Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 14.08.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 66/02
Rechtsgebiete: BGB, GBO


Vorschriften:

BGB § 1018
BGB § 428
GBO § 47
Zugunsten der Eigentümer mehrerer selbständiger Grundstücke ist eine einheitliche Grunddienstbarkeit bestehend in einem Geh- und Fahrtrecht in Gesamtberechtigung der jeweiligen Eigentümer der herrschenden Grundstücke im Grundbuch einzutragen, und zwar auch dann, wenn sich die Grundstücke im Eigentum verschiedener Personen befinden. Rechtlich zulässig ist es aber auch, dass die Grunddienstbarkeit für jedes Grundstück als Einzelrecht bestellt wird.
Gründe:

I.

Mit notarieller Urkunde vom 26.9.2001 setzten sich die Beteiligten zu 1 bis 6 wegen des gemeinschaftlichen Eigentums in Form des Bruchteilseigentums an einem Grundstück in der Weise auseinander, dass jeder Beteiligte eine genau bezeichnete, geometrisch erst noch zu vermessende Teilfläche erhält. Für die Beteiligten zu 7 ist eine Eigentumsvormerkung eingetragen.

Unter Nr. VI des Vertrages ist unter der Überschrift "Grunddienstbarkeiten" folgendes vereinbart:

Die Vertragsteile bestellen dem jeweiligen Eigentümer der hinterliegenden Grundstücke eine Grunddienstbarkeit, wonach der Eigentümer des jeweils herrschenden Grundstücks berechtigt ist, einen Streifen von 3 m Breite entlang der Südgrenze des vorne liegenden Grundstücks zu begehen und mit Fahrzeugen aller Art zu befahren, in diesen Streifen Ver- und Entsorgungsanlagen aller Art einzulegen

Die Eintragung der Dienstbarkeit im Grundbuch wird bewilligt und beantragt und zwar an der Teilfläche gemäß Ziff. II, a) zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Teilflächen gemäß Ziff. II, b, c, d und e,

an der Teilfläche gemäß Ziff. II, b zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Teilflächen gemäß Ziff. II, c, d, e,

an der Teilfläche gemäß Ziff. II, c zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Teilflächen gemäß Ziff. II, d, e,

an der Teilfläche gemäß Ziff. II, d zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Teilflächen gemäß Ziff. II, e.

Die Bezeichnung des dienenden und herrschenden Grundstücks erfolgt bei Messungsanerkennung und Auflassung.

Gemäß Veränderungsnachweis Nr. 2588 der Gemarkung L. wurde das Grundstück zerlegt in die Grundstücke mit den Flst. 1270/7, 1270/24, 1270/25, 1270/26 und 1270/27.

Mit notarieller Nachtragsurkunde vom 27.12.2001 anerkannten die Beteiligten die amtliche Vermessung der Teilflächen und erklärten die Auflassung. Außerdem heißt es:

Wegen der Grunddienstbarkeiten gemäß Ziff. VI der Vorurkunde wird beantragt, diese einzutragen:

an Flst. 1270/7 für die jeweiligen Eigentümer der Grundstücke Flst. 1270/24 - /27,

an Flst. 1270/24 für die jeweiligen Eigentümer der Flst. 1270/25 - /27,

an Flst. 1270/25 für die jeweiligen Eigentümer der Flst. 1270/26 und Flst. 1270/27,

an Flst. 1270/26 für die jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flst. 1270/27.

Die Eintragung der Dienstbarkeiten im Grundbuch an erster Rangstelle wird beantragt.

Die Beteiligten haben unter anderem die Eintragung der Dienstbarkeiten im Grundbuch beantragt. Mit Zwischenverfügung vom 26.3.2002 hat das Grundbuchamt beanstandet, eine nachträgliche Bewilligung der jeweiligen Eigentümer sei erforderlich, in der entweder angegeben werde, in welchem Berechtigungsverhältnis das Recht den Eigentümern der herrschenden Grundstücke zustehe oder aus der sich ergebe, dass für jedes einzelne Flurstück je eine eigene Grunddienstbarkeit eingetragen werden solle. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 10.6.2002 zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Beteiligten mit der weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Dem Vertrag lasse sich nicht hinreichend entnehmen, ob dem jeweiligen Eigentümer der hinterliegenden Grundstücke jeweils eine gesonderte Dienstbarkeit oder ob den mehreren Eigentümern der hinterliegenden Grundstücke als Gesamtberechtigten nur eine einzige Grunddienstbarkeit eingeräumt werden solle. Für letzteres spreche zwar der Wortlaut der Nachtragsurkunde und der darin enthaltene Eintragungsantrag sowie die Formulierung des Eintragungsantrags in der Vorurkunde. Beide Urkunden gingen nämlich von einem Wegerecht und einem Anlagenrecht zugunsten der jeweils mehreren Eigentümer der hinterliegenden Grundstücke aus. Für die erstere Lösung spreche der Wortlaut der Bewilligungserklärung. Dort heiße es nämlich, dass dem jeweiligen Eigentümer der hinterliegenden Grundstücke eine Grunddienstbarkeit eingeräumt werden solle. Wäre eine Gesamtberechtigung der mehreren Hinterlieger gewollt gewesen, so hätte die Formulierung in der Mehrzahl lauten müssen, und zwar in der weise, dass den jeweiligen Eigentümern der hinterliegenden Grundstücke eine Grunddienstbarkeit eingeräumt werde. Selbst wenn man zum Ergebnis käme, dass eine Gesamtberechtigung der Eigentümer gewollt gewesen sei, stehe einer entsprechenden Eintragung jedoch entgegen, dass dann das für die mehreren Berechtigten maßgebliche Rechtsverhältnis zweifelhaft sei. Dem Interesse der mehreren berechtigten Grundstückseigentümer an einem Geh- und Fahrtrecht sowie an einem Ver- und Entsorgungsanlagenrecht entspreche die Gesamtberechtigung nach § 428 BGB in modifizierter Form. Die herrschende Meinung gehe deshalb auch davon aus, dass eine Grunddienstbarkeit für die Eigentümer mehrerer herrschender Grundstücke regelmäßig als Gesamtberechtigung entsprechend § 428 BGB einzutragen sei. Hier könne eine solche Eintragung aber nicht erfolgen, weil sich der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten ausdrücklich dagegen gewandt habe, dass das maßgebliche Rechtsverhältnis als Gesamtgläubigerschaft bezeichnet werde.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Der Senat hat die Eintragungsbewilligung als verfahrensrechtliche Erklärung selbständig auszulegen (BayObLGZ 1997, 246/247). Dabei ist auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (BayObLG NotBZ 2002, 265; Demharter GBO 24. Aufl. § 19 Rn. 28, 29 m. w. N.). Darauf, was der Bewilligende gewollt hat, kommt es nicht an. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann deshalb nicht berücksichtigt werden, wie der beurkundende Notar die Eintragungsbewilligung auslegt.

b) Die Auslegung ergibt sowohl hinsichtlich des Geh- und Fahrtrechts als auch hinsichtlich des Ver- und Entsorgungsanlagenrechts, dass an den Flst. 1270/7, 1270/24 und 1270/25 jeweils nur eine Dienstbarkeit für die jeweiligen Eigentümer der im einzelnen bezeichneten herrschenden Grundstücke bestellt und deren Eintragung im Grundbuch bewilligt wurde.

(1) Es ist rechtlich zulässig, zugunsten der Eigentümer mehrerer selbständiger Grundstücke eine einheitliche Grunddienstbarkeit bestehend in einem Geh- und Fahrtrecht in Gesamtberechtigung der jeweiligen Eigentümer der herrschenden Grundstücke im Grundbuch einzutragen, und zwar auch dann, wenn sich die Grundstücke im Eigentum verschiedener Personen befinden (SchlHOLG SchlHA 1975, 94; vgl. ferner BayObLGZ 1965, 267/270 f.; BayObLG NotBZ 2002, 265; Demharter § 47 Rn. 11). Rechtlich zulässig ist es aber auch, dass die Grunddienstbarkeit für jedes Grundstück als Einzelrecht bestellt wird.

(2) In der notariellen Urkunde vom 26.9.2001 ist nur von der Bestellung einer Grunddienstbarkeit sowie der Bewilligung der Eintragung eines Rechts für den jeweiligen Eigentümer der hinterliegenden Grundstücke die Rede, wenn auch nicht ausdrücklich von einem "einzigen" Recht. Hätten jeweils Einzelrechte bestellt werden sollen, so hätte dies in der Urkunde dadurch zum Ausdruck kommen müssen, dass "je" ein Geh- und Fahrtrecht bzw. "je" ein Ver- und Entsorgungsanlagenrecht bestellt wird (vgl. BayObLG NotBZ 2002, 265). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Nachtragsurkunde vom 27.12.2001. Es ist nur folgerichtig, wenn dort von "Grunddienstbarkeiten" die Rede ist, weil an den Grundstücken Flst. 1270/7, 1270/24, 1270/25 und 1270/26 jeweils eine Grunddienstbarkeit einzutragen ist.

(3) Die vom Senat vertretene Auslegung vermeidet zudem, dass ein einem einheitlichen wirtschaftlichen Zweck dienendes Recht grundbuchrechtlich aufgespalten wird. Andernfalls müsste nämlich bei mehreren Grundstücken jeweils eine besondere Grunddienstbarkeit für die jeweiligen Eigentümer der hinterliegenden Grundstücke eingetragen werden. Dies würde unnütze Mehrarbeit und Kosten verursachen und das Grundbuch unübersichtlich machen (vgl. BayObLGZ 1965, 267/271).

c) Da jeweils nur eine Dienstbarkeit für mehrere herrschende Grundstücke bewilligt wurde, haben Grundbuchamt und Landgericht zutreffend § 47 GBO angewendet und die Angabe eines Gemeinschaftsverhältnisses verlangt. Bei einem Geh- und Fahrtrecht zugunsten der jeweiligen Eigentümer mehrerer hinterliegender selbständiger Grundstücke dürfte in erster Linie eine Gesamtberechtigung dieser Eigentümer entsprechend § 428 BGB in Betracht kommen (vgl. BGHZ 46, 253/257 ff.; SchlHOLG SchlHA 1975, 94). Gleichwohl haben das Grundbuchamt und das Landgericht zu Recht darauf bestanden, dass die Beteiligten eine Erklärung in grundbuchmäßiger Form zum Inhalt des Gemeinschaftsverhältnisses abgeben. Denn auch ein anderes Beteiligungsverhältnis ist nicht völlig ausgeschlossen. Im übrigen wird durch die Aufrechterhaltung der Zwischenverfügung den Beteiligten die Möglichkeit offengehalten, eine Klarstellung dahin vorzunehmen, dass Einzelrechte eingetragen werden sollen, wenn dies ihrem Willen entspricht.

Unschädlich ist, dass das Grundbuchamt von der Beanstandung nicht das Grundstück Flst. 1270/26 ausgenommen hat, weil an diesem Grundstück nur eine Grunddienstbarkeit für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flst. 1270/27 zu bestellen ist und damit insoweit die obige Problematik nicht aufgeworfen wird. Eine Abänderung der Zwischenverfügung und der Entscheidung des Landgerichts erscheint dem Senat deshalb nicht veranlasst. Das gleiche gilt für die Auflage klarzustellen, ob Grunddienstbarkeiten für jedes Grundstück als Einzelrechte bestellt wurden oder ob eine einheitliche Grunddienstbarkeit in Gesamtberechtigung der jeweiligen Eigentümer der hinterliegenden Grundstücke im Grundbuch einzutragen ist. Jedenfalls wird von Grundbuchamt und Landgericht zu Recht eine Erklärung dazu als fehlend angesehen, welcher Art das Gemeinschaftsverhältnis unter den jeweiligen Eigentümern der herrschenden Grundstücke ist.

Ende der Entscheidung

Zurück