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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 27.04.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 70/00
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 16, § 22 Abs. 1
Ist für Änderungen an der äußeren Gestalt des Gebäudes nach der Gemeinschaftsordnung ein Mehrheitsbeschlusses ausreichend, so müssen regelmäßig nicht alle benachteiligten Wohnungseigentümer mitwirken.
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Werdich und Dr. Delius

am 27. April 2001

in der Wohnungseigentumssache

wegen Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners zu 1 gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 25. Mai 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner zu 1 hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und den Antragstellern zu 1 bis 3 die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller zu 1 bis 3 und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Anlage, die aus einem um 1900 erbauten Haus mit 15 Wohnungen besteht und von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Der Antragsgegner zu 1 ist Miteigentümer der Dachgeschosswohnung Nr. 13. Der Antragsteller zu 4 hat seine Anträge zurückgenommen.

Den Eigentümern der im Dachgeschoss gelegenen Wohnungen Nr. 12, 13 und 14 wurde in Nr. II der Teilungserklärung vom 24.4./1.6.1978 eine im Lageplan eingezeichnete Fläche des über dem Dachgeschoss liegenden Galeriegeschosses (Speichers) zur gemeinschaftlichen Nutzung zugewiesen. Weitere Flächen des Galeriegeschosses wurden den Eigentümern der drei Dachgeschosswohnungen jeweils zur alleinigen Sondernutzung zugewiesen. Anschließend ist bestimmt:

Den Unterhalt der zugewiesenen Flächen haben die jeweiligen Nutzungsberechtigten zu bestreiten, ebenso die Kosten von Erneuerungen und Renovierungen.

Gemäß § 1 Nr. 4 der Gemeinschaftsordnung (GO) bedürfen Änderungen an der äußeren Gestalt und der Farbe des Gebäudes - einschließlich Balkone - eines Mehrheitsbeschlusses der Wohnungseigentümer. Bauliche Veränderungen innerhalb der Sondereigentumseinheiten, insbesondere Um- und Einbauten, bedürfen, soweit dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers berührt wird, der Zustimmung des Verwalters.

Gemäß § 7 Nr. 1 GO werden die Kosten der Gemeinschaft grundsätzlich nach dem Verhältnis der sich aus der Teilungserklärung ergebenden Miteigentumsanteile auf die einzelnen Wohnungseigentümer umgelegt. Die Abstimmung in der Eigentümerversammlung erfolgt gemäß § 10 Nr. 3 GO nach tausendstel Miteigentumsanteilen.

Die Eigentümer der drei Dachgeschosswohnungen bauten in den Jahren 1981/1982 das ihnen zur Sondernutzung zugewiesene Galerie- bzw. Speichergeschoss aus. Dabei schufen sie unter Einbeziehung von Teilen der den einzelnen Wohnungen zugewiesenen Sondernutzungsflächen eine Dachterrasse, die von allen drei Wohnungen aus zugänglich ist und genutzt wird. Der Bau der Dachterrasse wurde im Rahmen einer Sanierung des Dachs der Wohnanlage im Jahr 1982 durchgeführt. Zu den Baumaßnahmen ist in den Versammlungsniederschriften der Jahre 1980 bis 1982 folgendes festgehalten:

- In der Eigentümerversammlung vom 25.2.1980 wurde beschlossen, dass das Hausgeld und die Reparaturrücklage für die Speicher erst bezahlt werden müsse, sobald die Speicher ausgebaut seien. Ferner wurde erörtert, dass ein Teil der Dachziegel verrottet sei.

- In der Eigentümerversammlung vom 19.10.1981 wurden Anträge der Antragsteller zu 3 und 4, deren Ziel die Zurückstellung der Dachsanierung war, mit Mehrheit abgelehnt. Anschließend wurde mehrheitlich beschlossen, die Hausverwaltung mit der Vergabe der Arbeiten aufgrund der vorliegenden Leistungsverzeichnisse zu beauftragen und die Reparaturrücklage für die Dachsanierung heranzuziehen.

In der Eigentümerversammlung vom 14.4.1982, bei der 693,520/1000 Miteigentumsanteile vertreten waren, wurde die Dachsanierung als Tagesordnungspunkt (TOP) 7 behandelt. Die Versammlungsniederschrift lautet:

Herr... (Verwalter) erklärte der Eigentümergemeinschaft, dass mit der Firma N. ein Bauvertrag geschlossen wurde über Dachdeckerarbeiten in Höhe von DM 67333,41 und über Spenglerarbeiten in Höhe von DM 3966,25 insgesamt DM 71289,33 incl. MWST.

Hinzu kommen noch Maurerarbeiten, die ca. DM 23000,-- betragen werden.

Herr (Antragsgegner zu 1) erklärte sich bereit, kostenlos die Bauleitung und Rechnungsprüfung zu übernehmen.

Die Eigentümer erklärten sich einstimmig hiermit einverstanden.

Frau ... wird die Aufteilung der Dachsanierung auf die einzelnen Eigentümer übernehmen ...

Herr (Verwalter) macht auf den Beschluss der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 9.10.1981 aufmerksam, dass hierin schon beschlossen wurde, das Reparaturrücklagenkonto bis auf DM 5000,-- für die Maßnahme heranzuziehen.

Der Restbetrag von ca. DM 37000,-- für die gesamten Eigentümer wird mittels Sonderumlage erhoben.

Antrag von ...: Die Sonderumlage für die Dachsanierung soll nach 1000stel erhoben werden und ab 1.1.1983 auch die Betriebskostenabrechnung nach 1000stel-Anteilen erfolgen.

Für das Jahr 1982 wird noch wie bisher, nach qm (gilt nur für die Betriebskostenabrechnung) abgerechnet. Der Antrag wurde mit drei Gegenstimmen angenommen. Die Maurerarbeiten sind von den Eigentümern der Dachgeschosswohnungen zu zahlen.

Nach Abschluss der Arbeiten wurden die Kosten der Dachsanierung unter sämtlichen Wohnungseigentümern aufgeteilt, die Kosten der Errichtung der Dachterrasse unter den Eigentümern der Dachgeschosswohnungen.

Im Juli 1996 trat an der Isolierung der Dachterrasse und der darunter liegenden Wärmedämmung ein Schaden auf, der zu einem Wassereinbruch führte. In der Eigentümerversammlung vom 16.1.1997 wurde als TOP 4 die Erneuerung der Dachterrassenabdichtung behandelt. Nach Diskussion über die Zuordnung der Abdichtung zum Gemeinschaftseigentum oder Sondereigentum, die Tragung der Instandhaltungskosten und eine mögliche Verursachung des Schadens durch Arbeiten am Gemeinschaftseigentum beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich:

Die Hausverwaltung wird beauftragt, die Dämmung und Dichtung der Terrasse im Dachgeschoss unverzüglich instandsetzen zu lassen. Die Kosten für diese Reparaturen trägt die Wohnungseigentümergemeinschaft. Finanziert wird die Reparatur durch Erhebung einer Sonderumlage, zu verteilen nach 1000stel Miteigentumsanteilen.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, diesen Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären. Weitere Anträge sind für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr von Bedeutung. Das Amtsgericht hat am 14.1.1998 den Eigentümerbeschluss für ungültig erklärt, soweit er die Tragung der Reparaturkosten durch die Wohnungseigentümergemeinschaft und die Finanzierung durch eine nach Miteigentumsanteilen zu erhebende Sonderumlage anordnete. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zu 1 hat das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Schadensursache durch Beschluss vom 25.5.2000 zurückgewiesen. Der Antragsgegner zu 1 hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Bei der Dämmung und Dichtung der Dachterrasse handle es sich um Gemeinschaftseigentum. Dessen Instandsetzung obliege grundsätzlich der Gesamtheit der Wohnungseigentümer auf deren Kosten. Hier ergebe sich jedoch aus § 16 Abs. 3 WEG etwas anderes. Die Errichtung der Dachterrasse habe als bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums der Zustimmung aller Wohnungseigentümerbedurft. Eine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer sei jedoch weder den Beschlüssen der Eigentümerversammlungen noch ihrem sonstigen Verhalten zu entnehmen. In der Eigentümerversammlung vom 19.10.1981 seien die gestellten Anträge abgelehnt worden. Aus den Beschlüssen der Versammlung vom 14.4.1982 könne keine Zustimmung zur Errichtung der Dachterrasse hergeleitet werden. Das Verhalten der Wohnungseigentümer, die unstreitig Kenntnis von der im Rahmen der anstehenden Dachsanierung beabsichtigten Errichtung der Dachterrasse gehabt und sich nicht dagegen ausgesprochen hätten, könne nur als Duldung, nicht aber als rechtsverbindliche Zustimmung ausgelegt werden. Im übrigen seien in der Versammlung vom 14.4.1982 nicht alle Eigentümer anwesend gewesen. Schon aus diesem Grund könne das Verhalten der Wohnungseigentümer in der Versammlung nicht als konkludent erteilte Zustimmung gewertet werden. Dies wäre nur möglich, wenn in dem sonstigen Verhalten der nicht anwesenden Eigentümer ebenfalls eine konkludent erteilte Zustimmung gesehen werden könnte. Dies sei nicht der Fall. Die Tatsache, dass alle Eigentümer von dem Vorhaben und dessen Durchführung in vollem Umfang Kenntnis gehabt hätten und keiner von ihnen jemals Einwendungen erhoben habe, bedeute nur, dass sie das Vorhaben dulden wollten.

Der angefochtene Eigentümerbeschluss sei selbst dann für ungültig zu erklären, wenn die Wohnungseigentümer der Errichtung der Terrasse durch konkludentes Verhalten zugestimmt hätten. In der Teilungserklärung sei bestimmt, dass die jeweiligen Sondernutzungsberechtigten den Unterhalt der Sondernutzungsflächen im Speicher sowie die Kosten für Erneuerungen und Renovierungen zu tragen hätten. Dementsprechend hätten die Eigentümer der Dachgeschosswohnungen Nr. 12, 13 und 14 die Kosten der Errichtung der Dachterrasse sowie alle dadurch entstehenden Folgekosten zu tragen. Die Teilungserklärung sei nach ihrem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass bei einer baulichen Erneuerung im Sondernutzungsbereich nicht nur für die Oberfläche, sondern auch für die baulich notwendigen Teile der Neukonstruktion die Folgekosten von den Sondernutzungsberechtigten zu tragen seien.

Die Dämmung und Dichtung der Dachterrasse sei erst durch deren Errichtung erforderlich geworden. Die daran aufgetretenen Schäden seien durch die Errichtung der Dachterrasse äquivalent verursacht. Davon, dass die Beschädigung bei der von der Eigentümergemeinschaft in Auftrag gegebenen Verlegung eines Kabels für die Satellitenanlage entstanden sei, wie der Antragsgegner zu 1 behaupte, habe sich die Kammer nicht überzeugen können. Der von ihr beauftragte Sachverständige habe nämlich festgestellt, dass die Ursache der Beschädigung nachträglich nicht mehr aufzuklären sei. Damit seien die Instandsetzungskosten nicht von der gesamten Eigentümergemeinschaft zu tragen. Der angefochtene Eigentümerbeschluss, der dies anordne, sei wegen Verstoßes gegen die Grundsätze einer ordnungsmäßigen Verwaltung für ungültig zu erklären.

2. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

a) Soweit der Antragsgegner zu 1 die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht, greifen seine Rügen nicht durch.

(1) Am Verfahren über die Gültigkeit von Beschlüssen der Wohnungseigentümer sind gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2 WEG sämtliche Wohnungseigentümer sowie der Verwalter materiell beteiligt und deshalb auch durch das Gericht zum Verfahren zuzuziehen. Von den Wohnungseigentümern, gegen die sich der Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses vom 16.1.1997 richtet, ist nur der Antragsgegner zu 1 anwaltlich vertreten. Entgegen seiner Meinung sind jedoch auch die übrigen Wohnungseigentümer (Antragsgegner zu 2) hinreichend am Verfahren beteiligt worden. Aus den Akten ergibt sich, dass im Verfahren vor dem Amtsgericht die Antragsschrift, die Terminsladungen und der Beschluss des Amtsgerichts dem Verwalter jeweils auch als Zustellungsvertreter der übrigen Wohnungseigentümer zugeleitet worden sind. Dies genügt (vgl. BayObLGZ 1989, 342/345; Staudinger/Wenzel WEG Vorbem. zu §§ 43 ff. Rn. 35). Auch die Beschwerdeschrift und die Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer sind dem Verwalter als Zustellungsvertreter der übrigen Wohnungseigentümer mitgeteilt worden; an der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat der Verwalter teilgenommen. Soweit im weiteren Beschwerdeverfahren eine Beteiligung des Verwalters und der Antragsgegner zu 2 unterblieben ist, führt dies entgegen der Meinung des Antragsgegners zu 1 nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht wegen Verstoßes gegen § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. § 551 Nr. 5 ZPO. Denn der Senat hat die förmliche Beteiligung der Antragsgegner zu 2 und des Verwalters im Rechtsbeschwerdeverfahren nachgeholt und ihnen damit rechtliches Gehör gewährt; eine weitere Sachaufklärung war weder notwendig noch zu erwarten (vgl. BGH NJW 1998, 755/756; BayObLG NZM 2000, 47/48).

(2) Der geltend gemachte Verstoß gegen § 551 Nr. 1 ZPO liegt nicht vor. Entgegen dem Vorbringen des Antragsgegners zu 1 hat im Beschwerdeverfahren die Berichterstatterin lediglich verfahrensleitende Verfügungen getroffen, nicht aber als Einzelrichterin verhandelt. Die mündliche Verhandlung hat vor der vollbesetzten Kammer stattgefunden, die anschließend einen Beweisbeschluss erlassen hat. Nach dessen Ausführung haben sich die Antragsteller und der Antragsgegner zu 1, dieser mit Schriftsatz vom 10.5.2000, mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

(3) Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) ist nicht ersichtlich. Das Landgericht hat die Schriftsätze des Antragsgegners zu 1 zur Kenntnis genommen und deren Inhalt in Erwägung gezogen; ein Eingehen auf alle Einzelheiten des Beschwerdevorbringens in den Entscheidungsgründen war nicht geboten (Zöller/Greger ZPO 22. Aufl. Vor § 128 Rn. 6b).

b) Die mit dem angefochtenen Eigentümerbeschluss angeordnete Heranziehung sämtlicher Wohnungseigentümer zu den Kosten der Instandsetzung der Dachterrasse findet in der Teilungserklärung und den Beschlüssen der Wohnungseigentümer keine Grundlage. Der Eigentümerbeschluss vom 19.1.1997 ist zu Recht für ungültig erklärt worden, weil er den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung im Sinn von § 21 Abs. 4 WEG widerspricht.

(1) Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass die Abdichtung und Wärmedämmung der Dachterrasse, deren Instandsetzung Gegenstand des angefochtenen Eigentümerbeschlusses ist, zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehört (BayObLG WuM 1998, 369 m.w.N.). Weiterhin zutreffend hat es die Instandsetzungskosten als Folgekosten einer baulichen Veränderung im Sinn von § 22 Abs. 1 WEG angesehen, die von den Eigentümern der Dachgeschosswohnungen am Gemeinschaftseigentum vorgenommen worden ist. Denn mit der Errichtung der Dachterrasse im Jahr 1982 haben die Eigentümer der Dachgeschosswohnungen in die bauliche Substanz des Daches eingegriffen und die äußere Gestalt des Gebäudes nachhaltig verändert (vgl. BGHZ 116, 392/395; OLG Köln WE 1997, 430). Ohne die Dachterrasse wäre die nunmehr instandsetzungsbedürftige Abdichtung und Wärmedämmung nicht notwendig gewesen.

(2) Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht, soweit es die Zulässigkeit der baulichen Veränderung nach § 22 Abs. 1 WEG beurteilt und § 16 Abs. 3 WEG für die Frage der Kostentragung heranzieht.

aa) Das Landgericht hat nicht berücksichtigt, dass § 22 Abs. 1 WEG durch § 1 Nr. 4 Satz 1 GO abbedungen ist. Die Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung kann der Senat wie jede Grundbucherklärung selbst auslegen. Dabei ist auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärungen ergibt (BGHZ 121, 236/239 m.w.N.; BayObLGZ 1996, 58/61 und st. Rspr.). Die nächstliegende Bedeutung einer Regelung, wonach Änderungen an der äußeren Gestalt und der Farbe des Gebäudes eines Mehrheitsbeschlusses "bedürfen", ist, dass ein Mehrheitsbeschluss ausreicht und die Mitwirkung aller benachteiligten Wohnungseigentümer nicht erforderlich ist (BayObLGZ 1989, 437/439; BayObLG WuM 1996, 787/788, jeweils zu einer inhaltsgleichen Klausel).

bb) Wird die an sich erforderliche Zustimmung eines Wohnungseigentümers zu einer baulichen Veränderung aufgrund einer in der Gemeinschaftsordnung getroffenen Regelung durch einen Mehrheitsbeschluss ersetzt, so ist dieser für ihn bindend und er hat sich grundsätzlich an den Kosten der baulichen Veränderung zu beteiligen; § 16 Abs. 3 Halbsatz 2 WEG ist dann nicht anwendbar (BayObLGZ 1989, 437/441; BayObLG WuM 1996, 787/789; Bärmann/Merle WEG 8. Aufl. § 22 Rn. 220a; Niedenführ/Schulze WEG 5. Aufl. § 16 Rn. 41; Demharter MDR 1988, 265/266 f.; Huff WE 1997, 282/284; a.A. Staudinger/Bub § 22 Rn. 9 und § 16 Rn. 63).

(3) Bei der Auslegung der Eigentümerbeschlüsse, die im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen der Jahre 1981/1982 gefasst worden sind, hat das Landgericht nicht berücksichtigt, dass die Gemeinschaftsordnung eine Genehmigung baulicher Veränderungen durch Mehrheitsbeschluss vorsieht. Die diesen Umstand einbeziehende Auslegung durch den Senat führt zu dem Ergebnis, dass die Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 14.4.1982 der Errichtung der Dachterrasse durch die Eigentümer der drei Dachgeschosswohnungen zugestimmt haben.

Eigentümerbeschlüsse, die wie hier eine auch für Sondernachfolger geltende Regelung enthalten, sind "aus sich heraus", objektiv und normativ auszulegen. Was im Zusammenhang mit der Beschlussfassung erörtert wurde und was die Beteiligten damit beabsichtigt oder sich vorgestellt haben, kann für die Auslegung nur herangezogen werden, wenn es in der Versammlungsniederschrift einen Niederschlag gefunden hat (BGHZ 139, 288/292; BayObLG NJW-RR 2000, 603/605 und st.Rspr.).

Den Feststellungen des Landgerichts zufolge war sämtlichen Wohnungseigentümern bekannt, dass die Eigentümer der Dachgeschosswohnungen beabsichtigten, im Rahmen der Dachsanierung das Dach umzugestalten und eine Dachterrasse zu errichten. Aus der Versammlungsniederschrift vom 14.4.1982 zu TOP 7 ergibt sich, dass die Wohnungseigentümer mit der Beschlussfassung über die Dachsanierung auch die Umgestaltung des Dachs gebilligt haben, die von den Eigentümern der drei Dachgeschosswohnungen im Rahmen der Sanierungsarbeiten durchgeführt werden sollte. Der Versammlungsniederschrift zufolge gab der Verwalter die voraussichtliche Höhe der Dachdeckerkosten mit rd. 71000 DM an und erklärte, es kämen Maurerarbeiten im Betrag von ca. 23000 DM hinzu. Diese sollten nur von den Eigentümern der Dachgeschosswohnungen bezahlt werden. Der Antragsgegner zu 1, von Beruf Architekt und Eigentümer einer Dachgeschosswohnung, erklärte sich bereit, kostenlos die Bauleitung und die Rechnungsprüfung zu übernehmen. Die anschließende Feststellung, die in der Versammlung anwesenden Eigentümer hätten sich einstimmig "hiermit" einverstanden erklärt, ist nach ihrer nächstliegenden Bedeutung nicht auf die Tätigkeit des Antragsgegners zu 1 beschränkt; sie umfasst vielmehr die gesamten zuvor erörterten Maßnahmen. In Anbetracht des Umstands, dass nach § 1 Nr. 4 Satz 1 GO die Eigentümerversammlung über bauliche Veränderungen an der äußeren Gestalt des Gebäudes zu entscheiden hat, gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Eigentümerversammlung damit auch den von den Eigentümern der Dachgeschosswohnungen auf ihre Kosten durchzuführenden Baumaßnahmen zugestimmt hat. Aus der Versammlungsniederschrift ergibt sich weiter, dass die Erhebung einer Sonderumlage von ca. 37.000 DM "für die gesamten Eigentümer" beschlossen wurde. Damit wurde im Anschluss an die in einer früheren Versammlung beschlossene Heranziehung der Instandhaltungsrücklage die Finanzierung der allen Wohnungseigentümern obliegenden Dachsanierung geregelt, während die Kosten der von den Eigentümern der Dachgeschosswohnungen durchzuführenden Arbeiten allein von diesen getragen werden sollten.

(4) Aus der Zustimmung zur Errichtung der Dachterrasse folgt jedoch nicht, dass sämtliche Wohnungseigentümer zur Tragung von Folgekosten der mit dem Eigentümerbeschluss vom 14.4.1982 genehmigten Baumaßnahmen im Sondernutzungsbereich verpflichtet wären, wie der Antragsgegner zu 1 meint.

aa) Die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums kann durch Vereinbarung ganz oder teilweise einem einzelnen Wohnungseigentümer auferlegt werden. Dies gilt insbesondere für Bauteile, an denen ein Sondernutzungsrecht eingeräumt ist (BayObLG NZM 1999, 27/28 und Beschluss vom 2.3.2001 - 2Z BR 29/97, jeweils m.w.N.). Hier bestimmt die Teilungserklärung, dass die jeweiligen Sondernutzungsberechtigten den Unterhalt der ihnen zugewiesenen Flächen des Galerie(Speicher-)Geschosses zu bestreiten haben, ebenso die Kosten von Erneuerungen und Renovierungen. Diese Regelung ist auslegungsbedürftig. Dabei ist wie bei jeder Grundbucherklärung auf die nächstliegende Bedeutung der Bestimmung abzustellen, wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter aus Wortlaut und Sinn ergibt (BayObLGZ 1996, 58/61 und st.Rspr.). Der Senat kommt hier zu dem gleichen Ergebnis wie das Landgericht. Aus der Erwähnung von Kosten der "Erneuerung" neben den Kosten der "Renovierungen" folgt, dass die Sondernutzungsberechtigten nicht nur die Kosten von Schönheitsreparaturen, sondern auch von Eingriffen in die Bausubstanz zu tragen haben. Der Anknüpfung an die "zugewiesenen Flächen" kann entgegen der Meinung des Antragsgegners zu 1 nicht entnommen werden, dass die Kostentragungspflicht auf die Oberflächen im jeweiligen Sondernutzungsbereich beschränkt wäre. Dies beträfe im wesentlichen nur Schönheitsreparaturen sowie Innenanstriche und würde dem Sinn der Regelung nicht gerecht.

bb) Nächstliegende Bedeutung der Regelung ist weiterhin, dass die Sondernutzungsberechtigten nicht nur die Kosten der von ihnen durchgeführten Baumaßnahmen im Sondernutzungsbereich, sondern auch deren Folgekosten zu tragen haben. Demgegenüber kann sich der Antragsgegner zu 1 nicht darauf berufen, dass - die Dachgeschosswohnungen jeweils mit einem größeren Miteigentumsanteil verbunden sind als vergleichbare Wohnungen in den unteren Stockwerken und die Eigentümer der Dachgeschosswohnungen deshalb einen entsprechend höheren Beitrag zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums leisten. Wenn der Ausbau des Speichergeschosses zu Wohnzwecken von vornherein vorgesehen war, wie der Antragsgegner zu 1 geltend macht, erklärt sich die Zuordnung größerer Miteigentumsanteile zu den Dachgeschosswohnungen daraus, dass diese durch die ihnen zugewiesenen Sondernutzungsrechte am darüber liegenden Speichergeschoss über größere Wohn- und Nutzflächen verfügen als die vom Zuschnitt her vergleichbaren Wohnungen in den unteren Stockwerken. Dementsprechend ergibt sich aus den Versammlungsniederschriften vom 25.2.1980 und 14.4.1982, dass die in der Teilungserklärung vorgesehene Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen erst nach dem Ausbau des Speichergeschosses angewendet, zuvor aber nach Quadratmetern Wohnfläche abgerechnet wurde. Im übrigen kann die Größe der einzelnen Miteigentumsanteile grundsätzlich unabhängig von der Größe und dem Wert des einzelnen Wohnungseigentums festgelegt werden (BayObLG NZM 1999, 859/860 m.w.N.).

cc) Schließlich ist auch die mit dem Eigentümerbeschluss vom 14.4.1982 erteilte Zustimmung zur Errichtung einer Dachterrasse im Sondernutzungsbereich der Dachgeschosswohnungen und auf Kosten der sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümer dahin auszulegen, dass diese nicht nur die Kosten der Errichtung, sondern auch die Folgekosten zu tragen haben. Dies entspricht allgemeinen Grundsätzen, wenn nicht etwas anderes vereinbart ist (vgl. BayObLGZ 1989, 437/441; BayObLG NZM 2000, 1015 [LS]; Staudinger/Bub § 22 WEG Rn. 21).

(5) Eine Ersatzpflicht aller Wohnungseigentümer für die Kosten der Reparatur der Dachterrasse käme entsprechend § 14 Nr. 4 WEG in Betracht, wenn die Schäden an der Abdichtung und Wärmedämmung durch Baumaßnahmen am Gemeinschaftseigentum verursacht worden wären (vgl. BayObLGZ 1994, 140/146). Das Landgericht ist auf der Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Zuordnung des Schadens zu den Arbeiten an der gemeinschaftlichen Satellitenanlage nicht vorgenommen werden kann. Diese Tatsachenwürdigung beruht auf Feststellungen, die ohne Verfahrensfehler getroffen sind, und ist damit für das Rechtsbeschwerdegericht bindend.

3. Dem Senat erscheint es angemessen, dem unterlegenen Antragsgegner zu 1 die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen und anzuordnen, dass er den Antragstellern zu 1 bis 3 die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten hat; eine weitergehende Kostenerstattung kommt nicht in Betracht (§ 47 WEG).

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 WEG entsprechend den geschätzten Kosten der Reparaturmaßnahme und übereinstimmend mit den Vorinstanzen auf 20000 DM festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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