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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 06.10.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 53/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 14 Nr. 1
WEG § 22 Abs. 1
Ein Wohnungseigentümer, der an einer abschüssigen Gartenfläche ein Sondernutzungsrecht hat, kann berechtigt sein, die Hangfläche in einen Steingarten umzugestalten. Dann darf er auch Holzpalisaden zur Befestigung des Hangs durch Betonmauern mit Natursteinverkleidung ersetzen, wenn die Mauern durch ihre Bepflanzung den Eindruck eines Steingartens erwecken.
BayObLG Beschluß

LG München I - 1 T 16767/99; AG München 481 UR II 490/99

2Z BR 53/00

06.10.00

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Demharter und Dr. Delius

am 6. Oktober 2000

in der Wohnungseigentumssache

wegen Beseitigung einer Böschungsmauer,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 18. Mai 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Antragstellerin und Antragsgegner sind Wohnungseigentümer in einer aus mehreren Häusern bestehenden, an einem steilen Hanggrundstück errichteten Wohnanlage. Der Antragstellerin gehört im Haus A die Wohnung Nr. 6, gelegen im 1. Untergeschoss; dem Antragsgegner und seiner Ehefrau gehört im selben Haus darüber die Wohnung Nr. 12, gelegen im Erdgeschoss. Der Wohnung des Antragsgegners ist ein Sondernutzungsrecht an der Gartenfläche zwischen der Westseite des Hauses A und der westlichen Grundstücksgrenze zugeordnet. Der Zugang zur Gartenfläche liegt neben dem Eingang zur Wohnung des Antragsgegners. Die Gartenfläche ist im oberen Bereich eben, anschließend fällt das Gelände zum Haus hin ab. Der Blick aus dem Schlafzimmer und dem Wohn-Schlaf-Zimmer der Antragstellerin fällt auf die Sondernutzungsfäche.

Der 2. Nachtrag zur Teilungserklärung enthält in Abschnitt I Nr. 6 für die Sondernutzungsrechte folgende Bestimmungen:

Die Inhaber von Sondernutzungsrechten am Gemeinschaftseigentum haben einen vom Verwalter nach billigem Ermessen festzusetzenden erhöhten Beitrag zur Instandhaltungsrücklage zu erbringen. Ausgenommen hiervon sind Sondernutzungsrechte an Gartenflächen. Hier gilt jedoch die Regelung, dass die Gartenflächen von dem jeweiligen Sondernutzungsberechtigten auf seine Kosten ordnungsgemäß zu unterhalten und zu pflegen sind. Verletzt der Sondernutzungsberechtigte seine Verpflichtung zur Instandhaltung und Pflege trotz wiederholter Mahnung des Verwalters, so können die übrigen Wohnungs- und Teileigentümer mit einer Mehrheit von 3/4 aller ihrer Stimmen die entschädigungslose Entziehung des Sondernutzungsrechtes beschließen.

Der Voreigentümer des Antragsgegners hatte zur Befestigung des Hangs dort Holzpalisaden angebracht. Der Antragsgegner ließ diese Holzpalisaden Ende 1998 entfernen und statt dessen Stahlbetonmauern errichten, die im oberen Bereich durch Natursteine verkleidet wurden. Diese Mauern, von denen nur der mit Naturstein verkleidete Teil sichtbar ist, sind etwa 20 cm höher als die Palisaden; außerdem sind sie bis zur Grenze des Sondernutzungsbereichs gezogen, während die Holzpalisaden etwa in der Mitte der Fläche endeten. Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob die Palisaden erneuerungsbedürftig waren und ob die Stützmauern, in dem Umfang, in dem sie errichtet wurden, zur Hangsicherung notwendig sind.

Mit der Begründung, sie sehe nun nicht mehr auf einen grünen Hügel, sondern auf eine Steinwand, hat die Antragstellerin beantragt, den Antragsgegner zur Beseitigung der in etwa 3 Metern Entfernung von ihren Fenstern errichteten Mauer zu verpflichten.

Das Amtsgericht hat nach Zeugenvernehmung und Auswertung von Lichtbildern den Antrag am 20.9.1999 abgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht nach Durchführung einer Ortsbesichtigung mit Beschluss vom 18.5.2000 zurückgewiesen. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt die Antragstellerin den Beseitigungsantrag weiter.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Soweit durch die Befestigungsmauern die Holzpalisaden ersetzt worden seien, liege eine Maßnahme der modernisierenden Instandsetzung vor. Soweit hingegen die Mauern neu angelegt worden seien, handele es sich um eine bauliche Veränderung, die jedoch die Antragstellerin nicht über das nach § 14 WEG hinzunehmende Maß hinaus beeinträchtige. Das habe das Amtsgericht zutreffend festgestellt. Selbst wenn man die Befestigungsmauern insgesamt als bauliche Veränderung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG ansehe, die über eine ordnungsmäßige Instandsetzung hinausgehe, habe die Antragstellerin wegen § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG keinen Anspruch auf Beseitigung, weil sie nicht über das hinzunehmende Maß hinaus beeinträchtigt sei. Bereits aus den dem Amtsgericht vorgelegten Lichtbildern ergebe sich, dass die Stützmauern weder den architektonischen Eindruck der Gesamtanlage nachteilig veränderten noch von der Wohnung der Antragstellerin aus gesehen den Eindruck einer Einmauerung erweckten. Beim Augenscheinstermin im Februar 2000 sei festgestellt worden, dass selbst außerhalb der Vegetationsperiode die Mauern durch immergrüne Pflanzen teilweise verdeckt seien. Die Bepflanzung, die noch nicht ihren vollen Umfang erreicht habe, sei abwechslungsreich gestaltet und verdecke selbst im Winter einen Teil der Mauern. Durch die Verkleidung mit unterschiedlich gestalteten Natursteinen werde der Eindruck eines Steingartens erweckt. Auch die Erhöhung der Steinmauern um 20 cm gegenüber den Palisaden begründe keinen nicht hinzunehmenden Nachteil für die Antragstellerin. Der Wert ihrer Wohnung werde dadurch nicht beeinträchtigt; die Wohnung werde nicht zur Souterrainwohnung. Dass ein freier Blick ins Weite nicht möglich sei, liege nicht an den Befestigungsmauern, sondern an dem steilen Hang, in den das Haus hineingebaut sei.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Ob die Ersetzung der Palisaden durch Betonmauern mit Natursteinverkleidung eine Maßnahme modernisierender Instandsetzung ist, wofür viel spricht, kann letztlich offen bleiben. Denn auch wenn eine bauliche Veränderung vorliegt, ist eine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer insoweit nicht erforderlich, als ihre Rechte durch die Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 WEG). Ob das der Fall ist, liegt grundsätzlich auf dem Gebiet der tatrichterlichen Würdigung; diese kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur eingeschränkt, nämlich nur auf Rechtsfehler hin nachgeprüft werden (BayObLG NZM 2000, 392).

b) Nach § 14 Nr. 1 WEG müssen bauliche Veränderungen nicht hingenommen werden, soweit durch sie einem anderen Wohnungseigentümer ein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil erwächst. Danach sind Beeinträchtigungen hinzunehmen, die bei einem zweckbestimmungsgemäßen Gebrauch einer Sondernutzungsfläche unvermeidlich sind. Zum zweckbestimmungsgemäßen Gebrauch und zur Pflege einer Gartenfläche gehört auch die gärtnerische Gestaltung nach dem Geschmack und Gutdünken des Nutzungsberechtigten (BayObLG ZMR 1999, 348). Demgemäß war der Antragsgegner grundsätzlich berechtigt, die Hangfläche seines Sondernutzungsbereichs in einen Steingarten umzuwandeln, weil dadurch - anders als bei Bepflanzung mit hoch wachsenden Gehölzen - der Lichteinfall in die auf den Hang ausgerichteten Fenster nicht vermindert wird und die anderen Wohnungseigentümer, deren Fenster auf den Hang blicken, nicht in ihren Rechten beeinträchtigt werden.

c) Das Landgericht ist aufgrund des durchgeführten Augenscheins zu dem Ergebnis gelangt, dass die Hangfläche mit den Natursteinverkleidungen und den bisher vorhandenen Pflanzen den Eindruck eines Steingartens macht. Ferner hat es festgestellt, dass der architektonische Gesamteindruck durch die vom Antragsgegner vorgenommenen Veränderungen nicht beeinträchtigt wird. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Beurteilung durch das Landgericht gebunden, da nicht erkennbar ist, dass diesem bei der Erhebung und Würdigung der Beweise ein Rechtsfehler unterlaufen ist. Dass der Anblick von Holzpalisaden zur Befestigung des Hanges weniger störend ist als der Anblick von teilweise verdeckten, unterschiedlich gestalteten Steinbrocken, kann nicht allgemein gesagt werden. Die persönlichen ästhetischen Maßstäbe der Antragstellerin können nicht zum Maßstab der gerichtlichen Entscheidung gemacht werden.

3. Die Kostenentscheidung des Landgerichts, das der Antragstellerin die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten auferlegt hat, ist als Ermessensentscheidung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (§ 47 WEG). Dem Senat erscheint es angemessen, der unterlegenen Antragstellerin die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen, von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten aber abzusehen (§ 47 WEG).

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird in Übereinstimmung mit der Wertfestsetzung des Landgerichts auf 10000 DM festgesetzt (§ 48 Abs. 3 Satz 1 WEG).

Ende der Entscheidung

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