe zur Neuordnung des Pfründewesens vom 20.6.1986 (KiPfrWG; AB1 der Erzdiözese München und Freising S. 292) ist das (geistliche) Amt unabhängig von der Pfründe und die Pfründe ein Anhang zum Amt (siehe § 3 Abs. 1 KiPfrWG). Folglich werden Pfarrer, mit deren Amt eine Pfarrpfründe verbunden ist, nicht mit der Pfründe belehnt, sondern ergreifen von ihrem (geistlichen) Amt Besitz oder werden in dieses eingesetzt (§ 3 Abs. 2 KiPfrWG). Die Pfründe als Anhang zum Amt bedingt, dass der Amtsinhaber auch Pfründeinhaber wird. Nach § 5 Abs. 1 KiPfrWG wird der zum Amt berufene Geistliche, der zugleich Pfründeinhaber ist, nach der Besitzergreifung von dem geistlichen Amt durch den Direktor der Erzbischöflichen Finanzkammer als kirchlicher Stiftungsaufsichtsbehörde in den Gebrauch der Pfründe eingewiesen. Erst von diesem Zeitpunkt an steht dem Pfründeinhaber der Gebrauch der Pfründe zu.

(1) Nicht zu jedem geistlichen Amt gehört eine Pfründe. Ist das Amt jedoch mit einer Pfründe verbunden, ist der Inhaber des geistlichen Amts grundsätzlich auch der Inhaber dieser Pfründe, mögen auch Wohnrecht und Bezug der Erträgnisse (Gebrauch) dem Amtsinhaber erst nach einem zusätzlichen Einweisungsakt zustehen (§ 5 Abs. 1 KiPfrwG). Grundsätzlich muss deshalb für den grundbuchamtlichen Nachweis der Vertretung einer Pfarrpfründestiftung durch öffentliche Urkunden (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GBO; BayObLGZ 1991, 24/33; Demharter GBO 23. Aufl. § 29 Rn. 15), zu denen auch kirchliche Urkunden zählen (KEHE/Herrmann GBO 5. Aufl. § 29 Rn. 50; Meikel/Brambring GBO 8. Aufl. § 29 Rn. 111), der Nachweis erbracht werden, dass der sie vertretende Geistliche Inhaber des Amts mit der Pfründe als Anhang ist.

(2) Allerdings ist ein derartiger Nachweis entbehrlich, soweit die Vertretung der Pfarrpfründestiftung durch den Pfarrer offenkundig ist.

Offenkundig sind auch die Tatsachen, die das Grundbuchamt aus seinen Akten entnehmen kann (Demharter § 29 Rn. 61 m. w. N.).

Der zu dem Nachtrag vom 23.10.1997 zum Erbbaurechtsvertrag vom 13.9.1997 vorgelegten Bestätigung der Erzbischöflichen Finanzkammer vom 16.6.1998 kann entnommen werden, "dass Herr Pfarrer... als Pfründeinhaber zur Vertretung der Pfarrpfründestiftung... berechtigt war". Dasselbe gilt für die Bestätigung vom 16.7.1998 zu der Zustimmung zu einem Rangrücktritt vom 26.5.1998. Dadurch wird nicht nur die gesetzliche Vertretungsbefugnis für die damaligen Rechtsgeschäfte, sondern darüber hinaus belegt, dass der Pfarrer Inhaber eines mit der Pfründe als Anhang verbundenen geistlichen Amtes ist. Die Pfründe ist, von der Ausnahme des stiftungsaufsichtlichen Verwaltungsentzugs abgesehen (§ 9 Abs. 3 KiPfrWG), an das Amt gebunden und steht dem Pfarrer zu, der von seinem Amt Besitz ergriffen hat oder in dieses eingesetzt ist (§ 3 Abs. 2 KiPfrWG). Entscheidend ist, ob für die Zustimmung zur Reallastbestellung die damaligen Bescheinigungen für den Amtsnachweis und die damit verbundene Vertretungsbefugnis ausreichen. Bezweifelt werden könnte, dass der zustimmende Pfarrer noch Inhaber des Amts ist, dessen Anhang die Pfründe bildet (vgl. OLG Düsseldorf Rpfleger 1961, 46/47 f. mit Anm. Haegele; siehe auch KEHE/Herrmann § 29 Rn. 36).

(3) Der Nachweis der Vertretungsbefugnis wird grundsätzlich durch die stiftungsaufsichtliche Genehmigung nicht erbracht. Diese ersetzt als nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 3 Abs. 4 und 5 KiStiftO zusätzliches innerkirchliches und überdies autonom vertraglich geregeltes (§ 11 Abs. 1 und § 24 des Erbbaurechtsvertrags) Erfordernis für die Wirksamkeit der Reallastbestellung nicht den Vertretungsnachweis. Sie beschränkt sich ihrer Bedeutung nach darauf, eine Gefährdung oder Beeinträchtigung des Kirchenvermögens zu verhindern, dient aber nicht dazu, die privatrechtliche Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts zu gewährleisten (vgl. OLG Hamm Rpfleger 1994, 19/20). So ist anerkannt, dass der Nachweis der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht den urkundlichen Nachweis der Bestellung als Vormund oder Betreuer ersetzt (KEHE/Herrmann § 29 Rn. 31). Beide Bereiche hat das Grundbuchamt vielmehr selbständig und eigenverantwortlich zu prüfen (BayObLG Rpfleger 1986, 471; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 12. Aufl. Rn. 3681), weil die aufsichtliche Genehmigung die fehlende Vertretungsmacht nicht ersetzt, wie auch umgekehrt ohne aufsichtliche Genehmigung die Eigentümerzustimmung nicht wirksam wäre (OLG Hamm aaO; BayObLGZ 1989, 387/392).

(4) Gleichwohl kann hier bei Berücksichtigung aller Umstände der Nachweis der Vertretungsbefugnis als geführt angesehen werden. Bei dem vergleichbaren Fall des Nachweises der Befugnis, eine Personen- oder Handelsgesellschaft zu vertreten (vgl. § 32 GBO), geht die Rechtsprechung davon aus, dass grundsätzlich auch ältere Zeugnisse des Registergerichts den Nachweis erbringen können. Allgemeine Regeln dazu, wie alt ein Zeugnis sein darf, lassen sich nicht aufstellen (Meikel/ Roth § 32 Rn. 32; Demharter § 32 Rn. 12 m.w.N.). Das Amt eines Pfarrers ist grundsätzlich, anders als die Position, mit der die Befugnis zur Vertretung einer Gesellschaft verbunden ist, auf einen viel längeren Zeitraum angelegt. Der Pfarrer wird grundsätzlich auf unbegrenzte Zeit ernannt (Can. 522 CIC).

Auch wenn die stiftungsaufsichtliche Genehmigung, die hier jüngeren Datums ist, für sich nicht den erforderlichen Nachweis erbringt, kommt ihr bei der Gesamtwürdigung doch Bedeutung zu. Es ist jedenfalls unwahrscheinlich, dass die Aufsichtsbehörde die Genehmigung zu der Zustimmung des Pfarrers erteilt hätte, wenn dieser aus seinem Amt ausgeschieden (Can. 538 CIC) und damit nicht mehr Inhaber der Pfarrpfründe wäre. Ingesamt kann damit noch von einem ausreichenden Nachweis der Vertretungsbefugnis des Pfarrers ausgegangen werden.

b) Das Landgericht hat bei der Zustimmung der Eigentümerin als einer zur Eintragung erforderlichen Erklärung beanstandet, dass zwar das zu belastende Erbbaurecht, jedoch nicht das einzutragende Recht ausreichend bestimmt bezeichnet sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

(1) Der grundbuchrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz verlangt in formeller Hinsicht (vgl. Meikel/Böttcher Einl. Rn. D 11), dass im Grundbuchverfahren nur klare und eindeutige Eintragungsunterlagen verwendbar sind, die den Willen des Erklärenden unzweideutig erkennen lassen. Dies erfordert der Zweck des Grundbuchs, auf sicherer Grundlage bestimmte und eindeutige Rechtsverhältnisse für unbewegliche Sachen zu schaffen und zu erhalten (z.B. BayObLG Rpfleger 1994, 58 f.; OLG Frankfurt Rpfleger 1993, 147 f.).

Insbesondere bedürfen zur Eintragung erforderliche Erklärungen, zu denen die Zustimmung des Grundstückseigentümers nach § 5 Abs. 2 ErbbauVO zu zählen ist (§ 15 ErbbauVO), des Nachweises in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO (KEHE/Herrmann § 29 Rn. 19 und 40).

(2) Vernünftige Zweifel daran, dass die Zustimmung des Pfarrers die verfahrensgegenständliche Reallastbestellung betrifft, bestehen nicht.

Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass am selben Tag vor demselben Notar noch eine weitere Reallast zu Lasten des Erbbaurechts an dem Grundstück der Pfarrpfründestiftung bestellt worden wäre, liegen nicht vor. Entfernt liegende Möglichkeiten, die nur theoretische Bedeutung hätten, können nicht berücksichtigt werden. Hinzu kommt, dass die stiftungsaufsichtliche Genehmigung die Urkundenrollennummer der Reallastbestellung nennt.

Ende der Entscheidung

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