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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 25.07.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 53/02
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 48 Abs. 3
Ob der Geschäftswert hinsichtlich der Verfahrenskosten zu ermäßigen ist, bleibt nicht nur im Beschlussanfechtungsverfahren, sondern in jedem Wohnungseigentumsverfahren nachprüfbar.
Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer größeren Wohnanlage, die von der Antragsgegnerin als Bauträgerin errichtet worden ist.

Die Antragsteller haben von der Antragsgegnerin Bezahlung von Wohngeldrückständen für die Jahre 1997 (12764,54 DM), 1998 (4195,69 DM) und 1999 (1130,80 DM) verlangt.

Zu Anfang des Jahres 1997 war die Antragsgegnerin noch Eigentümerin von sechs Wohnungen und elf Tiefgaragenstellplätzen. Davon verkaufte sie im Lauf des Jahres vier Wohnungen und vier Stellplätze.

In der Eigentümerversammlung vom 15.5.1998 billigten die anwesenden Wohnungseigentümer die Jahresabrechnung für 1997, die keine Aufteilung auf die einzelnen Wohnungen und Tiefgaragenplätze enthält. Das Protokoll der Versammlung enthält zu Tagesordnungspunkt (TOP) 2 folgende (auszugsweise wiedergegebenen) Feststellungen. "Die Jahresabrechnung des RJ. 1997 besprach Frau S. (die Verwalterin) mit den Eigentümern, indem sie die einzelnen Ausgabenposten verlas mit dem Hinweis, dass diese Abrechnung die Grundlage zur Erstellung der Einzel- und Heizkostenabrechnung sei..... Herr K. und Herr R. (Verwaltungsbeiräte) informierten die Anwesenden über die R-Prüfung ..... Diese Prüfung sei zufriedenstellend und ohne eine Beanstandung vollzogen worden, beide Herren stellten daher den Antrag an die Eigentümer, die Verwaltung für das RJ- 1997 zu entlasten. - Frau S. (Verwalterin) ließ hierzu abstimmen. Abstimmungsergebnis: Einstimmig angenommen."

Die Antragsgegnerin hat in allen Rechtszügen gerügt, dass über die Einzelabrechnungen für das Jahr 1997 (mit dem Datum 1.5.1998) nicht beschlossen worden sei.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 24.4.2001 die Antragsgegnerin verpflichtet, an die Antragsteller 18091,03 DM nebst Zinsen zu bezahlen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin änderte das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts dahin ab, dass die Antragsgegnerin 15218,44 DM nebst Zinsen zu bezahlen habe (Nr. I); Nr. II und III enthalten die Kostenentscheidung. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie eine Änderung der Entscheidung des Landgerichts dahin begehrt, dass sie nur 1843,53 DM nebst Zinsen an die Antragsteller zu zahlen hat. Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind nur noch Wohngeldforderungen für das Jahr 1997. Neben dem Hinweis, dass über Einzelabrechnungen für 1997 nicht beschlossen worden sei, trägt die Antragsgegnerin vor, dass das Rechenwerk im Beschluss des Landgerichts nicht richtig sei.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.

1. Das Landgericht hat - soweit für die Rechtsbeschwerde von Interesse - ausgeführt:

Es komme nicht darauf an, ob wirksame Jahres- und Einzelabrechnungen vorlägen und ob diese noch angefochten werden könnten. Denn der Einwand der Antragsgegnerin, die Wohngeldverbindlichkeiten weitgehend erfüllt zu haben, sei nur zu einem geringen Teil berechtigt. Von den Gesamtausgaben für 1997 treffe auf die Wohnungen und Tiefgaragenplätze der Antragsgegnerin ein Anteil von 17689,18 DM; zusammen mit dem Anteil an der Instandhaltungsrücklage von 475,08 DM ergebe sich eine Gesamtverbindlichkeit der Antragsgegnerin von 18164,26 DM. Bei Abzug der behaupteten Zahlungen im Jahr 1997 von 5945,31 DM ergebe sich eine Schuld von 12218,95 DM. Da die Antragsteller einen Betrag von 12764,54 DM forderten, sei ihre Forderung lediglich in Höhe von 545,59 DM unbegründet.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand:

a) Die Verpflichtung des einzelnen Wohnungseigentümers, seinen Anteil an den Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums und an den Kosten der Verwaltung zu tragen (§ 16 Abs. 2 WEG), entsteht nicht schon kraft Gesetzes, sondern nur durch den Beschluss der Wohnungseigentümer über den Gesamtwirtschaftsplan und die Einzelwirtschaftspläne als Vorschussanspruch nach § 28 Abs. 2 WEG (ständige Rechtsprechung vgl. BGHZ 142, 290/295 m. w. N.). Ein Zahlungsanspruch der Wohnungseigentümer aufgrund der Jahresabrechnung entsteht dementsprechend erst durch den Eigentümerbeschluss über die Gesamtabrechnung und die daraus abgeleiteten Einzelabrechnungen nach § 28 Abs. 5 WEG (BGHZ 142, 290/296). Dabei kann durch die Jahreseinzelabrechnung nur derjenige Wohnungseigentümer verpflichtet werden, der zur Zeit des Eigentümerbeschlusses im Grundbuch eingetragen ist. Bei einem Eigentumswechsel vor dem Beschluss über die Einzelabrechnung kann der alte Eigentümer nur nach Maßgabe des Einzelwirtschaftsplans bis zur Eigentumsumschreibung in Anspruch genommen werden, während der neue Eigentümer ab diesem Zeitpunkt die Vorauszahlungen nach dem Einzelwirtschaftsplan und möglicherweise die sich aus der Jahreseinzelabrechnung ergebende Abrechnungsspitze schuldet (BGHZ 142, 290/296 ff.).

Dem gemäß gehört zur schlüssigen Darlegung der Anspruchsgrundlage für eine Wohngeldforderung der Vortrag, dass und wann Einzelwirtschaftspläne und Einzeljahresabrechnung von den Wohnungseigentümern beschlossen wurden.

b) Diese Grundsätze haben die Vorinstanzen nicht ausreichend beachtet.

Nach dem Eigentümerbeschluss zu TOP 2 haben die Wohnungseigentümer am 15.5.1998 über Einzelabrechnungen für das Jahr 1997 nicht abgestimmt. Dass möglicher Weise die Einzelabrechnungen bereits erstellt und auch an die einzelnen Wohnungseigentümer versandt waren, ändert daran nichts. Denn die Einzelabrechnungen wurden in der Versammlung gemäß dem Protokoll in keiner Weise erwähnt oder angesprochen und konnten damit auch nicht Gegenstand der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer sein.

Ebenso wenig ist den bei den Akten befindlichen Unterlagen zu entnehmen, ob und gegebenenfalls mit welchem Inhalt die Wohnungseigentümer Einzelwirtschaftspläne für das Jahr 1997 beschlossen haben.

Da in der Rechtsbeschwerdeinstanz neuer Sachvortrag nicht berücksichtigt werden kann, muss der geltend gemachte Wohngeldanspruch für 1997 abgewiesen werden, soweit er nicht durch Zahlung erloschen oder durch Nichtanfechtung rechtskräftig zuerkannt ist. Auf die Höhe der Zahlungen der Antragsgegnerin kommt es letztlich nicht an.

3. Da die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin vollen Erfolg hat, ist es angemessen, dass die Antragsteller die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach § 47 Satz 1 WEG tragen. Billigem Ermessen entspricht es auch, die Gerichtskosten der Verfahren des ersten und zweiten Rechtszugs nach dem Verhältnis von Unterliegen und Obsiegen aufzuteilen. Dem Senat erscheint es geboten, von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten für das gesamte Verfahren abzusehen (§ 47 Satz 2 WEG).

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Der Geschäftswert ergibt sich als Unterschiedsbetrag zwischen dem Betrag von 15218,44 DM und dem Betrag von 1843,53 DM.

Ende der Entscheidung

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