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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 28.09.2000
Aktenzeichen: 2Z BR 55/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 15
Ein Speiselokal und ein Pilslokal mit Musikunterhaltung dürfen nicht betrieben werden, wenn nur der Betrieb eines "Kur-Cafes" im Erdgeschoß und der einer Weinstube im Kellergeschoß zugelassen sind.
BayObLG Beschluß

LG Traunstein 4 T 4429/98; AG Traunstein 3 UR II 24/97

2Z BR 55/00

28.09.00

Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold, sowie der Richter Werdich und Dr. Delius

am 28. September 2000

in der Wohnungseigentumssache

wegen Unterlassung,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Traunstein vom 27. April 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Nr. 3 des Beschlusses des Amtsgerichts Traunstein vom 2. November 1998 aufgehoben und der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eines der Unterlassungsgebote gemäß Nr. 1 und Nr. 2 des Beschlusses des Amtsgerichts ein Ordnungsgeld von höchstens 20000 DM, ersatzweise je 1000 DM ein Tag Ordnungshaft angedroht wird; außerdem ist die Antragsgegnerin zur Unterlassung der zweckbestimmungswidrigen Nutzung der Teileigentumsräume im Erdgeschoss erst ab 1. Januar 2001 verpflichtet.

II. Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren wird auf 30000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer aus vier Häusern bestehenden Anlage. In der Teilungserklärung vom 2.3.1977 erklärte der teilende Eigentümer und Bauträger, das Gebäude A sei zur gewerblichen Nutzung, die anderen Gebäude seien zu Wohnzwecken bestimmt. In den Nachträgen zur Teilungserklärung vom 21.7.1977 und 21.7.1978 wurden aber auch die Räume in den oberen Stockwerken des Hauses A als Wohnungen ausgewiesen. Nach § 5 der Gemeinschaftsordnung (Teil B der Teilungserklärung vom 2.3.1977) dürfen Musikinstrumente nur in der Zeit zwischen 8.00 Uhr und 18.00 Uhr gespielt werden.

Der Antragsgegnerin gehört das im Nachtrag zur Teilungserklärung vom 21.7.1977 als Laden und Kellerabteil bezeichnete Teileigentum Nr. 65 im Haus A. Die Antragstellerin erwarb im Frühjahr 1993 die Wohnung Nr. 67a im selben Haus.

Durch Eigentümerbeschluss vom 29.3.1980 stimmten die Wohnungseigentümer einer Nutzungsänderung des Ladens Nr. 65 als "Kur-Cafe mit Nebenraum, im Untergeschoß als Weinstube" zu. Der Versammlungsniederschrift zufolge wurden die Baupläne den Anwesenden vorgelegt und von ihnen unterzeichnet. Der Eigentümerbeschluss wurde nicht angefochten.

Im Erdgeschoss des Teileigentums der Antragsgegnerin wird ein Speiselokal betrieben. Im Untergeschoß betrieben mehrere Pächter jeweils ein bis 1.00 Uhr nachts geöffnetes Pils-Pub. Ein Pachtverhältnis endete, als auf Klage der Antragstellerin das Landgericht - Streitgericht - den Pächter am 27.11.1997 verurteilte, den Betrieb eines Pilslokals mit Musikunterhaltung zu unterlassen. Gegen den neuen Pächter, der seinen Betrieb als "Weinlokal" bezeichnete, erhob die Antragstellerin im Jahr 1998 ebenfalls Unterlassungsklage mit der Behauptung, er betreibe ein Pilslokal mit Musikunterhaltung. In diesem Verfahren wurde nach der Beendigung des Pachtverhältnisses die Hauptsache für erledigt erklärt; die Kosten des Rechtsstreits wurden durch Beschluß vom 16.12.1999 dem Pächter auferlegt, weil der Antragstellerin ein Unterlassungsanspruch gegen das als Jugendtreff oder Pilslokal betriebene Unternehmen zugestanden habe. Derzeit stehen die Räume im Untergeschoß leer.

Die Antragstellerin hat am 7.7.1997 beim Amtsgericht beantragt, der Antragsgegnerin zu untersagen, das Teileigentum Nr. 65 im Erdgeschoß als Speiselokal und im Kellergeschoß als Pilslokal mit Musikunterhaltung zu nutzen oder nutzen zu lassen. Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme mit Beschluß vom 2.11.1998 den Anträgen stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Landgericht am 27.4.2000 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Antragstellerin habe Anspruch auf Unterlassung der Nutzung der Räume im Erdgeschoß als Speiselokal. Nach dem bestandskräftigen Mehrheitsbeschluß vom 29.3.1980 sei nur eine Nutzung als "Kur-Cafe" zulässig. Der Betrieb eines Speiselokals sei damit nicht vereinbar. Der Charakter eines Cafes werde durch den Ausschank von Tee und Kaffee sowie das Angebot von Konditoreiwaren geprägt, auch wenn kleine warme Speisen sowie der Ausschank von Bier und anderen alkoholischen Getränken hinzukämen. Ein Cafe werde hauptsächlich zur Frühstückszeit, am Mittag und Nachmittag aufgesucht, ein Speiselokal überwiegend am Mittag und in den Abendstunden. Bei einem Speiselokal sei auch in den Abendstunden mit vermehrtem Besuch und Küchengerüchen zu rechnen, es störe daher typischerweise mehr als ein "Kur-Cafe". Unerheblich sei, dass die Wohnungseigentümer der Antragsgegnerin den Einbau einer Küche genehmigt hätten, denn eine solche sei auch für den Betrieb eines Cafes notwendig. Der von der Antragstellerin beim Kauf ihrer Wohnung erzielte Preisnachlaß sei wegen des Vorhandenseins zweier Gaststätten gewährt worden und daher nicht als Verzicht auf Ansprüche wegen einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung zu werten.

Der Unterlassungsanspruch der Antragstellerin sei nicht verwirkt. Dies würde voraussetzen, dass die Verwirkung bereits eingetreten gewesen sei, als sie ihr Wohnungseigentum erworben habe. Dies sei nicht der Fall. Der Zeuge E. habe zwar mitgeteilt, dass das Lokal im Erdgeschoß seit seiner Fertigstellung im Jahr 1981/82 als Cafe/Restaurant mit einem umfangreichen Angebot an warmen und kalten Speisen betrieben worden sei, und es habe nicht festgestellt werden können, seit wann die Räume im Erdgeschoß ausschließlich oder überwiegend als Speiselokal genutzt würden. Der frühere Wohnungseigentümer H. habe die Beschwerden überwiegend auf das Kellerlokal bezogen. Demgegenüber habe der frühere Wohnungseigentümer S. mitgeteilt, er sei gegen beide Lokale gerichtlich vorgegangen, und aus den vorgelegten Versammlungsniederschriften gehe hervor, dass auch das Speiselokal immer wieder Zielscheibe von Beschwerden gewesen sei. In der Eigentümerversammlung vom 20.5.1983 hätten die Wohnungseigentümer den Zeugen S. bei seinem Prozeß gegen die gastronomischen Betriebe unterstützt; in der Versammlung vom 3.4.1985 habe er über den Stand der Verfahren berichtet und in der Versammlung vom 23.6.1986 hätten die Wohnungseigentümer einstimmig beschlossen, dass die festgelegte Nutzung eingehalten werden solle. Die Antragsgegnerin habe daher nicht darauf vertrauen können, dass der Betrieb eines Speiselokals hingenommen werde.

Die Antragstellerin habe auch Anspruch auf Unterlassung der Nutzung des Kellerraums als Pilslokal mit Musikunterhaltung. Nach dem Eigentümerbeschluss vom 29.3.1980 sei nur eine Nutzung als Weinstube zulässig; der Betrieb eines Pils-Pubs mit Musikunterhaltung sei damit nicht vereinbar. Unter einer Weinstube sei eine Gaststätte zu verstehen, in der überwiegend Wein ausgeschenkt, die vornehmlich zum Gespräch aufgesucht und in der allenfalls leise Hintergrundmusik gespielt werde. Dagegen werde in einem Pils-Pub vornehmlich Bier ausgeschenkt und laute Musik gespielt; das Publikum sei typischerweise jünger und die Fluktuation der Gäste größer, was zu mehr Lärm beim An- und Abfahren führe. Ein solches Lokal sei meist auch nachts länger geöffnet. Bei typisierender Betrachtungsweise störe es mehr als eine Weinstube. Die Nutzung als Pils-Pub sei bezüglich zweier Vorpächter von der Antragsgegnerin eingeräumt worden. Darauf, ob auch der letzte Pächter ein Pils-Pub oder ein Weinlokal betrieben habe, komme es nicht an. Auch nach seinem Auszug bestehe der Unterlassungsanspruch fort, denn die Antragsgegnerin behaupte weiterhin, dass im Untergeschoß ein Pils-Pub mit Musikunterhaltung betrieben werden dürfe.

Von einer Verwirkung könne auch bei dem Kellerlokal nicht ausgegangen werden. Den Zeugenaussagen zufolge sei es wegen der Art seiner Nutzung ständig Gegenstand von Beschwerden gewesen. In der Eigentümerversammlung vom 22.3.1989 sei wegen des Lärms eine Verkürzung der Öffnungszeiten beantragt worden und in der Versammlung vom 27.3.1991 hätten die Wohnungseigentümer beschlossen, einen Anwalt mit der Klärung des "Gesamtproblems Gaststättenbetrieb" zu beauftragen.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Rechtlich zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass es sich bei der Bezeichnung des Teileigentums der Antragsgegnerin in der Teilungserklärung als "Laden und Kellerabteil" um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinn von § 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 WEG handelt. Entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerdeführerin kommt es nicht darauf an, dass der teilende Bauträger sich beim Verkauf ihres Teileigentums und gegenüber den Käufern von Wohnungen mit der Errichtung einer Gaststätte einverstanden erklärt hat. Selbst wenn eine entsprechende Vereinbarung mit allen Käufern getroffen wurde, ist sie nicht Inhalt des Grundbuchs geworden und daher gegenüber Sondernachfolgern nicht wirksam (§ 15 Abs. 1, § 10 Abs. 2 WEG).

Die in der Teilungserklärung vereinbarte Zweckbestimmung ist durch den bestandskräftigen Eigentümerbeschluss vom 29.3.1.980 wirksam abgeändert worden (vgl. BGHZ 129, 329/332; BayObLG NZM 1999, 866/867 und BayObLGZ 2000 Nr. 53). Zulässig ist danach eine Nutzung, die dem Eigentümerbeschluss vom 29.3.1980 entspricht, und grundsätzlich auch noch eine andere Nutzung, sofern sie nicht mehr stört oder beeinträchtigt als eine der Zweckbestimmung entsprechende Nutzung. Wird nach diesen Grundsätzen ein Teileigentum von einem Teileigentümer zweckbestimmungswidrig genutzt, kann ein anderer Wohnungs- oder Teileigentümer Unterlassung dieser Nutzung gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 15 Abs. 3 WEG verlangen (allg. Meinung und st. Rspr. des Senats, vgl. BayObLG ZMR 2000, 53 m.w.N.).

b) Der Eigentümerbeschluss vom 29.3.1980, der auch eine für Sondernachfolger geltende Regelung enthält (§ 15 Abs. 2, § 10 Abs. 3 WEG), ist "aus sich heraus", objektiv und normativ auszulegen. Was im Zusammenhang mit der Beschlussfassung erörtert wurde und was die Beteiligten damit beabsichtigt oder sich vorgestellt haben, kann entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerdeführerin für die Auslegung nur herangezogen werden, wenn es in der Versammlungsniederschrift einen Niederschlag gefunden hat (BGHZ 139, 288/292; BayObLG NJW-RR 2000, 603/605 und st. Rspr.). Das Landgericht ist von diesen Grundsätzen ausgegangen. Der Senat teilt die von ihm vorgenommene Auslegung.

(1) Bei der Bezeichnung der Räume im Erdgeschoß als "Kur-Cafe" ist der Begriff "Cafe" für die Art der erlaubten Nutzung prägend. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass der Begriff "Cafe", wenn er ohne Zusätze und Einschränkungen verwendet wird, im allgemeinen Sprachgebrauch, der insoweit maßgebend ist, einen Gaststättenbetrieb bezeichnet, der in erster Linie Kaffee, Tee und Konditoreiwaren anbietet (OLG Hamburg MDR 1998, 1156 m.A. Riecke; OLG München NJW-RR 1992, 1492/1493; OLG Hamm NJW-RR 1986, 1336/1337). Ein solcher Betrieb ist einem Speiselokal nicht gleichzusetzen (OLG Hamm, OLG München jeweils aaO; siehe auch BayObLG NZM 1999, 866/867). Demgegenüber kann sich die Rechtsbeschwerdeführerin nicht darauf berufen, dass die auf dem in der Eigentümerversammlung vorgelegten Plan eingezeichnete Küche verhältnismäßig groß und für den Betrieb eines Speiserestaurants vorgesehen gewesen sei. Dieser Plan trägt ebenso die Bezeichnung "Kur-Cafe" wie der Beschlussantrag, dem die Wohnungseigentümer in der Versammlung stattgegeben haben. Die nächstliegende Bedeutung des Eigentümerbeschlusses vom 29.3.1980 ist daher, dass der Betrieb eines Cafes genehmigt worden ist, nicht aber ein Speiselokal.

Mit dem Vorbringen, seit der Beschlußfassung habe sich der Betriebstyp des Cafes gewandelt, kann die Antragsgegnerin nicht gehört werden. Bei der Auslegung von Eigentümerbeschlüssen, die eine Dauerregelung enthalten, ist nach den für die Auslegung von Grundbucherklärungen maßgebenden Grundsätzen der im Zeitpunkt der Beschlußfassung herrschende Sprachgebrauch sowie die damalige Verkehrsübung und Verkehrsauffassung zu berücksichtigen (OLG Hamburg MDR 1998, 1156/1157; s. a. BayObLG Rpfleger 1981, 479).

(2) Den Begriff "Weinstube" haben die Vorinstanzen ebenfalls zu Recht nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und der Verkehrsauffassung ausgelegt. Danach ist im Untergeschoß eine Gaststätte zulässig, in der in erster Linie Wein an Gäste eher gesetzteren Alters ausgeschenkt wird, die das Lokal vorwiegend in den Abendstunden zum geselligen Gespräch aufsuchen und allenfalls leise Hintergrundmusik schätzen. Auch hier kommt es nicht darauf an, ob die Antragsgegnerin sich eine andere Art der Nutzung vorgestellt hat, denn die Versammlungsniederschrift enthält dazu keinen Anhaltspunkt. Insbesondere fehlt jeder Hinweis auf eine Grunddienstbarkeit vom 9.5.1978, in der sich die Antragsgegnerin gegenüber den übrigen Wohnungs- und Teileigentümern verpflichtet hatte, in ihrem Teileigentum bis zum Ablauf des 31.12.1988 keinen Night Club und kein Lokal mit einer Tanzfläche zu betreiben, wohl aber ein "dezentes Abendlokal". Eine solche Erklärung hat in den Eigentümerbeschluss vom 29.3.1980 keinen Eingang gefunden und kann daher zu seiner Auslegung nicht herangezogen werden, wie die Rechtsbeschwerde meint.

(3) Für die Auslegung des Eigentümerbeschlusses ist es auch ohne Bedeutung, dass das Haus A in der Teilungserklärung vom 2.3.1977 nur zu gewerblicher Nutzung vorgesehen war. In den Nachträgen zur Teilungserklärung hat der teilende Bauträger auch die oberen Stockwerke des Hauses A zu Wohnzwecken bestimmt, ohne in der Gemeinschaftsordnung Sonderregelungen für das Haus A im Hinblick auf die gewerbliche Nutzung des Erdgeschoßes zu treffen. Daher gilt auch für das Haus A grundsätzlich die Vorschrift des § 5 der Gemeinschaftsordnung, wonach das Musizieren nur zu bestimmten Tageszeiten und nicht nach 18.00 Uhr zulässig ist. Inwieweit dies musikalischen Darbietungen in den Räumen des Teileigentums entgegensteht (vgl. BayObLG NJW-RR 1994, 337), ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

c) Ohne Rechtsfehler haben die Vorinstanzen angenommen, dass die Räume im Erdgeschoß nicht zum Betrieb eines Speiselokals genutzt werden dürfen.

(1) Das Landgericht hat festgestellt, dass die Nutzung als Speiselokal wegen der unterschiedlichen Öffnungszeiten und des Auftretens von Küchengeruch mehr stört und beeinträchtigt als die nach dem Eigentümerbeschluss vom 29.3.1980 zulässige Nutzung zum Betrieb eines Cafes. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Auftreten insbesondere der für den Betrieb einer Speisegaststätte typischen Geruchsbelästigungen ist von der im ersten Rechtszug angehörten Wohnungseigentümerin D. bestätigt worden, deren Wohnung neben der der Antragstellerin liegt. Darauf, ob auch noch weitere Wohnungseigentümer beeinträchtigt werden, kommt es entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerdeführerin nicht an, denn gemäß § 15 Abs. 3 WEG kann jeder einzelne Wohnungseigentümer einen Gebrauch des Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums verlangen, der § 14 Nr. 1 WEG entspricht (BayObLG ZMR 1997, 374/375 und st. Rspr.).

(2) Eine Verwirkung des somit gegebenen Unterlassungsanspruchs der Antragstellerin setzt voraus, dass seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten (Umstandsmoment), die die verspätete Geltendmachung des Rechts als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen (§ 242 BGB). Dies ist namentlich dann der Fall, wenn der Verpflichtete nach dem Verhalten des Berechtigten mit der Geltendmachung der Ansprüche nicht mehr zu rechnen braucht und sich daher darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat (BayObLG NZM 1999, 866/867 m.w.N.). Ist ein Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB gegen einen Wohnungseigentümer verwirkt, so wirkt dies auch für und gegen den Sondernachfolger (BayObLG NJW-RR 1991, 1041 und WuM 1993, 558/559).

Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das Landgericht eine der Antragstellerin, die ihr Wohnungseigentum im Jahr 1993 erworben hat, zurechenbare Verwirkung des Unterlasungsanspruchs ohne Rechtsfehler verneint. Es hat festgestellt, auch das Speiselokal im Erdgeschoß sei immer wieder Zielscheibe von Beschwerden gewesen, die in den Jahren 1983, 1985 und 1986 jeweils in der Eigentümerversammlung erörtert worden seien. Die Entscheidung, ob das für eine Verwirkung erforderliche Zeit- und Umstandsmoment gegeben ist, liegt weitgehend auf tatsächlichem Gebiet. Der Senat hat die Würdigung dieser Frage durch das Landgericht nur dahin zu überprüfen, ob es den maßgebenden Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12 FGG) und bei der Erörterung des Beweisstoffs alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat (§ 25 FGG), ob seine Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ferner ob die Beweisanforderungen zu hoch oder zu niedrig angesetzt worden sind (BayObLG NZM 2000, 289/290 und st. Rspr.). Solche Rechtsfehler liegen nicht vor. Das Vorbringen der Rechtsbeschwerdeführerin läuft darauf hinaus, der Tatsachen- und Beweiswürdigung des Landgerichts zu widersprechen und diese durch ihre eigene Würdigung ersetzen zu wollen. Damit kann sie im Rechtsbeschwerdeverfahren keinen Erfolg haben (vgl. BayObLG WE 1997, 275/276 und ZMR 1999, 580/581).

(3) Den Umstand, dass die Antragstellerin beim Kauf ihrer Wohnung einen Preisnachlaß wegen des Vorhandenseins zweier gastronomischer Betriebe erzielt hat, hat das Landgericht zu Recht nicht als Verzicht auf die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gewertet.

(4) Der Senat hält es für angemessen, wie dies auch in anderen Fällen geschehen ist, die Antragsgegnerin erst einige Monate nach Rechtskraft zur Unterlassung der zweckbestimmungswidrigen Nutzung ihrer Teileigentumsräume im Erdgeschoß zu verpflichten. Damit soll ihr für die Umstellung der bisherigen Nutzung durch ihren Mieter oder Pächter eine angemessene Frist eingeräumt werden (vgl. BayObLG ZMR 2000, 53/54 m.w.N.).

d) Gleichfalls ohne Rechtsfehler haben die Vorinstanzen auch eine Nutzung der Räume im Untergeschoß als Pilslokal mit Musikunterhaltung untersagt.

(1) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass der Betrieb eines Pilslokals mit Musikunterhaltung mehr stört als eine Weinstube herkömmlichen Zuschnitts. Entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde ist dabei nicht ausschlaggebend, welche Arten alkoholischer Getränke zum Ausschank gelangen. Die größere Beeinträchtigung durch ein Pilslokal ergibt sich vielmehr aus den Verhaltensweisen des überwiegend jugendlichen Publikums und der Lautstärke der dargebotenen Musik. Art und Ausmaß der beim Betrieb eines Pilslokals im Untergeschoß aufgetretenen Belästigungen sind insbesondere aus den Akten der Verfahren gegen frühere Betreiber des Kellerlokals ersichtlich, die von den Vorinstanzen im Rahmen der Amtsermittlung (§ 12 FGG) beigezogen wurden.

(2) Das Landgericht geht zu Recht davon aus, dass auch nach der Beendigung des letzten Pachtverhältnisses die Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB) fortbesteht. An den Nachweis des Wegfalls einer Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen (BayObLG NJW-RR 1987, 463/464 und st. Rspr.). Für ihren Fortbestand spricht hier bereits die mit der Rechtsbeschwerde weiterverfolgte Behauptung der Antragsgegnerin, sie sei zum Betrieb eines Pilslokals mit Musikunterhaltung berechtigt, sowie ihre Meinung, seit dem Ablauf der in ihrer Dienstbarkeit vom 9.5.1978 von ihr selbst gesetzten Frist dürfe sie auch eine Diskothek oder ein Tanzlokal in den Kellerräumen betreiben. Mit der durch die Teilungserklärung und den Eigentümerbeschluss vom 29.3.1980 festgelegten Zweckbestimmung wäre dies allerdings nicht zu vereinbaren (vgl. BayObLG ZMR 1990, 230/231).

(3) Eine Verwirkung des Unterlassungsanspruchs hat das Landgericht verneint, weil das Kellerlokal wegen der Art seiner Nutzung ständig Gegenstand von Beschwerden gewesen sei. Das Landgericht hat sich dabei auf Schriftwechsel von Wohnungseigentümern mit der Hausverwaltung und die Protokolle mehrerer Eigentümerversammlungen gestützt. Seine tatrichterliche Würdigung ist frei von Rechtsfehlern.

e) Soweit die Antragsgegnerin erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren geltend macht, die Unterlassung der derzeitigen Nutzung ihres Teileigentums stelle für sie eine unzumutbare Härte dar, weil sie im Vertrauen auf die Zulässigkeit dieser Nutzung umfangreiche Investitionen getätigt habe, fehlt es bereits an einer Darlegung, inwieweit die behaupteten Baumaßnahmen bei einer Nutzung als Cafe und Weinstube entbehrlich gewesen wären. Gleichfalls neu und daher im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 561 Abs. 2 ZPO) ist das Vorbringen der Rechtsbeschwerde, bei bestimmungsgemäßer Nutzung seien die Teileigentumsräume nicht vermietbar. Es kann daher offenbleiben, ob dieser Behauptung gegenüber dem Unterlassungsanspruch der Antragstellerin rechtliche Bedeutung zukommen könnte.

f) Der Anspruch auf Unterlassung der zweckbestimmungswidrigen Nutzung ist gemäß § 890 ZPO zu vollstrecken. Im Rahmen des § 890 Abs. 2 ZPO muß ein bestimmtes Höchstmaß des Ordnungsmittels angegeben werden (BayObLG ZMR 2000, 53/54; Thomas/ Putzo ZPO 22. Aufl. § 890 Rn. 20). Insoweit wird die vom Amtsgericht ausgesprochene Androhung durch den Senat ergänzt.

3. Dem Senat erscheint es angemessen der in allen Rechtszügen unterlegenen Antragsgegnerin die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 47 WEG).

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird in Übereinstimmung mit der Geschäftswertfestsetzung der Vorinstanzen auf 30000 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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