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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 05.12.2002
Aktenzeichen: 2Z BR 73/02
Rechtsgebiete: GBO, BGB


Vorschriften:

GBO § 5
BGB § 890
BGB § 1018
BGB § 1025
Wird das herrschende Grundstück einer Grunddienstbarkeit mit einem Grundstück vereinigt, so erstreckt sich die Berechtigung aus der Grunddienstbarkeit formal auf das Gesamtgrundstück aber die Ausübung beschränkt sich auf das ursprünglich herrschende Grundstück.
Gründe:

I.

Die Beteiligte war Alleineigentümerin eines Grundstücks, das aufgeteilt wurde in ein Grundstück mit einer Eigentumswohnanlage (Flst. 323/4), in ein Wegegrundstück (Flst. 3.23) und in mehrere kleine Grundstücke, auf denen ein Doppelhaus und fünf Reihenhäuser errichtet wurden.

In der Eigentumswohnanlage wurde an 16 Tiefgaragenabstellplätzen Sondereigentum begründet.

Die Beteiligte ist Eigentümerin der Teileigentumsrechte T1 und T16, im Grundbuch jeweils beschrieben als 2/1000. Miteigentumsanteil am Grundstück Flst. 323/4, verbunden mit dem Sondereigentum an dem zugehörigen Tiefgaragenabstellplatz. Auf dem Grundbuchblatt der beiden Teileigentumseinheiten ist jeweils noch ein 2/2000 Miteigentumsanteil am Wegegrundstück Flst. 323 gebucht. Sämtliche Miteigentumsanteile sind in Abteilung II belastet mit einem Nutzungsrecht an drei oberirdischen Kfz-Abstellplätzen für den jeweiligen Eigentümer des Teileigentums T16.

Mit notarieller Urkunde vom 6.12.2001 (URNr. 1870/2001) vereinigte die Beteiligte die Teileigentumseinheiten T1 und T16 und bewilligte und beantragte die Eintragung dieser Vereinigung im Grundbuch gemäß § 890 BGB. Außerdem bewilligte und beantragte sie im eigenen und im Namen der jeweiligen Eigentümer der übrigen Miteigentumsanteile am Wegegrundstück die Änderung der Dienstbarkeit in der Weise, dass künftig anstelle des jeweiligen Eigentümers des Teileigentums T16 nunmehr der jeweilige Eigentümer des vereinigten Teileigentums T1/T16, Berechtigter dieses Nutzungsrechts ist. mit Urkunde vom selben Tag (URNr. 1871/2001) teilte die Beteiligte das vereinigte Teileigentum T1/T16 wieder in die vordem eigenständigen Teileigentumseinheiten T1 und T16 und bewilligte und beantragte die Änderung der Dienstbarkeit hinsichtlich des herrschenden Teileigentums in der weise, dass anstelle des Eigentümers des vereinigten Teileigentums T1/T16 nunmehr der jeweilige Eigentümer des Teileigentums T1 Berechtigter dieses Nutzungsrechts ist.

Den Antrag der Beteiligten, die beiden Urkunden vom 6.12.2001 im Grundbuch zu vollziehen - möglichst ohne Zwischeneintragung der Vereinigung von T1 und T16 und der Inhaltsänderung gemäß Urkunde URNr. 1870/01 -, hat das Amtsgericht - Grundbuchamt - mit Beschluss vom 22.4.2002 abgewiesen.

Die Beschwerde der Beteiligten, in der sie auch die Eintragung der Zwischenschritte (Vereinigung und Inhaltsänderung) beantragt, hat das Landgericht mit Beschluss vom 1.7.2002 zurückgewiesen. Dagegen hat die Beteiligte weitere Beschwerde eingelegt.

II.

Das Rechtsmittel ist ohne Erfolg.

1. Das Landgericht hat unter teilweiser Bezugnahme auf die Darlegungen des Amtsgerichts ausgeführt:

Durch die gewollte Vereinigung der beiden Teileigentumseinheiten Nr. T1 und T16 werde keine Erstreckung der Berechtigung aus der Grunddienstbarkeit von der Einheit T16 auf die Einheit T1 bewirkt. Vielmehr bleibe die Grunddienstbarkeit der Ausübung nach auf den Teil des neuen Gesamtgrundstücks beschränkt, der bisher herrschendes Grundstück gewesen sei. Das Nutzungsrecht für die drei oberirdischen Stellplätze verbleibe auch nach der Vereinigung bei dem Teileigentum T16. Eine Erstreckung der Berechtigung auf das Teileigentum T1 sei auch durch die erklärte "Inhaltsänderung des Nutzungsrechts" nicht möglich. Denn es handle sich hier gerade nicht um eine Inhaltsänderung i.S.v. § 877 BGB. Die Beteiligte verfolge mit der gewählten Konstruktion das Ziel, die Berechtigung aus der Grunddienstbarkeit von dem herrschenden Teileigentum T16 auf das Teileigentum T1 zu übertragen. Eine Grunddienstbarkeit könne aber für sich alleine nicht übertragen werden; sie könne vom herrschenden Grundstück nicht getrennt werden. Erforderlich wäre eine Neubelastung des dienenden Grundstücks; das bedürfte aber auch der Zustimmung der Drittberechtigten.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die von der Beteiligten beantragten Eintragungen scheitern bereits daran, dass die Vereinigung der Teileigentumseinheiten T1 und T16 nicht im Grundbuch eingetragen werden darf. § 5 Abs. 2 Satz 1 GBO schreibt vor, dass eine Vereinigung von Grundstücken nur eingetragen werden soll, wenn die Grundstücke unmittelbar aneinandergrenzen. Das gilt auch für Wohnungseigentumsrechte (Demharter GBO 24. Aufl. Rn. 5, Waldner in Bauer/v. Oefele GBO Rn. 16, jeweils zu § 5) und dem gemäß auch für Teileigentumsrechte (§ 1 Abs. 6 WEG). Im vorliegenden Fall grenzen aber die Tiefgaragenabstellplätze T1 und T16 ausweislich des Aufteilungsplans nicht aneinander.

b) Entscheidender sind aber die Hindernisse, die das materielle Recht dem Vollzug der beantragten Eintragungen entgegensetzt. Denn die von der Beteiligten gewählte Gestaltung würde auf die Übertragung der Grunddienstbarkeit vom Teileigentum T16 auf das Teileigentum T1 hinauslaufen.

(1) Als subjektiv dingliches Recht wird eine Grunddienstbarkeit, wie sie hier als Nutzungsrecht zugunsten der Teileigentumseinheit T16 entstanden und eingetragen ist, nach § 96 BGB wesentlicher Bestandteil des herrschenden Grundstücks. Sie kann deshalb ohne Aufhebung und Löschung nicht von diesem Grundstück getrennt werden (OLG Hamm OLGZ 1980, 270/271; BayObLG NJW-RR 1990, 1043/1044; Palandt/Heinrichs BGB 61. Aufl. § 96 Rn. 1; Palandt/Bassenge Rn. 34, MünchKommBGB/ Falckenberg 3. Aufl. Rn. 63; Soergel/Stürner BGB 13. Aufl. Rn. 44, jeweils zu § 1018; Meisner/Ring/Götz Nachbarrecht in Bayern 7. Aufl. § 27 Rn. 1). Dem gemäß kann die Berechtigung aus der Grunddienstbarkeit nur zusammen mit dem herrschenden Grundstück übertragen werden. Auch eine Umwandlung einer Grunddienstbarkeit in eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit und umgekehrt ist ohne die Löschung der einen und Neubewilligung der anderen nicht möglich (OLG Hamm Rpfleger 1989, 448; Palandt/Bassenge Rn. 34; Soergel/Stürner Rn. 44; Staudinger/Mayer Bearbeitg. 2002 Rn. 165 und 167, jeweils zu § 1018 BGB).

(2) Bei einer Vereinigung des herrschenden Grundstücks mit einem anderen Grundstück erstreckt sich die Berechtigung zwar formal auf den jeweiligen Eigentümer des neuen Gesamtgrundstücks. Die Ausübung der Berechtigung ist aber zu Gunsten des Teils des Gesamtgrundstücks beschränkt, der früher das herrschende Grundstück bildete (BayObLG DJZ 1933, 1439; Röll DNotZ 1968, 523/538 f.; Meikel/Böttcher GBO 8. Aufl. § 5 Rn. 39; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 12. Aufl. Rn. 637). Dies hat zur Folge, dass dann, wenn später die Vereinigung rückgängig gemacht wird, Berechtigter der Grunddienstbarkeit nur der jeweilige Eigentümer des ursprünglich herrschenden Grundstücks bleibt. Weil die Ausübung der Berechtigung aus der Dienstbarkeit auf das früher herrschende Grundstück beschränkt blieb, brachte die Grunddienstbarkeit dem durch Vereinigung hinzugefügten Grundstück keinen Vorteil; für diesen Teil des Gesamtgrundstücks erlischt die Grunddienstbarkeit daher mit der Teilung (§ 1025 Satz 2 BGB).

Der Ausübungsbeschränkung der Grunddienstbarkeit zu Gunsten des Teils des Gesamtgrundstücks, der dem früher herrschenden Grundstück entspricht, kann jedoch je nach der Art der Grunddienstbarkeit keine Bedeutung zukommen, nämlich dann, wenn das Bedürfnis der Nutzung des dienenden Grundstücks weder von der räumlichen Ausdehnung des herrschenden Grundstücks abhängig ist, noch auch durch die Lage irgendeines seiner Teile bestimmt wird (BayObLG DJZ 1933, 1439).

Eine Erstreckung der Grunddienstbarkeit einschließlich der Ausübung der Berechtigung auf das durch Vereinigung entstandene Gesamtgrundstück hätte eine Neubestellung der Grunddienstbarkeit zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers auch des durch Vereinigung hinzuverbundenen Grundstücks zur Voraussetzung (KG HRR 1936 Nr. 804 = JFG 13, 314). Den Rang der ursprünglichen Grunddienstbarkeit könnte die Grunddienstbarkeit in diesem Fall aber nur dann erhalten, wenn die Berechtigten derjenigen Rechte, die nach der ursprünglich eingetragenen Grunddienstbarkeit entstanden sind, der Rangänderung zustimmen (§ 880 Abs. 1 BGB).

c) Da es sich bei den von der Beteiligten gestellten Antragen um solche handelt, die nur einheitlich erledigt werden sollen (§ 16 Abs. 2 GBO), haben die Vorinstanzen zu Recht die Anträge insgesamt abgewiesen. Das Vorhaben der Beteiligten scheitert insbesondere daran, dass der erstrebte Rang der Grunddienstbarkeit zugunsten des Teileigentums T1 mangels Mitwirkung der Berechtigten von Zwischeneintragungen nicht erreicht werden kann.

Ende der Entscheidung

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