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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 29.01.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 6/04
Rechtsgebiete: FGG, WEG


Vorschriften:

FGG § 21 Abs. 2
FGG § 29
WEG § 47
1. Eine sofortige weitere Beschwerde kann nicht in der Weise eingelegt werden, dass der Rechtspfleger eine vom Beschwerdeführer verfasste Schrift nur mit seiner Unterschrift versieht.

2. Bei der Kostenentscheidung nach Zurücknahme eines Rechtsmittels kommt eine Berücksichtigung der Erfolgsaussicht des zurückgenommenen Rechtsmittels nur in Betracht, wenn diese ins Auge springt.


Gründe:

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

In der Eigentümerversammlung vom 25.10.2002 wurde darauf hingewiesen, dass die Antragsteller rückständiges Wohngeld in Höhe von 23.395,95 EUR schulden. Der Verwalter wurde daraufhin durch Beschluss der Wohnungseigentümer beauftragt, die rechtliche Möglichkeit der Pfändung von Mieteinnahmen der Antragsteller und der Eintragung einer Sicherungshypothek zu prüfen und gegebenenfalls entsprechende Verfahren einzuleiten.

Die Antragsteller haben beantragt, die Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 26.6.2003 den Antrag abgewiesen. Am 4.8.2003 hat es den Geschäftswert auf 24.000 EUR festgesetzt. Gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 26.6.2003 haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. In der mündlichen Verhandlung vom 3.11.2003 haben die Antragsteller nach dem Hinweis der Vorsitzenden auf die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels ihre Beschwerde zurückgenommen. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 3.11.2003 den Antragstellern die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt (Nr. 1) und den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 5.800 EUR festgesetzt (Nr. 2). Die Rechtspflegerin des zuständigen Amtsgerichts oder Landgerichts hat unter die vom Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller, der kein Rechtsanwalt ist, verfasste und unterschriebene Beschwerdeschrift ihre Paraphe gesetzt. In der Beschwerdeschrift wird beantragt, den Beschluss über die Erstattungspflicht der außergerichtlichen Kosten aufzuheben und den Geschäftswert auf 2500 EUR zu ermäßigen.

II.

1. Das gemäß § 27 Abs. 2, § 20a Abs. 2 FGG statthafte Rechtsmittel gegen Nr. 1 der Entscheidung des Landgerichts ist unzulässig, weil es nicht in der gesetzlichen Form (§ 29 Abs. 1, Abs. 4, § 21 Abs. 2 FGG) eingelegt worden ist.

Nach § 21 Abs. 2, § 29 Abs. 4 FGG kann zwar die sofortige weitere Beschwerde durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eines zuständigen Gerichts eingelegt werden. Aber nur die vom Rechtspfleger selbst verfasste Niederschrift gilt als Protokoll. Deshalb kann die sofortige weitere Beschwerde nicht wie hier in der Weise eingelegt werden, dass der Rechtspfleger ein vom Beschwerdeführer oder von einem Dritten verfasstes Schriftstück lediglich seinerseits unterschreibt (BayObLG ZMR 1994, 575; Keidel/Meyer-Holz FGG 15. Aufl. § 29 Rn. 30 m.w.N.).

2. Ergänzend weist der Senat jedoch darauf hin, dass das Rechtsmittel gegen Nr. 1 der Entscheidung des Landgerichts auch in der Sache im Ergebnis keinen Erfolg hätte haben können.

Nach der Zurücknahme der sofortigen Beschwerde hatte das Landgericht noch gemäß § 47 WEG nach billigem Ermessen über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Das Rechtsbeschwerdegericht kann diese Entscheidung nur daraufhin überprüfen, ob der Tatrichter die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten, insbesondere ob er wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen, sich mit den Denkgesetzen in Widerspruch gesetzt oder sonst von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechenden Gebrauch gemacht hat (vgl. BayObLGZ 1997, 148/151 m.w.N.).

Die Entscheidung des Landgerichts ist frei von Rechtsfehlern. Grundsätzlich hat derjenige, der ein Rechtsmittel zurücknimmt, die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen.

Ausnahmsweise kann jedoch von der Anordnung einer Kostenerstattung abgesehen werden, wenn eine alsbaldige Zurücknahme des Rechtsmittels auf der vom Gericht vermittelten Einsicht in die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels beruht (BayObLG NJW-RR 1999, 1245 f. m.w.N.). Dies trifft hier nicht zu. Der Grund dafür, dass eine Ausnahme vom Grundsatz der Kostenerstattung in dem Fall gemacht wird, wenn die alsbaldige Zurücknahme des Rechtsmittels auf der vom Gericht vermittelten Einsicht in die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels beruht, liegt darin, dass eine unverzügliche Zurücknahme, die dem Gericht und den Beteiligten einen Aufwand an Zeit und Kosten erspart, gefördert werden soll. Hier ist die Zurücknahme des Rechtsmittels erst in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Dem Senat erscheint es deshalb ermessensfehlerfrei, in einem solchen Fall keine Ausnahme von dem oben genannten Grundsatz zu machen (vgl. BayObLG WuM 2003, 296).

Bei der Kostenentscheidung nach Zurücknahme eines Rechtsmittels kommt eine Berücksichtigung der Erfolgsaussicht des zurückgenommenen Rechtsmittels nur in Betracht, wenn diese ins Auge springt (BayObLG ZMR 2001, 50 f.). Wie sich aus den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts ergibt, kann hier mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass ein Erfolg des Rechtsmittels in Betracht gekommen wäre.

3. Die Geschäftswertbeschwerde ist zulässig, § 31 Abs. 3, § 14 Abs. 4, 6 KostO, aber unbegründet. Das Landgericht hat den Geschäftswert auf 25 % der angeblichen Wohngeldschulden der Antragsteller festgelegt, da es bei den angefochtenen Eigentümerbeschlüssen nur darum gegangen ist, den Verwalter mit der Prüfung der rechtlichen Möglichkeiten und der Einleitung von Verfahren zur Pfändung von Mieteinnahmen und zur Eintragung einer Sicherungshypothek zu beauftragen. Das Landgericht hat davon abgesehen, den Geschäftswert in Höhe der Wohngeldschulden selbst, also in Höhe von 23.395,95 EUR, festzusetzen. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Es ist offensichtlich, dass eine weitere Herabsetzung des Geschäftswerts unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt möglich ist.

4. Da eine zulässige Geschäftswertbeschwerde vorliegt, ist der Senat gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO befugt, die Geschäftswertfestsetzung durch das Amtsgericht abzuändern.

5. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG. Maßgebend für die Geschäftswertfestsetzung des Rechtsbeschwerdeverfahrens (§ 48 Abs. 3 Satz 1 WEG) sind die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren, die sich nach § 63 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 31 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 6 Abs. 1, § 25 Abs. 2, § 26 BRAGO errechnen.



Ende der Entscheidung

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